Lebensdaten
1878 – 1947
Geburtsort
Kassel
Sterbeort
Berlin
Beruf/Funktion
Kunsthistoriker
Konfession
keine Angabe
Normdaten
GND: 118792237 | OGND | VIAF: 52485660
Namensvarianten
  • Pinder, Georg Maximilian Wilhelm
  • Pinder, Wilhelm
  • Pinder, Georg Maximilian Wilhelm
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Orte

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Zitierweise

Pinder, Wilhelm, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118792237.html [19.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Eduard (1836–90), Dr. phil., Dir. d. Mus. Fridericianum in K., Sekr. d. Ak. d. Künste ebd. (s. Lb.|Kurhessen I), S d. Moritz (1807–71), Dr. phil., Geh. Oberreg.rat, Bibliothekar, Numismatiker (s. ADB 26);
    M Lisbeth Kunze (* 1853);
    Ur-Gvm Friedrich Wilcken (1777–1840), Hist. (s. ADB 43; Bad. Biogrr. II);
    Urur-Gvv u. Urur-Gvm Friedrich August Tischbein (1750–1812), hessen-waldeck. Hofmaler, Prof. u. Dir. d. Kunstschule in Leipzig (s. ADB 38; ThB);
    Tante-v Anna (1834–55, Johannes Merkel, 1819–61, o. Prof. d. Rechte in Halle, s. NDB 17);
    1) 1905 Ernestine, T d. N. N. Stentzel, Pfarrer in K., u. d. Wilhelmine Cornelius, 2) 1924 Elisabeth (* 1892), T d. Justizrats Hermann Adenauer (1854–1926), u. d. Marietta Peltzer;
    2 S, 1 T aus 1), 2 S aus 2).

  • Biographie

    Nach dem Besuch des Friedrichsgymnasiums in Kassel studierte P. Jura in Göttingen (1896/97), Archäologie in Berlin und München (1897–99) sowie Kunstgeschichte in Leipzig (seit 1900). Dort promovierte er 1903 bei August Schmarsow (1853–1936) mit einer Arbeit über romanische Innenräume in der Normandie; dem selben Thema ist auch die Würzburger Habilitationsschrift von 1905 gewidmet. Nach dem Militärdienst und einem Jahr Assistententätigkeit in Leipzig wurde P. 1905 Privatdozent in Würzburg und 1911 o. Professor an der TH Darmstadt. 1916 folgte er einem Ruf nach Breslau, 1918 nach Straßburg. Gelehrt haben dürfte er zu diesem Zeitpunkt weder an der einen noch an der anderen Universität, da er während des gesamten Krieges Soldat („Kombattant“) blieb. Im April 1919 kehrte er auf den Breslauer Lehrstuhl zurück, wechselte ein Jahr später nach Leipzig (Angebote aus Göttingen u. Wien lehnte er ab) und 1927 nach München. 1935 übernahm er den Lehrstuhl für Mittelalterliche und Neuere Kunstgeschichte an der Univ. Berlin, den er wenige Jahre zuvor (1931) noch ausgeschlagen hatte. 1945 wurde er aufgrund seiner politischen Grundhaltung vom Dienst suspendiert. Seine Versuche, erneut an einer Hochschule zu lehren, scheiterten; aufgrund einer Personenverwechslung wurde er im Frühjahr 1946 für mehrere Monate in Untersuchungshaft genommen. Lediglich ein Forschungsauftrag zur deutschen Kunst um 1800 kam noch kurz vor seinem Tode zustande.

    P.s Ruhm beruhte wesentlich auf seiner rhetorischen Begabung und der Fähigkeit zu anschaulicher Darstellung. Die Bildbände, die er seit 1910 in der Reihe der „Blauen Bücher“ veröffentlichte (Dt. Dome d. MA, Dt. Barock, Rembrandts Selbstbildnisse u. a.), machten ihn weit über Fachkreise hinaus bekannt. Er war Mitherausgeber der „Kritischen Berichte“ (1927-38), Vorsitzender des Deutschen Vereins für Kunstwissenschaft (1933–45) und gehörte mehreren Akademien an. Zwiespältig bleibt seine Rolle im „Dritten Reich“. Einerseits bekannte er sich zum Nationalsozialismus (so 1933 beim „Bekenntnis d. Professoren an d. dt. Universitäten u. Hochschulen zu Adolf Hitler u. d. nat.sozialist. Staat“ oder in d. Hitler gewidmeten Sehr. „Dt. Wiss., Arbeit u. Aufgabe“, 1939); daß er trotz Aufnahmeantrags im Juni 1933 kein Parteimitglied wurde, verdankte er einem Zufall. Andererseits brachte ihn öffentliche Kritik an der nationalsozialistischen Kultur- und Wissenschaftspolitik mehrfach in Konflikte mit einzelnen Dienststellen des Regimes, die 1940 in einem gegen ihn gerichteten Angriff der SS-Zeitschrift „Das Schwarze Korps“ gipfelten. Während des 2. Weltkriegs wurde P. vom Auswärtigen Amt für Vorträge im befreundeten bzw. besetzten Ausland „eingesetzt“.

    In seinen Publikationen widmete sich P. nahezu ausschließlich der deutschen Kunst, die er unter nationalen Vorzeichen interpretierte: Ausgehend von der formalen Analyse einzelner Werke wollte er den in ihr wirksamen überzeitlichen (Volks-)"Geist“ erfassen. Getragen sah er diesen „Geist“ von Individuen, Künstlern ebenso wie Betrachtern (Kunstgesch. als „hist. Psychologie“). Als Ziel setzte er sich die Stärkung des kulturellen Gedächtnisses; die Aneignung der Vergangenheit sollte dem Nationalbewußtsein der Gegenwart dienen. Explizit formuliert wird diese Aufgabenstellung in den Publikationen der 30er Jahre („Vom Wesen u. Werden dt. Formen"); angelegt ist sie schon in den Vorkriegsschriften. In den stilgeschichtlichen Untersuchungen zur mittelalterlichen Skulptur, insbesondere in der als „Handbuch der Kunstwissenschaft“ erschienenen „Deutschen Plastik“ (seit 1914) führte sie zur Entdeckung und Neubewertung der bislang vernachlässigten Kunst des 14. Jh., die im Expressionismus aktuelle Bestätigung erfuhr. Weniger erfolgreich war 1926 P.s Versuch, der stilistischen Vielfalt innerhalb einer Epoche, der „Ungleichzeitigkeit des Gleichzeitigen“, mit einem biologischen Generations-Modell gerecht zu werden. Die Einteilung nach Altersgruppen, deren rhythmische Abfolge durch naturgegebene „Entelechien“ determiniert wird, läßt den historischen Kontext ebenso unbeachtet wie Einflüsse künstlerischer oder gesellschaftlicher Art; die Reduktion auf den Dualismus von geistiger und „naturaler“ Sphäre hat bereits Karl Mannheim (Das Problem d. Generationen, 1928) kritisiert.|

  • Auszeichnungen

    o. Mitgl. d. Sächs. Ak. d. Wiss. (1922, ausw. o. Mitgl. 1927), d. Bayer. Ak. d. Wiss. (1927, korr. Mitgl. 1936), d. Straßburger|Wiss. Ges., d. Dt. Ak., d. Preuß. [Deutschen] Ak. d. Wiss. [zu Berlin] (1938).

  • Werke

    Ma. Plastik Würzburgs, 1911;
    Dt. Barock, 1912;
    Die dichter. Wurzel d. Pietà, in: Repetitorium f. Kunstwiss. 42, 1920, S. 146-63;
    Die Pietà, 1922;
    Die Dt. Plastik v. ausgehenden MA bis z. Ende d. Renaissance, 2 Bde., 1924-29 (in Einzellfgg. 1914–28);
    Der Naumburger Dom u. d. Meister seiner Bildwerke, 1924;
    Die dt. Plastik d. fuenfzehnten Jh., 1924;
    Die dt. Plastik d. vierzehnten Jh., 1925;
    Das Problem d. Generation in d. Kunstgesch. Europas, 1926, ²1928, Neudr. 1961;
    Der Bamberger Dom u. seine Bildwerke, 1927;
    Zur Physiognomik d. Manierismus, in: FS L. Klages 1932, S. 148-56;
    Das dt. Stufenportal d. hohen MA, in: Actes du XIIIe Congrès Internat, d'hist. de l'art, 1933, S. 152-58;
    „Was ist dt. an d. dt. Kunst?“ Zu d. Schr. v. K. K. Eberlein, in: Zs. f. Kunstgesch. 2, 1933, S. 405-07;
    Dt. Barockplastik, 1933;
    Reden aus d. Zeit, 1934;
    Vom Wesen u. Werden dt. Formen, 4 Bde., 1935-39 u. 1951;
    Georg Kolbe, Werke d. letzten Jahre, 1937;
    Ges. Aufss. aus d. J. 1907-1935, 1938;
    Wesenszüge dt. Kunst, 1940;
    Das Straßburger Münster, 1941;
    Georg Kolbe – Zeichnungen, 1942;
    Rembrandts Selbstbildnisse, 1943;
    Sonderleistungen d. dt. Kunst, 1944;
    Von d. Künsten u. d. Kunst, 1948;
    Aussagen zur Kunst, 1949.

  • Literatur

    FS W. P. z. 60. Geb.tag, 1938;
    Edith Hoffmann, in: Burlington Magazine 89, 1947, S. 198;
    H. Jantzen, in: Zs. f. Kunstwiss. 1, 1947, S. 73-76;
    ders., in: Jb. d. Bayer. Ak. d. Wiss. 1948, S. 178 f.;
    R. Hamann, in: Jb. d. Dt. Ak. d. Wiss. zu Berlin 1946-1947, 1950, S. 213-16;
    W. P. spricht üb. Kunstgesch., Grundzüge seiner Methode u. Lehre, 1957;
    W. Irmscher, Der ideolog. Gehalt d. Gesch.auffassung W. P.s u. seine Stellung innerhalb d. bürgerl. Kunstwiss., Diss. Berlin 1976;
    D. E. Lies, Plastik als Gestaltung, W. P.s Aussagen zur dt. Plastik in den J. 1914-1930, Diss. Bonn 1980;
    M. Halbertsma, W. P en de Duitse kunstgeschiedenis, 1985 (P), dt. 1992 (P);
    dies., in: H. Dilly (Hg.), Altmeister modemer Kunstgesch., 1990, S. 235-48 (P);
    R. Suckale, W. P. u. d. dt. Kunstwiss. nach 1945, in: Krit. Berr. 14, 1986, H. 4, S. 5-17;
    Klaus Wilh. Meyer, Der Dt. W. P. u. d. Kunstwiss. nach 1945, ebd. 15, 1987, H. 1, S. 41-48;
    Th. Lersch, Der Taufstein d. Anti-Kunst. W. P. schüttelt d. Flaschentrockner, in: Kunstchronik 42, 1989, S. 691-703;
    Metzler, Kunsthist. Lex.Eigene Archivstudien: Archiv d. Humboldt-Univ., Personalakte.

  • Porträts

    (Film) P. spricht über Kunstgesch., Grundzüge seiner Methode u. Lehre, 1943 (Reihe Filmdok. d. Zeitgesch.).

  • Autor/in

    Magdalena Bushart
  • Zitierweise

    Bushart, Magdalena, "Pinder, Wilhelm" in: Neue Deutsche Biographie 20 (2001), S. 448-450 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118792237.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA