Lebensdaten
1878 – 1965
Geburtsort
Wien
Sterbeort
Jerusalem
Beruf/Funktion
Schriftsteller ; Sozial- und Religionsphilosoph ; Bibelübersetzer ; Hochschullehrer ; Pädagoge ; Philosoph ; Theologe ; Übersetzer ; Librettist ; Religionsphilosoph
Konfession
jüdisch
Normdaten
GND: 118516477 | OGND | VIAF: 68926330
Namensvarianten
  • Buber, Martin Mordecai
  • Buber, Martin
  • Buber, Martin Mordecai
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Zitierweise

Buber, Martin, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118516477.html [29.03.2024].

CC0

  • Das Werk Martin Bubers, der seit 1937 in Jerusalem lebte, ist verwurzelt im Vielvölkerstaat Österreich-Ungarns in der Zeit des fin-de-siècle und reifte während Bubers Tätigkeit als Redner, Schriftsteller, Herausgeber, Erzieher und Korrespondent. Es umfasst die Übertragung chassidischer Legenden, den religionsphilosophischen Band „Ich und Du“ (1923), der seinen Autor international bekannt machte, die mit Franz Rosenzweig (1886–1929) unternommene Verdeutschung der Heiligen Schrift (1962), einschlägige Schriften zum Dialog und zur philosophischen Anthropologie sowie zu Theologie und Religionswissenschaft, Sozialphilosophie, Psychologie und Erwachsenenbildung.

    Lebensdaten

    Geboren am 8. Februar 1878 in Wien
    Gestorben am 13. Juni 1965 in Jerusalem
    Grabstätte Har Hamenuchot in Giv’at Sha’ul (West-Jerusalem)
    Konfession jüdisch
    Martin Buber, BSB / Bildarchiv / Fotoarchiv Timpe (InC)
    Martin Buber, BSB / Bildarchiv / Fotoarchiv Timpe (InC)
  • Lebenslauf

    8. Februar 1878 - Wien

    1881 - 1892 - Lemberg (Galizien, heute Lwiw, Ukraine)

    Kindheit und Jugend bei den Großeltern väterlicherseits; Privatunterricht

    1892 - Lemberg

    Übersiedlung zum Vater; Schulbesuch

    polnisches Gymnasium

    1896 - Wien; seit 1897 Leipzig; seit 1898 Berlin

    Studium u. a. der Philosophie, Kunstgeschichte und Literatur

    Universität

    1901 - Wien

    Redakteur

    Welt (zionistische Zeitschrift)

    1902 - Berlin

    Mitgründer

    Jüdischer Verlag

    1904 - Wien

    Promotion (Dr. phil.)

    Universität

    1904 - 1912 - Berlin-Zehlendorf

    Lektor; Herausgeber von „Die Gesellschaft“ (sozialphilosophische Buchreihe)

    Literarische Verlagsanstalt Rütten und Loening, Frankfurt am Main

    1909 - Prag

    Reden über das Judentum

    Verein jüdischer Hochschüler Bar Kochba

    1916 - 1924 - Heppenheim an der Bergstraße

    Herausgeber

    Der Jude (Monatsschrift)

    1923 - 1930 - Frankfurt am Main

    Lehrbeauftragter für jüdische Religionswissenschaft und jüdische Ethik

    Universität

    1930 - 1933 - Frankfurt am Main

    Honorarprofessor für Religionswissenschaft

    Universität

    1933 - 1938 - Frankfurt am Main

    Leiter der Mittelstelle für jüdische Erwachsenenbildung

    Reichsvertretung der Deutschen Juden

    1937 - 1951 - Jerusalem

    Professor für Sozialphilosophie

    Hebräische Universität

    1949 - 1953 - Israel

    Gründungsdirektor; Leiter

    Beit ha-midrash le-morei ha-am (Hebräisches Erwachsenenbildungsseminar)

    1951 - 1952 - USA

    Vortragsreise

    1957 - 1958 - USA

    Vortragsreise

    13. Juni 1965 - Jerusalem
  • Genealogie

    Vater Carl (Yekutiel Salman Halevi) Buber 1848–1935 Landwirt in Lemberg (Galizien, heute Lwiw, Ukraine); in 2. Ehe seit 1884 verh. mit Minna Buber, geb. Halpern (1863–1931)
    Großvater väterlicherseits Salomon (Shlomo Halevi) Buber 1827–1906 Gutsbesitzer, Unternehmer, Privatgelehrter in Lemberg
    Großmutter väterlicherseits Adele (Udel) Buber, geb. Weiser 1830–1911
    Urgroßvater väterlicherseits Isaiah Abraham (Yeshaʿyah Avraham ha-Leṿi) Bober 1807–1870 Talmudgelehrter
    Mutter Elise (Louise Elisabeth) Buber, geb. Wurhaft geb. 1858 aus Odessa (Russland, heute Ukraine)
    Großvater mütterlicherseits Bern(h)ard Boris Wurhaft Kaufmann in Odessa (Russland, heute Ukraine)
    Großmutter mütterlicherseits Therese Wurhaft, geb. Toper
    Schwester Natalie (Nelly) Braude-Buber, geb. Buber 1886–1972 emigrierte mit ihrem Ehemann 1939 über Italien nach Palästina; verh. mit Mordechai Zeev (Markus) Braude (Broda) (1869–1949, aus Brest (Weißrussland), Dr., Rabbiner, Zionist
    Schwester Irene Halpern-Buber, geb. Buber 1890–1956 seit 1910 verh. mit Josef Halpern (1878–1939), Dr.
    Heirat 1907 in Berlin
    Ehefrau Paula Judith Buber, geb. Winkler 1877–1958 Schriftstellerin; Pseudonym Georg Munk; emigrierte mit ihrem Ehemann nach Palästina
    Schwiegervater Franz Winkler
    Schwiegermutter Fanny Winkler, geb. Pischler
    Sohn Rafael Buber 1900–1990 Landwirt, Agronom; Nachlassverwalter Bubers; 1922–1929 verh. mit Margarete Gertrud (Greta) Buber-Neumann, geb. Thüring (1901–1989), Politikerin, Publizistin, 1940–1945 im KZ Ravensbrück inhaftiert; verh. in 2. Ehe mit Ruth Buber, geb. Frieda Charlotte Krueger (1899–1989)
    Enkelin Judith Buber Agassi, geb. Buber 1924–2018 Tochter des Rafael Buber und der Margarete Buber-Neumann; Soziologin; Dr.; außerordentliche Professorin für Sozialwissenschaften in Jerusalem
    Enkelin Barbara Goldschmidt, geb. Buber 1921–2013 Tochter des Rafael Buber und der Margarete Buber-Neumann; Malerin, Künstlerin in Jerusalem; verh. mit Zeev Goldschmidt (geb. 1916)
    Tochter Eva (Chava) Steinitz-Buber, verw. Strauss-Buber, geb. Buber 1901–1992 Sozialtherapeutin; in 1. Ehe verh. mit Ludwig (Arieh) Strauss (1892–1953), aus Aachen, Schriftsteller und Literaturwissenschaftler in Jerusalem; in 2. Ehe verh. mit/oder Lebenspartnerin von Hans (Chanan Sigismund) Steinitz (1902–1986), aus Breslau (heute Wrocław, Polen), Arzt in Jerusalem
    Onkel väterlicherseits Rafael Buber 1850–1896 Talmudgelehrter
    Diese Grafik wurde automatisch erzeugt und bietet nur einen Ausschnitt der Angaben zur Genealogie.

    Buber, Martin (1878 – 1965)

    • Vater

      Carl Buber

      1848–1935

      Landwirt in Lemberg (Galizien, heute Lwiw, Ukraine); in 2.·Ehe seit 1884 verh. mit Minna Buber, geb. Halpern (1863–1931)

      • Großvater väterlicherseits

        Salomon (Shlomo Halevi) Buber

        1827–1906

        Gutsbesitzer, Unternehmer, Privatgelehrter in Lemberg

      • Großmutter väterlicherseits

        Adele Buber

        1830–1911

    • Mutter

      Elise Buber

      geb. 1858

      aus Odessa (Russland, heute Ukraine)

      • Großvater mütterlicherseits

        Bern(h)ard Boris Wurhaft

        Kaufmann in Odessa (Russland, heute Ukraine)

      • Großmutter mütterlicherseits

        Therese Wurhaft

    • Schwester

      Nelly Braude-Buber

      1886–1972

      emigrierte mit ihrem Ehemann 1939 über Italien nach Palästina; verh. mit Mordechai Zeev (Markus) Braude (Broda) (1869–1949, aus Brest (Weißrussland), Dr., Rabbiner, Zionist

    • Schwester

      Irene Halpern-Buber

      1890–1956

      seit 1910 verh. mit Josef Halpern (1878–1939), Dr.

    • Heirat

      in

      Berlin

      • Ehefrau

        Paula Judith Buber, geb. Winkler

        1877–1958

        Schriftstellerin; Pseudonym Georg Munk; emigrierte mit ihrem Ehemann nach Palästina

      • Schwester

        Nelly Braude-Buber

        1886–1972

        emigrierte mit ihrem Ehemann 1939 über Italien nach Palästina; verh. mit Mordechai Zeev (Markus) Braude (Broda) (1869–1949, aus Brest (Weißrussland), Dr., Rabbiner, Zionist

  • Biografie

    alternativer text
    Martin Buber (rechts), BSB / Bildarchiv / Fotoarchiv Timpe (InC)

    Herkunft, Kindheit und Studium

    Kurz nach seiner Geburt von der Mutter verlassen, wuchs Buber bei den Großeltern in Lemberg (Galizien, heute Lwiw, Ukraine) und auf deren galizischen Landgütern auf. Die Atmosphäre war großbürgerlich-orthodox, die Umgangssprache Jiddisch; Buber kam hier mit den jiddischen Erzähltraditionen in Kontakt, die er später kritisch sichtete und nacherzählte. Die Großmutter führte ihn in die Welt der deutschen Literatur ein. Von seinem Großvater, einem Meister der hebräischen Haskalah (Aufklärung), dessen maßgebliche Ausgaben der frühen rabbinischen Kommentare (Midrasch) bis heute im Gebrauch sind, lernte Buber die Vertiefung in die hebräische Sprache. 1892 übersiedelte er zum Vater nach Lemberg, wo er ein polnisches Gymnasium besuchte und sich für Friedrich Nietzsche (1844–1900) begeisterte, dessen „Also sprach Zarathustra“ (1883/85) er noch in seiner Schulzeit in das Polnische übersetzte. Von 1896 bis 1899 studierte Buber Philosophie, Kunstgeschichte und Literatur in Wien, Leipzig und Berlin.

    Frühes Engagement in der zionistischen Bewegung

    Dem Judentum seiner Kindheit entfremdet, begeisterte sich Buber für den Zionismus, den er als Ausdruck einer jüdischen „Renaissance“ propagierte. 1901 betraute Theodor Herzl (1860–1904) ihn mit der Redaktion der „Welt“, des Organs der zionistischen Bewegung. Im Dezember 1901 trat Buber als Gründungsmitglied der Demokratischen Fraktion in Erscheinung. Diese junge oppositionelle Gruppe sah im Zionismus v. a. eine kulturell-religiöse Erneuerung, wie sie Achad Haam (Asher Ginsberg) (1856–1927) forderte. Eine der Initiativen Bubers für die Demokratische Fraktion war die Gründung des Jüdischen Verlags in Berlin 1902. Mit seinem Weggefährten Chaim Weizmann (1874–1952) betrieb er die Einrichtung einer Hochschule in Palästina, aus der 1925 die Hebräische Universität Jerusalem hervorging. Es kam indessen zum Bruch mit Herzl. Erst nach dem Ersten Weltkrieg nahm Buber wieder an den zionistischen Kongressen teil, und zwar als Delegierter des sozialistischen Ha-Schomer Ha-Zair. Seine politische Orientierung festigte sich zu einer pragmatischen und anti-nationalistischen Haltung. Er blieb solidarisch mit der jüdischen Gemeinschaft, setzte sich jedoch immer stärker für eine konstruktive Haltung gegenüber der arabischen Bevölkerung Palästinas ein und plädierte für eine „konzentrative“ Siedlungsarbeit, im Unterschied zum „expansiven“ Kolonialismus der Großmächte.

    Schriftsteller

    Nach dem Bruch mit Herzl und dessen Tod 1904 wandte sich Buber wieder seinen Studien zu und wurde von Friedrich Jodl (1849–1914) in Wien mit einer philosophischen Arbeit „Zur Geschichte des Individuationsproblems“ zum Dr. phil. promoviert. Von 1904 bis 1912 arbeitete er, in Berlin-Zehlendorf lebend, als Cheflektor des Frankfurter Verlags Rütten & Loening, für den er u. a. die Schriftenreihe „Die Gesellschaft“ herausgab und hierfür zahlreiche namhafte Autoren gewann, darunter seinen früheren Lehrer Georg Simmel (1858–1918), der ihn neben Wilhelm Dilthey (1833–1911) besonders beeinflusst hatte.

    Als Schriftsteller wurde Buber gleichzeitig durch die Übertragung chassidischer Legenden und als Herausgeber chinesischer Geister- und Liebesgeschichten bekannt. Er übte außerdem eine große Wirkung auf die junge Generation jüdischer Studenten aus. Eine Serie von Reden über das Judentum, die er 1909 für den Prager zionistischen Verein jüdischer Hochschüler Bar Kochba hielt, gewann ihm bedeutende Schüler und spätere Mitarbeiter unter der Prager Studentenschaft, darunter Shmu’el Hugo Bergmann (1883–1975), Hans Kohn (1891–1971) und Robert Weltsch (1891–1982). Zu seinen frühen Hörern gehörte auch Franz Kafka (1883–1924). Von seinen vielfältigen Kontakten zu weiten Kreisen der europäischen Intelligenz zeugt sein „Briefwechsel aus sieben Jahrzehnten“ (3 Bde., hg. v. Grete Schaeder, 1972–1976).

    Krise und Neuanfang

    Zu einer existentiellen Krise führte 1916 die Kritik seines Freundes Gustav Landauer (1870–1919) an Bubers sozialmystischer Begeisterung für den Krieg als eines die Menschen über ihre scharfen gesellschaftlichen Gegensätze hinweg vereinigenden Ereignisses. Buber verabschiedete sich in dieser Zeit von seiner ästhetisierenden Lebenseinstellung und entwickelte ein tieferes Verständnis für die dialogische Dimension des Lebens, sowohl gegenüber Mitmensch und Mitgeschöpf als auch gegenüber dem göttlichen Du. Das später in viele Sprachen übersetzte Werk „Ich und Du“ (1923) entstand im Zusammenhang eines Lehrauftrags für jüdische Religionsphilosophie und jüdische Ethik an der Universität Frankfurt am Main, der zunächst dem jüngeren Freund Franz Rosenzweig (1886–1929) angetragen worden war. Buber fand Anklang unter den avantgardistischen Gelehrten der jungen Universität und baute sich einen Ruf als philosophischer Theologe auf. Gleichzeitig unterrichtete er an dem von Rosenzweig gegründeten Freien jüdischen Lehrhaus und begann mit dem Freund die bis heute weithin beachtete Verdeutschung der Heiligen Schrift, die vom Verleger Lambert Schneider (1900–1970) angeregt worden war.

    Erwachsenenbildung

    Nach einer freiwilligen Beurlaubung von der Universität Frankfurt am Main 1933, durch die er einer Entlassung aufgrund des antisemitischen „Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums” zuvorkam, widmete sich Buber dem Aufbau der Mittelstelle für jüdische Erwachsenenbildung. 1937 erhielt er einen Ruf an die Hebräische Universität in Jerusalem. Nach der Verwüstung seines Hauses in Heppenheim während der Reichspogromnacht vom November 1938 war für Buber an eine Rückkehr nach Deutschland nicht mehr zu denken. In Palästina und später in Israel beeinflusste er durch Unterricht, Reden und Publizistik die zionistische Erwachsenenbildung und betätigte sich seit 1942 politisch im ICHUD, einer Partei, die sich für jüdisch-arabische Zusammenarbeit und die Gründung eines binationalen Staatswesens einsetzte. In den 1950er Jahren unternahm der, auch durch die Übersetzung seiner Werke in zahlreiche Sprachen, inzwischen weltberühmte Buber Vortragsreisen nach Europa und die USA, wo er v. a. durch Gespräche mit dem Psychologen Carl R. Rogers (1902–1987) weiter bekannt wurde. Gesellschaftlich stand er mit seinen Schülern und Freunden nach der Teilung Palästinas und der Staatsgründung Israels eher am Rande der politischen Entwicklung.

    Einfluss

    Buber gehört zu den einflussreichsten Persönlichkeiten, die aus dem mittel- bzw. osteuropäischen Judentum des späten 19. Jahrhunderts hervorgingen. Durch seine zahlreichen Übertragungen chassidischer Geschichten gelang es ihm, sowohl den assimilierten und der eigenen Tradition entfremdeten Juden als auch der gebildeten christlichen Öffentlichkeit des deutschen Sprachraums eine Erscheinungsart jüdisch-mystischer Legendenbildung als Ausdruck einer lebendigen Glaubens- und Lebensgemeinschaft nahe zu bringen. Durch seine religiös und real-utopisch ausgerichteten Bemühungen um eine nicht-nationalistische Verwirklichung der zionistischen Idee in den jüdischen Siedlungen Palästinas schrieb er dem jungen Staat Israel die jüdisch-arabische Frage als Kernfrage des Zionismus und seines Anspruchs auf menschheitliche Bedeutung als Mahnung in das Stammbuch.

    In einschlägigen Beiträgen zur Philosophie des Dialogs und zur philosophischen Anthropologie – allen voran dem Hauptwerk „Ich und Du“ (1923) – setzte sich Buber mit der Krise der modernen Philosophie nach dem von Nietzsche ausgerufenen Tod Gottes auseinander. Ohne den Anspruch auf eine bestimmte Lehre oder systematische Vollständigkeit gehen Bubers philosophische Schriften oft mit poetischem Schwung bei gleichzeitiger Einfachheit und Eingängigkeit der Diktion, die über die Tiefe der Bildung und Einsicht des Autors hinwegtäuscht, der philosophischen Krise einer monologischen Existenz des modernen Menschen auf den Grund und offenbaren die Fruchtbarkeit eines Ernstnehmens theologischer Einsichten für ein auf konkrete Wirklichkeit bezogenes Leben des Einzelnen wie der Gemeinschaft.

    Verdeutschung der Schrift

    Bubers mit Rosenzweig begonnene Übersetzung der Bibel, „Die Schrift, zu verdeutschen unternommen von Martin Buber gemeinsam mit Franz Rosenzweig“ (15 Bde., 1925–1938), die erst in einer zweiten, überarbeiteten Auflage (4 T., 1954–1962) vollständig erschien, ist ein bis heute viel gelesenes Monument hebräischer Sprachlichkeit im Gewand einer zugleich eigenwillig poetischen und doch akribisch philologischen Übersetzung; sie bezeugt das lebenslange Bemühen Bubers um die deutsche Sprache. Auf dem Gebiet der Religionswissenschaft leistete Buber einschlägige Beiträge zur jüdischen Glaubensgeschichte v. a. mit seinen Schriften über die biblischen Propheten, darunter die Gestalt des Mose, und über das „Königtum Gottes“ (1932), eine Studie über die biblische Auffassung der Gottesherrschaft. In diesen Schriften, aber auch in „Paths in Utopia“ (1949), wo er die Entwicklung der modernen Idee einer besseren, der Wirklichkeit menschlichen Zusammenlebens gerecht werdenden Gesellschaft nachzeichnet, zeigte sich Buber als politischer Denker ersten Ranges. Die Vielzahl der Briefe, Reden und Veröffentlichungen, durch die Buber bereits zu Lebzeiten weltweit gelesen und gehört wurde, bezeugen seine tiefe pädagogische und psychologische Ausstrahlung.

  • Auszeichnungen

    1951 Hansischer Goethe-Preis, Hamburg
    1953 Friedenspreis des Deutschen Buchhandels, Frankfurt am Main
    1958 Israel-Preis für Humanwissenschaften, Jerusalem
    1958 Goetheplakette der Stadt Frankfurt am Main
    1958 Dr. h. c., Sorbonne, Paris
    1959 Erster Präsident der Israel Academy of Sciences and Humanities, Jerusalem
    1960 Kultureller Ehrenpreis der Landeshauptstadt München
    1961 Bialik Preis der Stadt Tel Aviv
    1961 Mitglied der American Academy of Arts and Sciences
    1962 Dr. med. h. c., Universität Münster
    1963 Erasmus Prize in Theology der niederländischen Stiftung Praemium Erasmianum, Amsterdam
    1964 Dr. phil. h. c., Universität Heidelberg
    1966 Martin Buber-Institut für Judaistik, Universität Köln
    1968 Buber-Rosenzweig-Medaille des Koordinierungsrats der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit (jährlich)
    2000 Martin-Buber-Gesellschaft
    2002 Martin-Buber-Plakette des Kultur- und Wissenschaftsfestival Euriade (jährlich)
    2010 Stiftungsfonds Martin-Buber-Gesellschaft der Forschungsstipendiaten in den Geistes-, Kultur- und Sozialwissenschaften an der Hebräischen Universität Jerusalem
    2018 Berliner Gedenktafel am Wohnhaus, Berlin-Zehlendorf, Vopeliuspfad 12
    2021 Buber-Rosenzweig-Institut, Universität Frankfurt am Main
  • Quellen

    Nachlass:

    Leo Baeck Institute, Martin Buber Collection. (weiterführende Informationen)

    The Martin Buber Archive at the National Library of Israel, Jerusalem. (P) (weiterführende Informationen)

  • Werke

    Monografien und Sammelbände:

    Zur Geschichte des Individuationsproblems, 1904. (Diss. phil.)

    Die Geschichten des Rabbi Nachman. Ihm nacherzählt von Martin Buber, 1906. (Onlineressource)

    Die Legende des Baal-Schem, 1908. (Onlineressource)

    Ekstatische Konfessionen, 1909, 21921.

    Chinesische Geister- und Liebesgeschichten, 1911.

    Drei Reden über das Judentum, 1911, 21916 (Onlineressource), 31923.

    Daniel. Gespräche von der Verwirklichung, 1913. (Onlineressource)

    Kalewala, Das Nationalepos der Finnen, 1914, 21927.

    Die jüdische Bewegung, Gesammelte Aufsätze und Ansprachen 1900–1915, 1916. (Onlineressource)

    Völker, Staaten und Zion, 1917.

    Jizkor, Ein Buch des Gedenkens an gefallene Wächter und Arbeiter im Lande Israel, 1918.

    Die Geschichten des Rabbi Nachman, 41918.

    Mein Weg zum Chassidismus, Erinnerungen, 1918. (Onlineressource)

    Der heilige Weg, Ein Wort an die Juden und an die Völker, 1919. (Onlineressource)

    Gustav Landauer, Der Werdende Mensch, 1921.

    Der grosse Maggid und seine Nachfolge, 1922.

    Ich und Du, 1923.

    Das verborgene Licht, 1924.

    Die chassidischen Bücher, 1928.

    Königtum Gottes, 1932, 21936.

    Kampf um Israel, Reden und Schriften, 1921–1932, 1933.

    Erzählungen von Engeln, Geistern und Dämonen, 1934.

    Die Frage an den Einzelnen, 1936.

    Die Forderung des Geistes und die geschichtliche Wirklichkeit, 1938.

    Das Problem des Menschen, 1948.

    Der Weg des Menschen nach der chassidischen Lehre, 1948, 31953.

    Die Erzählungen der Chassidim, 1949.

    Gog und Magog, 1949.

    Paths in Utopia, 1949.

    Der Glaube der Propheten, 1950.

    Israel und Palästina, 1950.

    Zwei Glaubensweisen, 1950.

    Urdistanz und Beziehung, 1951, 41978.

    Bilder von Gut und Böse, 1952.

    Eclipse of God, Studies in the Relation Between Religion and Philosophy, 1952.

    Zwischen Gesellschaft und Staat, 1952.

    Moses, 1946, 21956.

    Reden über Erziehung, 1953.

    Die Schriften über das dialogische Prinzip, 1954.

    Schuld und Schuldgefühle, 1958.

    Begegnung, Autobiographische Fragmente, 1960.

    Between Man and Man, 1961.

    Das dialogische Prinzip, 1962.

    Elijah, Ein Mysterienspiel, 1963.

    Nachlese, 1965.

    Herausgeberschaften:

    Die Gesellschaft, 40 Bde., 1906–1912.

    Der Jude, Eine Monatsschrift, 1916–1924.

    Martin Buber/Joseph Wittig/Viktor von Weizsäcker (Hg.), Die Kreatur. Eine Zeitschrift, 1926–1930.

    Übersetzungen:

    Die Schrift, zu verdeutschen unternommen von Martin Buber gemeinsam mit Franz Rosenzweig, 15 Bde., 1925–1938, 4 T., 21954–1962.

    Autobiografisches:

    Autobiographische Fragmente, in: Paul-Arthur Schilpp/Maurice Friedman (Hg.), Martin Buber, 1963, S. S. 1–34.

    Antwort, in: ebd., S. 589–638.

    Werkausgaben:

    Dialogisches Leben. Gesammelte philosophische und pädagogische Schriften, 1947.

    The Writings of Martin Buber. Selections, 1956.

    Pointing the Way. Collected Essays, 1957.

    Werke in 3 Bdn., 1962–1964.

    Der Jude und sein Judentum. Gesammelte Aufsätze und Reden, 1963, 21993.

    Paul Mendes-Flohr/Peter Schäfer/Bernd Witte/Martina Urban im Auftrag der Philosophischen Fakultät der Heinrich Heine Universität Düsseldorf und der Israel Academy of Sciences and Humanities (Hg.), Martin Buber Werkausgabe, 21 Bde., 2001–2019.

    Briefe:

    Brief an Gandhi, 1939.

    Martin Buber, Briefwechsel aus sieben Jahrzehnten, 3 Bde., 1972.

    Bibliografie:

    A Bibliography of his Writings, 1897–1978. Zusammengest. v. Margot Cohn/Rafael Buber, 1980.

  • Literatur

    Hans Kohn, Martin Buber, Sein Werk und seine Zeit. Ein Beitrag zur Geistesgeschichte Mitteleuropas 1880–1930, 1930, 21961.

    Reden und Aufsätze zum 80. Geburtstag, 1958.

    Ernst Simon, Aufbau im Untergang, 1959.

    Paul Arthur Schilpp/Maurice Friedman (Hg.), Martin Buber, 1963. (P)

    Grete Schaeder, Martin Buber, Hebräischer Humanismus, 1966.

    Gerhard Wehr, Martin Buber mit Selbstzeugnissen und Bilddokumenten, 1968. (P)

    Rivka Horwitz, Buber’s Way to „I and Thou“, 1988.

    Michael Zank, New Perspectives on Martin Buber, 2006.

    Meike Siegfried, Abkehr vom Subjekt, Zum Sprachdenken bei Heidegger und Buber, 2013.

    Dominique Bourel, Martin Buber. Was es heißt, ein Mensch zu sein. Biografie. Aus dem Französischen übers. v. Horst Brühmann, 2017.

    Bernhard Casper, Das Dialogische Denken. Franz Rosenzweig, Ferdinand Ebner und Martin Buber, erw. Neuausg. 32017.

    Schalom Ben-Chorin, Zwiesprache mit Martin Buber, 2019. (P)

    Joachim Israel, Martin Buber, Dialogphilosophie in Theorie und Praxis, 2021.

    Bernd Witte, Martin Buber und die Deutschen, 2021.

    Paul Mendes-Flohr, Martin Buber. Ein Leben im Dialog. Aus dem Amerikanischen übers. v. Eva-Maria Thimme, 2022. (P)

    Dokumentarfilm:

    Martin Buber. Religionsphilosoph und Humanist, Regie: Pierre-Henry Salfati, arte 2015. (Onlineressource)

  • Onlineressourcen

  • Porträts

    Fotografien, undatiert, Center for Jewish History, New York City. (Onlineressource)

    Fotografien, 1962–1964, Center for Jewish History, New York City, Miriam Beer-Hofmann Lens Collection 1897–1984. (Onlineressource)

  • Autor/in

    Michael Zank (Boston, Massachusetts, USA)

  • Zitierweise

    Zank, Michael, „Buber, Martin“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.03.2024, URL: https://www.deutsche-biographie.de/118516477.html#dbocontent

    CC-BY-NC-SA