Lebensdaten
1877 – 1947
Geburtsort
Waldheim (Sachsen)
Sterbeort
Berlin
Beruf/Funktion
Bildhauer ; Künstler ; Kunstsammler ; Grafiker ; Maler
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118777734 | OGND | VIAF: 49349022
Namensvarianten
  • Kolbe, Georg
  • Colbe, Georg

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Zitierweise

Kolbe, Georg, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118777734.html [04.10.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Theodor Emil (1843–1912), Dekorationsmaler, S d. Uhrmachers Gottfried u. d. Sophie Horn;
    M Caroline Ernestine (1848–1921), T d. Joh. Karl Krappes u. d. Caroline Ernestine Büttner;
    B Rudolf (* 1873), Architekt u. Kunstgewerbler in Dresden (s. ThB);
    - Ükkel b. Brüssel 1902 Benjamine (1881–1927), Sängerin, T d. Petrus B. A. van der Meer de Walcheren u. d. Maria G. de Yong;
    1 T.

  • Biographie

    K.s Begabung fürs Plastische zeigt sich schon früh; als Zehnjähriger modelliert er kleine Tierplastiken aus Bienenwachs. Mit 14 Jahren verläßt er die Schule und wird Zeichen- und Malschüler an der Kunstgewerbeschule in Dresden. Seit 1895 besucht er die Akademie in München (bei Gabriel von Hackl und Otto Seitz) und vom Herbst 1897 bis Ostern 1898 die Académie Julian in Paris. K. erhält den 1. Preis der Zeichenklasse. Es entstehen erste freie Arbeiten (kleine Tuschblätter), von deren Verkauf er seinen Lebensunterhalt bestreiten kann. 1898 geht K. für drei Jahre nach Rom. Unter der Anleitung von Louis Tuaillon und August Gaul wechselt er 1900 zur Bildhauerei über. 1901 kehrt er nach Deutschland zurück. Er lernt in Bayreuth seine spätere Frau kennen, die von Cosima Wagner gefördert wird. Während seines Aufenthaltes in Leipzig wird Max Klinger sein Ratgeber und väterlicher Freund. 1904 wählt K. Berlin zu seinem ständigen Wohnsitz und wird noch im selben Jahr Mitglied der Berliner Secession. 1905 ist er 1. Preisträger der Villa Romana in Florenz; er erhält ein Stipendium für ein bis zwei Jahre, kehrt jedoch nach sechs Monaten nach Berlin zurück. 1909 besucht er das Atelier Rodins in Meudon, ohne in persönlichen Kontakt mit dem großen Bildhauer zu treten. Die schon zu K.s Lebzeiten verbreitete Meinung, er sei sein Schüler gewesen, trifft nicht zu. Der Einfluß Rodins auf K.s Werk ist jedoch unverkennbar. Frühzeitig findet K. Wertschätzung und Anerkennung bei Kollegen, Kunstfreunden und Gönnern. Die 1912 von Ludwig Justi für die Nationalgalerie erworbene „Tänzerin“ (Ost-Berlin) macht ihn bei einer breiteren Öffentlichkeit bekannt. K. meldet sich freiwillig zum Kriegsdienst und legt 1915 eine Feldpilotenprüfung ab. Seit 1916 wird er mit der Errichtung von Ehrenmalen für die Gefallenen betraut. Im Juli 1918 erhält er den Professortitel, 1919 wird er Mitglied der Akademie der Künste in Berlin und der Ankaufskommission der Nationalgalerie. Die Werke von 1920 bis 1923 zeugen von K.s Auseinandersetzung mit dem Kubismus („Traum“, „Assunta“, „Adagio“, alle in Berlin, Georg-Kolbe-Museum). Hohe Anerkennung finden seine Porträts (über 130), die besonders das Seelisch-Geistige der dargestellten Persönlichkeiten zu erfassen suchen. Seine Gedanken über Kunst veröffentlicht K. in zahlreichen Aufsätzen (zum Teil in: Auf Wegen der Kunst, 1949). Ausgedehnte Reisen führen ihn nach Italien, Frankreich, England, Ägypten (1913), Griechenland (1931), Rußland (1932) und Spanien. Zu seinen lebenslangen Künstlerfreunden gehören Richard Scheibe, Leo von König und Karl Schmidt-Rottluff. Auf der Höhe seines Schaffens verliert er 1927 unerwartet seine Frau, den Genius seines Schaffens; es entstehen das „Requiem“, das letzte Bildnis seiner Frau, und der „Einsame“ (Berlin, Georg-Kolbe-Museum). Während des Dritten Reichs wird die Freiheit des künstlerischen Schaffens beschnitten; in Berlin werden der Rathenau-Brunnen (1928) und der „Genius“ (1928) im Opernhaus von den Nationalsozialisten beseitigt beziehungsweise zerstört, weitere Werke fallen den Bomben zum Opfer. Während K. von Natur aus über eine kraftvolle Gesundheit verfügt, überschatten Krankheit und zunehmende Erblindung seine letzten Lebensjahre. Testamentarisch hinterläßt er den Wunsch, sein 1928 von Ernst Rentsch erbautes Haus mit seinen Werken der Nachwelt als Stiftung zu erhalten. 1949 wird die „Georg Kolbe-Stiftung“ errichtet, 1950 wird das Haus des Künstlers in Berlin-Charlottenburg der Öffentlichkeit als „Georg Kolbe-Museum“ zugänglich gemacht. Der benachbarte Heidepark wird 1957 in einen „Georg Kolbe-Hain“ umgestaltet und mit fünf Skulpturen K.s geschmückt (darunter Dionysos, 1932, Mars und Venus, 1940).

    K. zählt zu den großen Bildhauern seiner Zeit und ist für die nachfolgende Bildhauergeneration Vorbild und Lehrer. Seine plastischen Schöpfungen sind ausdrucksstark in Empfindung und Bewegung. Sie zeigen fast ausschließlich den nackten frei im Raum stehenden Menschen. Es gibt nur wenige Gewandfiguren aus den frühen Jahren. Das Gewand ist nicht primär Kleid, sondern dient dem Ausdruck. K.s Gestalten – ob liegend, stehend, sitzend oder kniend – sind lebensbejahend und streben nach einem Ebenmaß der Formen – für K. wesentlicher Ausdruck seelischer Harmonie. Immer ist ihm die Natur Vorbild. Im späteren Schaffen verliert sich die beschwingte Anmut der früheren Frauengestalten. Es entstehen sehr viel mehr Männergestalten als weibliche Figuren. Sie sind – im Gegensatz zur dominierenden Bildhauerkunst der 30er Jahre – verhalten und unpathetisch. Als Material bevorzugt K. Bronze, durch die er der Oberflächenstruktur seiner Skulpturen besondere Lebendigkeit zu verleihen vermag; Stein verwendet er nur selten.|

  • Auszeichnungen

    Dr. phil. h. c. (Marburg 1927);
    Goethe-Preis (1936) u. Goethe- Plakette (1937) d. Stadt Frankfurt/M.;
    Goethe-Medaille f. Kunst u. Wiss. (1942).

  • Werke

    u. a. Über 700 plast. Werke, viele 100 Zeichnungen, einige Radierungen u. Lithographien sowie Gemälde d. frühen J. ⅕ d. Werkes befindet sich im „Georg Kolbe-Museum“ in Berlin. Skulpturen auf öff. Plätzen stehen in Dresden (Gret Palucca, 1926), Düsseldorf, Essen, Flensburg (Junger Streiter, 1935), Frankfurt/M. (Heine-Denkmal, 1913, Ring d. Statuen, 1936, Beethoven-Denkmal, 1939), Hamburg, Hannover (Pieta, 1929, Sitzende, 1929, Menschenpaar, 1937), Marburg, Buchschlag, Elberfeld u. Waldheim/Sachsen (Knieende, 1936) sowie in Lier (Belgien), Los Angeles (Lucino, 1920) u. Therapia/Türkei (Ehrenmal, 1916). -
    Im Georg Kolbe-Mus. Berlin: Japanerin, 1911, Konrad Ansorge, 1912, Verkündigung, 1924, Stürzender, 1925, Victoria, 1924, Entwurf z. Beethoven-Denkmal, 1926, Kniende, 1926, Frauenhände, 1927, Max J. Friedländer, 1927, Der Befreite, 1945, Entwurf f. e. Denkmal f. d. Opfer d. Faschismus, 1946. -
    Henry van de Velde, 1913 (Essen, Folkwang-Mus.), Ruf d. Erde, 1932 (ebd.), Tänzer Nijinski, 1913 (Wiesbaden, Städt. Mus.), Somali-Neger, 1913 (Dresden, Staatl. Kunstslgg.), Georg Swarzenski, 1915 (Frankfurt/M., Liebieghaus), Malaiin, 1916 (Zürich, Kunsthaus), Adam, 1920 (Frankfurt/M., Städel), Wilh. Valentiner, 1920 (New York, Metropolitan Mus. of Art), Klage, 1921 (New York, Mus. of Art), Ferrucio Busoni, 1925 (Berlin, Neue Nat.gal.), Mädchen, 1937 (Frankfurt/M., Goethehaus). -
    Aus Goethes Faust, Originallithographien, 1898 (Privatdr.);
    Bildwerke, 40 Abb. mit Vorwort, 1913;
    G. K., 100 Lichtdrucktafeln, Text v. G. K. u. R. Scheibe, 1932;
    Auf Wegen d. Kunst, Schrr., Skizzen, Plastiken, Einl. v. I. Beuker, 1949.

  • Literatur

    H. Schmitt, in: Zs. f. bildende Kunst, NF 15, 39. Jg., H. 4, 1904, S. 73-82;
    W. R. Valentiner, G. K., Plastik u. Zeichnung, 1922;
    Das Beethoven-Denkmal v. G. K., Ausstellungskat. Berlin, 1928 (Texte v. R. G. Binding, C. Glaser, G. Swarzenski);
    L. Justi, G. K., 1931;
    R. G. Binding, G. K., Vom Leben d. Plastik, 1933;
    W. Pinder, G. K., Werke d. letzten J., 1937;
    ders., G. K., Zeichnungen, 1942 (100 Abb.);
    C. G. Heise, Abschied v. G. K., in: Die Welt v. 25.11.1947, wieder in: Der gegenwärtige Augenblick, 1960, S. 75-77;
    A. Wolters, G. K.s Beethoven-Denkmal, 1951;
    Th. Heuss, G. K., 1937, in: Lust d. Augen, 1960, S. 239-42;
    K. E. v. Meier, G. K., Diss. Princeton 1966 (W-Verz., L);
    M. v. Tiesenhausen (E), G. K. z. Gedächtnis, 1972 (Briefe K.s, Abb., P);
    G. K., Sculpture from the Collection of B. Gerald Cantor, Kat. d. Wanderausstellung durch 7 Städte d. USA, 1972/73 (Text v. T. W. Leavitt u. M. v. Tiesenhausen);
    ThB;
    Vollmer.

  • Porträts

    Selbstporträt, 1925 (Berlin, Georg-Kolbe-Mus.).

  • Autor/in

    Maria Freifrau von Tiesenhausen
  • Zitierweise

    Tiesenhausen, Maria Freifrau von, "Kolbe, Georg" in: Neue Deutsche Biographie 12 (1980), S. 445-446 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118777734.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA