Lebensdaten
wohl 1281 oder 1282 – 1347
Geburtsort
München
Sterbeort
Puch bei Fürstenfeldbruck
Beruf/Funktion
römisch-deutscher König ; Kaiser ; Pfalzgraf bei Rhein ; Herzog von Bayern
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 118574957 | OGND | VIAF: 172701446
Namensvarianten
  • Ludwig der Bayer
  • Ludwig IV.
  • Ludwig IV. der Bayer
  • mehr

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Zitierweise

Ludwig, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118574957.html [19.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus d. Geschl. d. Wittelsbacher;
    V Ludwig d. Strenge ( 1294), Pfalzgf. b. Rhein u. Hzg. v. Bayern (s. NDB 15);
    M Mechthild ( 1304), T d. Kg. Rudolf I. (v. Habsburg, 1291);
    Om Kg. Albrecht I. ( 1308, s. NDB I);
    B Rudolf I. (1274–1319), Pfalzgf. bei Rhein, Hzg. v. (Ober-) Bayern;
    Halb-B Ludwig (1267–90);
    Schw Mechthild ( Hzg. Otto II. v. Braunschweig-Lüneburg, 1330), Agnes ( 1] Landgf. Heinrich II. v. Hessen, 1298, 2] Mgf. Heinrich I. v. Brandenburg-Landsberg, 1318);
    Vt Hzg. Friedrich d. Schöne v. Österreich ( 1330), Gegenkg. (s. NDB V);
    - 1) um 1309 Beatrix ( 1322), T d. Hzg. Heinrich I. (III.) v. Schlesien ( 1309, s. NDB VIII), 2) 1324 Margarete ( 1356), T d. Gf. Wilhelm III. v. Holland ( 1337, s. ADB 43) u. d. Jeanne v. Valois;
    2 S, 3 T aus 1), u. a. Ludwig V. (1316–61), Mgf. v. Brandenburg (s. NDB 15), Stephan II. ( 1375), Hzg. v. Bayern-Landshut, Mechthild ( 1346, Mgf. Friedrich II. v. Meißen, 1349, s. NDB V), 5 S, 5 T aus 2), u. a. Ludwig VI. ( 1365), Mgf. v. Brandenburg (s. NDB 15), Wilhelm ( 1389), Hzg. v. Bayern-Straubing, Albrecht I. ( 1404), Hzg. v. Bayern (s. NDB I), Otto V. ( 1379), Kf. v. Brandenburg, Margarete (1323–74, 1] 1351 Stephan v. Ungarn [ 1354, B d. Kg. Ludwigs d. Gr. v. Ungarn, 1382], 2] 1358 Gf. Gerlach v. Nassau [ ca. 1387]), Anna ( 1361 als Nonne zu Fontenelles, Hzg. Johann I. v. Niederbayern, 1340), Elisabeth ( 1402, 1] 1352 Cangrande della Scala [ 1359], 2] 1362 Gf. Ulrich v. Württemberg [ 1388]); illeg. S Ludwig v. Reichertshofen ( vor 1360).

  • Biographie

    Über die Kindheit und die frühen Jugendjahre L.s sind wir nur unzulänglich unterrichtet. Nach dem Tod des Vaters wurde L. am habsburg. Hof zusammen mit den Söhnen seines Onkels Albrecht erzogen; bald geriet er in Konflikt mit seinem Bruder Rudolf, der 1294 die Regierung in den oberbayer.-pfälz.pfälzisch Landen allein angetreten hatte und sich nicht gewillt zeigte, ihm ein Mitspracherecht einzuräumen. Das führte dazu, daß L. nicht nur in der Auseinandersetzung zwischen der Mutter und dem Bruder die Partei der Herzoginwitwe ergriff, sondern sich auch 1298 an der Absetzung Kg. Adolfs von Nassau, des Schwiegervaters Hzg. Rudolfs, beteiligte. Obwohl er 1301 dank dem Eingreifen Kg. Albrechts I. an derwittelsbach. Herrschaft beteiligt wurde, kam es 1310 zum offenen Bruch mit dem Bruder und zur Teilung des väterlichen Erbes, da Rudolf 1308 mit Kg. Heinrich VII. eine Ehe zwischen seinem ältesten Sohn Ludwig ( 1312) und dessen Tochter Maria ( 1324) verabredet und der Braut ohne L.s Zustimmungwittelsbach. Güter als Brautschatz in Aussicht gestellt hatte.

    Wenige Jahre später übernahm L. auch die I Regierung im niederbayer. Landesteil, nachdem ihn die Herzöge Stephan I. ( 1309) und Otto III. ( 1312) zum Vormund ihrer noch unmündigen Kinder, der Herzöge Heinrich XIV., Otto IV. und Heinrich XV., ernannt hatten. Die auf ein bayer.-österr. Einvernehmen abzielende Politik, die L. nach Hzg. Ottos III. Tod verfolgte, mußte alsbald unter dem Druck der nach Selbstbestimmung strebenden Städte aufgegeben werden. Das Bündnis, das Hzg. Rudolf I. im Sommer 1313 mit den Städten Landshut und Straubing schloß, zwang L., den Ausgleich mit dem Bruder zu suchen. Die Teilung der oberbayer. Herrschaft wurde rückgängig gemacht und L. in den Bund zwischen Rudolf und den Städten Niederbayerns aufgenommen. Dieser Schritt führte aber zum Bruch mit den Habsburgern, unter deren Schutz sich die beiden niederbayer. Herzoginwitwen begaben. Der Krieg um die Vormundschaft über die unmündigen Herzöge und die Regentschaft des Landes, der im Spätherbst 1313 ausbrach, konnte jedoch im Januar 1314 mit einem Sieg L.s über das bis in die Nähe von Freising vorgedrungene österr. Heer in der Schlacht bei Gammelsdorf zugunsten deswittelsbach. Hauses entschieden werden. Dieser Erfolg sicherte nicht nur die Fortdauer derwittelsbach. Herrschaft in Niederbayern, er führte auch dazu, daß L. wenige Monate später die röm. Königskrone angetragen wurde.

    Nach dem Tod Kaiser Heinrichs VII. am 24.8.1313 waren sowohl Hzg. Friedrich von Österreich, der Sohn Kg. Albrechts, als auch Kg. Johann von Böhmen, der Sohn des verstorbenen Kaisers, als Bewerber um die|röm. Königskrone aufgetreten. Ungeklärte Mehrheitsverhältnisse im Kurkolleg, die die Gefahr einer Doppelwahl mit anschließendem Thronkampf heraufbeschworen, hatten die luxemburg. Partei schließlich veranlaßt, auf eine Kandidatur des Kaisersohnes zu verzichten und L. als ihren Kandidaten zu gewinnen.

    Ihr Plan, durch die Schaffung klarer Mehrheitsverhältnisse noch in letzter Minute eine Doppelwahl zu verhindern, ging jedoch nicht in Erfüllung. Vielmehr wurde am 20.10.1314 Friedrich der Schöne durch den Erzbischof von Köln und den Pfalzgrafen bei Rhein, dazu durch Hzg. Rudolf von Sachsen und den böhm. Titularkönig, Hzg. Heinrich von Kärnten, L. aber am folgenden Tag durch die Erzbischöfe von Mainz und Trier, Mgf. Waldemar von Brandenburg, Hzg. Johann von Sachsen-Lauenburg und Kg. Johann von Böhmen zum König gewählt und beide am 27. November gekrönt: Friedrich der Schöne – im Besitz der Kroninsignien – durch den Erzbischof von Köln, den „richtigen“ Konsekrator, zu Bonn, L. dagegen zu Aachen, am „richtigen“ Ort, durch den Erzbischof von Mainz.

    Obwohl L. und Friedrich allem Anschein nach zunächst mit einem raschen Ende des Thronkampfes rechneten, sollte sich die Auseinandersetzung mehr als sieben Jahre hinziehen. Bedingt durch die begrenzten Möglichkeiten der Kriegsfinanzierung sowie das offenkundige Bestreben der beiden Parteien, keinerlei militärisches Risiko einzugehen, standen sich vor der Entscheidungsschlacht wittelsbach. und habsburg. Truppen lediglich sechsmal gegenüber (im März 1315 vor Speyer, im Oktober südlich von Augsburg, im August 1316 bei Esslingen, im September 1319 bei Mühldorf am Inn, im August 1320 an der Breusch bei Straßburg), wobei es nur ein einziges Mal (Aug. 1316) zu Kampfhandlungen kam. Im übrigen trug die Auseinandersetzung eher den Charakter einer räumlich und zeitlich begrenzten Adelsfehde, bei der der Gegner vor allem durch die Sperrung von Straßen und die Beschlagnahme von Kaufmannsgut geschädigt wurde. War es auch zumeist L., der bei den erwähnten Treffen das Feld räumte, so dürfte zunächst doch keine der beiden Parteien ein deutliches Übergewicht besessen haben. Während der größte Teil der Herren und Städte im Elsaß und in Schwaben auf Seiten Friedrichs stand, hatte L. seinen Anhang in Franken und in der Wetterau. Zu seinen Helfern zählten insbesondere die Erzbischöfe von Mainz und Trier sowie Kg. Johann von Böhmen, der im Falle eines habsburg. Sieges mit dem Verlust seines böhm. Königreiches zu rechnen hatte. Auf L.s Seite standen daneben auch die Reichsstädte Worms, Oppenheim und Speyer, Aachen, Köln und Lübeck, dazu das reiche Augsburg. Von größter Bedeutung aber war, daß der böhm.-bayer. Raum, der sich wie ein Sperriegel zwischen die habsburg. Besitzungen im Osten und die vorderösterr. Lande im schwäb.-alemann. Raum legte, zurwittelsbach. Einflußsphäre zählte; hatte es L. doch bald verstanden, den Einfluß seines feindlichen Bruders in denwittelsbach. Landen weitgehend auszuschalten, und waren habsburg. Versuche, den böhm. Adel auf österr. Seite zu ziehen, im Frühjahr 1318 – nicht zuletzt dank L.s Verhandlungsgeschick – vereitelt worden. Auch gelang es Friedrich dem Schönen nicht, den niederbayer. Adel, dessen Mitspracherecht bei der Regierung des Landes beträchtlich war, auf seine Seite zu ziehen.

    Nachdem im September 1322 beide Parteien wiederum Heere gesammelt hatten und habsburg. Truppen gleichzeitig vom Westen und vom Osten her in Bayern eingedrungen waren, kam es am 28. September zur Entscheidungsschlacht bei Mühldorf am Inn, in der Friedrich der Schöne vernichtend geschlagen wurde. Doch war mit der Gefangennahme des habsburg. Thronprätendenten, der auf die Burg Trausnitz in der Oberpfalz gebracht und dort bis zum Frühjahr 1325 in Haft gehalten wurde, der Kampf um die Herrschaft noch keineswegs beendet. Zwar konnte L. in den folgenden Monaten auf innenpolitischem Gebiet Erfolge erzielen: Frühere habsburg. Parteigänger traten auf seine Seite; auch fand er nun Anerkennung im thür.-sächs. Raum und konnte im Frühjahr 1323 seinem Sohn Ludwig die Markgrafschaft Brandenburg mit der Kurwürde verleihen; die Heirat des seit August 1322 verwitweten Königs mit Margarete, der ältesten Tochter Gf. Wilhelms III. von Holland, eröffnete der Krone darüber hinaus die Aussicht auf eine gewisse Einflußnahme auf niederrhein. Belange; und selbst im Elsaß konnte jetzt einwittelsbach. Landvogt eingesetzt werden. Diese günstige Entwicklung aber war gefährdet, da zum einen Hzg. Leopold von Österreich, der seit dem Herbst 1322 die alleinige Führung der habsburg. Sache übernommen hatte, alles daransetzte, um ein Auseinanderbrechen des habsburg. Blockes zu verhindern, und es zum anderen L. nicht gelang, die Anerkennung als röm. König seitens der Kurie zu erlangen.

    Johann XXII., der im August 1316 zum Nachfolger des 1314 verstorbenen Papstes Klemens V. gewählt worden war, hatte die Ausübung königl. Herrschaft durch die beiden Thronprätendenten zunächst toleriert. Doch war er, gestützt auf die Theorie vom päpstl. Reichsvikariat, wonach dem Apostolischen Stuhl „vacante imperio“ das Recht der Reichsverwaltung zustehe, von Anfang an darangegangen, die politischen Verhältnisse auf ital. Boden vor allem mit Hilfe Kg. Roberts von Neapel sowie der guelf. Parteigänger nach seinen Vorstellungen zu ordnen. Friedrich der Schöne unterstützte diese Ziele insofern, als er nicht nur 1320 ein Bündnis mit Robert von Neapel abschloß, sondern auch dem Papst selbst seine Unterstützung im Kampf gegen dessen oberital. Gegner, insbesondere die Visconti in Mailand, in Aussicht stellte. Johann XXII. dachte daher Ende 1322 nicht daran, den Sieger im Thronkampf als röm. König anzuerkennen und sich damit die politische Handlungsfreiheit in Italien nehmen zu lassen. In den Gesprächen, die L. nach der Schlacht bei Mühldorf mit dem Papst führte, zeigte dieser daher lediglich seine Bereitschaft an, als Vermittler zwischen ihm und dem gefangenen Habsburger zu wirken. Da dies offenkundig auf eine Fortdauer der bislang ungeklärten verfassungsrechtlichen Situation abzielte, ging L. auf das päpstl. Ansinnen nicht ein, sondern begann stattdessen eine Politik zu betreiben, die kirchlichen und vor allem kurialen Interessen direkt zuwiderlief. Insbesondere griff er jetzt in der Lombardei ein, ernannte königl. Vikare für Italien und unterstützte die Visconti in Mailand mit Geld und Truppen. Damit sollte der Papst gezwungen werden, gegen den Sieger von Mühldorf ein gerichtliches Verfahren zu eröffnen, in dessen Verlauf die auch unter Juristen weithin strittige Frage nach der Notwendigkeit und den Wirkungen der päpstl. Approbation stehen würde. Daß dabei die Herbeiführung eines gerichtlichen Entscheides aber nur als letzter Ausweg betrachtet wurde, zeigte sich, nachdem Johann XXII. am 8.10.1323 tatsächlich ein Verfahren gegen L. wegen der angeblich widerrechtlichen Führung des königl. Titels, der Ausübung der Reichsregierung ohne vorherige päpstl. Approbation sowie der Unterstützung der wegen Häresie verurteilten Visconti und anderer ital. Parteigänger eröffnet hatte. Nun legte L. zwar Rechtsmittel gegen das päpstl. Vorgehen ein, indem er am 18.12.1323 die Zuständigkeit des päpstl. Gerichts in Angelegenheiten der Reichsregierung bestritt („Nürnberger Appellation“) und am 7.1.1324 den Papst wegen Befangenheit als Richter ablehnte („Frankfurter Appellation“). Bevor die Kurie von diesen beiden Schritten in Kenntnis gesetzt wurde, gab L. jedoch Papst und Kardinälen zu erkennen, daß ihm nicht nur an einer außergerichtlichen Beilegung des Streites gelegen sei, sondern daß er im Falle einer Niederschlagung des Verfahrens und einer Anerkennung als röm. König auch für die Übergriffe der vergangenen Monate Genugtuung zu leisten bereit sei. Da Johann XXII. den Prozeß gegen L. aber so rasch wie möglich zu Ende zu führen gedachte, wies er nicht nur das Verhandlungsangebot des Angeklagten zurück, sondern unterdrückte auch dessen Prozeßeinreden. Damit war der Weg frei, über L. am 23.3.1324 wegen angeblicher Mißachtung des päpstl. Gerichts den Kirchenbann zu verhängen und ihm für den Fall weiteren Ungehorsams alle aufgrund der Königswahl erworbenen Rechte und Ansprüche abzuerkennen. Da kein Zweifel daran bestehen konnte, daß der Papst diese Drohung auch wahrmachen würde, legte L. am 24.5.1324 als weiteres Rechtsmittel die „Sachsenhäuser Appellation“ ein, mit der er die Rechtgläubigkeit Johanns XXII. bestritt und damit dessen Fähigkeit, richterliche Aufgaben wahrzunehmen, in Abrede stellte. Da jedoch keineswegs sicher war, daß Johann XXII. aufgrund seiner Entscheidungen im „Theoretischen Armutsstreit“ von einem zukünftigen Generalkonzil auch tatsächlich wegen Häresie verurteilt würde, nahm L. am 24.5.1324 ausdrücklich davon Abstand, die umstrittenen dogmatischen Entscheidungen des Papstes zum Gegenstand seiner Anklage zu machen. Vielmehr wurde auf Veranlassung Ulrich Wilds, des Protonotars der königl. Kanzlei, ohne Wissen und (ausdrückliche) Zustimmung, letztlich aber doch im Interesse L.s ein kurze Zeit zuvor in Italien entstandener theologischer Traktat, der Angriffe auf die Rechtgläubigkeit Johanns XXII. enthielt, nachträglich in die von der Reichskanzlei ausgestellte Urkunde über die Einlegung der Appellation aufgenommen. Die Verhängung der im März 1324 angedrohten Strafe konnte L. damit jedoch nicht verhindern, da die im Mai zugunsten des Königs angefertigte und wenige Wochen später dem Papst vorgelegte „Kanzleifälschung“ ebenso unterdrückt wurde wie die Prozeßeinreden des Angeklagten vom 18.12.1323 und 5.1.1324.

    Die Aberkennung aller aus der Königswahl herrührenden Rechte, die Johann XXII. am 11.7.1324 aussprach, brachte in der Auseinandersetzung insofern eine Wende, als L. nun versuchte, das Zusammentreten eines|Generalkonzils mit außergerichtlichen Mitteln zu erzwingen. Jetzt wurde die Öffentlichkeit, die bislang von Seiten L.s aus dem Spiel gelassen worden war, in den Streit einbezogen, die Sachsenhäuser „Kanzleifälschung“ vornehmlich in Deutschland und Italien verbreitet und die Bevölkerung aufgerufen, sich dem Vorgehen des Herrschers anzuschließen. Dahinter stand die Absicht, den Papst durch die Schaffung eines Skandals zu veranlassen, ein Generalkonzil einzuberufen. Doch Johann XXII. ließ sich auch angesichts des propagandistischen Erfolgs, den sein Gegner bei der Verbreitung der dritten Appellation erzielte, nicht verleiten, die von L. gewünschte Kirchenversammlung einzuberufen; hätte ein solches Gremium doch allzu leicht zu einem Tribunal umgewandelt werden können, das nicht nur über die dogmatischen Entscheidungen des Papstes im Armutsstreit, sondern auch über die Mißachtung prozessualer Vorschriften durch Johann XXII. sowie letztlich über Fragen der röm. Königswahl urteilen würde.

    Das Scheitern der Konzilspläne L.s und die schwindende Hoffnung auf eine Aufhebung der kirchlichen Strafen legten es nahe, sich mit den Habsburgern auszusöhnen. Da sich Hzg. Leopold schon im Juli 1324 mit Kg. Karl IV. von Frankreich verbündet hatte, war Anfang 1325 natürlich nicht mehr an einen Friedensschluß zu denken, bei dem die unterlegene Partei für die entstandenen Schäden aufzukommen hatte. Dazu galt es, den Widerstand Leopolds, der weiterhin zu den Anhängern Johanns XXII. zählte, zu beseitigen und der Öffentlichkeit vor Augen zu führen, daß die Aussöhnung des gefangenen Habsburgers mit dem vom Papst verurteilten Wittelsbacher rechtens sei. Um dieses dreifache Ziel zu erreichen, wurde zunächst im März 1325 die sogenannte „Trausnitzer Sühne“ ausgehandelt, die letztlich auf eine Kapitulation der habsburg. Partei hinauslief. Nachdem Friedrich der Schöne aber – was vorauszusehen war – zu diesem Vertragswerk die Zustimmung seiner Brüder nicht erlangen konnte, kam es im September zum „Münchener Vertrag“, der Friedrich die Anerkennung als Mitkönig und dem habsburg. Haus den ungeschmälerten Besitz sowohl der ererbten als auch der zu Zeiten des Thronkampfes neu erworbenen Rechte und Güter brachte; war die Anerkennung Friedrichs als Mitkönig doch verbunden mit der nachträglichen Billigung aller von ihm in früheren Jahren vorgenommenen Regierungsmaßnahmen. Anfang 1326 wurde schließlich durch die beiden Herrscher im „Ulmer Vertrag“ der Verzicht L.s auf die Herrschaft im röm. Reich unter der Voraussetzung vereinbart, daß Johann XXII. den Habsburger als röm. König anerkennen würde. Damit sollte der Papst ins Unrecht gesetzt werden; und in der Tat gab Johann XXII. durch sein Nichteingehen auf den von ihm von Seiten Habsburgs unterbreiteten Vorschlag auch alsbald zu erkennen, daß er sowohl einem habsburg. als auch einemwittelsbach. Königtum ablehnend gegenüberstand und daß sein Vorgehen gegen L. in früheren Jahren daher letztlich nicht von der Sorge um die Bewahrung kirchlicher Rechte, sondern von der Verfolgung eigener politischer Pläne bestimmt gewesen war.

    Die Verständigung mit den Habsburgern erlaubte es, weitere ungelöste Probleme in Angriff zu nehmen. Nun konnte eine Teilung der pfälz.-oberbayer. Lande, des Erbes Hzg. Ludwigs II. des Strengen, zwischen L. und seinen Kindern sowie den Nachkommen von L.s verstorbenem Bruder Rudolf ins Auge gefaßt werden. Vor allem wurden jetzt aber Vorbereitungen zu einem persönl. Eingreifen L.s in Italien getroffen. Schließlich lag ein Zug über die Alpen um so näher, als Johanns XXII. Politik gegenüber den beiden Herrschern in den vergangenen Jahren vor allem vom Bestreben geleitet war, in Italien freie Hand zu behalten. Hatten auch schon zu Zeiten des Thronkampfes Verbindungen zu ghibellin. Kreisen bestanden und war L. bereits 1323 ital. Anhängern zu Hilfe gekommen, so schuf doch erst die Beseitigung des wittelsbach.-habsburg. Gegensatzes die Möglichkeit, ein solches Unternehmen mit Aussicht auf Erfolg durchzuführen. Da die wichtigsten Übergänge über die Alpen vom bayer. Herzogtum aus durch die Gebiete Hzg. Heinrichs von Kärnten, des Inhabers der Grafschaft Tirol, und Cangrandes della Scala, des Herrn von Verona, führten, die wegen des Besitzes der Städte Padua und Treviso miteinander im Streit lagen, wurde im September 1325 durch die beiden Könige ein vorläufiger Schiedsspruch hinsichtlich der beiden Städte verkündet und der früher zwischen Hzg. Heinrich und Cangrande geschlossene Waffenstillstand bis zum Erlaß eines endgültigen Schiedsspruchs verlängert. Um die gleiche Zeit reisten auch Gesandte L.s an den Hof Kg. Friedrichs III. von Sizilien, die im März 1326 ein Bündnis schließen konnten, das darauf abzielte, Kg. Robert von Neapel, neben Florenz der wichtigste Verbündete Johanns XXII. in Italien, in einen Zweifrontenkrieg zu verwickeln.

    Obwohl in dem zu Messina abgeschlossenen Vertrag bereits für den Sommer 1326|ein Eingreifen L.s in Aussicht genommen wurde, konnte dieser die Alpen erst im Frühjahr 1327 überqueren. Um auszuschließen, daß feindliche Kräfte einen Übergang verhinderten, hatte L. noch Ende 1326 einen Reichstag nach Nürnberg – zunächst für den 9.2. und später für den 8.3.1327 – ausgeschrieben, der vor allem von niederrhein. Fürsten, Herren und Städten besucht werden sollte. Er selbst aber ging nach Innsbruck, wo er sich ein letztes Mal mit seinem Mitkönig traf, um anschließend nach Trient zu ziehen, wohin er die ghibellin. Herren und Städte Italiens gerufen hatte. Hier wurden abschließende Vereinbarungen zur Durchführung des Romzuges getroffen: ein Bündnis mit Hzg. Heinrich von Kärnten wurde geschlossen, das die Verbindung mit Deutschland gewährleisten und einen sicheren Rückzug garantieren sollte, der Waffenstillstand zwischen Hzg. Heinrich von Kärnten und Cangrande wurde bis zum 23.4.1329 verlängert sowie Umfang und Höhe der finanziellen und militärischen Unterstützung L.s durch die ghibellin. Anhänger wurden festgesetzt.

    Nach Abschluß der Trienter Tagung kehrte L. jedoch nicht mehr nach Deutschland zurück, wie man es erwartet hatte, sondern zog mit einem nur kleinen Gefolge – Cangrandes Zuverlässigkeit mißtrauend – über Bergamo und Como nach Mailand, wo er – den Zuzug weiterer Truppen erwartend – am 31.5.1327 mit der Eisernen Krone der langobard. Könige gekrönt wurde. Nachdem im Juli 1327 das Bündnis mit dem sizilian. Hof erneuert und die Machtpositionen L.s sowie seiner Anhänger in der Lombardei gesichert waren, begann Mitte August der Marsch nach Süden. Am 23. August wurde bei Cremona der Po überschritten und am 6. September mit der Belagerung von Pisa begonnen, das nach mehrwöchigem Widerstand L. schließlich die Tore öffnen mußte. Von hier aus nahm Mitte Dezember der Anmarsch auf Rom seinen Ausgang, in das L. am 7.1.1328 mit 4 000 Schwerbewaffneten einziehen konnte. Mit der Ankunft in Rom begann eine Zeit rücksichtsloser Mißachtung kirchlichen Rechts und eigenmächtigen Eingreifens in innerkirchliche Belange. Am Anfang dieser Politik stand die Kaiserkrönung, die, am 17.1.1328 von vier Vertretern der Stadt vorgenommen, einen Verstoß gegen das weitgehend unbestrittene jahrhundertealte Recht des Papstes darstellte, dem röm. König den kaiserl. Titel zu verleihen. Drei Monate später, am 18.4.1328, wurde die Absetzung Johanns XXII. auf den Stufen von St. Peter verkündet und am 1. Mai Johann von Jandun, ein ehemaliger Lehrer der Univ. Paris, der zusammen mit Marsilius von Padua 1326 L.s Hof aufgesucht hatte, zum Bischof von Ferrara ernannt. Am 12. Mai aber konnte der Franziskaner Peter von Corvaro, der auf Betreiben des Marsilius durch die stadtröm. Bevölkerung zum Papst gewählt worden war, mit L.s Billigung den Apostolischen Stuhl besteigen.

    Seit Beginn des Herbstes 1328 aber griff man wieder in zunehmendem Maße auf die Entscheidungen Johanns XXII. im sog. „Armutsstreit“ zurück. Als der kaiserl. Hof im September in Pisa eintraf, fanden Michael von Cesena, der ehemalige Generalminister des Franziskanerordens, Bonagratia von Bergamo, Generalprokurator des Ordens in früheren Jahren, und Wilhelm von Ockham die mit Johann XXII. im Streit lagen und im Mai des Jahres Avignon heimlich verlassen hatten, Zuflucht an L.s Hof. Bereits am 26. September wurde ihnen ein kaiserl. Schutzprivileg erteilt und bald konnte man sich des Eindrucks nicht erwehren, als würden jene minoritischen Flüchtlinge den Kaiser beherrschen. Ließ man doch am 13.12.1328 ein auf den 18.4. zurückdatiertes Dekret an den Domtüren von Pisa anschlagen, in dem die Absetzung Johanns mit dessen Stellungnahme im Streit um die Armut Christi begründet wurde, und trat um die gleiche Zeit Heinrich von Thalheim, ehemaliger Provinzial der oberdeutschen Minoritenprovinz, als Stellvertreter des Reichskanzlers Hermann v. Lichtenberg an die Spitze der Reichskanzlei. – Der unbefangene Beobachter mochte diese Vorgänge als Zeichen für L.s Abhängigkeit von den Vorstellungen rasch wechselnder Ratgeber werten; in Wirklichkeit verfolgte man damit aber wiederum das Ziel, Johann XXII. zu verleiten, ein Generalkonzil einzuberufen, das über L. zu Gericht sitzen würde. Darauf aber ließ sich der Papst auch jetzt nicht ein: er hatte im April 1327 seinem Gegner das Hzgt. Bayern sowie alle anderen Rechte und Würden aberkannt und ihn im Oktober des Jahres wegen hartnäckigen Verweilens im Kirchenbann, Verbreitung minoritischer Irrlehren und Begünstigung von Häretikern als notorischen Ketzer verurteilt, dazu in den folgenden Monaten den zum Kaiser gekrönten Bayern und dessen Anhänger wiederholt mit dem Kirchenbann belegt. Zu mehr aber ließ er sich nicht herbei: war eine allgemeine Kirchenversammlung doch nur allzu leicht in ein Forum zu verwandeln, das schließlich auch über ihn zu Gericht sitzen würde.

    Zu den Mißerfolgen auf kirchenpolitischem Gebiet kamen alsbald Schwierigkeiten militärischer Natur. Da Kg. Friedrich III. von Sizilien Anfang 1328 seine Rüstungen noch nicht abgeschlossen hatte, war mit L.s Einzug in Rom der Vormarsch nach dem Süden fürs erste zum Stehen gekommen. Während L. dadurch gezwungen war, mit seinen Truppen untätig in unmittelbarer Nähe zur Grenze des Kgr. Neapel zu verweilen, verwüsteten Truppen Kg. Roberts die Umgebung Roms, und neapolitan. Schiffe gelangten tiberaufwärts bis vor die Mauern der Stadt. Florenz aber, das Haupt der toskan. Guelfen, das Heinrich VII. schon nicht zu erobern vermocht hatte, bedrohte ghibellin. Stützpunkte in der Toskana. Die wachsenden Kriegskosten, die der Aufenthalt in Rom nach sich zog, mußten durch die Ausschreibung von Steuern und die Beschlagnahme von Geld und Pretiosen ausgeglichen werden, so daß es bald zu einem Stimmungsumschwung bei den Römern kam. Die Feindschaft der Bevölkerung und der Ausbruch einer Epidemie im Heer führten schließlich dazu, daß L. Anfang August 1328 Rom verlassen mußte. Hatte man zunächst geplant, die Zeit bis zum Eintreffen der sizilian. Kontingente zur Eroberung von Florenz zu benützen, so mußte dieses Vorhaben auf die Kunde vom Tod des Herzogs von Lucca, Castruccio Castracani degli Antelminelli, aufgegeben werden. Um zu verhindern, daß dessen Herrschaft in guelf. Hände fiele, zog L. eilends nach Pisa, wo er im September 1328 eintraf und bis zum April 1329 blieb. Die Zeit des Pisaner Aufenthaltes war nicht nur durch das Zweckbündnis mit den gegen Johann XXII. kämpfenden Minoriten und die Wiederaufnahme der provokativen Kirchenpolitik, sondern auch durch die Zunahme von Schwierigkeiten auf militärischem und politischem Gebiet gekennzeichnet. Insbesondere ließ das Verhalten der ghibellin. Anhänger in Oberitalien in zunehmendem Maße Zweifel an deren Zuverlässigkeit aufkommen. Hatten die Herren von Ferrara, die Markgrafen Rainald und Opizo von Este, bereits 1328 ihre Bereitschaft zu erkennen gegeben, sich mit Johann XXII. auszusöhnen, so sollte in der Folgezeit Azzo Visconti eine immer undurchsichtigere Rolle spielen. Im Januar 1329 von L. in die Rechte seines verstorbenen Vaters Galeazzo Visconti eingesetzt, nahm er bald geheime Verhandlungen mit der Kurie auf, um sich weitgehende Handlungsfreiheit bei seinen eigenen politischen Plänen zu sichern. Anlaß zur Sorge aber gab darüber hinaus, daß sich auch nördlich der Alpen die Anzeichen eines schleichenden Machtverlusts L.s mehrten und insbesondere die Gefahr wuchs, daß einige Kurfürsten im Einvernehmen mit dem Papst einen Gegenkönig wählten.

    Angesichts dieser Entwicklung schien es im Frühjahr 1329 geraten, in die Lombardei zu ziehen, um dort einer Auflösung des kaiserl.-ghibellin. Bündnisses entgegenzuwirken und die Mailänder Frage in L.s Sinne zu lösen. Dazu wurden zu Beginn des Sommers 1329 der Reichskanzler Hermann v. Lichtenberg und dessen Bruder, der Reichsmarschall Albrecht, nach Deutschland gesandt, um Gelder zur Fortführung des italienischen Unternehmens zu beschaffen und diewittelsbach. Positionen nördlich der Alpen zu sichern. Keinen Aufschub duldete angesichts eines drohenden Gegenkönigtums aber der Ausgleich mit den Pfalzgrafen Rudolf II. und Ruprecht I., den Neffen L.s. Mit ihnen konnte am 4.8.1329 der „Hausvertrag von Pavia“ geschlossen werden, der zwar zur endgültigen Teilung des Erbes Hzg. Ludwigs des Strengen führte, der aber andererseits auch bewirkte, daß die Pfälzer Kurstimme bis zu L.s Tod den Gegnern nicht zur Verfügung stand. Der im Herbst 1329 ins Auge gefaßte Plan, den nahen Winter im sicheren Trient zu verbringen, um im Frühjahr 1330 wiederum in der Lombardei einzugreifen, konnte jedoch nicht mehr in die Tat umgesetzt werden. Vielmehr zwang der Tod Kg. Friedrichs des Schönen (13.1.1330) L., eilends nach Deutschland zurückzukehren. Da sich in den vergangenen Jahren nur ein Teil der früheren habsburg. Anhänger ausdrücklich für L. erklärt hatte – seit dem Münchener Vertrag war ein solcher Schritt auch nicht mehr nötig –, mußte sich L. bemühen, in Schwaben und im Elsaß allgemein als Herrscher anerkannt zu werden. Zudem galt es, die Beziehungen zu den Brüdern des verstorbenen Mitkönigs, den Herzögen Albrecht und Otto von Österreich, endgültig zu regeln. Dies geschah im Vertrag von Hagenau (6.8.1330), der dem Wittelsbacher die ausdrückliche Anerkennung seiner Herrschaft sowie ein Hilfsversprechen gegen alle Feinde in Deutschland, den Habsburgern aber die Bestätigung ihrer ererbten Rechte und die Überlassung von Reichspfandschaften im Wert von 20 000 Mark Silber einbrachte.

    Der wittelsbach.-habsburg. Ausgleich, der bereits im Oktober 1330 zur Errichtung eines oberbayer.-schwäb. Landfriedens und in der Folgezeit zur Eingliederung des schwäb.-elsäss. Raumes in diewittelsbach. Interessensphäre führte, war für L. auch deshalb|von größter Bedeutung, weil Kg. Johann von Böhmen seit Beginn der 30er Jahre immer offenkundiger als Gegenspieler des Kaisers auftrat; so hatte es der Sohn Kaiser Heinrichs VII. Anfang 1331 verstanden, im Einvernehmen mit Kg. Philipp VI. von Frankreich und unter stillschweigender Duldung des Papstes in der Lombardei und Toskana eine Herrschaft zu errichten. Das Entstehen dieses allerdings bald wieder zusammenbrechenden Machtzentrums führte im Mai 1331 zum Abschluß einer großen antiböhm. Liga, der neben dem Kaiser die Pfalzgrafen bei Rhein, Mgf. Ludwig von Brandenburg, Mgf. Friedrich von Meißen und die österr. Herzöge angehörten und mit der auch die Herrscher Polens und Ungarns in Verbindung standen. Beteiligten sich der Kaiser und seine Verwandten auch nicht an den kriegerischen Auseinandersetzungen mit Böhmen, zu denen es noch im Sommer 1331 und ein zweites Mal im Sommer des folgenden Jahres kam, so war Johann von Böhmen angesichts der feindlichen Liga doch gezwungen, sich mit L. ins Benehmen zu setzen; vor allem konnte er nichts gegen eine Aufteilung Niederbayerns, das bislang unter dem beherrschenden Einfluß Hzg. Heinrichs XIV., des Schwiegersohnes Kg. Johanns, gestanden hatte, unter die drei niederbayer. Herzöge Heinrich XIV., Otto IV. und Heinrich XV. unternehmen.

    Angesichts der Schwierigkeiten, mit denen der böhm. König zu kämpfen hatte, suchte L. im Herbst 1331 sowie ein zweites Mal im Herbst 1332 mit Johann XXII. in Verhandlungen zu treten. Da nach dem Ausgleich zwischen L. und Hzg. Rudolf von Sachsen-Wittenberg im September 1331 mit der Wahl eines Gegenkönigs vorerst nicht zu rechnen war, der Aufbau eines luxemburg. Machtzentrums im ober- und mittelital. Raum zudem die von Johann XXII. verfolgten Pläne nicht minder stören mußte als L.s Eingreifen in den 20er Jahren, und L. zudem seine Bereitschaft zu erkennen gab, nicht nur mit dem franz. König, sondern auch mit Kg. Robert von Neapel ein Bündnis zu schließen, bestand Hoffnung auf ein Einlenken des Papstes. Die Gründe, die Johann XXII. bewogen, L.s Angebot auszuschlagen, sind nicht bekannt. Eine wichtige Rolle dürfte dabei wohl die Befürchtung gespielt haben, daß eine Aufhebung der von ihm verhängten Kirchenstrafen erneut zur Diskussion über die Rechtmäßigkeit seiner Entscheidungen im „Theoretischen Armutsstreit“ führen könnte. Johann XXII. mußte daneben aber auch auf die franz. Krone Rücksicht nehmen, der seit dem Regierungsantritt Philipps von Valois (1328) bei der Regelung internationaler Konflikte wieder wachsende Bedeutung zukam und die nach wie vor einer Aussöhnung L.s mit dem Apostolischen Stuhl ablehnend gegenüberstand. So forderte Johann XXII., L. müsse zum Zeichen seiner Bußfertigkeit alle in früheren Jahren verhängten Kirchenstrafen als zu Recht ergangen anerkennen. Auf diese Bedingung konnte L. jedoch nicht eingehen; hätte er mit einem solchen Eingeständnis doch erklärt, keinerlei Anspruch auf Wiederherstellung seiner früheren Rechte zu besitzen.

    Die Weigerung des Papstes, sich mit seinem Gegner zu versöhnen, dazu das unverhohlene Streben der Luxemburger nach der röm. Königskrone veranlaßten L. schließlich im Spätherbst 1333, seinen Verzicht auf die Herrschaft im röm. Reich zugunsten Hzg. Heinrichs XIV. von Niederbayern für den Fall auszusprechen, daß der Papst die über ihn verhängten Kirchenstrafen aufheben würde. Dieser Vorschlag wurde sowohl von Johann XXII. als auch von den luxemburg.-franz. Verbündeten begrüßt, da sie der Meinung waren, L. sei, der Auseinandersetzung mit der Kurie müde, endlich zur Aufgabe seiner Herrschaftsansprüche bereit. Tatsächlich hatte L. seinen Rücktritt aber von Anfang an davon abhängig gemacht, daß Johann XXII. ihn vom Bann löse, bevor er selbst die Regierung niederlege. Auf diese Bedingung aber wollte der Papst nicht eingehen; hätte er damit doch zu verstehen gegeben, daß sein Vorgehen in früheren Jahren ungerechtfertigt gewesen sei, weil L. auch ohne päpstl. Approbation (wenn auch möglicherweise in eingeschränktem Umfang) zur Ausübung der Reichsregierung berechtigt gewesen war. So mußte der Abdankungsplan bereits zu Beginn des Sommers 1334 für hinfällig betrachtet werden.

    Nach Johanns XXII. Tod (4.12.1334) schien ein Ausgleich zwischen L. und der Kurie in greifbare Nähe zu rücken. Benedikt XII., ein reformwilliger Papst, nannte einer Gesandtschaft L.s, die im Frühjahr 1335 an der Kurie erschien, als Bedingung für eine Aufhebung der kirchlichen Strafen und eine Anerkennung L.s als röm. König den Abschluß eines Bündnisses mit Kg. Robert von Neapel sowie die Erneuerung der Versprechen, die Heinrich VII. und dessen Vorgänger dem Apostolischen Stuhl gegeben hatten; daneben suchte sich Benedikt XII. auch ein Mitspracherecht bei der Regelung der Beziehungen L.s zu den ital. Reichsangehörigen zu sichern. Entscheidend aber war, daß er dem nicht approbierten König Regierungsrechte wenigstens in Deutschland zubilligte und damit von der Forderung Abstand nahm, L. müsse auch den im Frühjahr 1324 verhängten Kirchenbann als eine zu Recht ergangene Strafe anerkennen.

    Über den Verlauf des Absolutionsprozesses, der im Okt. 1335 mit einem feierlichen Konsistorium eröffnet wurde, sind wir nur mangelhaft unterrichtet. Doch waren im Mai 1336 alle bislang einem Ausgleich entgegenstehenden Probleme gelöst. Nun versuchte Kg. Philipp von Frankreich, die Verhandlungen zum Scheitern zu bringen, indem er L. beim Papst beschuldigte, er habe auf ihn, den franz. König, während seines Besuches beim Herzog von Burgund einen Anschlag verüben lassen, dem er und sein Gastgeber nur mit Mühe entronnen seien. War dieser Vorwurf auch an den Haaren herbeigezogen, so führte er doch dazu, daß die Verhandlungen unterbrochen wurden.

    Die Folgen dieses franz. Störversuches zeigten sich zunächst auf innenpolitischem Gebiet: nun griff L. in den seit Monaten schwelenden österr.-böhm. Krieg um Kärnten zugunsten der Habsburger ein. Als Hzg. Heinrich von Kärnten im April 1335 verstorben war, hatte es den Anschein gehabt, als käme in absehbarer Zeit eine große habsburg.-luxemburg. Liga zustande, der auch Kärnten und Tirol sowie die niederbayer. Lande angehören würden. Waren doch Hzg. Heinrich XIV. von Niederbayern und Hzg. Otto von Österreich mit zwei Töchtern Kg. Johanns von Böhmen verheiratet, während die Kärntner Erbtochter Margarete den jüngeren Bruder Mgf. Karls von Mähren, Johann Heinrich von Böhmen, geheiratet hatte und beide mit dem Antritt des Kärnter-Tiroler Erbes um so mehr rechnen konnten, als dem verstorbenen Herzog die weibliche Erbfolge in seinen Reichslehen 1330 durch L. ausdrücklich zugesichert worden war. Um einer solchen Gefahr wirksam zu begegnen, hatte L. jedoch bereits Anfang Mai 1335, gestützt auf eine Bestimmung des Vertrags von 1330, wonach die Verehelichung der Tochter Hzg. Heinrichs nur im Einvernehmen mit ihm erfolgen dürfe (was nicht geschehen war), die österr. Herzöge mit Kärnten belehnt und damit den Grundstock für einen dauerhaften luxemburg.-habsburg. Gegensatz gelegt. Mit Rücksicht auf seine Verhandlungen an der Kurie war er in der Folgezeit freilich nicht in der Lage gewesen, in den Anfang 1336 ausbrechenden Krieg um Kärnten einzugreifen; vielmehr war noch im April 1336 ein Abkommen zwischen ihm und Hzg. Heinrich XIV. von Niederbayern zustandegekommen, das nur mit vierwöchiger Frist gekündigt werden konnte und darauf abzielte, diewittelsbach. Teilherzogtümer aus dem Kampfgeschehen herauszuhalten. Im Verlauf des Krieges, an dem sich L. aufgrund seines Vertrages mit dem niederbayer. Verwandten erst seit Mitte Juli 1336 beteiligen konnte, zeigte es sich jedoch bald, daß an eine Rückeroberung Kärntens durch die Luxemburger in absehbarer Zeit ebensowenig zu denken war wie an eine rasche Niederwerfung oder gar Gefangennahme Kg. Johanns von Böhmen und Hzg. Heinrichs XIV. von Niederbayern. So entschloß sich L. bereits im September zum Rückzug, hätte eine sich in die Länge ziehende Auseinandersetzung mit Kg. Johann, dem Verwandten des franz. Herrscherhauses, und dessen Schwiegersohn L.s Beziehungen zur Kurie doch nur unnötig belastet.

    Um Kg. Philipp von Frankreich aber die Möglichkeit zu nehmen, den Abschluß der im Mai 1336 lediglich unterbrochenen Verhandlungen durch die erneute Geltendmachung von Sicherheitsbedenken zu verhindern, wurde kurz darauf Mgf. Wilhelm von Jülich, L.s Schwager, mit dem Auftrag nach Paris gesandt, der franz. Regierung die ausdrückliche Zusage zu erteilen, L. werde vor Abschluß des ins Auge gefaßten Freundschaftsvertrages nichts zum Schaden Frankreichs unternehmen. Ungeachtet der im Dezember 1336 abgegebenen Zusicherung mußten die Verhandlungen mit Avignon jedoch schließlich abgebrochen werden, da sich die französische Regierung zunächst weigerte, Bevollmächtigte zum Abschluß eines Freundschaftsvertrags an den päpstl. Hof zu senden, um schließlich Anfang April 1337 an den Papst das Ansinnen zu stellen, er möge durch sein Eingreifen die Verhandlungen zum Scheitern bringen. Obwohl Benedikt XII. sich zunächst weigerte, diesen Wunsch zu erfüllen, ging er am 11. April schließlich doch auf Frankreichs Vorstellungen ein, indem er mit der Forderung an L.s Gesandte herantrat, ihr Auftraggeber müsse, um Verzeihung zu erlangen, auch den 1324 verhängten Kirchenbann anerkennen und habe zum Zeichen seiner Bußfertigkeit vor Erteilung der Absolution auf jegliche Herrschaft im röm. Reich zu verzichten.

    Das letztlich von Frankreich herbeigeführte Scheitern der Unterhandlungen führte dazu, daß L. noch im Juli 1337 ein Bündnis mit Kg.|Eduard III. von England schloß, der sich damals anschickte, gegen Kg. Philipp von Frankreich zu Felde zu ziehen. In dem vier Wochen später von engl. Seite ratifizierten Vertrag verpflichtete sich L., gegen Zahlung von 400 000 Florentiner Gulden Eduard zwei Monate lang mit 2 000 Schwerbewaffneten zu unterstützen. Außerdem wurden die Reichsstände, die über L.s Verhandlungen mit Benedikt XII. bislang nur rudimentär unterrichtet worden waren, verstärkt in die Auseinandersetzung des Herrschers mit dem Apostolischen Stuhl miteinbezogen. Dies führte dazu, daß im März 1338 der Mainzer Erzbischof und weitere Mitglieder des deutschen Episkopats dem Papst den Vorschlag unterbreiteten, er möge die Entscheidung der zwischen ihm und L. strittigen Fragen ihnen überlassen, und daß im Mai 1338 Vertreter des Adels und der Städte auf einem Reichstag zu Frankfurt beschlossen, zugunsten L.s an der Kurie vorstellig zu werden. Nachdem wenige Wochen später offenkundig geworden war, daß der Papst weder auf den Vorschlag der Bischöfe noch auf die Bitten der Reichsstände eingehen würde, versammelten sich schließlich Mitte Juli die Kurfürsten zu Rhense, um im sog. „Rhenser Weistum“ festzustellen, daß der von ihnen Erwählte der päpstl. Approbation nicht bedürfe, da er bereits aufgrund der Wahl berechtigt sei, die Herrschaft im ganzen röm. Reich auszuüben, und um den sog. „Rhenser Kurverein“ zum Schutz der Rechte des Reiches und seiner Kurfürsten zu schließen. Diese Beschlüsse und Erklärungen führten dazu, daß L. am 6.8.1338 auf einem weiteren Reichstag zu Frankfurt das Gesetz „Licet iuris“ über die Königswahl verkünden und mit dem Mandat „Fidem catholicam“ die Nichtbeachtung der kirchlichen Strafen anordnen sowie die Gründe für die Nichtigkeit des päpstl. Vorgehens gegen ihn darlegen konnte. „Licet iuris“ und „Fidem catholicam“ aber wurden vier Wochen später auf einem Reichstag zu Koblenz in Anwesenheit Eduards III., der Mitte Juli England verlassen hatte und sich seitdem am Niederrhein aufhielt, erneut verkündet. Auf dieser Versammlung ernannte L. den engl. König zu seinem „Reichsvikar für Germanien und Gallien“; dazu kam es (nicht zuletzt im Hinblick auf die bevorstehende Auseinandersetzung mit Frankreich) zum Erlaß von Gesetzen, die insbesondere die Sicherheit der Straßen und die Heerespflicht der Reichsuntertanen betrafen. Mit dem Reichstag von Koblenz hatten die Kundgebungen des Jahres 1338 ihren Höhepunkt erreicht. War dadurch auch weder Frankreich zum Einlenken gezwungen, noch der Konflikt mit der Kurie gelöst worden, so hatte L. aus der Mitwirkung der Reichsstände doch insofern Nutzen gezogen, als er seinen Gegnern vor Augen führen konnte, welche Kräfte ihn im Konfliktfall unterstützen würden.

    In einem (scheinbaren) Gegensatz dazu stand die Politik der folgenden Monate. Zwar gelang es L. zu Beginn des Jahres 1339 noch, seine alten Gegner, Kg. Johann von Böhmen und Hzg. Heinrich XIV. von Niederbayern, zum Einlenken zu bestimmen und nach dem Tod Hzg. Ottos von Österreich (26.2.1339) einen Vertrag mit dessen Bruder, Hzg. Albrecht dem Weisen, zu schließen, der das Weiterbestehen der freundschaftlichen Beziehungen zwischen den Habsburgern und L. gewährleistete; dafür waren ihm aber auf außenpol. Gebiet die Hände gebunden. Da Eduard III. den ursprünglich für den Spätherbst 1337 geplanten Angriff auf Frankreich erst im Herbst 1339 beginnen konnte und zudem nicht imstande war, die den festländischen Verbündeten zugesagten Subsidien in voller Höhe auszubezahlen (L. erhielt nur ein Viertel der Vertragssumme), mußte der Kaiser den zunächst eingeschlagenen Weg der Mobilisierung der Öffentlichkeit gegen Frankreich bald wieder verlassen. Aber auch gegenüber der Kurie galt es jetzt hinhaltend zu taktieren. L. hatte dem Papst bereits im August 1338 durch den Abt von Ebrach seine Bereitschaft angezeigt, sich mit ihm auf der Grundlage der Verhandlungen früherer Jahre zu vergleichen, und auch Benedikt XII., der den Abbruch der Verhandlungen im Frühjahr 1337 schon lange bedauerte, war geneigt, auf diesen Vorschlag einzugehen. Doch konnte auch jetzt kein Ausgleich erzielt werden, da Benedikt XII. sich auf den Standpunkt stellte, die Aufhebung der über L. verhängten kirchlichen Strafen habe am päpstl. Hof zu erfolgen und könne nicht, wie von kaiserl. Seite gewünscht, in Gegenwart L.s vorgenommen werden. Darauf aber durfte L. sich zum damaligen Zeitpunkt auf keinen Fall einlassen; wäre unter solchen Umständen doch einem erneuten franz. Interventionsversuch Tür und Tor geöffnet worden. So ließ man die Verbindungen zur Kurie zwar nicht völlig abreißen, vermied es aber, eine immer wieder angekündigte Gesandtschaft zum Abschluß der 1335 begonnenen Verhandlungen tatsächlich nach Avignon zu senden. Erst als sich zeigte, daß an einen raschen Sieg Eduards III. über Philipp VI. und an ein Schwinden des franz. Einflusses an der Kurie nicht zu denken war, andererseits aber die Hoffnung bestand, daß Philipp angesichts weiterer drohender Kämpfe mit England jetzt darauf verzichten würde, eine Verständigung L.s mit Benedikt XII. zu hintertreiben, wurden im Frühjahr 1340 Verhandlungen mit Frankreich aufgenommen, die zu Beginn des folgenden Jahres zum Abschluß eines Freundschaftsbündnisses zwischen L. und Philipp von Valois führten. Da der Papst dieses Vertragswerk jedoch von vornherein ablehnte, weil L. bei seinem Zustandekommen noch nicht von den kirchlichen Strafen losgesprochen war, und er zudem die Weigerung des Wittelsbachers, 1339/140 Gesandte an die Kurie zu senden, als Zeichen der Unbußfertigkeit betrachtete, ließ er Vertreter L.s und Philipps VI., die im Herbst 1341 an der Kurie eintrafen, um für den neuen Verbündeten der franz. Krone die, Aufhebung der Kirchenstrafen und die Anerkennung als röm. König zu erbitten, unverrichteter Dinge wieder heimreisen.

    An L.s Hof hatte man mit einer solchen Entscheidung zweifellos nicht gerechnet; mußte man jetzt doch ein Vorhaben zu Ende führen, bei dem die Unterstützung durch den Papst von größter Bedeutung gewesen wäre. Um den böhm. Einfluß in Süddeutschland sowie im Alpenraum zurückzudrängen, hatte L. bereits Anfang der 30er Jahre Schritte unternommen, um die beherrschende Stellung Hzg. Heinrichs XIV., des Schwiegersohns Kg. Johanns von Böhmen, in Niederbayern zu mindern; 1335 war Kärnten nicht an Johann Heinrich von Böhmen, sondern an die habsburg. Herzöge verliehen worden; seit dem Tod Hzg. Heinrichs XIV. (1.9.1339) aber mußte die Herzoginwitwe Margarete die Vormundschaft über den minderjährigen Hzg. Johann I. und die Verwaltung des niederbayer. Landesteils mit L. teilen. Nach dem unerwarteten Tod Hzg. Johanns I. Ende 1340 aber hatte L. mit Zustimmung der niederbayer. Stände die Herrschaft im Lande angetreten, und es war ihm alsbald sogar gelungen, eine Ablösung der Rechte und Einkünfte zu erreichen, die die Herzoginwitwe noch in Niederbayern besaß.

    Nun sollte auch noch die Gfsch. Tirol, die in luxemburg. Hand eine ständige Bedrohung derwittelsbach. Stammlande darstellte, dem böhm. Einfluß entzogen werden. Tirol – seit 1286 mit Kärnten vereinigt – war nach dem Tod Hzg. Heinrichs von Kärnten an dessen Tochter Margarete („Maultasch“) und deren Gemahl Johann Heinrich von Böhmen gekommen. Der böhm. Herrschaftsanspruch aber gründete sich bislang allein auf die Ehe der Tiroler Gräfin mit dem luxemburg. Prinzen, die bislang noch immer nicht vollzogen war und daher jederzeit aufgrund eines kirchlichen Gerichtsurteils geschieden werden konnte. Im Herbst 1341 schien diese Möglichkeit gekommen zu sein; der Tiroler Adel – schon lange unzufrieden mit der böhm. Herrschaft – hatte im Einvernehmen mit L. Anfang November Johann Heinrich aus dem Land gejagt, und es war zu erwarten, daß Benedikt XII. nach einem Friedensschluß mit L. die nicht vollzogene Ehe Margaretes mit Johann Heinrich annullieren und Dispens wegen zu naher Verwandtschaft für die in Aussicht genommene Heirat der Tiroler Gräfin mit Mgf. Ludwig von Brandenburg erteilen würde. Die Weigerung des Papstes, sich mit L. zu verständigen, machte diese Hoffnung zunichte; Tirol mußte nun ohne kirchliche Mitwirkung demwittelsbach. Einflußbereich angegliedert werden. Um den Anschein des Rechts zu wahren, erklärte L. die erste Ehe Margaretes aus kaiserl. Machtvollkommenheit für ungültig und erteilte der Gräfin und ihrem Bräutigam Dispens wegen zu naher Verwandtschaft, damit die Hochzeit Anfang Februar 1342 gefeiert werden konnte. Die bedeutendsten Gelehrten in L.s Umgebung, Marsilius von Padua und Wilhelm von Ockham, aber hatten zur Rechtfertigung des kaiserl. Vorgehens Gutachten zu erstellen.

    Durch das eigenmächtige Vorgehen in der Tiroler Frage wurde L.s Ansehen in der Öffentlichkeit – nicht zuletzt dank der luxemburg. und bald auch der päpstl. Propaganda – aufs Schwerste geschädigt. Die seitdem immer lauter werdenden Ansprüche der Luxemburger auf den röm. Königsthron wären freilich nicht so rasch in Erfüllung gegangen, hätte nicht nach dem Tode Benedikts XII. (25.4.1342) Pierre Roger im Mai 1342 als Klemens VI. den päpstl. Thron bestiegen. Ziel des neuen Papstes, der in früheren Jahren Erzieher Mgf. Karls von Mähren am franz. Hof gewesen war und zu den Mitarbeitern Philipps von Valois gezählt hatte, war es von Anfang an, nach einer erneuten Verdammung L.s seinen früheren Schüler zum röm. König wählen zu lassen, ohne daß Philipp VI., der ungeachtet seines Bündnisses mit L. einer Wahl des böhm. Kronprinzen zum röm. König wohlwollend gegenüberstand, zumal Karl von Mähren, der Schwager seines ältesten Sohnes Johann von der Normandie, seit 1338 zu den Beziehern einer franz. Staatspension zählte, weiterhin gezwungen wäre, in den|Gang der Verhandlungen persönlich einzugreifen. Klemens' VI. Absicht war es, in der Öffentlichkeit den Anschein zu erwecken, als wäre nicht die mangelnde Verständigungsbereitschaft der Kurie, sondern allein die Unbußfertigkeit des Kaisers am Fortbestehen der mißlichen Verhältnisse schuld. Um dieses Ziel zu erreichen, stellte er sich, was die röm. Königswahl betraf, zunächst auf den Standpunkt Johanns XXII., ließ Gesandte L.s, die im Herbst 1342 zusammen mit Vertretern des franz. Königs an der Kurie erschienen, unverrichteter Dinge wieder abreisen und forderte am Gründonnerstag des folgenden Jahres (10.4.1343) den Wittelsbacher förmlich auf, von jeglicher Herrschaft im röm. Reich Abstand zu nehmen und binnen dreier Monate vor dem päpstl. Richterstuhl sich für seine Taten zu verantworten.

    Nachdem diese Frist verstrichen war, ohne daß L. dem päpstl. Gebot Folge geleistet hatte, gab Klemens VI. seine Bereitschaft zu erkennen, in der Frage der Reichsregierung seine bisherige Haltung zu revidieren; doch machte er gleichzeitig eine Verständigung abhängig vom Zustandekommen eines böhm.-wittelsbach. Ausgleichs. Dies führte dazu, daß im Januar 1344 unter Beteiligung Kg. Johanns von Böhmen und Mgf. Karls von Mähren, die sich beide an der Kurie aufhielten, erneut Verhandlungen begannen, die jedoch Anfang Mai 1344 unterbrochen werden mußten, da Klemens VI. für den Abschluß der Verhandlungen neue Vollmachten verlangte. Ziel dieser Forderung war es, L. zu veranlassen, die Gespräche abzubrechen, damit der Papst Gelegenheit fände, nach einer abermaligen Verurteilung des Wittelsbachers die Kurfürsten zur Wahl eines neuen röm. Königs aufzufordern. L. ließ sich jedoch zu einem solchen Schritt nicht verleiten. Er berief vielmehr die Reichsstände ein, legte ihnen den Text der neuen Vollmachten vor und erbat ihre Stellungnahme dazu. Erzbischof Walram von Köln erhielt zudem den Auftrag, Klemens VI. um eine verbindliche Stellungnahme zu bitten: ein Ansinnen, das der Papst freilich zu umgehen verstand. Johann von Böhmen aber, der wußte, daß eine Verständigung L.s mit dem Apostolischen Stuhl nur zustande kommen konnte, wenn zuvor der Streit mit Böhmen beigelegt war, tat alles, um einen solchen Ausgleich unmöglich zu machen. Daher erhob er vor den versammelten Reichsständen laute Klage über die Wegnahme Tirols; und tatsächlich gelang es ihm auch, einen Teil der Reichsfürsten auf seine Seite zu ziehen. – Daß es nicht schon im Herbst 1344 zur Wahl eines luxemburg. Gegenkönigs kam, lag freilich nicht nur daran, daß L. ein antiböhm. Bündnis zustandebrachte; entscheidend war, daß das luxemburg. Haus zum damaligen Zeitpunkt noch nicht über die Mehrheit im Kurkolleg verfügte und es L. in den nächsten Monaten verstand, den Papst durch die Betonung seiner Verhandlungsbereitschaft sowie die Ankündigung einer erneuten Gesandtschaft daran zu hindern, ihn bereits am Gründonnerstag 1345 zu verurteilen. Daß an einen Ausgleich mit der Kurie aber nicht mehr zu denken war, zeigte sich, als L.s Vertreter im Mai 1345 zwar mit den geforderten Vollmachten am päpstl. Hof erschienen, Klemens VI. sich aber weigerte, den Unterhändlern jene Garantien zu geben, ohne die eine Übergabe der Urkunden nicht möglich war. Nachdem auch L.s Vorschlag, Johann Heinrich von Böhmen für den Verlust Tirols mit der Mgfsch. Lausitz sowie einer einmaligen Zahlung von 20 000 Mark Silber zu entschädigen, von den Luxemburgern zurückgewiesen worden war und der Papst ein Vermittlungsangebot Hzg. Albrechts II. von Österreich abgelehnt hatte, war der Weg frei für die Erhebung Karls von Mähren zum röm. König.

    Nun wurde der Mainzer Erzbischof Heinrich v. Virneburg, der im Sommer 1337 in den Besitz seines Erzstiftes gelangt war, nachdem er L. gehuldigt hatte, am 7.4.1346 seiner erzbischöfl. Würde entsetzt, damit Gerlach von Nassau ihm als Erzbischof und vornehmster Kurfürst des röm. Reiches nachfolge; über L. aber verhängte der Papst am Gründonnerstag (13.4.1346) ein letztes Mal das Anathem. Bevor Klemens VI. seinem ehemaligen Schüler jedoch endgültig den Weg auf den Thron ebnete, mußte dieser am 22. April der Kurie noch für den Fall seiner Wahl zum röm. König nicht nur alle Zusagen erneuern, die sein Großvater, Kaiser Heinrich VII., Papst Klemens V. gemacht hatte, sondern sich darüber hinaus auch verpflichten, L. mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln auf eigene Kosten zu bekämpfen, solange dieser sich nicht mit der Kurie ausgesöhnt habe. Nachdem im Kurkolleg durch päpstl. Eingreifen endlich eine luxemburg. Mehrheit geschaffen war, trat zuletzt auch noch Hzg. Rudolf von Sachsen-Wittenberg auf die Seite des böhm. Hauses. So wählten schließlich fünf Kurfürsten am 11.7.1346, dem Jahrestag der Absetzung L.s als röm. König durch Johann XXII., den Markgrafen von Mähren zum König.

    Hatte L. die Wahl Karls auch nicht verhindern können, so zeigte das Ausbleiben der von luxemburg. Seite erhofften Abfallbewegung doch, daß die Macht des Wittelsbachers durch die Aufstellung eines Gegenkönigs keineswegs erschüttert war, daß vielmehr Karl, seit dem Tod seines Vaters in der Schlacht von Crécy im August 1346 auch Graf von Luxemburg und König von Böhmen, gezwungen war, die unvermeidlich gewordene Auseinandersetzung mit demwittelsbach. Kaiser zum größten Teil aus den Erträgen seiner luxemburg. und böhm. Länder zu bestreiten.

    Mit den Vorbereitungen zum Krieg gegen Karl begann L. noch im Sommer 1346. Um die nötigen Geldmittel aufzutreiben, wurde eine außerordentliche Steuer von den Reichsstädten erhoben sowie eine Notumlage in den altbayer. Landen ausgeschrieben; außerdem schloß L. Sold- und Truppenverträge mit Fürsten und Herren. Wichtig aber war, daß es gelang, Hzg. Albrecht II. von Österreich zu bestimmen, auch weiterhin eine Haltung wohlwollender Neutralität gegenüber der wittelsbach. Partei einzunehmen. Der Erwerb der Herrschaften Hennegau, Holland, Seeland und Friesland, mit denen L. die Kaiserin als älteste Schwester des 1345 kinderlos verstorbenen Gf. Wilhelm IV. im Januar 1346 belehnte, dürfte demgegenüber wohl weniger ins Gewicht gefallen sein; hatte L. schon zu Lebzeiten seines Schwagers von diesem kaum Unterstützung erhalten, so war auch jetzt – nicht zuletzt dank des verhältnismäßig starken Mitspracherechts der Stände – kaum Hilfe im Kampf gegen die Luxemburger von dieser Seite zu erwarten. Doch konnte durch den Herrschaftsantritt der Kaiserin wenigstens dem Entstehen einer luxemburg-freundlichen Koalition am Niederrhein vorgebeugt werden.

    Als der Kampf im Frühjahr 1347 schließlich begann, hatte es zunächst keineswegs den Anschein, als würde Karl in absehbarer Zeit einen entscheidenden Sieg erringen. Zwar konnte er im März von Trient aus in die Gfsch. Tirol einfallen und Bozen und Meran einnehmen; doch mußte er sich auf die Kunde vom Nahen des Kaisers und des Markgrafen von Brandenburg eilends zurückziehen. Die Trierer Truppen aber wurden bereits Ende April durch die Herren v. Westerburg und Isenburg so vernichtend geschlagen, daß Erzbischof Balduin nicht nur als Bundesgenosse des Gegenkönigs ausschied, sondern Anfang September 1347 sogar gezwungen war, einen förmlichen Waffenstillstand mit kaiserl. Bevollmächtigten zu schließen. In jenen Wochen wurden letzte Vorbereitungen zur Eröffnung eines Feldzuges gegen Karl von Mähren getroffen. Anfang Oktober schloß L. noch einmal Soldverträge, und um die gleiche Zeit befand sich sein Sohn, Hzg. Stephan II., bereits mit Schwäb. Truppen im Anmarsch auf Böhmen. Karl hatte dagegen seine Verbände an der böhm.-bayer. Grenze bei Taus zusammengezogen. Doch kam es nicht mehr zu einem Waffengang der beiden Herrscher, da sich Mitte des Monats die Kunde vom Tod des Kaisers, der am 11.10.1347 auf der Bärenjagd in der Nähe des Klosters Fürstenfeld bei München verstorben war, mit Windeseile verbreitete. Karl war damit ein Kampf mit ungewissem Ausgang erspart geblieben, und nun erst sollte er Anerkennung bei den Reichsständen finden.

    Die Gestalt des ersten Wittelsbachers auf dem Thron der röm. Könige und Kaiser ist heute nicht minder umstritten als zu seinen Lebzeiten. Eine Schilderung seines Aussehens und Auftretens verdanken wir der Feder des Paduaners Albertino Mussato, der dem Kaiser persönlich begegnet war. Die dem deutschen Sprachraum entstammenden Chronisten der Zeit, die zumeist keine unmittelbaren Verbindungen zum Hof besaßen und ihre Werke im allgemeinen erst zu Zeiten Karls IV. vollendeten, hoben seinen persönlichen Mut, seine Tapferkeit und seine Tatkraft hervor, tadelten jedoch auch seine Strenge insbesondere gegenüber der Geistlichkeit, seinen Hang zur Unbeständigkeit und seine nur mäßig ausgeprägte Neigung, dem Recht Genüge zu tun. Publizisten der päpstlichen Seite glaubten in ihm schließlich sogar die Verkörperung des Bösen schlechthin und einen Vorboten des Antichrists erblicken zu können. Dieses überwiegend negative Urteil der Zeitgenossen trug wesentlich dazu bei, daß das Bild L.s auch heute noch weitgehend von der Vorstellung der Zwiespältigkeit seines Charakters, der Unbeständigkeit seines politischen Handelns und insbesondere der Abhängigkeit von den Vorstellungen fremder Ratgeber geprägt ist. Dieses Bild ist zweifellos falsch. Gewiß läßt L.s Politik auf den ersten Blick nur wenig erkennen, was auf ein kontinuierliches Planen und Handeln schließen ließe; trug er doch kaum Bedenken, rasch die Fronten zu wechseln und sich mit dem noch jüngst bekämpften Gegner zu verständigen, und bediente er sich bisweilen auch fadenscheiniger Gründe, um getroffene Abmachungen nicht einhalten zu müssen. Doch sollte man|sich hüten, diese vorschnell als Ausdruck mangelnder charakterlicher oder intellektueller Fähigkeiten zu deuten. Um L.s Handeln gerecht beurteilen zu können, hat man sich vielmehr stets vor Augen zu halten, daß das röm. Reich des späten Mittelalters längst nicht mehr die führende Rolle im Kreis der europ. Großmächte spielte und der Herrscher dieses auf weitgehend ungeklärten verfassungsrechtlichen Grundlagen beruhenden Gemeinwesens nicht nur in den burgund. und ital. Reichsteilen fast jegliche Macht verloren hatte, sondern auch nördlich der Alpen nur mehr in Teilen Deutschlands den Einfluß der Krone unmittelbar zur Geltung bringen konnte. Waren solche Verhältnisse an sich schon wenig geeignet, einem Staatsoberhaupt, das über keine größeren zusätzlichen Einkünfte aus Eigenbesitz verfügte, die Verfolgung einer kontinuierlichen Politik zu ermöglichen, so kam im Fall L.s noch erschwerend hinzu, daß er es zeitlebens mit mächtigen, ihm teilweise weit überlegenen Gegnern zu tun hatte (zunächst mit Friedrich dem Schönen und dessen Anhängern, dann mit dem Avignonesischen Papsttum, seit Beginn der 30er Jahre schließlich noch mit der franz. Krone und den mit ihr verbündeten Luxemburgern), deren Verhalten er entweder überhaupt nicht oder nur in begrenztem Umfang beeinflussen konnte. Doch läßt sich gerade am Beispiel dieser Mächte aufzeigen, daß L. eine langfristige Ziele verfolgende Politik, wenn auch teilweise mit unzureichenden Mitteln, zu betreiben versuchte.

    Kennzeichnend für sein Verhalten gegenüber den beiden mächtigsten Gruppierungen in Deutschland war, daß er frühzeitig die Aussöhnung mit den Habsburgern suchte und zeit seines Lebens an ihr festhielt; bildeten diese engen Beziehungen doch die unerläßliche Voraussetzung für sein Bemühen, den Einfluß des luxemburg. Hauses einzudämmen. Seine Politik gegenüber England und Frankreich aber war letztlich von dem Ziel geleitet, Philipp VI. zur Aufgabe seines Widerstandes – sei es durch das Angebot eines Freundschaftsvertrages, sei es durch die Drohung militärischen Eingreifens – zu bewegen. Ähnliches gilt aber zweifellos auch für L.s Verhalten gegenüber der Kurie. Mochte sein Streit mit den Päpsten bisweilen auch abenteuerliche Züge annehmen, so stand dahinter doch stets die Absicht, eine Aufhebung der kirchlichen Zensuren sowie die Anerkennung seines Herrschertums durch die Kurie zu erreichen. Daß dabei jeweils unterschiedliche Maßnahmen ergriffen werden mußten, liegt auf der Hand; nichts deutet jedoch bei näherem Zusehen darauf hin, daß L. und seine engsten Mitarbeiter dabei jemals abhängig von fremden Vorstellungen waren. Marsilius von Padua und die Minoriten wurden zwar zu Rate gezogen, Einfluß auf die Entscheidungen des Kaisers dürften sie dagegen niemals besessen haben.

    Beachtlich waren die Leistungen auf innenpolitischem Gebiet. L. förderte die Reichsstädte, die nicht zuletzt aufgrund ihres Steueraufkommens zu den wichtigsten Stützen seiner Herrschaft zählten. Er suchte die Sicherheit der Straßen und damit auch das Wachsen des Handels durch die Errichtung von Landfrieden und den Abschluß von Städtebündnissen zu gewährleisten. Auch seine Versuche, das Behörden- und Gerichtswesen des Reiches und seiner Länder zu reformieren, dürfen nicht unerwähnt bleiben. Zeugnis von diesem Bemühen legen nicht nur die Anfang der 30er Jahre ins Werk gesetzte Neuorganisation der Brandenburger Verwaltung und das „Oberbayer. Landrecht“ ab, das, im gleichen Jahrzehnt geschaffen, von den Söhnen des Kaisers 1346 in überarbeiteter Form neu verkündet wurde; auch im Bereich der schwäb. Landvögte scheinen um die gleiche Zeit Reformen durchgeführt worden zu sein. Auskunft über Neuerungen am Hofgericht geben schließlich kurfürstl. Willebriefe aus dem Anfang der 40er Jahre. Im Verfassungsleben des Reichs hat die Regierungszeit L.s freilich keine nennenswerten Spuren hinterlassen, da Karl IV., getreu seinen Zusagen an den Papst, keine einzige Urkunde L.s jemals ausdrücklich bestätigte, und er auch die von seinem Gegner in die Wege geleiteten Reformen nicht weiterführte.

    Ein bleibendes Verdienst erwarb sich L., zweifellos einer der tüchtigsten Herrscher, die Deutschland im späten Mittelalter besaß, aber dadurch, daß er Marsilius von Padua und die Flüchtlinge aus dem Franziskanerorden an seinem Hof aufnahm und damit Gelehrten, deren Bedeutung für das Geistesleben späterer Jahrhunderte nicht hoch genug eingeschätzt werden kann, Schutz vor dem Zugriff der Amtskirche bot.

  • Literatur

    ADB 19; Urkundl. Qu.:
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    E. E. Stengel, Avignon u. Rhens, Forschungen z. Gesch. d. Kampfes um d. Recht am Reich in d. 1. Hälfte d. 14. Jh., 1930;
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    F. Trautz, Die Könige v. England u. d. Reich 1272-1377, 1961;
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    P. Moser, Das Kanzleipersonal Kaiser L.s d. B. in d. J. 1330–47, 1985;
    DW, 101980, Abschnitte 237 f.

  • Porträts

    Stifterrelief, 1324/27, aus d. Lorenzkirche im Alten Hof, München (ebd., Bayer. Nat.mus.), Abb. in: A. Weese, München, ³1925, u. F. Bock, s. L, 1943, S. 208;
    Miniatur im Oberbayer. Landrecht, 1346 (Cgm 1506 u. Bayer. Hauptstaatsarchiv München, Staatsverwaltung 194 c), vgl. H. Lieberich, Eine zeitgenöss. Darst. Kaiser L.s d. Bayern, in: Zs. f. bayer. Landesgesch. 23, 1960, S. 128-36.

  • Autor/in

    Alois Schütz
  • Zitierweise

    Schütz, Alois, "Ludwig" in: Neue Deutsche Biographie 15 (1987), S. 334-347 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118574957.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Ludwig IV. der Baier ( am 11. October 1347), Herzog von Baiern 1294—1347, römischer König 1314—47. Die äußeren Vorzüge seiner Persönlichkeit entlockten einem Zeitgenossen den Vergleich, die Natur habe nicht minder, als sie unter den Bienen zu thun Pflege, ihn als Herrscher bezeichnet. Gin hoher, kraftvoller Körperbau, der stämmigste Nacken, auffallend weiße und blühende Gesichtsfarbe, große klare, von dichten Brauen überwölbte Augen, aus denen die Heiterkeit seines Temperamentes strahlte: dies bildete zusammen eine ebenso schöne wie würdevolle Erscheinung, wenn auch die oben etwas platte, unten überhängende Nase die Regelmäßigkeit der Gesichtszüge störte. Das Haupthaar war lockig, aber spärlich; Lippe und Kinn trug der Fürst, wie die Mode es wollte, glatt geschoren. In gutem Einklang mit den Schilderungen der Zeitgenossen steht sein Bildniß auf dem Grabdenkmale in der Münchener Frauenkirche.

    Wie ihm Glück und Unglück im Leben wechselnd in Fülle beschieden waren, so lagen in seinem Charakter widerspruchsvolle Züge vereinigt. Ein weiches Gemüth dürfte man wohl als den hervorstechendsten bezeichnen; darauf weist seine Lenksamkeit gegenüber Rathgebern, wie seine Nachgiebigkeit gegen die eigenen Stimmungen und Gefühlserregungen, sein rasches Abspringen von einer Partei, von einem Angriffsziele zum anderen, seine heißblütige Ueberstürzung im Erfolge, wie der Kleinmuth, der ihn nach Mißerfolgen leicht beschlich. Mehr von der schwankenden Natur seines Großvaters, Otto's II., wie es scheint, als von der väterlichen Energie und Sicherheit hatte er als Familienerbtheil mitbekommen; nicht als ob ihm die Fähigkeit, kühn und entschlossen zu handeln, gefehlt hätte, dankte er doch die Königskrone selber dem Ruhme kriegerischer Thatkraft; daß ihm aber entschlossenes Handeln durch andauernde Bethätigung zur zweiten Natur geworden, daß sein politisches Wirken von besonnener und ausdauernder Kraft getragen gewesen wäre, wird man nicht behaupten können. „Allewege unbeständig“, klagt mit gutem Grund der Minorit Johann v. Winterthur, „unzuverlässig, nicht zum mindesten in seinen Zusagen und Versprechungen“. Eine dem baierischen Stammescharakter sonst ganz fremde Neigung zu Schlichen und Doppelzüngigkeit tritt in seiner Politik hervor; sie ward gesteigert durch|die Berührung mit dem italienischen Parteitreiben und durch die Schwierigkeiten, die Widersacher und Neider während seines ganzen Lebens ihm bereiteten. Milde jedoch, leutselig, gütig gesinnt, war er ein Herrscher, dem mehr daran lag, geliebt als gefürchtet zu werden, und würde vielleicht das ungetrübte Andenken eines vortrefflichen Fürsten genießen, wäre ihm nicht der Kampf mit der Kurie auferlegt worden, der seine Schwächen enthüllte und steigerte, dem freilich auch manche festere Natur nicht gewachsen gewesen wäre. Viele diplomatischen Erfolge verdankte er seiner natürlichen Beredsamkeit und geschmeidigen Gewandtheit; für seine litterarische Bildung aber war wenig geschehen; er selbst nennt sich einen Kriegsmann, der von den Wissenschaften und gelehrten Subtilitäten nichts verstehe. Von seinem Privatleben ist nicht viel überliefert. Während er an der Tafel im Trinken mäßig war, sprach er den Speisen reichlicher zu. Den Tanz liebte er sehr und noch in seinen reiferen Mannesjahren konnte man ihn mit seiner kleinen und zierlichen zweiten Frau lustig im Saale umherwalzen sehen. Niemand genoß auch die Freuden der Jagd mit höherem Entzücken, Niemand verstand besser das feurige Jagdgespann zu lenken. Doch im behaglichen Lebensgenusse aufzugehen, hat er sich nie gegönnt. So im allgemeinen ist es ein ungerechter Vorwurf, wenn man ihm Scheu vor Anstrengungen nachsagte. Fürstliche Sorgen und Geschäfte gestalteten sein ganzes Leben zu einem mühevollen Ringen und zu einer fast ununterbrochenen Reise, sei es, daß er gegen Feinde in's Feld rückte, sei es, daß er den Pflichten der Regierung oder diplomatischen Verhandlungen oblag.

    Genützt hat Ludwigs Wirksamkeit am meisten seinem Hause, aber auch vom reichsgeschichtlichen Standpunkte aus kann man sein erfolgreiches Streben nach Vergrößerung der Hausmacht nicht tadeln, da die königliche Macht für sich allein ohne die reale Grundlage einer starken landesfürstlichen Gemalt in der That zu schwach gewesen wäre. Darum hatten auch alle seine Vorgänger im Reiche in diesem Punkte nicht anders gehandelt. Durch die Vereinigung von Ober- und Niederbaiern, den Gewinn von Brandenburg, Tirol, Holland, Seeland, Friesland hob er Wittelsbach auf eine Höhe, die es vordem nie erreicht hatte, auf der sich freilich auch seine Nachkommen nicht zu behaupten vermochten.

    Beim Tode seines Vaters. Herzog Ludwig II. von Baiern, zählte er wahrscheinlich sieben Jahre. Seine Mutter. Mechtild, Tochter König Rudolfs von Habsburg, und der ältere Bruder Rudolf übernahmen die Vormundschaft. Am Wiener Hofe erzogen, von der Mutter vornehmlich beeinflußt, sog der jüngere Bruder früh Habsburgische Gesinnung ein, während der ältere treu zu seinem Schwiegervater König Adolf stand. In feindlichem Widerspruche gegen den Bruder und mit der Betheiligung an einer Fürstenrevolution zu Gunsten Habsburgs begann L. seine Politische Laufbahn, indem er bei der ersten widerrechtlichen Königswahl Albrechts von Osterreich den Herzog von Sachsen beauftragte, seine Stimme als Rheinpfalzgraf zu führen. Als später Rudolf den Kampf gegen Albrecht aufnahm, machte L. im königlichen Heere den Feldzug in der Pfalz mit. Wahrscheinlich bei seiner Unterwerfung im Sommer 1301 mußte Rudolf dem Könige versprechen, den Bruder mit Ablauf des Jahres aus der über Gebühr verlängerten Vormundschaft zu entlassen und zur Mitregierung seiner Lande, Oberbaierns und der Pfalz, zu berufen. Nach der Ermordung König Albrechts, den L. auf seinem letzten böhmischen Feldzuge unterstützt hatte, traten beide oberbaierische Herzoge eine Zeit lang, doch ohne besonderen Eifer, als Throncandidaten auf. Die Wahl, der auch L. beiwohnte, fiel auf Heinrich von Lützelburg, dem sich nun Rudolf aufs engste anschloß, indem er seinen Sohn mit dessen Tochter verlobte. Da er der Braut gegen Ludwigs Willen pfälzische|Burgen als Witthum verschrieb, erhielt der Zwiespalt zwischen den Brüdern neue Nahrung und trieb L. zu dem Verlangen einer Landestheilung. Dieselbe wurde am 1. October 1310 in der Weise vollzogen, daß L. die nordwestliche Hälfte Oberbaierns mit Ingolftadt erhielt. Zur Theilung der Pfalz aber, die L. gleichfalls beanspruchte, ließ sich Rudolf nicht bewegen, und da auch über die Ausführung der Landestheilung in Oberbaiern Irrungen entstanden, brach im Juni 1311 ein Bruderkrieg aus, der mit Unterbrechungen zwei Jahre hindurch währte. L. selbst soll in diesen Kämpfen eines Tages den Feuerbrand in eine Ortschaft geschleudert haben und auch von einem seiner Bewunderer wird die Ansicht ausgesprochen, daß damals der ältere Bruder mehr Maß und Selbstbeherrschung bewiesen habe.

    Von den Reichsangelegenheiten, von König Heinrichs Hoftagen und Feldzügen scheint sich L. gänzlich ferngehalten zu haben; auf dem italienischen Zuge Heinrichs ließ er sich durch den Bischof von Eichstädt vertreten. Umsonst versuchte auch der König in den Streitigkeiten der Brüder zu vermitteln. Zu deren Ausgleich führte endlich, was anfangs nur zu ihrer Verschärfung gedient hatte: die Entwickelung der Dinge in Niederbaiern. Dort war L. seit dem Tode Herzog Stephans (10. December 1310) neben Otto III. von Niederbaiern Vormund der Prinzen Heinrich und Otto, die Stephan hinterlassen hatte. Bald starb auch Herzog Otto (9. September 1312) und nach dessen letztem Willen übernahm nun L. auch die Pflegschaft dessen Sohnes und empfing von der niederbaierischen Landschaft die Huldigung. Aus alter Anhänglichkeit und um gegenüber dem feindlichen Bruder einen Rückhalt zu gewinnen, ließ er (13. Nov. 1312) seine Mündel zu Linz ein Bündniß mit den österreichischen Herzogen beschwören. Noch im Frühjahr darauf reiste er mit seinem ältesten Mündel nach Wien, klagte seinem Freunde, Herzog Friedrich, bitter über Rudolf und bestimmte ihn, den Brüdern zum Sühneversuche einen Tag nach Passau anzusetzen. Indessen wurden die niederbaierischen Städte, zumal Landshut und Straubing, durch den wachsenden Einfluß Oesterreichs und den Steuerdruck der Adelsregierung bewogen, ihrerseits bei Rudolf Schutz zu suchen und schlossen mit diesem (15. Mai 1313) einen Schirm- und Bundesvertrag. Durch diesen Schritt ward L. auf das Mißliebige und Gefährliche seiner Habsburgischen Politik aufmerksam und rasch entschlossen, vollzog er eine Schwenkung, die seine österreichischen Freunde aufs übelste aufnehmen mußten, indem er bei einer Zusammenkunft zu München mit dem Bruder (21. Juni 1313) Frieden schloß, Aufhebung der Landestheilung und wiederum gemeinsame Regierung vereinbarte. Nochmals kam er zwar mit Friedrich in Landau zusammen, aber diese Besprechung der Vettern konnte den Krieg um so weniger verhüten, als der Adel und die Herzoginwittwen in Niederbaiern habsburgisch gesinnt waren und Herzog Friedrich zu Hülfe herbeiriefen. Während Rudolf unthätig blieb, rüstete L. mit großem Aufwand und aufs rührigste zum Krieg, und als ein österreichischniederbaierisches Heer durch Baiern zog, um sich mit den in den schwäbischen Landen gesammelten Habsburgischen Truppen zu vereinigen, kam L. dieser Vereinigung zuvor, überfiel das Ostheer am 9. November bei Gammelsdorf, nördlich von Moosburg, und brachte ihm eine entscheidende Niederlage bei, welche den Kern der österreichischen und niederbaierischen Ritterschaft als Gefangene in seine Hände gab. Von diesem Tage an ward Ludwigs Name weitum in deutschen Landen berühmt und sein Uebergewicht über den älteren Bruder entschieden. Unter der Vermittelung des Erzbischofs von Salzburg kam dann in dessen Hauptstadt eine Zusammenkunft zwischen L. und Friedrich und der Frieden (17. April 1314) zu Stande. Friedrich hatte die Zeit seit seiner Niederlage wohl genutzt und seine Stellung durch Bündnisse bedeutend verbessert. Dieser|Umstand, vielleicht aber auch ein Hervorbrechen des alten Freundesgefühles bei L. mag die große Nachgiebigkeit erklären, welche dieser durch unentgeltliche Freilassung aller Gefangenen bewies. Nach allen Nachrichten war die Zusammenkunft von dem innigsten Einverständnisse der beiden Fürsten begleitet und so ist sehr wahrscheinlich, daß die Wiederversöhnten auch die bevorstehende Königswahl besprachen, die seit dem Tode Kaiser Heinrichs (24. August 1313) die Gemüther in Spannung versetzte. Johann v. Viktring will wissen, daß anfangs Friedrich den Freund zur Bewerbung aufgefordert, dieser aber unter Hinweis auf seine unzulänglichen Mittel abgelehnt, seinerseits den Habsburger zur Bewerbung ermuntert und ihm seine Unterstützung angeboten habe. Vielleicht in Zusammenhang mit den Salzburger Abmachungen ward Rudolf von Baiern, der anfangs selbst als Kandidat aufgetreten war, für die habsburgische Sache gewonnen.

    Schien aber anfangs die Entscheidung bei der Königswahl nur um Friedrich von Osterreich und Johann von Böhmen, den Sohn des verstorbenen Kaisers, sich zu drehen, so trat bald die bedeutsame Wendung ein, daß die Führer der lützelburgischen Partei, die Erzbischöfe Peter von Mainz und Balduin von Trier, die Unmöglichkeit erkannten, mit ihrem jugendlichen Kandidaten Johann durchzudringen und daß auf der Suche nach einem nicht allzu mächtigen Fürsten, der gleichwohl im Stande wäre, Habsburg die Spitze zu bieten, ihre Augen auf den Sieger von Gammelsdorf fielen. In ihrem Auftrage reifte Graf Berthold von Henneberg zu L. Und der Enkel Rudolfs von Habsburg, der Sohn jenes Wittelsbachers, der Habsburg zu Liebe von seinem Werben um das Reich abgestanden war, hielt sich berechtigt, dem Rufe der angesehensten geistlichen Kurfürsten zu folgen und seinem Hause die höchste Ehre zu erringen, die demselben wiederholt schon nahe gewinkt hatte. Im September ging er an den Rhein und begann seine Vorbereitungen zu treffen. Am 19. und 20. October kam es in Frankfurt zur unseligsten Doppelwahl: ein Theil der Wähler, darunter Ludwigs Bruder, wählte den Habsburger, während Peter von Mainz, Balduin von Trier, Johann von Böhmen, Waldemar von Brandenburg und Johann von Sachsen ihre Stimme L. gaben. Dieser zog am 23. October in Frankfurt ein und empfing die Huldigung seiner Wähler. Er hatte unbestreitbar vier, sein Gegner nur zwei giltige Stimmen, überdies war bei seiner Wahl das übliche Ceremoniell, dem man fast die Kraft eines Rechtstitels beilegte, vollständig eingehalten worden, während es Friedrich auch hierin an allen Erfordernissen gebrach. Dagegen hatte der Habsburger den Besitz der Reichskleinode voraus, auch konnte die Krönung Ludwigs am 25. November wohl an der althergebrachten Stelle, im Dome zu Aachen, aber nicht durch den hierzu berechtigten Erzbischof von Köln, an dessen Stelle der Mainzer eintrat, vollzogen werden.

    Uebersieht man Ludwigs königliche Regierung, so kann man sich dem Eindrucke nicht verschließen, daß kein deutscher Herrscher mehr als er unter den Gebrechen der Reichsverfassung gelitten hat. Seine Thätigkeit wurde zum großen Theile durch ununterbrochene Kämpfe beansprucht, deren innerste Gründe in Einrichtungen der deutschen Verfassung lagen: den schweren Kampf mit Habsburg verschuldete die Wahlverfassung und der Mangel eines Wahlgesetzes; während der nicht minder schwere und noch langwierigere mit der päpstlichen Curie aus der Verquickung des deutschen Königthums mit dem Kaiserthum und aus der politischen Verbindung Deutschlands mit Italien entsprang.

    Acht Jahre lang zog sich der Kampf der Gegenkönige hin, in dem Habsburg durch Familienbesitz weit überlegen war, Wittelsbach dagegen zahlreichere und mächtigere Bundesgenossen aus dem Reiche, insbesondere die Mehrzahl der Reichsstädte auf seiner Seite hatte. Vier Mal im Verlauf dieses Kampfes lagen sich die Heere gegenüber, ohne daß ihre Führer gewagt hätten, die Entscheidung|der Waffen anzurufen. Zuerst im März 1315 bei Speier, als L. einen Angriff auf das Elsaß plante, durch das Ausbleiben einiger Bundesgenossen aber bald veranlaßt wurde, sein Lager abzubrechen und nach München zurückzukehren. Im August dieses Jahres wurden hingegen die Habsburger, als sie die Offensive ergriffen und über den Lech bis Buchlohe in Baiern eindrangen, durch Ludwigs bloßes Erscheinen im Felde zum Rückzuge bestimmt. Ludwigs Stellung war damals noch erschwert durch das seit der Königswahl nur verschärfte Zerwürfniß mit dem Bruder. Auch nachdem Rudolf aus der Hauptstadt München auf seine Burgen in und vor den Alpen sich zurückgezogen hatte, kehrte der Familienfrieden nicht zurück und ebenso wie der habsburgische Angriff konnte die Vermittelung der Münchener Bürgerschaft und später des Adels den Ausbruch eines neuen Bruderkrieges nur kurze Zeit verzögern. Im Herbste 1315 rückte L. mit Heeresmacht gegen Rudolf, erstürmte seine und seiner Anhänger Burgen und zwang ihn zur Flucht nach Worms. Seitdem war nicht der Groll, aber die Widerstandskraft des körperlich Leidenden gebrochen: am 26. Februar 1317 verstand er sich zum Verzicht auf die Regierung, im Sommer darauf siedelte er an den österreichischen Hof über. Zuletzt erscheint er in Heidelberg und am 13. August 1319 starb er so unbeachtet, daß nicht einmal der Ort seines Todes überliefert ist. Nach der Besiegung des Bruders unterwarf L. im Frühjahr 1316 einen Verbündeten Friedrichs, Kraft von Hohenlohe (s. Bd. XII. S. 692). Im September zog er mit Balduin von Trier und dem Böhmenkönige vor das von Friedrich belagerte Eßlingen. Dort kam es zuerst zum Schlagen; doch ohne daß es die Führer beabsichtigt und ohne daß das viele Blut, das vergossen ward, eine Entscheidung gebracht hätte. Dagegen errang L. diplomatische Erfolge in Böhmen und in Niederbaiern. Dort vermittelte er, als König Johann durch einen Aufstand seiner Barone schwer bedroht war, im Frühjahr 1318 die Aussöhnung der Parteien und sicherte sich dadurch einen mächtigen und damals noch zuverlässigen Bundesgenossen. In Niederbaiern gelang es ihm, auch als Herzog Heinrich der ältere aus seiner Vormundschaft entlassen wurde, diesen und die jüngeren Herzoge in seinem engen Bunde zu erhalten. Da die Niederbaiern ihrerseits mit Kärnten-Tirol verbündet waren, lag die breite Ländermasse von Schlesien bis Südtirol wie ein breiter Keil zwischen die beiden Hauptsitze der Habsburgischen Macht, Schwaben und Oesterreich, eingesprengt. Auf einer Zusammenkunft zu Eger mit König Johann (April. 1321) suchte L. auch das Zerwürfniß zwischen diesem und Heinrich von Kärnten zu heben. Dies gelang jedoch nicht und die damals verabredete Heirath von Johanns Tochter mit Heinrich von Niederbaiern erwies sich später als eine für L. sehr schädliche Verbindung.

    Im September 1319 erfolgte ein zweiter habsburgischer Angriff auf Baiern. L. erwartete den von Osten heranrückenden, auch die Salzburger mit sich führenden Gegenkönig auf den Höhen bei Mühldorf; als aber die Nachricht einlief, Friedrichs Bruder Leopold, der von Westen her in Baiern eingebrochen war, stehe nahe in seinem Rücken, und als zugleich das Gerücht sich verbreitete, sein eigenes Lager beherberge bestochene Verräther, räumte er das Feld und ließ es geschehen, daß die Oesterreicher in unerhörter Weise das fläche baierische Land verwüsteten. Die Folgen dieser moralischen Niederlage machten sich nicht nur im Abfall mancher Bundesgenossen fühlbar, auch L. selbst soll einige Zeit den Muth verloren und den Gedanken an Thronentsagung gefaßt haben, der ihm dann wahrscheinlich durch Peter von Mainz ausgeredet worden ist. Im Frühjahr 1320 zwang L. die Grafen von Sponheim nach Eroberung ihrer Burg Sprendlingen bei Kreuznach zum Frieden, im August zog er nochmals zum Angriff auf Leopold in das Elfaß. Diesmal hätte er den Vortheil gehabt, nur gegen die westlichen Streitkräfte Habsburgs kämpfen zu müssen, denn ohne Heer,|nur mit geringem Gefolge war Friedrich eben im Lager des Bruders eingetroffen. Die Heere standen sich an der Breusch gegenüber und schon hatte L. die Schlacht angesagt — wieder aber trat er ohne Kampf den Rückzug an, es heißt, weil seine Verbündeten keine Lust hatten, sich zu schlagen. In der Pfalz hatten indessen Rudolfs Wittwe Mechtild, deren Söhne und mächtige Bundesgenossen, den Widerstand gegen L. fortgesetzt. Schon im October 1318 war L. gegen den Grafen Gerlach von Nassau, einen Schwager seines Bruders, gezogen. Drei Wochen lag er damals ohne Erfolg vor Wiesbaden. Mit besserem Glück unternahm er im December 1321, während die Wahl des habsburgisch gesinnten Mathias von Buchegg auf den Mainzer Stuhl seiner Sache einen empfindlichen Schlag versetzte, einen Kriegszug gegen diese rheinischen Gegner und eroberte die Burg Fürstenberg bei Bacharach.

    Endlich fielen die Würfel des Kriegsglückes entscheidend, als die Oesterreicher im Herbst 1322 ihren dritten Angriff auf Baiern unternahmen. Von Ungarn, Salzburg, Passau, Lavant unterstützt, drang Friedrich bis Mühldorf vor, wo ihm L. an der Spitze eines vornehmlich aus Ober- und Niederbaiern, Böhmen und Schlesiern gebildeten Heeres entgegentrat. Leopold, der, wie vor drei Jahren, von Westen anrückte, hatte sich diesmal um einige Tage verspätet, aber sein Fernbleiben hinderte Friedrich nicht, die ihm von L. auf den 28. September angebotene Schlacht anzunehmen. Sie wurde auf der Fehwiese zwischen Mühldorf und Ampfing geschlagen, die letzte ohne Anwendung von Feuerwaffen gekämpfte große Ritterschlacht auf deutschem Boden, und endete mit dem glänzenden Siege der Baiern. 1300—1400 Ritter auf österreichischer Seite und der Gegenkönig selbst geriethen in Gefangenschaft. Wie bei Gammelsdorf scheint wieder das rechtzeitige Eingreifen der Reserve, die diesmal vom Burggrafen von Nürnberg befehligt wurde, die Entscheidung herbeigeführt zu haben. Während aber L. bei Gammelsdorf mitten im Schlachtgewühle mitgekämpft hatte, hielt er bei Mühldorf, wahrscheinlich um die Schlacht mit vollem Ueberblick zu leiten, ohne Abzeichen der königlichen Würde, im einfachen blauen Waffenrock mit weißen Kreuzen (Rauten?), mit 11 gleichgekleideten Begleitern auf leichten Pferden etwas abseits. „Vetter, ich sah euch nie so gern!“ rief er seinem Gegner zu, als dieser gefangen vor ihn geführt wurde. „Und ich euch nie so ungern!“ soll dieser erwidert haben.

    So sehr nun auch dieser Sieg Ludwigs Macht und Ansehen im Reiche hob, die Schwierigkeiten mit Habsburg waren dadurch noch lange nicht beseitigt. Noch behauptete Leopold in Schwaben und Elsaß eine machtvolle Stellung. Unterhandlungen, die L. mit ihm anknüpfte, führten im Herbst 1323 zur Auslieferung der Reichskleinode, aber nicht weiter. Während L. im Juni 1324 schon an einen neuen Feldzug dachte, traf Leopold in Bar sur Aube mit dem französischen König zusammen und versprach dessen Königswahl in Deutschland zu betreiben. Die Unterhandlungen mit Leopold wurden dann von L. neuerdings aufgenommen, geriethen aber wieder ins Stocken, als L. im November 1324 durch die wohlgemeinte Rücksicht auf Handel und Verkehr seiner getreuen Augsburger zu einem Angriff auf die Feste Burgau zwischen Ulm und Augsburg sich bestimmen ließ, wo eine starke und übermüthige österreichische Besatzung unter Burkhard von Ellerbach lag. Doch mußte er im Januar auf die Nachricht, daß Leopold zum Entsatze heranrücke, mit seinen durch mannigfachen Abzug bereits geschwächten Truppen die Belagerung aufheben, ein Mißerfolg, der im Reiche starken Eindruck machte. Jetzt beschloß L. mit dem Gegenkönig selbst, den er auf der Burg Trausnit in der Oberpfalz gefangen hielt, Unterhandlungen anzuknüpfen. Graf Berthold von Henneberg beredete, als sein Unterhändler, mit Friedrich, daß dieser auf die Königskrone verzichten, dagegen sammt seinen Brüdern ein durch eine Heirathsverbindung der beiden Häuser|gestütztes Bündniß mit L. eingehen sollte (13. März 1325). Dann kam L. selbst auf die Trausnit, und, wie vor zehn Jahren in Salzburg traten sich die Jugendfreunde wieder in herzlichem Einverständniß nahe; es wird erzählt, daß sie das Abendmahl gemeinsam feierten, die Hostie theilten und den Friedenskuß tauschten. Und ihr erneuerter Freundschaftsbund hielt auch dann vor, als Friedrich daheim die Zustimmung seines Bruders Leopold zum Trausniter Abkommen nicht gewinnen und dieses darum nicht in Kraft treten konnte. Friedrich kehrte nach Baiern zurück, aber nicht als Ludwigs Gefangener auf die Trausnit, sondern als sein Freund nach München. Dort schlossen die beiden Fürsten eine vor ihren Beichtvätern eidlich beschworene, zuerst geheim gehaltene, am 5. September aber beurkundete Uebereinkunst des merkwürdigsten Inhalts. Gemeinsam wollten sie fortan das Reich besitzen, als Brüder sich nennen und behandeln, gemeinsam Glück und Unglück tragen und in allen Stücken gleiche Ehre genießen, wie auch alles, was der eine angeordnet, der andere bestätigen sollte. Es ist verfehlt, wenn man Ludwigs Verhalten an diesem Punkte aus einem zwingenden Drucke der politischen Lage erklären will, der in Wahrheit nicht bestand; seine Handlungsweise entsprang aus rein menschlichem Gefühl, aus überwallendem Edelmuth, der alle politische Berechnung bei Seite drängte. Mit besserem Grunde als Friedrichs Treue — denn als dieser nach Baiern zurückkehrte, war die Forderung, daß er dies als Gefangener thue, von L. wahrscheinlich bereits fallen gelassen — ist darum Ludwigs Hochherzigkeit in Dichtung und Sage immer gepriesen worden. Auch erscheint die Uebereinkunft der beiden Fürsten weniger phantastisch, wenn man erwägt, daß unzweifelhaft, wiewohl es der Vertrag nicht aussprach, für die nächste Zeit eine Theilung der Herrschaft in der Weise beabsichtigt war, daß L. nach Italien ziehen und die Kaiserkrone erwerben, Friedrich dagegen in Deutschland regieren sollte.

    Gleichwol scheiterte die Ausführung des Münchener Vertrags, scheiterte vor allem wohl an dem Widerstande der Lützelburger, die durch eine dauernde enge Verbindung zwischen Wittelsbach und Habsburg ihre eigene Macht gefährdet sehen mußten. Schon die trauliche Freundschaft, mit der L. und Friedrich damals zusammen lebten — nach dem Königssaaler Chronisten theilten sie Mahlzeit und Schlafgemach — wird man in vielen Kreisen ungern gesehen haben. Bei einer Zusammenkunft in Ulm mit Friedrich und Leopold trat dann L. in einem Vertrage vom 7. Jan. 1326 Friedrich sogar das Königreich ab, unter der Voraussetzung, daß dieser bis zum 25. Juli d. J. die Bestätigung des Papstes erlange. Während der folgenden Monate scheint er in der That allen Regierungshandlungen entsagt zu haben. Indessen verstand sich der Papst nicht zu Friedrichs Anerkennung und so kam auch dieser Vertrag nicht zur Ausführung. Später, insbesondere seit einer Zusammenkunst um die Wende der Jahre 1326 und 1327 in Innsbruck trat wieder Verstimmung zwischen den Fürsten ein. Friedrich sührte den Königstitel, ohne daß ihm jedoch L. denselben gemährte und ohne daß er auf die Reichsregierung Einfluß üben durfte.

    Mittlerweile war L. ein neuer Gegner entstanden. Eng verbunden mit den Königen von Neapel und Frankreich, saß damals der Gascogner Johann XXII. in Avignon auf dem Stuhle Petri, ein Kirchenfürst, in dem die alte Tendenz des Papstthums nach weltlicher Oberhoheit aufs neue verkörpert ward. Johann betrachtete sich als Lehnsherrn des Reichs und die beiden Gegenkönige als Erwählte, denen ein Recht auf die Krone erst aus seiner Bestätigung erwachsen könnte. Schon in einer Bulle vom 31. März 1317 hatte er erklärt, daß die Verwesung des Imperiums auf ihn übergegangen sei. In welchem Sinne er sie zu führen gedachte, zeigte sich, als er einem ausgesprochenen Feinde der Deutschen, dem König Robert von Neapel, den Ludwigs Vorgänger, Kaiser Heinrich VII., in die Reichsacht erklärt hatte, die noch unter Clemens V. beschlossene Ernennung zum Reichsstatthalter in Italien zustellen ließ und seinen Legaten Bertrand von Pojet dort mit der Führung des Kampfes gegen die Gibellinen betraute. Da L. ebenso wie Friedrich trotz aller Unterhandlungen sich nicht herbeiließ, dem Papste und Anjou in Italien freie Hand zu lassen, gewährte Johann keinem von ihnen seine Anerkennung. Aus dieser zuwartenden Stellung trieb den Papst nicht der Sieg von Mühldorf, wol aber Ludwigs Eingreifen in Italien: es war für Johann eine Reihe von empfindlichen Kränkungen, als L. seit dem Tage von Mühldorf voll gehobenen Siegesgefühls im Frühjahr 1323 Berthold von Neisen, Grafen von Marstetten, als Statthalter des Reiches an der Spitze eines Heeres in die Lombardei entsandte, dieser dann einem Hülfsgesuche des vom Papste geächteten, von König Robert und den Welfen schwer bedrängten Matteo Visconti Folge gab und das welfische Heer von der Belagerung Mailands abzustehen zwang. Am 8. October 1323 veröffentlichte der Papst den ersten seiner sogenannten Processe gegen L., worin er ihm wegen Anmaßung des Königstitels und der Reichsregierung und der Unterstützung des gebannten Visconti den Kirchenbann drohte, wenn er nicht binnen drei Monaten das Königthum niederlege. L. ließ um Erstreckung dieses Termins nachsuchen, legte aber, noch ehe die hiermit betrauten Boten an die Kurie kamen, in Nürnberg am 18. December gegen das „leidenschaftliche und gehässige“ Vorgehen des Papstes Protest ein und drang auf die Einberufung eines allgemeinen Concils. Griff der Papst auf das weltliche Gebiet über, so bemächtigte sich auch L. zu seiner Vertheidigung einer rein kirchlichen Frage: beeinflußt durch den weltlichen Clerus seiner Umgebung, in erster Reihe wahrscheinlich den Bischof Emicho von Speier, warf er dem Papste vor, daß er die Minoriten in ihrem Streite mit der Weltgeistlichkeit über die Ausübung der Seelsorge begünstige. Am 23. März 1324 sprach Johann die Excommunication über L. aus. Dieser antwortete durch eine zweite, am 22. April zu Sachsenhausen erlassene Appellation, worin er in heftigem Tone gegen den Papst die wohlbegründeten Anklagen erhob, er sei der deutschen Nation feindlich gesinnt, stifte Unfrieden und maße sich die Rechte der Reichsfürsten an. Ein aus dem Minoritenorden ausgestoßener Speierer Spirituale, Franz v. Lautern, der den Bischof und das Domcapitel von Speier in ihrem Kampfe gegen den dortigen Minoritenconvent unterstützte, eine Zeit lang zu den Benedictinern übergetreten war, aber auch mit diesen sich nicht vertragen konnte, hatte wahrscheinlich schon auf die Fassung der Nürnberger Appellation eingewirkt und scheint nun durchgesetzt zu haben, daß der königliche Protonotar, Meister Ulrich der Wilde — wie L. später behauptete: ohne sein Wissen und Wollen — in der Appellationsschrift auch eine im Sinne des Minoritenordens abgefaßte dogmatische Erörterung über die Armuth Christi aufnahm. Gegen den Papst erhob die Appellationsschrift wegen seines abweichenden Standpunktes in dieser Frage und wegen anderer Dinge die Klage auf Ketzerei. Wieder ward der Spruch eines allgemeinen Concils angerufen, zu dessen Versammlung es jedoch nie gekommen ist.

    Im Widerspruche mit früheren päpstlichen Erklärungen hatte Papst Johann die Anschauungen der Minoriten, daß Christus und die Apostel kein Eigenthum besessen hätten und daß ihr Orden diesem Beispiele nachfolgen müsse, als häretisch verdammt. Schon länger mit den extremen Gruppen der Minoriten, den Spiritualen und Fraticellen, verfeindet, drängte er hierdurch auch die herrschende Partei der Minoriten, des zahlreichsten und populärsten Ordens, allmählich in die Opposition. Bald gestaltete sich Ludwigs Hoflager zum Sammelpunkt aller gelehrten Gegner des Papstes. Hier erschienen der Genueser Ubertino di Casale und andere unzufriedene Minoriten; hier auch, wahrscheinlich im Sommer 1326, mit ihrem eben vollendeten großen Werke, dem Dofensor pacis, die Pariser Professoren Marsiglio von Padua und Johann von Jandun. L. war um so|eher geneigt, gelehrte Bundesgenossen im Kampfe gegen die Kurie mit offenen Armen aufzunehmen, je weniger er bei seiner ausschließlich ritterlichen Erziehung auf eigenes Wissen und eigenes Urtheil in kirchenrechtlichen und historisch-politischen Fragen sich verlassen konnte. Der radicalste unter seinen gelehrten Berathern war Marsiglio, der staatsrechtlich nach antikem Muster das Volk als die Quelle aller öffentlichen Gewalt erklärte und in kirchlicher Beziehung nichts geringeres forderte, als Abschaffung des päpstlichen Primates, der Hierarchie und aller weltlichen Gewalt des Priesterthums. Begünstigt durch den lenksamen Charakter ihres Schutzherrn und ein Zusammentreffen von Umständen, vermochten die fremden Räthe trotz einigen Widerstrebens in einheimischen Kreisen ihre vorgeschrittenen Ideen bei L. zur Geltung zu bringen und ihn in Italien zu einer revolutionären Politik hinzureißen, welche die übelsten Früchte trug und ihm insbesondere die conservativen Autoritäten im Reiche auf lange entfremdete.

    Seit dem Herbste 1324 hatte L. die oberitalienischen Gibellinen auf sein Erscheinen vertröstet und durch ein eventuelles Bündniß mit dem sicilischen Hos sich die Wege geebnet. In dem Augenblick, da durch Herzog Leopolds Tod und seine Sühne mit Friedrich seine Stellung in Deutschland einigermaßen gesichert war, traf ihn durch Vermittelung eines Minoriten eine neue Aufforderung der Gibellinen, über die Alpen zu ziehen und nun beschloß er, ihr Folge zu leisten, die deutsche Herrschaft in Italien aufzufrischen und zu befestigen und sich selbst die Kaiserkrone zu holen. Keinem der deutschen Herrscher sind diese Ziele höher gestanden, keinen hat der Süden mächtiger gereizt als ihn. „Lieber den Tod“, schrieb er an seinen Schwiegervater, „als daß ich das durch so viel deutsches Blut erworbene Weltreich in fremde und räuberische Hände kommen ließe“. Und in der That lag die praktische Frage damals nicht darin, ob das Kaiserthum fortbestehen oder aufhören, sondern nur darin, welche Nation es besitzen solle, wie ja auch litterarisch erst damals, erst zu einer Zeit, da die Wurzeln kaiserlicher Macht bereits untergraben waren, in Dante's Monarchie die glänzendste Verherrlichung des Kaiserthums aufgetreten ist. Es läßt sich nicht nachweisen, daß L. dieses Buch kannte; aber er lebte in ähnlichen Ideen, wie sie dort ausgesprochen waren; in seiner Umgebung, wahrscheinlich auf seinen Wunsch verfaßte Marsiglio seine Schrift von der Uebertragung des römischen Kaiserthums, worin der Anspruch des Papstes auf Suprematie bekämpft wird.

    Von der Innsbrucker Versammlung weg begab sich L. zu einer Zusammenkunft mit den oberitalienischen Gibellinen nach Trient und da diese die Lage im rosigsten Lichte schilderten und ungestüm auf seinen Einzug drängten, brach er, wiewol ganz ungenügend gerüstet, gleich von Trient aus im März 1327 nach der Lombardei auf. Wie im Triumph durchzog er das Land, empfing in Mailand aus den Händen excommunicirter Bischöfe die eiserne Krone und setzte, nachdem Galeazzo Visconti auf die Beschwerden der Mailänder zur Haft gebracht war, den Grafen Wilhelm von Montsort in Mailand als Reichsverweser ein. Daß er sich für die radicale Bahn, die er dann in Rom betreten, immerhin nicht leicht entschlossen hat, sieht man aus der Nachricht, daß er trotz allem, was vorgefallen, nach der Mailänder Krönung den Papst Johann noch wiederholt, natürlich fruchtlos, um die Kaiserkrönung ersuchte. Und doch hatte ihm dieser, gegen den in Trient Ludwigs theologische Begleiter als gegen einen Ketzer predigten, mittlerweile (3. April) alle Kirchen- und Reichslehen, insbesondere das Herzogthum Baiern abgesprochen. Am 22. October verkündete er auch Ludwigs Absetzung von der Pfalzgrafschaft und der Kurwürde, ja die Einziehung aller seiner beweglichen und unbeweglichen Güter. In seinem Munde führte L. statt aller Titel fortan nur den Beinamen: der Baier, der ihm geblieben ist, ohne daß man an den Ursprung des Wortes denkt.

    Im Laufe der nächsten Monate trafen bei L. auf seine Aufforderung so starke Zuzüge aus Deutschland ein, daß sein Heer auf 4000—5000 Ritter gebracht und eine stattliche Romfahrt ermöglicht wurde. Er eroberte Pisa und zog am 7. Januar 1328 in Rom ein, wo ihn die demokratische Partei mit Jubel empfing. Durch deren Führer, Sciarra Colonna, als den Vertreter des römischen Volkes, ließ er sich zum Staunen der Welt und zum Entsetzen aller streng kirchlich und conservativ Gesinnten am 17. Januar in der Peterskirche die Kaiserkrone auffetzen. Während Papst Johann gegen ihn das Kreuz predigte und immer neue Verurtheilungen schleuderte, ließ er in einer Volksversammlung auf dem Capitol dessen Abfetzung erklären und nach Erlaß eines Gesetzes, wonach der Papst nur in Rom wohnen und ohne Erlaubniß der Römer nicht über zwei Tagereisen von der Stadt sich entfernen dürfe, durch dasselbe Volk einen neuen Papst wählen. Es war ein Minorit, der den Namen Nicolaus V. annahm und um den sich allmählich die Anfänge, aber auch nur diese, einer neuen kaiserlich gesinnten Hierarchie bildeten. Gegen die neapolitanischen Streitkräfte rückte L. erst im Juli, wie von mehr als einer Seite geurtheilt wurde, nach Versäumung des günstigen Zeitpunktes ins Feld. Er eroberte einige Burgen, errang aber nichts Bedeutendes und kehrte bald nach der Stadt zurück. Seit dem Falle Pistojas, der seinen mächtigsten italienischen Bundesgenossen Castruccio zur Heimkehr veranlaßte, traf ihn Schlag auf Schlag: der König von Sicilien ward umsonst erwartet, zwischen Deutschen und Römern und in Ludwigs eigenem Heere zwischen Nord- und Süddeutschen brachen Streitigkeiten aus, am empfindlichsten wirkte die Geldnoth, die trotz der in Rom eingetriebenen Steuern auf die Dauer nicht fernzuhalten war. Am 4. August sah sich der Kaiser genöthigt, unter den Verwünschungen und Steinwürfen des Volkes, das er als Träger der Souveränetät anerkannt hatte, die Stadt zu räumen. Auf dem Marsche gegen Norden ließ er einen Sturm auf Bolsena ausführen, der abgeschlagen ward, und hatte in Corneto eine verspätete Zusammenkunft mit König Peter von Sicilien.

    In Pisa, wo L. dann fast ein halbes Jahr verweilte, stießen zu ihm die aus Avignon entflohenen Häupter des Minoritenordens, der General Michael von Cesena und die streitbaren Gelehrten Wilhelm von Occam und Bonagratia von Bergamo. Sie veranlaßten ihn, ein neues Absetzungsurtheil gegen Papst Johann zu proclamiren, nunmehr mit einer Begründung, wie sie dem Standpunkte der Minoriten entsprach. Zugleich verhängte der Gegenpapst über Johann und seine Anhänger den Kirchenbann. Auch auf den Gedanken eines allgemeinen Concils kam man damals zurück. Dasselbe ward nach Mailand berufen, trat jedoch nicht zusammen und wie dieser Plan, scheiterte fast alles, was L. in der letzten Zeit seines italienischen Aufenthaltes unternahm. Insbesondere blieb die im Mai 1329 begonnene Belagerung Mailands, wo Azzo Visconti sich empört hatte, ohne Erfolg. Mittlerweile aber wirkten Tod und Abfall zusammen, die Reihen der italienischen Bundesgenossen zu lichten.

    Während eines langen Aufenthaltes in Pavia vollzog L. die unvermeidliche Abfindung mit seinen pfälzischen Neffen, die schon 1326 unter Vermittelung der Habsburger geplant, damals aber nicht zu Stande gekommen war: der am 4. August 1329 mit zwei Söhnen und einem Enkel seines Bruders Rudolf geschlossene Hausvertrag räumte diesen die Pfalz und den später als Oberpfalz bezeichneten Theil des baierischen Nordgaues ein und entschied auf 448 Jahre über die Trennung der Pfalz von Baiern. Das Abkommen ward dadurch erleichtert, daß sich besonders einer der Neffen, Rudolf, schon seit einiger Zeit L. genähert, seinen Romzug mitgemacht hatte und das Jahr vorher von ihm sogar mit der Regierung Oberbaierns betraut worden war. Ludwigs letzte politische That in Italien war ein Bundesvertrag, den er am 11. Januar 1330 in|Trient mit Heinrich von Kärnten und Tirol gegen die Söhne Cans della Scala schloß. Ehe der gegen diesen Feind geplante Feldzug ausgeführt werden konnte, bestimmte die Nachricht vom Tode Friedrichs von Oesterreich (13. Jan. 1330) den Kaiser zur Rückkehr nach Deutschland.

    Die schwierigsten Verhältnisse erwarteten ihn hier. Wiewol er auch in kirchlichen Kreisen Freunde und Bundesgenossen hatte und besonders die Mehrzahl der Domcapitel, die ihr Wahlrecht durch den Papst beseitigt sahen, die Bettelorden der Minoriten und Augustiner-Eremiten und die beiden Ritterorden ihm wohlgesinnt waren, so konnte es nicht fehlen, daß die päpstlichen Processe an vielen Orten Befolgung fanden und das Interdict gewaltigen Eindruck machte. L. versuchte es dagegen anfangs mit Strenge; er befahl alle widerstrebenden Kleriker abzusetzen und ihre Güter einzuziehen. Anderseits sollte alle Welt in einer Fülle von Gunstbeweisen, die er dem Clerus und den Klöstern seiner baierischen Lande zuwandte, seine kirchliche Gesinnung erkennen. An der Stelle, wo er sein Baiern zuerst wieder betrat, gründete er das Kloster Ettal für Benedictinermönche und 13 invalide Ritter sammt deren Frauen; wie für den Bau der Klosterkirche der Gralstempel, scheint ihm für die letztere Einrichtung die Tafelrunde der Gralsritter als Muster vorgeschwebt zu haben. Indessen bot der Papst alles auf, die Wirksamkeit des gebannten Fürsten lahm zu legen und griff selbst in die Regierung des Reiches ein, indem er Belehnungen vornahm und Reichstage ausschrieb. Sein Verbot, die von L. angesagten zu besuchen, hinderte jedoch nicht, daß L. im Mai oder Juni 1330 die Fürsten auf einem Tage in Speier um sich versammeln konnte. Einen gefährlichen Bund, der sich unter päpstlicher Förderung gegen ihn gebildet hatte und der die Herzoge von Oesterreich, Heinrich den älteren von Niederbaiern, die Bischöfe von Straßburg, Basel und Constanz umfaßte, vermochte L. bald zu sprengen. Am 20. März 1330 trat sein Vetter Heinrich in Augsburg mit ihm in ein Bündniß; gegen Ende Mai kam Otto von Oesterreich mit ihm in Worms zusammen, wo auch der Böhmenkönig und dessen Bruder Balduin sich einfanden. Das wichtigste Ergebniß der Zusammenkunft war ein Versuch, L. mit der Curie auszusöhnen; aber wiewol sich dieser zu Reue- und Unterwerfungserklärungen und zum Widerruf aller seiner Schritte gegen Papst Johann verstand, erfolgte eine schroffe Abweisung. Der klägliche Ausgang der von L. aufgestellten Gegenhierarchie war längst entschieden, als sich im August 1330 ihr Haupt, der Gegenpapst Nicolaus V., mit einem Stricke um den Hals dem Papst Johann zu Füßen warf, und dieser Erfolg rief bei der Curie ein triumphirendes Siegesgefühl hervor. Die Aussöhnung Ludwigs mit Oesterreich wurde durch einen Streit um Colmar nochmals verzögert, kam aber, nachdem L. mit starker Macht in das Elsaß gezogen war, am 6. August zu Hagenau unter Vermittelung Johanns von Böhmen zu Stande. Das Jahr darauf gelang es L., das Werk der inneren Einigung durch einen Ausgleich mit der Stadt Regensburg und einen Landfrieden für Baiern und Ostschwaben weiter fortzusetzen.

    Für den Landfrieden in Oberdeutschland hat L. auch später unermüdlich und erfolgreich gewirkt, wobei er im Anschlusse an die Landfriedensbündnisse seinem zweiten Sohne Stephan in Schwaben eine feste Stellung zu gründen Verstand. Ueberhaupt gewährt der Blick auf seine Thätigkeit im Innern erfreulichere Bilder als die Betrachtung seiner äußeren Politik. Es zeugt von seiner Einsicht, daß er im Reiche wie in seinen Erblanden als Freund der Städte sich erwies und städtisches Wesen überall zu heben suchte. München insbesondere verdankte ihm einen neuen Aufschwung seines Salzhandels, ersprießliche baupolizeiliche Vorschriften und in dem jetzt sogenannten Altenhof mit dem berühmten vorspringenden Erker und der anstoßenden Lorenzkirche stattliche Neubauten. Hinsichtlich der Juden theilte L. die grausamen Rechtsanschauungen seiner Vorgänger im Reiche, wie er denn in einer seiner Urkunden aussprach, er dürfe mit ihrem Leib und Gut thun und schaffen, was ihm gutdünke. In der Praxis erwies er ihnen gleichwohl ein Wohlwollen wie wenige Fürsten des Mittelalters, geleitet wahrscheinlich nicht nur von der Sorge für eine ergiebige Finanzquelle, sondern auch von einsichtsvoller Verachtung des wüsten Pöbelgeschreis. In Würzburg. Ueberlingen, Elsaß schützte er die Juden bei ausgebrochenen Verfolgungen, in seiner eigenen Hauptstadt erstickte er (1346) die der Judenschaft durch eine Volksbewegung drohende Gefahr im Keime. Handel, Verkehr und Landwirthschaft dankten ihm manche glückliche Anordnung. Er erließ wiederholt Befehle gegen den immer noch nicht ausgerotteten Unfug der Grundruhr, d. i. des Strandrechtes, wies das Kloster Oberaltaich an, der Donau zur Sicherung der Anwohner ein neues Bett zu graben und fand Zeit, der Bewirthschaftung seiner eigenen Güter eine gewisse Aufmerksamkeit zu widmen. Am ruhmvollsten erscheint er als Gesetzgeber in seinen baierischen Landen. Ohne Mitwirkung der Landstände, die unter seiner Regierung überhaupt nicht mehr die frühere Rolle spielten, gab er seinen Landen, zum ersten Male seit dem alten Volksrechte, eine organische Gesetzgebung in dem Stadtrechtbuche (wahrscheinlich 1334) und dem Landrechte für Oberbaiern, das 1336 schon in Kraft stand, das er dann 1346 umarbeiten und durch seine Söhne publiciren ließ. Der territoriale Charakter dieser Gesetzgebung, die von der Einwirkung römischen Rechts nur schwache Spuren zeigt, sicherte ihr große Beliebtheit und ihr dankte Baiern, daß dort länger als anderwärts das einheimische Recht dem römischen Widerstand leistete. Auch den Gebrechen der Rechtspflege an den königl. Hosgerichten suchte er abzuhelfen, indem er diese 1342 anwies, nur nach den Reichsgesetzen und nach den deutschen Rechten, soweit sie niedergeschrieben waren, zu richten. Unter ihm zuerst hat die deutsche Sprache die lateinische als Ausdrucksmittel der königlichen Kanzlei in allen deutschen und weltlichen Angelegenheiten fast völlig verdrängt; indem er so der erste deutsche Herrscher war, von dem deutsche Urkunden in großer Menge ausgingen, hat er der baierischen Mundart einen entscheidenden Einfluß auf die spätere Ausbildung einer allgemeinen deutschen Schriftsprache verschafft. Für die Entwickelung des geistigen Lebens aber ist es nicht ohne Bedeutung geblieben, daß unter seinem Schutze Gelehrte, wie Marsiglio und Occam, ihre kühnen kirchenpolitischen, reformatorischen und staatsrechtlichen Schriften ausgehen lassen durften.

    Italien hatte L. nur mit dem Gedanken verlassen, bald dahin zurückzukehren; drei Mal setzte er schon während des J. 1330 einen Termin dafür an. Da kam ihm Johann von Böhmen zuvor, rückte über die Alpen, unterwarf sich viele Städte und Burgen und schloß mit einem päpstlichen Legaten (17. April 1331) zu Piumaccio einen Vertrag, wonach er einige italienische Herrschaften vom Papste zu Lehen zu nehmen und L. nicht mehr als König und Kaiser anzuerkennen versprach. Der ehrgeizige Lützelburger hat es sein Leben lang nicht vergessen, daß sein Vater die Kaiserkrone getragen und daß es nur an seinem jugendlichen Alter gelegen, wenn nicht er, sondern L. gegen Habsburg als Kandidat aufgestellt worden war. Schon 1323 hatte er am französischen Hofe Verhandlungen geführt, die ihm die Kaiserkrone verschaffen sollten. Seine Verstimmung gegen L. war gewachsen, seit dieser den ersten und wichtigsten Schritt zur Erwerbung der wittelsbachischen Hausmacht gewagt und seinen ältesten Sohn Ludwig (1324) mit der erledigten Mark Brandenburg belehnt hatte. Auf einem Reichstage zu Nürnberg im Frühjahr 1331 klagte jetzt L. bitter über Johann, ernannte Otto von Oesterreich für den Fall seiner Abwesenheit zu seinem Statthalter in Deutschland und brachte ein gegen Böhmen gerichtetes Bündniß zu Stande. König Johann ward hierdurch und durch den Einfall von Polen und|Ungarn in sein Land zur Rückkehr aus Italien veranlaßt. Er war noch nicht geneigt, die Dinge bis zum völligen Bruch mit dem Kaiser zu treiben und eine Zusammenkunst der beiden Herrscher auf einer Donauinsel bei Regensburg endete mit ihrer Aussöhnung und mit dem Beschlusse, bei der Curie einen neuen Aussöhnungsversuch zu machen, der jedoch wiederum scheiterte. Im December 1331 wurden in Frankfurt wichtige Berathungen zwischen L., Johann, Balduin und anderen Fürsten abgehalten und der mittlerweile wieder gefährdete Frieden zwischen L. und Johann befestigt. In Niederbaiern hatten L. und Johann eine Landestheilung zwischen den drei Herzogen, dadurch aber keinen dauerhaften Frieden vermittelt. Im Sommer 1332 kam es zum Kriege. Der Kaiser unterstützte Otto und Heinrich den jüngeren gegen Heinrich den älteren und belagerte Straubing, bis Erzbischof Balduin in Nürnberg den Frieden vermittelte.

    In Norddeutschland, zu dessen Besuche L. nie gekommen ist, hat er auch wenig eingegriffen, doch war sein königlicher Einfluß auch dort durch persönliche Verbindungen gedeckt und erweitert, da sein ältester Sohn, dem eine dänische Heirath Rückhalt bot, mit Brandenburg belehnt, seine Tochter Mechtild mit dem Markgrafen Friedrich von Meißen vermählt war. Durch ein Abkommen mit Otto von Braunschweig hatte er Brandenburg den Rückerwerb der Altmark gesichert, später die Stellung seines Sohnes durch eine Erbverbrüderung desselben mit den Wettinern in Meißen befestigt. Das Fürstenthum Rügen erklärte er 1327 von Trient aus ohne Rücksicht auf die dänischen Ansprüche für ein Reichslehen und belehnte damit seinen getreuen Berthold von Henneberg.

    Eine jener überraschenden Wandlungen, an denen Ludwigs Politik so reich ist, bezeichnete es, daß L. im November 1333 zu Rothenburg an der Tauber zu Gunsten Heinrichs des älteren von Niederbaiern auf das Reich verzichten zu wollen erklärte, sobald zwischen ihm und dem Papste eine Aussöhnung erzielt wäre. Ein Theil der Kurfürsten war für den Plan gewonnen, den Johann von Böhmen ausgeheckt und mit König Philipp von Frankreich besprochen hatte. L. sollte hiernach zum Verzicht auf die deutsche Krone bestimmt werden, diese an Niederbaiern, Arelat dafür an Frankreich fallen, König Philipp aber um diesen Preis Johanns Herrschaft in Oberitalien anerkennen. Indeß gewann bei L. bald eine andere Stimmung die Oberhand. Während ihn Heinrichs Voreiligkeit, der bereits von Reichsstädten die Huldigung verlangte, reizte, sah er sich zugleich in der Opposition gegen den Papst weniger isolirt, als dieser durch eine zweite dogmatische Neuerung neuen theologischen Widerspruch gegen sich hervorrief, der sogar von einer Spaltung im Cardinalscollegium begleitet war. L. ließ jetzt den Plan der Thronentsagung fallen, den er in einem Rundschreiben an die Städte geradezu ableugnete, und knüpfte durch einen Minoriten mit Napoleon Orsini, dem Führer der Johann widerstrebenden Cardinalspartei, Unterhandlungen an. Ehe diese jedoch zur Reife gediehen, trat mit dem Tode Papst Johanns (4. December 1334) und der Wahl Benedicts XII. an der Curie eine veränderte Constellation ein. Im Reiche hatte L. mittlerweile einen entschiedenen militärischen Mißerfolg erlitten, da er auf einem Feldzuge gegen den päpstlich gesinnten Bischof Nicolaus von Constanz dessen Feste Meersburg am Bodensee in langer Belagerung (Mai bis Ende August 1334) nicht bezwingen konnte.

    Mit dem neuen Papste nahm L. hoffnungsvoll die Unterhandlungen wieder auf. Benedict verlangte von ihm ein Bekenntniß der Reue über alle seine Schritte gegen die Kirche und zur Sühne dieser Vergehungen die Gelöbnisse eines Kreuzzuges, von Kirchen- und Klostergründungen, Almosen und Wallfahrten. Die theologischen Gegner Papst Johanns, die noch an Ludwigs Hofe weilten und unter seinem Schutze zum Theil eine eifrige litterarische Thätigkeit|entfalteten, sollte er, falls sie nicht mit ihm der Curie sich unterwürfen, ausrotten. Daß seine Kaiserkrönung als ungültig betrachtet und ihm eine neue auferlegt wurde, war demüthigend, indessen selbstverständlich; eine noch tiefere Demüthigung aber lag darin, daß er versprechen sollte, Rom noch am Krönungstage selbst zu verlassen. Alles, was frühere römische Könige der Curie gelobt, sollte er neuerdings beschwören, alle Urtheile gegen Robert von Neapel dagegen widerrufen, ja mit diesem Reichsfeinde ein Bündniß und einen Ländertausch eingehen, endlich geloben, den Kirchenstaat in dem vom Papste beanspruchten Umfange unangetastet zu lassen. So hart dies alles war, stellte doch L. seinen Gesandten Vollmachten dieses Inhalts aus. Schon erwartete man, daß die päpstliche Absolution ausgesprochen würde, aber im letzten Augenblick gelang es dem Einflusse des Königs von Frankreich, sie zu hintertreiben. Auch der Böhmenkönig und dessen niederbaierischer Schwiegersohn arbeiteten in Avignon, wie es scheint, in dieser Richtung. Heinrich der ältere von Niederbaiern war gegen den Kaiser erbittert, da dieser nach dem Tode Otto's von Niederbaiern aus Grund eines Vermächtnisses dieses Fürsten dessen Landesantheil besetzt hatte. Ebenso sah Johann von Böhmen durch den Kaiser seine Hoffnung auf ein reiches Erbe durchkreuzt. Nach dem Tode Heinrichs von Kärnten-Tirol forderte er, daß dessen Länder an seinen Sohn Johann Heinrich fielen, der mit der Tochter des verstorbenen Fürsten vermählt war. L. aber mochte den Lützelburgern eine Landerwerbung nicht gönnen, die zur Folge gehabt hätte, daß ihre Macht Baiern im Nordosten und Süden umklammerte. Da er Heinrichs Lande als Reichslehen betrachtete, hatte er schon im November 1330 ein Abkommen über ihre Theilung mit den Habsburgern getroffen und einigte sich jetzt in Linz mit diesen dahin, daß sie Kärnten und Südtirol, seine Söhne dagegen Nordtirol erhalten sollten. Hatte der Böhmenkönig bisher L. gegenüber immer wieder eingelenkt, so fand er jetzt den Kelch der Kränkungen gefüllt bis zum Ueberlaufen. Während sein Sohn, Markgraf Karl von Mähren, den Wittelsbachern zuvorkommend, sich in Tirol festsetzte, griff er selbst im Februar 1336 die österreichischen Herzoge an. Im Juli rückte auch L. an der Spitze eines der stärksten Heere, die er je befehligt hatte, ins Feld. Er vollzog seine Verbindung mit Otto von Oesterreich und lagerte mit diesem bei Landau an der Isar den Böhmen und Niederbaiern gegenüber. Ein Versuch Karls von Mähren, von Tirol aus ebenfalls dahin durchzudringen, ward durch den Widerstand Ludwig des Brandenburgers bei Kufstein vereitelt. Bei Landau aber kam es nicht zum Schlagen, zu Anfang September brach der Kaiser sein Lager ab und rückte über Passau nach Linz, um in Böhmen einzufallen. Dorthin zog sich zum Schirme seines Landes auch Johann zurück. Da aber der Kaiser, um doch auch einen Vortheil davonzutragen, von den Habsburgern, die Kärnten ohne Schwierigkeit in ihren Besitz gebracht hatten, die Abtretung von vier Burgen im Donau- und Ennsthale begehrte und die Herzoge dieses Ansinnen entschieden zurückwiesen, trat eine Verstimmung zwischen den Verbündeten ein, die den Kaiser zum Rückzuge bestimmte, anderseits eine Annäherung Johanns an die Oesterreicher erleichterte: am 9. October kam zu Enns ein Bündniß zwischen diesen Mächten zu Stande. Während so L. ohne Nutzen mit allen Mächten im Osten sich überworfen hatte, mußte er nach der Rückkehr seiner Gesandten von Avignon auch seinen Aussöhnungsversuch bei Papst Benedict definitiv als gescheitert betrachten.

    Unter dem Eindrucke dieses doppelten Mißlingens näherte er sich Frankreich und ließ durch seinen Schwager Wilhelm von Jülich in Paris geloben, daß er dem König Philipp nie zu Schaden handeln wolle. In Verbindung damit ward ein neuer Versuch bei der Curie unternommen. Doch König Philipp wie der Papst zweifelten an Ludwigs Aufrichtigkeit und bald erkannte dieser, daß auch sein Entgegenkommen gegen Frankreich ihn dem Ziele seiner Wünsche nicht|näher brachte. Eine vollständige Schwenkung in seiner Politik trat jetzt ein, König Eduard III. von England, der mit einer Schwester der Kaiserin vermählt war, erhob Ansprüche auf den französischen Thron und drohte Frankreich den Krieg. Durch englisches Gold gewonnen, hatten sich ihm mehrere deutsche Herren bereits verbündet und am 23. Juli 1337 schloß auch L. mit englischen Bevollmächtigten einen Vertrag, worin er sich verpflichtete, gegen eine Anweisung von 300 000 Goldgulden binnen zweier Monate 2000 Helme zu stellen. Er sprach die Absicht aus, zurückzuerobern, was die französischen Könige dem Reiche abgedrungen, und rüstete mit Macht gegen Frankreich. Immerhin brach er die Unterhandlungen mit diesem, die auch König Eduard noch längere Zeit fortsetzte, noch nicht so bald ab, faßte auch dazwischen, im Winter 1337 aus 38, wieder einmal einen italienischen Feldzug ins Auge. In den Kreisen der Reichsstände vollzog sich mittlerweile für ihn die günstigste Wendung. Nachdem er nämlich mit den Bischöfen des Reichs in Speier getagt und sie durch seine Erklärungen über den Kirchenstreit zufrieden gestellt hatte, legten diese ebenso wie die Reichsstädte, bei der Curie Fürbitten für ihn ein. Sie wurden ungnädig abgewiesen und nun traten, auf Versammlungen zu Lahnstein und Rense, die Kurfürsten zum ersten Male für ihren bedrängten Kaiser ein, indem sie die Erklärung erließen, nach Recht und Herkommen berechtige die Wahl, auch wenn sie nur von einer Mehrheit ausgegangen sei, den Gewählten, auch ohne Zustimmung und Bestätigung des Papstes, ohne weiteres zur Verwaltung des Imperiums (15. und 16. Juli 1338). Auf einem Reichstage zu Frankfurt berichtete L. den Ständen über seine Unterhandlungen mit der Curie und erließ Gesetze, worin die Ansprüche des Papstthums zurückgewiesen und die Rechte des von den Kurfürsten Gewählten festgesetzt wurden. Am 31. August traf L. in Koblenz mit König Eduard zusammen. In feierlicher Gerichtsversammlung sprach er dem Engländer das französische Königreich zu, zugleich ernannte er ihn zum Reichsverweser in Deutschland und empfing dafür seine Huldigung.

    Eine Reihe von glücklichen Folgen knüpfte sich an die Ereignisse dieses Sommers. Nicht nur, daß sich die Lage im Innern besserte, daß fast aller Orten im Reiche der Gottesdienst wieder aufgenommen und die päpstlichen Urtheile nicht weiter beachtet wurden, auch Ludwigs Verhältniß zu den Nachbarn gestaltete sich günstiger als je. Wol nahmen am Rheine die Bischöfe von Straßburg und Basel noch eine so entschiedene Oppositionsstellung ein, daß sie L. im Sommer 1339 durch seinen Sohn Stephan und den Pfalzgrafen Rudolf bekriegen ließ, aber Niederbaiern und Böhmen versöhnten sich mit ihm, wie Habsburg schon vorher gethan hatte. Durch ein Angriffsbündniß Ludwigs mit den Oesterreichern bedroht, schloß Heinrich von Niederbaiern am 16. Februar 1339 in Ingolstadt mit L. Frieden und vermählte seinen einzigen Sohn Johann mit des Kaisers Tochter Anna. Auf Grund dieses Ehebündnisses fiel dann Niederbaiern, als Herzog Heinrich und sein Sohn bald nach einander starben (der letztere am 20. December 1340), an den Kaiser, der das neuerworbene Land im Januar 1341 bereifte und, soviel an ihm lag, Sorge trug, daß Ober- und Niederbaiern fortan ungetheilt bleiben sollten. Auch ein Theil der pfälzischen Lande kam bald darauf unter Ludwigs Verwaltung, da Kurfürst Rudolf, von Schulden bedrängt, diesem am 2. Juli 1341 zu Frankfurt sein Territorium übergab. Johann von Böhmen hatte in Frankfurt am 20. März 1339 seinen Frieden mit L. geschlossen, freilich unter Bedingungen, die für ihn günstiger waren als für den Gegner. Erst jetzt ließ er sich von L. belehnen, dafür blieb Tirol seinem Hause, auch verzichtete er nicht auf sein französisches Bündniß. Mit Habsburg befestigte der Kaiser auf einer Zusammenkunft mit Herzog Albrecht zu Reichenhall im Mai 1339 alte Bande aufs neue; dieser Bund|behauptete sich, so lange die beiden Fürsten lebten, und gewährte L. eine unschätzbare Stütze. Dagegen war es wohl Ludwigs Schuld, wenn die an das englische Bündniß und den Aufschwung von Koblenz geknüpften Hoffnungen sich in keiner Weise erfüllten. Als König Eduard im Sommer 1339 den Feldzug gegen Frankreich eröffnete, stieß zwar Ludwig der Brandenburger zu ihm, der Kaiser aber ward umsonst erwartet und seine Hülfstruppen, wenn er überhaupt solche stellte, blieben jedenfalls weit hinter seinem Versprechen zurück. Bei der lebhaften Kriegsstimmung gegen Frankreich ward sein Versagen im Reiche auf's ungünstigste beurtheilt. Aber es blieb nicht bei der Unthätigkeit gegen den französischen Nachbarn. Als König Philipp nach seiner Niederlage bei Sluys dem Kaiser Entgegenkommen zeigte, ließ sich dieser für ein französisches Bündniß gewinnen, das am 24. Januar 1341 in Vilshofen beurkundet wurde, und widerrief auf einem Reichstage zu Frankfurt im Juli des englischen Königs Reichsvicariat. Entscheidend war auch für diese Wendung Ludwigs der Gedanke, der seine hohe Politik seit Jahren an erster Stelle beherrschte: die Aussöhnung mit der Curie. Doch da eben damals eine Spannung zwischen den alten Freunden, den Höfen von Paris und Avignon, eingetreten war, hatte L. sein Mittel zur Unzeit angewendet.

    In den Kreisen der deutschen Fürsten waren die letzten Jahre über immer wieder Pläne einer neuen Königswahl aufgetaucht, ohne daß einer derselben für L. drohende Bedeutung gewonnen hätte. Nun aber ward von L. selbst eine große Gefahr, das letzte und tödtliche Zerwürfniß mit den Lützelburgern heraufbeschworen, als sich seinem Hause unvermuthet die zwei Mal zerronnene Aussicht auf Tirol nochmals eröffnete. Der Lützelburger Johann Heinrich hatte zugleich mit der Erbitterung der Tiroler Landherren den leidenschaftlichen Widerwillen seiner Gemahlin Margarethe Maultasche auf sich geladen. Eine erste Verschwörung gegen ihn war gescheitert, eine zweite im November 1341 hatte um so besseren Erfolg und vertrieb ihn aus dem Lande. Daß L. um den Plan der Verschworenen wußte, ist möglich, jedoch nicht zu erweisen. In München beredeten nun Vertreter des Tiroler Adels mit ihm, daß sein ältester Sohn, der verwittwete Markgraf Ludwig der Brandenburger, mit der Hand Margarethens, die ihn zum Gemahl wünschte, Tirol erhalten sollte. Als alter Bestandtheil und natürliche Ergänzung der baierischen Lande, die er schon einmal fast in Händen gehabt, als die Brücke zu Italien, wohin sein Herz zu verlangen nicht aufhörte, hatte Tirol für den Kaiser einen Werth, der es begreiflich macht, wenn er dieses Gewinns halber über viele Rücksichten sich hinwegsetzte. Ludwig der Brandenburger widerstrebte zuerst, gab aber dann dem Drängen des Vaters nach und am 10. Februar 1342 ward auf Schloß Tirol seine Vermählung mit Margarethe gefeiert. Deren erste Ehe ward als Scheinehe und darum als nichtig betrachtet, nach dem Rathe Occams, der, ebenso wie Marsiglio dem Kaiser ein Gutachten über die Frage ausgearbeitet hatte, wie das in dieser Ehe liegende gewichtige Hinderniß beseitigt werden könnte. Ludwigs Vorgehen erregte gewaltigen Anstoß. Unter seinem Eindruck standen die Kurfürsten, als sie sich im Juni 1343 in Rense zu Berathungen versammelten, deren Eröffnung dem Kaiser sicherlich nichts Gutes verhieß. Unerwartet erschien dieser selbst in Mitte der Versammlung und nochmals gelang es seiner natürlichen Beredsamkeit und Gewandtheit, die Aufregung einigermaßen zu beschwichtigen. Als er dann im Januar 1344 bei Unterhandlungen, die er von Cham aus mit dem in Tauß weilenden Karl von Mähren führte, dem Lützelburger die Abtretung der Lausitz und andere Vortheile zur Entschädigung bot, fehlte nicht viel, daß er auch diesen Gegner umstimmte; schon stand der Ausgleich nahe, als eine Botschaft seines Vaters Karl bewog, die Unterhandlungen abzubrechen und nach Avignon zu|gehen, wo König Johann mit dem Papste Clemens VI. ein Bündniß gegen L. geschlossen hatte.

    Von diesem neuen Oberhaupte der Kirche, dem früheren Erzieher Karls, konnte L. nichts Gutes erwarten. Nachdem er sich durch entschiedeneres Auftreten, das er ihm gegenüber anfangs versucht, nur einen neuen Proceß zugezogen hatte, entschloß er sich bald, zur früheren Nachgiebigkeit zurückzukehren und nahm unter eidlicher Bekräftigung die 28 Artikel an, die ihm Clemens VI. vorlegen ließ und die gegenüber den Bedingungen von 1335 noch einige Verschärfungen aufwiesen. Der Nachlaß, um den er in einigen wichtigen Punkten durch eine im Spätherbst 1343 nach Avignon abgeordnete Gesandtschaft nachsuchte, ward ihm um so weniger gewährt, als der Papst bereits seine Augen auf Karl als neuen römischen König geworfen hatte. Vergebens hatte L. in seinen baierischen Landen Fasten und Bittgänge angeordnet, um Gott inbrünstig um einen guten Ausgang der Verhandlungen zu bitten. Die Bedingungen des Papstes hatte er den Ständen des Reichs mitgetheilt, die darüber zu Köln und Frankfurt beriethen. Fürsten wie Städte, mit noch größerer Entschiedenheit die letzteren, erklärten sich dagegen. Nun aber erschienen die Lützelburger, Vater und Sohn, in Deutschland, warben persönlich gegen L. und erhoben gegen ihn auf einer zu Bacharach Mitte September gehaltenen Versammlung stürmische Klagen. Ludwigs Plan ging damals dahin, an seiner Statt seinen ältesten Sohn zum König wählen zu lassen, aber die Mißstimmung der Fürsten machte die Ausführung unmöglich. Auch alte Anhänger Ludwigs, wie Balduin von Trier, sein Schwiegersohn Friedrich von Meißen, sein Neffe Ruprecht von der Pfalz, fielen in diesen Tagen von ihm ab. Anderseits konnte doch die lützelburgische Partei die Neuwahl, die sie plante, jetzt noch nicht durchsetzen; L. trieb mit starker Heeresmacht seine Gegner auseinander. Bald sahen sich die Lützelburger im Osten durch einen mächtigen Bund von Feinden bedrängt, dessen Urheber wohl L. war. Besonders eng schloß sich damals an den Kaiser der junge König Ludwig von Ungarn an; er plante eine wittelsbachische Heirath für seinen Bruder Stephan. Johann war eine Zeit lang in arger Klemme und knüpfte mit L. Unterhandlungen an, die diesmal nur am Widerstreben seiner Söhne scheiterten. Mittlerweile war L. nochmals ein reicher Landgewinn zugefallen: nach dem Tode des kinderlosen Grafen Wilhelm IV. von Holland konnte er (15. Januar 1346) zu Nürnberg seine Gemahlin, des Verstorbenen Schwester, mit Holland, Seeland und der Herrschaft Friesland belehnen. Als Erben dieses Besitzes ersah er seinen vierten Sohn Wilhelm und eventuell den fünften, Albrecht.

    Bei der Curie hatte L. durch alle Demüthigungen und trotz der Empfehlungen mancher Fürsten nichts erreicht. Zu Ostern 1345 ging seine letzte Gesandtschaft nach Avignon. Der Papst tadelte seine Unbeständigkeit und steigerte seine Verurtheilungen auf das äußerste in den entsetzlichen Flüchen, die er in alttestamentarischem Stile am 13. April 1346 über L. aussprach. Auf seinen Betrieb erfolgte auch am 11. Juli 1346 die Wahl Karls von Mähren zum römischen König. Fünf Wähler waren dazu mit Mühe zusammengebracht worden, die Nation aber, unbeirrt durch die päpstliche Verfluchung, stand in so überwiegender Mehrheit zu L., daß Karl anfangs gar keinen Versuch wagte, in Deutschland Fuß zu fassen, sondern gleich von der Wahl weg nach Frankreich ging. L. hatte im Frühjahr 1346 Schwaben besucht, sich dort einiger adelicher Bundesgenossen versichert und von den Reichsstädten, besonders dem rheinischen Städtebunde Hülfsversprechen erlangt. Anfangs Juni ging er nach Tirol und wollte in Trient mit dem König von Ungarn und dem Herrn von Verona über einen neuen italienischen Zug berathen, doch ward die Zusammenkunft vereitelt. Als in Bozen römische, mailändische und veronesische Gesandte bei ihm nochmals auf die Aufstellung eines neuen Gegenpapstes drangen, schien er trotz dem|üblen Ausgange des ersten Versuches nicht abgeneigt, ihrem Wunsche zu willfahren. Im August berieth er in Frankfurt mit den Reichsständen, in Speier mit den Städten. Im Januar 1347 besuchte er den erprobten Freund, Herzog Albrecht in Wien. Mit dem König von England wurden jetzt die Unterhandlungen wieder aufgenommen, in Deutschland aber mit Eifer und Erfolg gerüstet. Einen Versuch Karls, Tirol wieder zu gewinnen, vereitelte der rasch herbeigeeilte Markgraf Ludwig, dem sein Vater auf dem Fuße folgte, mit blutigen Schlägen. Und wie in Tirol blieben die wittelsbachisch Gesinnten auch bei den ersten Waffengängen in Schwaben und am Mittelrhein Sieger; besonders in Schwaben errang Ludwigs Sohn Stephan große Erfolge. Im October 1347, da Karl in Böhmen an der Spitze eines Heeres gegen Baiern sich in Bewegung setzte, schien der Entscheidungskampf zu nahen; da raffte L. am 11. October unerwartet der Tod hinweg. Er hatte sich des Morgens unwohl gefühlt und war, von der frischen Herbstluft Besserung hoffend, von München auf die Bärenjagd ausgeritten. In der Nähe des Klosters Fürstenfeld, beim Dorfe Puch, sank er, wahrscheinlich vom Schlage gerührt, plötzlich vom Pferde und verschied gleich darauf in den Armen seiner Begleiter. Seine letzten Worte waren ein Anruf an die Mutter Jesu, der zu Ehren er Ettal gestiftet: „Süße Künigin, unser Fraue, bis bei meiner Schidung!“ Die Todesstätte, die ein unbedeutendes neueres Denkmal bezeichnet, heißt seitdem der Kaiseranger. Später traten Vergiftungsgerüchte auf, ohne daß man ihnen Bedeutung beilegen dürfte; sie knüpfen meist an die Thatsache an, daß L. am Tage vor seinem Tode den Besuch der aus den vorderen habsburgischen Landen nach Wien zurückreisenden Herzogin Johanna von Oesterreich empfing und noch fröhlich mit ihr tafelte. L. hatte sich übrigens auf den Rath Peters von Mainz angewöhnt, als Mittel gegen Vergiftung nüchtern jeden Tag eine Arznei zu nehmen. Er hatte deren zweierlei, mit denen er Tag um Tag wechselte und die anfangs ihr Erfinder, der königl. Leibarzt Johann von Göttingen, später L. selbst sich bereitete. Nur dieser Vorsicht schrieb es Johann von Göttingen zu, daß der Kaiser aus Italien, wo er ja gewaltige Mengen von Gift verschluckt habe, heil zurückgekehrt sei. In der Frauenpfarrkirche zu München, an der Seite seiner ersten Gemahlin Beatrix, ward Ludwigs Leiche zur Ruhe bestattet.

    Beatrix, eine geborene Herzogin von Schlesien, war einige Wochen vor der Mühldorfer Schlacht gestorben. Am 25. Februar 1324 hatte L. dann in Köln Margarethe von Holland als seine zweite Gattin heimgeführt. Ein voller Kreis blühender Kinder, sieben Söhne, von denen der jüngste erst nach des Vaters Tode das Licht der Welt erblickte, und 10 Töchter waren diesen beiden glücklichen Ehen erwachsen.

    Als Ludwig der Brandenburger 1359 vom Kirchenbanne losgesprochen ward, regte er auch die Absolution seines verstorbenen Vaters an, ohne jedoch, wie es scheint, mit seinem Begehren durchzudringen. Wenigstens erklärte der Diöcesanbischof Paul von Freising, an den er sich deshalb wandte, zu einer solchen Maßregel nicht ermächtigt zu sein und rieth, zu diesem Zwecke eine besondere Gesandtschaft an die Curie abzuordnen; ja es wird berichtet, daß der Bischof die an geweihter Stelle ruhende Leiche des Kaisers damals ausgraben lassen wollte und nur durch den Markgrafen daran verhindert wurde. Schließlich indessen ward Ludwigs Lossprechung vom Banne durch einen seiner Nachkommen, wie es scheint, erwirkt; Zeit und Umstände dieses Ereignisses aber bedürfen noch der Aufklärung.

    Der in der Münchener Frauenkirche befindliche Grabstein des Kaisers, der ihn in vollem Ornate sitzend zeigt, wurde unter Herzog Albrecht III. 1438 durch Meister Hans den Steinmeißel gemeißelt. Das schöne Erz- und Marmordenkmal, das über ihm sich erhebt, brachte 1622 Kurfürst Max I., dessen Vorgänger Albrecht V. und Wilhelm V. bereits den Plan gehegt hatten, zur Ausführung, derselbe Fürst, der trotz seiner glühenden kirchlichen Gesinnung eifrig bemüht war, das Andenken seines kaiserlichen Ahnen auch durch die Geschichtschreibung ehren zu lassen.

    Urkunden: Böhmer, Regesten Kaiser Ludwigs, dazu drei Additamenta, das letzte von Ficker bearbeitet; Ergänzungen zu Ludwigs Itinerar von Häutle, Forschungen f. d. Gesch., XIII; Böhmer-Ficker, Acta imp. selecta, S. 481 bis 561, 716 ff., 800 ff.; Filter, Urk. z. Geschichte des Römerzuges Ludwigs; Münchener Urkunden von Riezler, Forschungen, XX; vatikanische Urkunden in v. Löher's Archiv. Zeitschrift, V, VI und bei Preger (s. unten). Eine weitere Publication vatikanischen Materials steht bevor. —

    • Literatur

      Untersuchungen und Darstellungen: Eine gleichzeitige Biographie, die Vita Ludovici IV. imp., wahrscheinlich von e. baier. Augustinerchorherrn verfaßt, ist Veröffentlicht bei Böhmer, Fontes, I. Gewold, Defensio Ludovici; Herwart, Ludovious IV, imp. defensus (wirklicher Verfasser ist der Jesuit Keller); Nic. Burgundus, Ludov. Bavarus; Baumann, Voluntar. imperii consortium inter Lud. et Frid.; Wideburg, Examen consortii imp. inter Lud. et Frid.; Lipowsky, Hist. Prüfung der Frage, ob Ludwig mit Friedrich gemeinschaftlich geherrscht habe; Olenschlager, Erläuterte Staatsgeschichte; Lang, Beytrag z. Geschichte Ludwigs des Baiern aus der Gesch. der Grafen von Oetting. Durch eine Preisaufgabe der Münchener Akademie wurden hervorgerufen die Biographien Ludwigs von Sterr (1812), Mannert (1812), Zirngiebl (1814), 1822 erschien eine von Schlett. Kopp, Geschichte der Eidgenössischen Bünde, IV, 2. In der 1882 aus dem Nachlasse Kopp's und Lütolf's herausgegebenen Fortsetzung bis 1334 sind die Editionen und Forschungen der letzten acht Jahre nicht berücksichtigt. S. ferner H. Holland, Ludwig der Baier und sein Stift zu Ettal; Pfannenschmid, Ueber die Vorlage der Wahldekrete Ludwigs und Friedrichs und über die Schlacht bei Mühldorf, Forschungen, I, III, IV; Fr. Weber, Ludwig der Baier in der Lombardei; v. Weech. Kaiser Ludwig der Baier und König Johann von Böhmen; Höfler, Aus Avignon; Als. Huber, Geschichte der Vereinigung Tirols mit Oesterreich; Pauli, Die Beziehungen König Eduards III. von England zu Kaiser Ludwig in den Jahren 1338 und 1339, Quellen u. Erörterungen, VII, 413 ff.; Derselbe, Kaiser Ludwig IV. u. König Eduard III. v. England (Bilder aus Altengland, S. 118 ff.); v. Weech, K. Ludwig u. Papst Clemens VII, Hist. Zeitschrift, XII. 315 ff.; Riezler, Kaiser Ludwig d. Baier, Meister Ulrich d. Wilde u. Meister Ulrich d. Hofmaier v. Augsburg, Forschungen, XIV; Derselbe, Die literarischen Widersacher der Päpste zur Zeit K. Ludwig des Baiern; Stegmann, Vereinigung Kärntens mit Oesterreich; Marcour, Antheil der Minoriten am Kampfe zw. Ludwig u. Papst Johann bis 1328; Döbner, Auseinandersetzung zw. Ludwig u. Friedrich v. Oesterreich 1325; Friedensburg, Ludwig d. Baier u. Friedrich v. Oesterreich vom Vertrage zu Trausnitz bis zur Zusammenkunft in Innsbruck; Heidemann. Peter v. Aspelt; Schötter, Johann v. Luxemburg; Dominicus, Baldewin v. Lützelburg; Frhr. v. d. Pfordten, Studien zu K. Ludwigs oberbayerischem Stadt- und Landrechte; Rockinger, Zur äußeren Geschichte von K. Ludwigs oberbayer. Stadt- und Landrecht, Oberbayer. Archiv, XXIII, und Vorarbeiten zur Textesausgabe des Landrechtes, Abhandlungen der Münchener Akademie, III. Cl. 1868; v. Döllinger, Akadem. Rede über Ludwig d. B., Allg. Ztg., 1875, Beil. Nr. 212, 213; Preger, Der kirchenpolitische Kampf unter Ludwig d. B. u. sein Einstich auf die öffentliche Meinung in Deutschland; Derselbe, Beiträge u.|Erörterungen z. Gesch. d. Deutschen Reichs in den Jahren 1330—34; Karl Müller, Kampf Ludwig des Baiern mit der Curie, 2 Bde.; Höfler, Die romanische Welt und ihr Verhältniß zu den Reformideen des Mitteilliters; Preger, Ueber die Anfänge des kirchenpolitischen Kampfes unter Ludwig d. B., 1882; Derselbe, Die Verträge L. d. B. mit Friedrich d. Sch. 1325 u. 1326 (1883); Leupold, Berthold v. Buchegg, Bischof von Straßburg, 1882; Riezler, Geschichte Baierns, II, wo S. 339 u. 500 f. die Litteratur über die Schlacht bei Mühldorf (dazu neuestens Dobenecker, D. Schlacht bei Mühldorf. Mitth. d. Instituts f. österr. Gesch. 1883, 1. Ergänzungsbd.) und über Ludwigs Tod und Begräbniß; Breuer, K. L. d. B. in seinen Beziehungen z. Papst Johann XXII. bis 1327; Fischer, Aug., L. d. B. i. d. J. 1314—1338 (1882); Rohrmann, Die Procuratorien K. L.'s; Mühling, Die Geschichte der Doppelwahl d. J. 1314 (1882); Weiland, Der angebliche Verzicht L. d. B. auf das Reich (Göttinger Nachrichten, 1883, Nr. 7). Ueber die Beurtheilung Ludwigs s. auch Kluckhohn, Riezler, Simonsfeld, Allg. Ztg., 1880, Beil. Nr. 363, 1881, Beil. 14, 15, Blätter f. d. bayer. Gymnasialwesen, XVII.

  • Autor/in

    Riezler.
  • Zitierweise

    Riezler, Sigmund Ritter von, "Ludwig" in: Allgemeine Deutsche Biographie 19 (1884), S. 457-476 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118574957.html#adbcontent

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