Lebensdaten
1921 – 1943
Geburtsort
Forchtenberg bei Öhringen
Sterbeort
München-Stadelheim
Beruf/Funktion
Widerstandskämpferin ; Mitglied der Widerstandsgruppe Weisse Rose
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118610317 | OGND | VIAF: 19728278
Namensvarianten
  • Scholl, Sofia Magdalena
  • Scholl, Sophia
  • Scholl, Sophie
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Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Scholl, Sophie, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118610317.html [19.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    Schw Inge Aicher-S. (s. 1);
    B Hans (s. 2); – ledig.

  • Biographie

    Entgegen dem Willen der Eltern engagierten sich Hans und Sophie mit Beginn des Dritten Reiches zunächst in der „Hitlerjugend“. Die Erfahrung einer uniformierten, unfreien und ungeistigen Jugendarbeit im Nationalsozialismus führte zu einer zunehmenden Distanz gegenüber dem Regime. Ende 1937 wurde Hans u. a. wegen Betätigung im Geiste der „bündischen Jugend“ verhaftet, das Verfahren gegen ihn dank einer Amnestie jedoch eingestellt. Die Repression des Staates verstärkte den Freiheits- und Widerspruchsgeist der Geschwister, insbesondere als Anfang 1942 der Vater wegen regimekritischer Äußerungen verfolgt wurde.

    Nach Abitur und Arbeitsdienst entschied sich Hans zum Studium an der Univ. München, das ihm – mittlerweile zur Wehrmacht eingezogen – als Mitglied einer Medizin-Studentenkompanie möglich war. Hier und bei Vorlesungen lernte er eine Reihe Gleichgesinnter kennen, die den engeren Kern der Widerstandsgruppe bilden sollten: Alexander Schmorell (1917–43), Christoph Probst (1919–43), Willi Graf (1918–43), schließlich auch Professor Kurt Huber (1893–1943). Sophie, die nach dem Abitur 1940 eine Ausbildung als Kindergärtnerin absolvierte, beteiligte sich an den Aktivitäten der Gruppe, seitdem sie im Mai 1942 zum Studium der Biologie und Philosophie nach München gekommen war. Geistigen Einfluß auf die jungen Mitglieder der Gruppe übten insbesondere der „Hochland“-Herausgeber Carl Muth (1867–1944) und der Philosoph Theodor Haecker (1879–1945) aus.

    Die Widerstandstätigkeit bestand zunächst in der Anfertigung und Verteilung regimefeindlicher Flugblätter. Im Sommer 1942 tauchten die ersten vier unter dem Namen „Flugblätter der Weissen Rose“ in wenigen hundert Stück auf. Sie wurden zumeist ohne Absender an Akademiker, aber auch an Gastwirte versandt. Der Name der Widerstandsgruppe besaß vermutlich keine tiefere Bedeutung. Es ging den Initiatoren S. und Schmorell dabei wohl nur um eine ausdrucksstarke und einprägsame Gruppenbenennung. Die Flugblätter hatten zunächst einen sehr akademischen Stil, zitierten u. a. Goethe, Schiller, Lao Tse und ließen die|christl. Grundüberzeugung ihrer Verfasser deutlich erkennen. Noch heute bestechen sie durch die Klarheit in der Analyse der gesellschaftlichen Situation im Dritten Reich und das ungeschminkte Eingeständnis der Mitschuld an den Verbrechen des Hitlerregimes. Wer nicht die Kraft zum Widerstand gegen das verbrecherische Regime aufbringe, den erklärte das 2. Flugblatt für „schuldig, schuldig, schuldig!“ Den Nationalsozialismus bezeichneten sie als die „Diktatur des Bösen“, die man wo immer möglich angreifen müsse.

    Die Widerstandstätigkeit wurde zwar während der Feldfamulatur von Hans an der Ostfront Ende Juli bis Anfang Nov. 1942 unterbrochen, dank der dort gewonnenen Einsichten in den Vernichtungskrieg nach der Rückkehr jedoch intensiviert. Mit dem 5. Flugblatt unter dem Titel „Flugblätter der Widerstandsbewegung in Deutschland. Aufruf an alle Deutsche!“ und dem 6. Flugblatt mit der Aufschrift „Kommilitoninnen! Kommilitonen!“ schlug die Gruppe einen wesentlich programmatischeren und radikaleren Ton an. Mit finanzieller Hilfe Eugen Grimmingers (1892–1986), eines Freundes des Vaters, wurden die Flugblätter nun in München tausendfach ausgelegt. Zugleich unternahm die Gruppe mit Hilfe Willi Grafs Anstrengungen, die Widerstandstätigkeit auf andere Universitäten auszuweiten. Auch Kontakte zu anderen Widerstandsgruppen wurden gesucht. In nächtlichen Aktionen brachten die Studenten regimefeindliche Maueranschriften in München an.

    Studentischer Protest gegen eine unflätige Rede des Münchner Gauleiters Paul Giesler (1895–1945) am 13.1.1943 mag die Risikobereitschaft der Geschwister erhöht haben. Am 18.2.1943 legten sie in der Universität das 6. Flugblatt aus. Dabei wurden sie von einem Hausmeister entdeckt und verhaftet. Ein Flugblattentwurf von Christoph Probst, den Hans bei sich trug, sowie Hausdurchsuchungen führten die Gestapo zum inneren Zirkel der „Weissen Rose“ wie auch zum weiteren Kreis von Mitwissern und Sympathisanten. Angesichts der Niederlage der 6. Armee bei Stalingrad reagierte das Regime schnell und hart, um durch Abschreckung die „innere Front“ zu stabilisieren. Schon vier Tage nach der Verhaftung wurden Hans und Sophie sowie Christoph Probst von dem eigens angereisten Präsidenten des Volksgerichtshofes, Roland Freisler, zum Tode verurteilt und noch am selben Tage hingerichtet.

    Vergessen wurden sie jedoch nicht. Helmuth James Graf v. Moltke, der Initiator des Kreisauer Widerstandskreises, sorgte für das Bekanntwerden des letzten Flugblattes im Ausland. Alliierte Flugzeuge warfen die Flugblätter ab, Thomas Mann berichtete am 27.6.1943 in der BBC den dt. Hörern über die Aktionen der Münchner Studenten. Bereits am 4.11.1945 erinnerte Romano Guardini in der Münchner Universität an den Tod der Geschwister, nach denen der Platz vor der Universität benannt wurde. Vor allem aber prägte die Erzählung „Die weiße Rose“ (1952) der Schwester Inge das historische Gedächtnis an Hans und Sophie über die Grenzen Deutschlands hinaus. Der Widerstand der von den Geschwistern maßgeblich beeinflußten Gruppe „Weisse Rose“ hat wie kaum eine andere gegen den Nationalsozialismus gerichtete Aktion weltweite Bekanntheit und uneingeschränkte Anerkennung gefunden. Ihr Tun gilt heute als Zeugnis einer vom Nationalsozialismus nicht korrumpierten Jugend, die sich im Angesicht der nationalsozialistischen Verbrechen unter Einsatz des Lebens ihrer gesellschaftlich-politischen Verantwortung gestellt hat.

  • Auszeichnungen

    Geschwister-Scholl-Platz, München, vor d. Ludwig-Maximilians-Univ. (seit 1946).

  • Literatur

    Inge Aicher-S., Die weiße Rose, 1952, erw. Neuausg. 1993 (P);
    dies. (Hg.), Sippenhaft, Nachrr. u. Botschaften d. Fam. in d. Gestapo-Haft nach d. Hinrichtung v. Hans u. Sophie S., 1993 (P, auch zu d. Eltern u. Geschw.);
    I. Jens (Hg.), Hans S., Sophie S., Briefe u. Aufzeichnungen, 1988 (P);
    M. Schneider u. W. S, Keine Volksgenossen, Student. Widerstand in d. Weißen Rose, 1993 (P);
    R. Lill, Hochverrat?, Neue Forsch. z. „Weißen Rose“, 1999 (Bibliogr.);
    B. Schüler, „Im Geiste der Gemordeten …“, Die „Weiße Rose“ u. ihre Wirkung in d. Nachkriegszeit, 2000 (P);
    M. Kißener u. B. Schäfers, „Weitertragen“, Stud. z. „Weißen Rose“, 2001;
    M. Rösch (Hg.), Erinnern u. Erkennen, 2004;
    F. Breinersdorfer (Hg.), Sophie S., Die letzten Tage, 2005;
    H. Vinke, Das kurze Leben d. Sophie S., 2005 (P);
    ders., Fritz Hartnagel, Der Freund v. Sophie S., 2005;
    Sophie S. – Fritz Hartnagel, Damit wir uns nicht verlieren, Briefwechsel 1937-1943, hg. v. Thomas Hartnagel, 2005 (P);
    S. Zankel, Die „Weisse Rose“ war nur d. Anfang, Gesch. e. Widerstandskreises, 2006 (P);
    Munzinger;
    Lex. Widerstand: – Filme: Die weiße Rose, 1982 (Regie: M. Verhoeven);
    Sophie S., Die letzten Tage, 2005 (Regie: M. Rothemund, Buch: F. Breinersdorfer).

  • Porträts

    Bronze-Plastik v. Christine Stadler, 1962 (München, Kath. Ak.), Abb. in: zur debatte 33/1, 2003;
    zu Sophie:
    Marmor-Büste v. W. Eckert, 2002 (seit 2003 Donaustauf, Walhalla), Abb. in: FAZ u. SZ v. 24.2.2003;
    Bronze-Büste (München, Sophie-Scholl-Gymn.).

  • Autor/in

    Michael Kißener
  • Zitierweise

    Kißener, Michael, "Scholl, Sophie" in: Neue Deutsche Biographie 23 (2007), S. 445-446 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118610317.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA