Lebensdaten
1867 – 1919
Geburtsort
Berlin
Sterbeort
München
Beruf/Funktion
sozialistischer Politiker ; Schriftsteller
Konfession
mehrkonfessionell
Normdaten
GND: 118529706 | OGND | VIAF: 51723259
Namensvarianten
  • Eisner, Kurt
  • Eisner, Curt
  • Fern, Reinhard
  • mehr

Orte

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Zitierweise

Eisner, Kurt, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118529706.html [19.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Emanuel (1827–99), Kaufm., S des Branntweinhauspächters Hermann in Studnitz (Böhmen);
    M Hedwig (1839–1918), T des Kaufm. Lewin Levenstein in Rastenburg (Ostpreußen);
    1) Eberswalde 1892 ( 1917) Elisabeth (* 1867, ev.), Kunstmalerin, T des Kunstmalers Aug. Hendrich, 2) Großhadern b. München 1917 Elise (* 1887), Redakteurin, T des Prokuristen Jos. Belli;
    2 S, 3 T aus 1) u. a. Ilse (* 1895, Hans Unterleitner, 1890–1971, 1918/19 bayerischer Min. für soz. Fürsorge, 1924-33 MdR, SPD, emigrierte 1936 über die Schweiz in die USA), 2 T aus 2).

  • Biographie

    Nach philosophischen und germanistischen Universitätsstudien und journalistischen Lehrjahren in Frankfurt/Main und Marburg, wo ihm eine Majestätsbeleidigung 9 Monate Gefängnis eintrug, gehörte er, vom Naumann-Anhänger zum Sozialdemokraten geworden, 1889-1905 zur Schriftleitung des „Vorwärts“. Als er dort wegen revisionistischer Gesinnung ausscheiden mußte, wurde er 1907-10 Schriftleiter der „Frankischen Tagespost“ in Nürnberg, dann Mitarbeiter der „Münchner Post“ und Herausgeber des „Arbeiterfeuilletons“ in München. Dabei war er nach allgemeinem Urteil stärker von Menschheitsbeglückungsträumen geleitet als von klaren wirtschaftlichen und politischen Zielen. E. gehörte zur Schwabinger Bohème; er war ein typischer Kaffeehausliterat, der auch etwas vom Theater verstand. Unbedingte Kriegsgegnerschaft und der starre Glaube an Deutschlands Kriegsschuld führten ihn 1917 zur Unabhängigen Sozialistischen Partei (USP). Als einer der Hauptschürer des Rüstungsstreiks im Januar 1918, durch den er die Frühjahrsoffensive verhindern wollte, wurde er verhaftet, im Oktober aber wieder freigelassen, weil er bei einer Reichstagsnachwahl in München für die USP kandidierte. Von den Mehrheitssozialisten allzu vorsichtig bekämpft, gewann er Zulauf mit den Schlagworten, Bayern sei nur von Preußen mißbraucht und weiterer Widerstand sei jetzt sinnlos. Eine sozialistische Kundgebung, für deren ruhigen Verlauf sich der Führer der SPD verbürgt hatte, benutzte E. geschickt, um die Truppen auf seine Seite zu ziehen und in der Nacht vom 7. auf 8.11.1918 im Landtagsgebäude an der Spitze eines rasch gebildeten Arbeiter- und Soldatenrates den „Freistaat Bayern“ auszurufen. Als Ministerpräsident einer aus beiden sozialistischen Parteien gebildeten Regierung verfolgte er gemeinsam mit F. W. Foerster, den er zum vorläufigen bayerischen Gesandten in der Schweiz ernannte, und mit ausländischen Pazifisten den Plan, durch ein deutsches Schuldbekenntnis mildere Friedensbedingungen zu erreichen; auch hoffte er dadurch jede gegenrevolutionäre Bewegung zu lahmen. Deshalb veröffentlichte er am 23.11.1918 bayerische Gesandtschaftsberichte zum Kriegsausbruch mit solchen Streichungen und Zusammenziehungen, daß sie den Kriegswillen der Reichsleitung zu beweisen schienen; das Kommissionsgutachten, das dem Artikel 231 des Versailler Vertrages zugrundelag, berief sich mehrfach auf diese gefälschten Dokumente. Auf dem Internationalen Sozialistenkongreß in Bern wiederholte E. am 4.2.1919 die Anklage, der Krieg sei „von einer kleinen Horde größenwahnsinniger Militärs in Deutschland im Verein mit Kapitalisten und Fürsten“ gemacht worden; die Revolution sei die planvolle Gegenwirkung gewesen. Da ihm der Rat der Volksbeauftragten in Berlin auf diesem Weg nicht folgte, verlangte E. an dessen Stelle ein von den Bundesstaaten zu ernennendes Direktorium, brachte aber dadurch nur alle föderalistischen Bestrebungen in Verruf. Seine weltfremde Ideologie stieß selbst im Arbeiter- und Soldatenrat auf Widerspruch. Als die Landtagswahlen am 12.1.1919 seiner Partei nur 3 Sitze von 180 brachten, suchte er sich, gestützt auf ein Bündnis mit dem linksradikalen Bauernführer C. Gandorfer und auf den Arbeiter-, Soldaten- und Bauernrat, an der Macht zu halten; erst am 12.2. setzte der mehrheitssozialistische Innenminister E. Auer die Einberufung des Landtags durch. Ob diesem E. wirklich zu weichen gedachte oder ob er insgeheim eine Sprengung des Landtags vorbereiten ließ, ist nicht erwiesen. Auf dem Weg zur Eröffnung wurde er am 21.2.1919 von dem jugendlichen A. Graf Arco erschossen.

  • Werke

    Wilh. Liebknecht, 1900, ²1906; Das Ende d. Reichs, 1907;
    Die neue Zeit, 2 Bde., 1919; Ges. Schrr., 2 Bde., 1919.

  • Literatur

    M. Doeberl, Sozialismus, Soz. Rev., Soz. Volksstaat, 1920; P. Dirr, Bayer. Dokumente z. Kriegsausbruch, 1922;
    E. Müller-Meiningen, Aus Bayerns schwersten Tagen, 1923;
    F. Fechenbach, Der Revolutionär K. E., 1929;
    K. Schwend, Bayern zw. Monarchie u. Diktatur, 1954 (P); J. v. Graßmann, in: DBJ II, S. 368-78 (W, L).

  • Autor/in

    Anton Ritthaler
  • Zitierweise

    Ritthaler, Anton, "Eisner, Kurt" in: Neue Deutsche Biographie 4 (1959), S. 422-423 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118529706.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA