Lebensdaten
1857 – 1920
Geburtsort
Plagwitz bei Leipzig
Sterbeort
Großjena bei Naumburg/Saale
Beruf/Funktion
Maler ; Graphiker ; Bildhauer
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118563335 | OGND | VIAF: 46780561
Namensvarianten
  • Klinger, Max
  • Kelingeer, Makesi
  • Kuringâ, Makusu
  • mehr

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Zitierweise

Klinger, Max, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118563335.html [19.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Louis (1818–96), Seifensieder, S d. Joh. Heinrich (* 1787);
    M Auguste (1820–1904), T d. Obermarktvogts Richter in L.;
    B Konrad Heinrich (1853–1945), Prof. d. Chemie in Bonn u. Königsberg (s. Pogg. IV-VII a);
    - 1919 Gertrud Bock (1893–1932), K.s früheres Modell; Lebensgefährtin (1898–1913) Elsa Asenijeff geb. Packeny (1868–1941), gesch. von Nestoroff (bulgar. Diplomat), Schriftstellerin, von ihr 1 T Desirée (* 1900, Zimmermann).

  • Biographie

    K.s Vater, der selbst gerne Maler geworden wäre, unterstützte die zeichnerische und musikalische Begabung seines Zweitältesten Sohnes. Dieser besuchte bis 1873 die Realschule in Leipzig und begann 1874 sein Studium an der Kunstschule in Karlsruhe bei Ludwig Des Coudres und dem Realisten Karl Gussow. Als Gussow 1875 von Anton von Werner an die Akademie in Berlin berufen wurde, folgte ihm K. dorthin. In Berlin sah er zum ersten Mal die Bilder Menzels, die einen nachhaltigen Eindruck auf ihn machten. 1876 verließ er die Akademie mit dem Abschlußzeugnis „Außerordentlich“ mit der Silbernen Medaille.

    1878 debütierte K. mit dem Gemälde „Die Spaziergänger“ (auch: „Ein Überfall“, heute Berlin-Ost) bei der 52. Ausstellung der Königlichen|Akademie in Berlin. Bereits in diesem Frühwerk zeigt sich K.s kompositorische Eigenart, die Menschen isoliert voneinander im Bildraum aufzustellen und die einzelnen Körper streng und nahezu plastisch durchzumodellieren. Ebenfalls 1878 entstand K.s erster Radierzyklus, dem er, wie auch allen folgenden, nach dem Vorbild der Komponisten die Bezeichnung „Opus“ gab. In den 8 Blättern dieser „Radierten Skizzen“, die K.s intensives Studium der japanischen Tuschzeichnung verraten, sind bereits zahlreiche Themen und Motive enthalten, die sein gesamtes späteres Schaffen durchziehen: Liebe, Tod und Kunst. 1879 reiste K. nach Brüssel, wo er bei E. Ch. Wauters Unterricht nahm. Im folgenden Jahr lebte er für einige Monate in München. Im Dezember 1880 stellte er hier seinen Radierzyklus „Eva und die Zukunft“ (Opus III) aus. Er steht unter dem Motto: „Durch die Sünde ist der Tod in die Welt gekommen, der Sünde Sold ist der Tod“. K. interpretiert unter dem Einfluß der Lektüre Schopenhauers die Vertreibung aus dem Paradies und die daraus resultierende Sterblichkeit des Menschen aus der Abhängigkeit vom Geschlechtstrieb. Gehalt und Aufbau dieses Zyklus sind symptomatisch für fast alle folgenden: Die erste Szene zeigt das pubertäre Erwachen Evas, die zweite die lauernde Sinnlichkeit in der symbolischen Gestalt eines Tigers, die dritte die narzißtische Selbstbewunderung des erblühten Weibes, die vierte einen Dämon auf einem Fisch sitzend, die fünfte die Vertreibung aus dem Paradies und die sechste und letzte schließlich den „Tod als Pflasterer“. Sinnlichkeit und Sünde, so argumentiert K., führen unausweichlich zum Verlust des Glückes und des Paradieses und liefern den Menschen dem Tode aus.

    1880 vollendete K. noch weitere graphische Arbeiten: den Radierzyklus „Intermezzi“ (Opus IV) und die Illustrationen zu Apuleius' Dichtung „Amor und Psyche“ (Opus V). Während die Landschaftsszenen mit den Zentauren in den „Intermezzi“ den Einfluß Böcklins verraten, zeigt sich K. in „Amor und Psyche“ als neuidealistischer Zeichner und als vorzüglicher Gestalter von dekorativen Ornamenten. In Berlin folgte 1881 die „Paraphrase über den Fund eines Handschuhs“ (Opus VI). Dieser Zyklus über eine Bagatelle aus dem Alltagsleben beginnt realistisch, doch bald gleitet die Erzählung ins Surrealistisch-Phantastische über und wird reich an Allegorien und Traumsymbolen. In diesen Jahren (1882/83) entstand sein erstes plastisches Werk, eine Porträtbüste Schillers. 1883 erhielt K. den Auftrag, 14 Wandbilder für einen Saal der Villa Albers in Steglitz bei Berlin zu malen. Wie schon seine Radierfolge „Intermezzi“ sind diese Werke thematisch und stilistisch den mythologischen Naturszenen Böcklins verwandt. Der Radierzyklus „Dramen“ (Opus IX) war 1883 in München, Berlin und Paris ausgestellt und brachte K. hohe Anerkennung sowie zwei Medaillen (die Silberne in München und die Kleine Goldene in Berlin) ein. In Anlehnung an Zola, Flaubert und die Brüder Goncourt schildert K. in 6 sozialkritischen Szenen die Endstationen großstädtischer Lebenstragödien. Käthe Kollwitz war von diesen Arbeiten, den einzigen Beiträgen K.s zu diesem Thema, außerordentlich beeindruckt. Er selbst jedoch schrieb: „Der Tribut an die moderne Literatur ist damit hoffentlich endgültig bezahlt.“

    Im Sommer 1883 übersiedelte K. nach Paris. Von dem damals in erster Blüte stehenden Impressionismus wurde er kaum berührt, dagegen interessierte er sich um so mehr für die Bilder Goyas, Dorés und Puvis de Chavannes, die er im Louvre intensiv studierte. Neben der Graphik und der Malerei begann er sich in diesem Jahr auch auf die Plastik zu konzentrieren: In Paris entstand das Gipsmodell zu jenem Beethoven-Denkmal, das er erst 1902 vollendete. 1884-89 zeichnete K. 3 weitere Radierzyklen: „Ein Leben“ (1884), „Eine Liebe“ (1887) und „Vom Tode I“ (1889). Die beiden ersteren behandeln, wie schon „Eva und die Zukunft“, das Verderben und die zerstörerische Gewalt, die vom Geschlechtstrieb ausgehen: Vor allem die Frau ist die Leidtragende der Sinnlichkeit, denn das Übertreten der moralischen Schranken der Gesellschaft wird mit Schande und Ächtung bestraft. Die Frau ist für K., wie für alle symbolistischen Maler und Zeichner seiner Generation, Verführerin, Kokotte, aber auch Opfer ihrer eigenen Geschlechtlichkeit. In dem Zyklus „Vom Tode I“ nimmt K. das traditionelle Thema des Totentanzes auf und stellt ihn, in Anklang an Schopenhauers Philosophie, unter das Motto: „Wir fliehn die Form des Todes, nicht den Tod, denn unserer höchsten Wünsche Ziel ist der Tod.“ Anders als in älteren Totentänzen erscheint der Knochenmann nur selten. Hier wie dort wird vor allem das plötzliche Abreißen des Lebensfadens geschildert.

    Im März 1887 kehrte K. für kurze Zeit nach Berlin zurück, wo er Böcklin persönlich kennenlernte. Auf der 59. Ausstellung der Akademie der Künste stellte er dann 1887 das „Parisurteil“ dem Publikum vor. Dieses Monumentalgemälde (3,3 : 7,2 m – heute Wien) umgab K. erstmals mit einer Predella und|mit Rahmenteilen aus farbigem Marmor. Durch die plastische Umrahmung seines Gemäldes versuchte er, seine Theorie von der Raumwirkung eines Bildes über seinen Rahmen hinaus deutlich zu machen.

    Im Februar 1888 hatte sich K. in Rom ein Atelier gemietet. Wie in Paris lebte er auch hier zurückgezogen, um sich ganz auf seine Arbeit zu konzentrieren. Vor allem aber widmete er sich dem Studium der antiken Skulptur und unternahm zahlreiche Reisen durch Italien. 1888 fuhr er mit seinem Freund Karl Stauffer-Bern nach Frascati und in die Albaner Berge, 1889 nach Capri, Paestum und Neapel, 1890 nach Bracciano, Ravenna, Padua und Verona, 1891 nach Sizilien. Im Mai 1891 waren seine Gemälde „Die Blaue Stunde“ (heute Leipzig) und die „Pieta“ (Kriegsverlust) in Paris zu sehen. Diese Werke entsprechen ganz den Theorien über Form und Farbe eines Gemäldes, die K. in seiner Schrift „Malerei und Zeichnung“ (konzipiert 1885, erschienen 1891) formulierte. Zur „Blauen Stunde“, die drei Mädchenakte am Meeresufer zeigt, schrieb er 1890: „Den ersten Anstoß dazu gaben mir reine Licht- und Farbenstudien, die ich in Paris vor langen fahren begann … (Sodann) habe ich versucht, drei verschiedene Arten stiller Beschaulichkeit möglichst zu charakterisieren: Das stumpfe Träumen in die abendliche Dunkelheit hinein, das beschauliche Gruseln, bei dem man in das Feuer schaut, und schließlich das weite Aufträumen.“ Nachdem K. im März 1893 sein Atelier in Rom aufgegeben hatte, reiste er zusammen mit seinen beiden Schwestern Martha und Louise und mit Böcklin nach Florenz und an den Lago Maggiore. Danach ließ er sich endgültig in Leipzig nieder.

    In seiner im November 1893 in Dresden ausgestellten „Kreuzigung“ (heute Leipzig) löst sich K. völlig von der christlichen Ikonographie und interpretiert den Kreuzestod als ein Geschehen voll menschlichen Schmerzes und Leidens. Da K. Christus völlig nackt darstellte, löste dieses Bild einen Skandal aus. 1894 fand in Leipzig die erste Sonderausstellung von K.s Werken statt. Außer Radierungen und Gemälden wurden auch zwei Gipsmodelle zu den Plastiken „Salome“ und „Kassandra“ gezeigt. Diese Ausstellung brachte K., der zu Beginn des Jahres zum ordentlichen Mitglied der Akademie der Künste gewählt worden war, in Fachkreisen und in der Öffentlichkeit großes Ansehen. April – Juli unternahm er eine ausgedehnte Reise nach Wien, Griechenland und auf die griechischen Inseln (Korfu). 1895 reiste er nach England und Holland. Im Frühjahr 1896 konnte K. den von ihm entworfenen Wohn- und Atelierbau in Leipzig beziehen, in dem auch seine umfangreiche Sammlung zeitgenössischer Gemälde Platz fand. Dieses Atelier wurde Treffpunkt vieler namhafter Künstler, unter anderem Eugène D'Albert, Johannes Hartmann, Leopold von Kalckreuth, Felix Becker und Max Reger. K.s Interesse für die Musik brachte ihn immer wieder mit Musikern zusammen. Johannes Brahms, mit dem er seit 1880 bekannt war, schickte er seinen 1894 entstandenen Radierzyklus „Brahmsphantasie“ (Opus XII), ein bedeutendes Zeugnis der synästhetischen Kunstbetrachtung jener Jahre. Zum Dank widmete ihm der Komponist 4 Lieder; es waren die letzten, die er vor seinem Tode 1897 schrieb.

    1896 erhielt K. den Auftrag, das Treppenhaus des Museums und die Aula der Universität in Leipzig auszumalen. Doch nur letztere Aufgabe konnte er vollenden. In dem riesigen Gemälde „Die Blüte Griechenlands“ (6,15 : 20,3 m) für die Aula der Universität verbindet K. Kunst, Wissenschaft und weltliche Macht der griechischen Antike zu einem Kultbild der Schönheit und des Wissens. 1897 stellte er ein weiteres Monumentalgemälde „Christus im Olymp“ (heute Leipzig) auf der Kunstausstellung in Leipzig aus. Dieses Bild, das christliche und antike Allegorien und Glaubensvorstellungen verbindet, stellt einen Versuch dar, die Religion der Askese mit jener der dionysischen Lebenslust zu einer neuen Weltanschauung idealistisch zusammenzuführen. K. umgab das Gemälde, wie schon das „Parisurteil“, mit einem plastischen Marmorfries.

    In den folgenden Jahren konzentrierte er sich auf plastische Arbeiten. 1899 erhielt K. von der Tiedge-Stiftung den Auftrag zu der Figurengruppe „Drama“, 1900 schuf er eine farbige Porträtbüste seiner Lebensgefährtin Elsa Asenijeff, 1901 Büsten von Franz Liszt und Friedrich Nietzsche (monochrom), den er sehr verehrte. 1902 vollendete er sein Beethoven-Denkmal. Dieses berühmte Werk wurde zuerst in der Wiener Sezession gezeigt, wo man es mit einem plastischen Rahmen umgab, den Gustav Klimt mit einem Fries geschmückt hatte. Im Juli 1902 wurde es in einem eigens dafür entworfenen Rundbau im Leipziger Museum aufgestellt. K. verherrlicht den von ihm verehrten Komponisten als heroischen Genius und sieht in ihm den Prototyp des in der Einsamkeit schaffenden Künstlers. Es ist „ein Kultbild der ästhetischen Weltanschauung des Symbolismus: K. faßt Bethoven als den auf, der die Kraft und die Schönheit der Antike mit dem Leiden der Welt vereinigt. Seine Musik bildet den edelsten Ausdruck reinen Menschentums, er|selbst, der Komponist, ist also Zeus einer neuen, alle überweltlichen Götter verneinenden Welt“ (Hofstätter). K. benutzt bei seinem Beethoven-Denkmal, wie auch bei der „Salome“, der „Kassandra“ und der „Elsa Asenijeff-Büste“ polychrome und polylithe Materialien nach antikem Vorbild.

    Um die Jahrhundertwende wurde K. mit zahlreichen pädagogischen und organisatorischen Aufgaben betraut. 1897 war er zum Professor an der Akademie der graphischen Künste in Leipzig ernannt worden, gleichzeitig hatte ihn die Wiener Sezession zum korrespondierenden Mitglied gewählt. 1903 wurde er vom Deutschen Künstlerbund, dem Leopold von Kalckreuth vorstand, neben Liebermann, Uhde und Kessler zum Vizepräsidenten bestimmt. 1905 erhielt er vom Künstlerbund den Auftrag, in Florenz ein Atelierhaus für junge Stipendiaten der Vereinigung einzurichten. Im April wurde die Villa Romana gekauft, in die als erste Stipendiaten im November Kurt Tuch, Georg Kolbe, Ulrich Hübner und Max Kurzweil einzogen. 1906 wurde der erste Villa-Romana-Preis unter anderem an Karl Albiker, Paul Baum, Max Beckmann, Georg Kolbe, Käthe Kollwitz und Willy Geiger verliehen. Im Dezember 1905 übernahm K. den Vorsitz des Villa-Romana-Vereins, der sich inzwischen vom Deutschen Künstlerbund gelöst hatte. Zu seinem 50. Geburtstag veranstaltete der Leipziger Kunstverein eine erste repräsentative Ausstellung von K.s Werken.

    Bei einer Reise durch Spanien (1907) beeindruckten ihn im Prado Gemälde Goyas, Velasquez' und Riberas. 1909 fand er wieder zur Graphik zurück. Es entstand der Radierzyklus „Vom Tode II“ (Opus XIII). In diesem Zyklus, an dem er seit den 80er Jahren arbeitete, reflektiert K. über das Werden und Vergehen, über die Qual und die scheinbare Sinnlosigkeit des menschlichen Lebens. Die Quintessenz ist jedoch keineswegs pessimistisch, denn K. akzeptiert Tod und Verderben als Notwendigkeiten, die dem Menschen die Augen für die Schönheit des Lebens öffnen können. 7 Jahre später, 1916, erschien „Das Ziel“ (Opus XIV), ein romantisch-symbolistisches Märchen nach K.s eigener Konzeption. In den letzten zehn Jahren seines Lebens schuf er nur noch einige wenige, zum größten Teil plastische Werke: das Abbe-Denkmal (1911), die Porträtbüste von Richard Strauss (1915) und als einziges Monumentalgemälde „Arbeit, Wohlstand und Schönheit“ im Chemnitzer Rathaus. 63jährig verstarb K. in seinem Haus in den Weinbergen bei Großjena, wo er seit 1903 gewohnt hatte.

    K. war einer der vielseitigsten und phantasievollsten deutschen Künstler der Jahrhundertwende. Er war ein Einzelgänger, blieb aber von den Kunstströmungen seiner Zeit nicht unberührt. In seinem Werk, das Graphik, Malerei und Plastik gleichermaßen umfaßt, folgt er, wie schon Runge und Richard Wagner, dem Ideal, ein „Gesamtkunstwerk“ zu schaffen: Malerei, Plastik und Architektur sollten zu einem harmonischen, ästhetisch ausgewogenen Ganzen komponiert werden. Die vielfarbige Plastik verteidigt K. aus dem Gedanken heraus, daß monochrome Skulpturen vor farbigen Wänden den Raumeindruck zerstörten und selbst zu silhouettenhaft wirkten. Gemälde und Plastik sollten jedoch zu einer „Raumkunst“ zusammengeführt werden. K. beklagt in seiner Schrift „Malerei und Zeichnung“ (1891), daß das Schaffen des Künstlers immer wieder in einzelne Bereiche zergliedert werde: „Es gibt heute nur noch Künste, aber keine Kunst mehr!“

    K. wurde von der zeitgenössischen Kritik teils emphatisch gelobt, teils entschieden abgelehnt. Als Haupteinwand gegen K.s Werk wurde immer wieder vorgebracht, seine Kunst sei zu „literarisch“. Dieser Vorwurf basiert auf den traditionellen Kunstgesetzen, die Lessing im „Laokoon“ formuliert hatte und die den Kunstgeschmack und die Kunstkritik bis ins 20. Jahrhundert hinein bestimmten. K. setzt sich in seiner Schrift „Malerei und Zeichnung“ mit dieser Problematik auseinander und definiert seine Auffassung von der Aufgabe der Kunst. Die Graphik folgt seiner Ansicht nach anderen Gesetzen als die Malerei. Allein in der Graphik sei es dem Künstler erlaubt, Gedanken und Ideen subjektiv auszudrücken. Während die Malerei die Welt verherrliche, habe die „Griffelkunst“ die Aufgabe, „das zu überwindende Unschöne, das Schreckliche und das Furchtbare“ in der Welt darzustellen. Die Radierung sei geprägt von den subjektiven Ängsten und sich widersprechenden Empfindungen des Künstlers. In der Graphik könne man seine Weltanschauung ausdrücken und seine Gedanken zu einem vorgefaßten Thema darstellen. Für K. ist die Graphik bewußt und ausnahmslos „Gedankenkunst“. Die Malerei dagegen entspringe allein dem Formgefühl und dürfe, mit Ausnahme der dekorativen Wandbilder, keinen allegorischen oder symbolischen Inhalt haben. Die einzige Bildidee sei der gewählte Bildgegenstand; diesen in Form und Farbe auszudrücken und beides zu einer Einheitlichkeit des Eindrucks zu verschmelzen, sei das Ziel der Malerei.

    K.s Schaffen ist keiner zeitgenössischen Kunstströmung eindeutig zuzuordnen. Goya,|Gussow, Menzel, Böcklin und Rops prägten sein Werk, das sowohl realistische als auch symbolistische Züge trägt. Wenn K. auch keine Schule gegründet hat, so übte er doch unverkennbaren Einfluß auf viele Künstler aus, so auf Käthe Kollwitz, Max Ernst, James Ensor, Alfred Kubin und Rudolf Jettmar. Zahlreiche Künstler der verschiedensten Stilrichtungen bekannten sich zu ihm und hoben das Zukunftsweisende in seinem Werk hervor. Der Surrealist und Metaphysiker de Chirico widmete zum Beispiel 1920 K. einen Aufsatz (neu erschienen in der Sammlung „Wir Metaphysiker“, 1973). Nachdem K. in den 30er und 40er Jahren nur wenig beachtet worden war, erwachte in den 60er Jahren das internationale Interesse an seinem Werk, 1971 wurde das graphische Oeuvre erstmals in Amerika, 1972 erstmals in Italien ausgestellt.|

  • Auszeichnungen

    Dr. med. h. c. (Greifswald), Dr. phil. h. c. (Königsberg), Dr.-Ing. E. h. (TH Berlin);
    Orden Pour le mérite f. Wiss. u. Künste (1906), bayer. Maximiliansorden f. Kunst u. Wiss.;
    Ehrenmitgl. d. Dresdner u. d. Stockholmer Ak., Geh. Hofrat.

  • Werke

    Briefe a. d. J. 1874-1919, hrsg. v. H. W. Singer II, 1924.

  • Literatur

    Abb. u. Oeuvre-Verz.: M. K., Die Hauptwerke d. Malerei u. Plastik d. Künstlers, 1902;
    H. W. Singer, M. K.s Radierungen, Stiche u. Steindrucke, Wiss. Verz., 1905;
    ders., Meister d. Zeichnung I: M. K., 1912;
    G. Kirstein, M. K., 1916;
    K.-Album, hrsg. v. J. Hartmann u. F. Becker, 1925;
    J. Vogel, M. K.s Leipziger Skulpturen: Salome, Kassandra, Beethoven, Das badende Mädchen, Franz Liszt, 1902;
    P. Kühn, M. K., 1907 (P);
    A. Lichtwark, Ansprache an M. K., in: ders., Ges. Aufsätze 1917;
    F. Avenarius, M. K. als Poet, 1917 (P);
    W. Pastor, M. K., 2 Bde. 1918 (P);
    J. Vogel, M. K. u. s. Vaterstadt Leipzig, 1927;
    Max Schmid, K., bearb. v. J. Vogel, 1926 (P);
    E. Plietzsch, M. K., 1943;
    F. Schumacher, Stufen d. Lebens, 1949;
    K. Liebmann, der verkannte K., in: Bildende Kunst 4, 1956, S. 184 ff.;
    A. Hübscher, Betrachtungen zu d. beiden zentralen Problemkomplexen Liebe u. Tod in d. Graphik M. K.s - in Verbindung mit s. Theorien üb. Graphik, Diss. Halle 1970;
    ders., Zwischen Symbolismus u. Wirklichkeit, in: Bildende Kunst 18, 1970, S. 648-52; Ausstellungskat.: Kunsthalle Darmstadt, 1966, Bremen, 1970, Mus. d. Bildenden Künste Leipzig, 1970 (ausführl. Bibliogr., P);
    J. Ashbery, The Joys and Enigmas of Strange Hours, in: The great Eccentrics, 1971;
    H. H. Hofstätter, Symbolismus u. d. Kunst d. Jh.wende, 1965;
    A. Dückers, M. K., 1976;
    ThB (W, L);
    Kindlers Malerei-Lex. III, 1966 (W, L).

  • Porträts

    zahlr. Radierungen K.s v. 1909 u. v. 13.11.1918;
    Selbstbildnis, 1891;
    Bildnis v. L. v. Kalckreuth, 1918, Abb. b. Pastor, s. L;
    Relief v. F. Pfeifer, Abb. b. Avenarius, s. L;
    Zeichnung v. E. Orlik, Abb. b. P. Kühn, s. L;
    Lith. v. O. Greiner 1914, Abb. b. M. Schmidt, s. L, S. 181;
    Bronzebüste v. C. Seffner;
    Bildnisbüste v. A. Leistner, 1920. -
    Zahlr. Phot. in: Ausstellungskat. d. Mus. d. Bildenden Künste Leipzig, 1970.

  • Autor/in

    Eva-, Bayer-Klötzer Suzanne
  • Zitierweise

    Bayer-Klötzer, Eva-Suzanne, "Klinger, Max" in: Neue Deutsche Biographie 12 (1980), S. 90-94 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118563335.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA