Lebensdaten
1864 – 1943
Geburtsort
Berlin
Sterbeort
Los Angeles (USA)
Beruf/Funktion
Nationalökonom ; Soziologe ; Professor in Frankfurt am Main ; Zionist
Konfession
jüdisch?
Normdaten
GND: 118641417 | OGND | VIAF: 76382059
Namensvarianten
  • Oppenheimer, Franz
  • Hauser, Franz
  • Openhaimer, Frants
  • mehr

Porträt(nachweise)

Verknüpfungen

Verknüpfungen zu anderen Personen wurden aus den Registerangaben von NDB und ADB übernommen und durch computerlinguistische Analyse und Identifikation gewonnen. Soweit möglich wird auf Artikel verwiesen, andernfalls auf das Digitalisat.

Orte

Symbole auf der Karte
Marker Geburtsort Geburtsort
Marker Wirkungsort Wirkungsort
Marker Sterbeort Sterbeort
Marker Begräbnisort Begräbnisort

Auf der Karte werden im Anfangszustand bereits alle zu der Person lokalisierten Orte eingetragen und bei Überlagerung je nach Zoomstufe zusammengefaßt. Der Schatten des Symbols ist etwas stärker und es kann durch Klick aufgefaltet werden. Jeder Ort bietet bei Klick oder Mouseover einen Infokasten. Über den Ortsnamen kann eine Suche im Datenbestand ausgelöst werden.

Zitierweise

Oppenheimer, Franz, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118641417.html [17.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Julius (1827–1909), Dr. phil., Prediger d. jüd. Reformgde. in B., S d. Gabriel, Kaufm. in Uslar;
    M Antonie ( 1910), T d. Dr. Johann Davidson, Arzt in Pyritz u. d. N. N. Benda;
    B Carl (s. 2);
    Schw Paula (1863–1918, Richard Dehmel, 1863–1920, Dichter, s. NDB III), Märchendichterin, Elise (* 1865, Georg Steindorff, 1861–1951, Prof. d. Ägyptologie in Leipzig, s. Rhdb.);
    1890 Martha, T d. Rentners Julius Oppenheim u. d. Regina Wolff, 2) Mathilde, T d. Robert Holl u. d. Ellen Pelton;
    2 S, u. a. Hillel (Heinz) (* 1899), Prof. f. Gartenbau u. Pflanzenphysiologie in Israel (s. Who's who in Israel 1955–69; Enc. Jud. 1971), 1 T aus 1), 1 T aus 2);
    N Ulrich Steindorff (* 1888). Schriftst. (s. Wi. 1970–73).

  • Biographie

    Nach dem Abitur am Berliner Friedrichsgymnasium studierte O. 1881-85 Medizin in Freiburg (Br.) und Berlin und promovierte dort 1885 bei Ernst Leyden zum Dr. med. Nach zehnjähriger Berufstätigkeit in Berlin, zuerst als praktischer Arzt, später als Facharzt für HNO-Erkrankungen, nahm er angesichts der sozialen Probleme der Großstadtbewohner und unter dem Einfluß des „Liberalen Sozialismus“ Theodor Hertzkas (1845–1924) das Studium der Volkswirtschaft auf. Gleichzeitig betätigte er sich als Chefredakteur der „Welt am Montag“ sowie als freier Publizist und Journalist für wirtschaftliche und gesellschaftliche Fragen. 1908 wurde O. an der Univ. Kiel bei Ludwig Bernhard zum Dr. phil. promoviert. Nach seiner, von Gustav Schmoller und Adolph Wagner unterstützten Habilitation für Volkswirtschaftslehre 1909 an der Univ. Berlin wirkte er dort als Privatdozent und wurde 1917 zum apl. Professor|ernannt. Während des 1. Weltkriegs war er als Referent im Kriegsministerium, später im Kriegsamt tätig. Seit 1919 bekleidete O. das Amt eines o. Professors für Theoretische Nationalökonomie und Soziologie an der Univ. Frankfurt/Main, wo er 1929 emeritiert wurde. Mit seiner jüngsten Tochter Renata emigrierte er 1938 über Japan und China nach Los Angeles.

    O., der zu den Begründern der wissenschaftlichen Soziologie in Deutschland zählt, betrachtete diese als eine geschichtsphilosophisch orientierte Universalwissenschaft, welche die soziale Entwicklung der Menschheit in ihrer Ganzheit in den Blick nimmt. Mit seinem frühen Hauptwerk „Theorie der reinen und politischen Oekonomie“ (1910) entwickelte er eine umfassende Theorie des „Dritten Weges“ zwischen liberalem Kapitalismus und marxistischem Sozialismus. In seiner Gesellschaftsanalyse sah er im Monopol am Boden („Bodensperre“) die Ursache des sozialen Elends bürgerlich-kapitalistischer Gesellschaften. Dementsprechend forderte er die Beseitigung des Großgrundbesitzes und die Gründung von Siedlungsgenossenschaften. Er selbst beteiligte sich maßgeblich an solchen Unternehmungen in Deutschland, wie der Obstbausiedlung „Eden“ bei Berlin-Oranienburg und dem Gut „Bärenklau“ bei Veiten in der Mark Brandenburg. O.s Ideen schufen günstige Voraussetzungen für seine längere Zeit anhaltende aktive Zusammenarbeit mit dem internationalen Zionismus. Auf dem 6. Zionistenkongreß in Basel 1903 legte er sein Projekt der genossenschaftlichen Kolonisation Palästinas vor, welches nachhaltigen Einfluß auf die spätere Entwicklung der jüd. kollektiven Ansiedlungsformen hatte. Trotz seines Rückzugs vom organisierten Zionismus und seiner Opposition zur Gründung eines jüd. Staates wurde O. 1926 beauftragt, die Lage der landwirtschaftlichen kooperativen Kollektivansiedlungen zu überprüfen. Sein eigenes Projekt (, Emek Jesrël“ in Merchawja) und seine Kritik an den zu stark ideologisch bestimmten Methoden anderer Kibbuzim verdeutlichte die Gegensätze zwischen seiner eher liberalen Konzeption und anderen, sozialistisch ausgerichteten zionistischen Projekten. Seine Publikationen umfassen zahlreiche Themenbereiche von der Soziologie bis zur Wirtschaftstheorie, wobei O. durchgehend eine historische Perspektive zugrundelegte (exemplarisch: „Großgrundeigentum und soziale Frage, Versuch einer neuen Grundlegung der Gesellschaftswissenschaft“, 1898, ²1922). Sein Gesamtkonzept versuchte er in seinem „System der Soziologie“ (3 Bde., 1922–26, ²1964) zusammenfassend darzustellen.

    Die Wirkung O.s, der wissenschaftlich ein Einzelgänger blieb, bestand weniger in seinen Schriften und praktischen Unternehmungen als vielmehr in der Weiterführung seiner Anstöße durch seine Assistenten und Studenten, von denen besonders die Nationalökonomen Ludwig Erhard, Eduard Heimann, Adolf Löwe, Erik Nölting, Erich Preiser, Alexander Rüstow und Bruno Schultz, sowie die Soziologen Julius Kraft und Gottfried Salomon hervorgehoben seien.

  • Werke

    Weitere W David Ricardos Grundrententheorie, Darst. u. Kritik, 1909, ²1927;
    Rodbertus' Angriff auf Ricardos Renten-Theorie u. d. Lexis' Diehl’sche Rettungsversuch, Diss. Kiel 1908;
    Genossenschaftl. Kolonisation in Palästina, 1910;
    Wert u. Kapitalprofit, Neugründung d. objektiven Wertlehre, 1916, ³1926;
    Kapitalismus – Kommunismus – wiss. Sozialismus, 1919. ²1932 (verändert u. d. T.: Weder Kapitalismus noch Kommunismus, Nachdr. 1962);
    Ges. Reden u. Aufss., 2 Bde., 1924, 1927;
    Grundriß d. theoret. Ökonomik, 2 Bde., 1926;
    Weder so noch so, Der dritte Weg, 1933;
    Das Kapital, Kritik d. pol. Ökonomie, 1938;
    Ges. Schrr., hg. v. J. H. Schoeps, A. Silbermann, H. Süssmuth u. B. Vogt, bisher 3 Bde., 1995-98;
    Autobiogr. Darst.:
    Die Volkswirtsch.lehre d. Gegenwart in Selbstdarst., II. hg. v. F. Meiner, 1929, S. 69-116 (P);
    Erlebtes, Erstrebtes, Erreichtes, Lebenserinnerungen, 1931, ²1964 (P).

  • Literatur

    B. Schultz, Die Grundgedanken d. Systems d. theoret. Volkswirtsch.lehre v. F. O., 1948;
    K. Schayer, F. O. u. d. isr. Siedlungsgenossenschaften, in: Archiv f. öff. u. freigemeinwirtsch. Unternehmen 1, 1954;
    E. Preiser, in: Hdb. d. Sozialwiss. VIII, 1964;
    D. Haselbach. Soziol., Gesch.philos. u. Pol. d. „Liberalen Sozialismus“, 1985;
    V. Kruse, Soziol. u. „Gegenwartskrise“. Die Zeitdiagnosen F. O.s u. A. Webers. Ein Btr. z. hist. Soziol. d. Weimarer Rep., 1990;
    D. Kaesler. Sociological Adventures, 1991;
    B. Vogt, Die Utopie als Tatsache? Judentum u. Europa bei F. O., in: Menora 5, hg. v. J. H. Schoeps u. a., 1994, S. 123-42;
    V. Caspari u. B. Schefold (Hg.), F. O. – A. Lowe, Zwei Wirtsch.wiss. d. Frankfurter Univ., 1996;
    B. Vogt, Wirtsch., Wiss. u. Ethik, F. O.s „liberaler Sozialismus“, 1997.

  • Autor/in

    Dirk Kaesler
  • Zitierweise

    Kaesler, Dirk, "Oppenheimer, Franz" in: Neue Deutsche Biographie 19 (1999), S. 572-573 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118641417.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA