Lebensdaten
1867 – 1944
Geburtsort
Worms
Sterbeort
Bad Reichenhall
Beruf/Funktion
katholischer Publizist
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 118989820 | OGND | VIAF: 121987063
Namensvarianten
  • Muth, Karl
  • Muth, Carl
  • Muth, Karl
  • mehr

Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Muth, Carl, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118989820.html [19.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Ludwig (1836–1903), Dekorationsmaler, Zeichenlehrer an d. Gewerbeschule in W., S d. Jakob (1798–1876) aus Pfiffligheim b. W., Malermeister, u. d. Anna Eva Alker (Alcker, 1795–1868) aus Mölsheim;
    M Katharina (1836–80), T d. Georg Ebinger (1804–76) aus Odernheim, Schreinermeister, Kaufm. in Osthofen, Weinhändler in W., u. d. Elisabeth Jungkenn (1804–45);
    Ov Peter (1828–1904), Maler (s. ThB);
    Straßburg 1894 Anna (1872–1920), T d. Reinhard Thaler (1833–1901), Gutspächter in Schakau, Insp. in Fulda, u. d. Franziska Josepha Klüber (1834–1913);
    4 S (1 ⚔), u. a. Wolfgang Karl Heinrich (1899–1979), Kaufm. in München, 1 T Luise Maria Theresia (1897–1961, Jacob Friedrich Muth, 1885–1968, Vorstandsvors., s. Wi. 1967);
    Vt Georg (* 1864), Dr. phil., Chemiker in München, Fritz (1865–1943), Dekorations- u. Kirchenmaler in W., seit 1917 in München (s. ThB; L), Peter (Pedro) (1868–1913), Kunstmaler in Rom u. W., Heinz (* 1871), Kunstmaler in Wien, W. u. München.

  • Biographie

    M. besuchte das Gymnasium in Worms (1877–81), die Internatsschule der Steyler Missionare in Steyl (1882–84), die Missionschule der Weißen Väter in Algier (1884/85), und – nachdem er seinen Plan, Missionar zu werden, aufgegeben hatte – das Gymnasium in Gießen (1887), das er ohne Abschluß verließ. Es folgten Jahre des Selbststudiums, in denen er mit einer von ihm und seinem Vetter Fritz Muth herausgegebenen Festschrift zur Einweihung des „Spiel- und Festhauses der Stadt Worms am Rhein“ (1889) erstmals publizistisch hervortrat. Nach dem Militärdienst in Mainz (1890/91) begann er in Berlin Volkswirtschaft, Staats- und Verfassungsrecht, Philosophie, Geschichte und Literatur zu studieren (1891/92), wechselte aber dann zu historischen und kunsthistorischen Studien nach Paris (1892/93) und Rom (1893). An beiden Orten knüpfte er vielfältige, ihn fördernde Kontakte, und es bot sich ihm die Möglichkeit, seine Eindrücke und Beobachtungen, vor allem auch zu sozialen Problemen, im „Mainzer Journal“ zu schildern („Pariser“ und „Römische Briefe“). 1893 wurde er Volontär bei der kath. Zeitung „Germania“ in Berlin, 1894 Redakteur bei der Tageszeitung „Der Elsässer“ in Straßburg, 1895 Chefredakteur der Monatsschrift „Alte und neue Welt, Illustriertes Kath. Familienblatt“ in Einsiedeln. Er übersetzte Werke Georges Goyaus ins Deutsche (1898) und machte den poln. Schriftsteller Henryk Sienkiewicz im deutschsprachigen Raum bekannt. Angeregt durch die von Georg v. Hertling ausgelöste Debatte über die wissenschaftliche Inferiorität der deutschen Katholiken, publizierte M. 1898 unter dem Pseudonym „Veremundus“ seine erste Streitschrift „Steht die Katholische Belletristik auf der Höhe der Zeit?“. In ihr thematisierte er nunmehr auch die Frage der „litterarischen Inferiorität“ der deutchen Katholiken seit der Romantik und forderte seine Glaubensgenossen auf, endlich aus ihrer kulturkampfbedingten Abschließung herauszutreten, an den allgemein künstlerischen Bestrebungen in Deutschland teilzunehmen und eine von moralisierender Engherzigkeit und Prüderie freie kath. Unterhaltungsliteratur (Novellen und Romane) zu schaffen. Seine an Friedrich Schlegel, Joseph v. Eichendorff und an der Kunsttheorie und Anthropologie des kath. Philosophen und Theologen Martin Deutinger orientierten literarkritischen Thesen provozierten eine heftige Diskussion, auf die M. 1899, nunmehr unter seinem Namen, mit der Replik „Die Litterarischen Aufgaben der deutschen Katholiken, Gedanken über kath. Belletristik und litterarische Kritik“ antwortete. In dieser zweiten Streitschrift bekräftigte er, daß kath. Dichtung dem Gedanken christlicher Sittlichkeit verpflichtet sein müsse, freilich ohne sich von der „theoretisierenden Theologie“ oder einer „auch in Laienkreisen herrschenden kleinlichen Auffassung der Seelsorge“ bestimmen zu lassen.

    Um „den im Keim vorhandenen Begabungen“ zum Durchbruch zu verhelfen und eine literarische Plattform zu schaffen, begründete M. in Kempten eine kath. Revue avantgardistischer Prägung, die unter dem von Friedrich Lienhards „Hochlandliedern“ inspirierten Titel „Hochland, Monatsschrift für alle Gebiete des Wissens, der Literatur und Kunst“ seit Oktober 1903 erschien. Es gelang M., aus allen Bereichen der Wissenschaft, Kunst und Kultur hervorragende Mitarbeiter, darunter auch Nichtkatholiken, zu gewinnen. So entwickelte sich die Zeitschrift rasch zu einem Forum echter geistiger Auseinandersetzung und erwarb sich im kath. Geistesleben Deutschlands eine führende Stellung. Die Zahl der Abonnenten betrug 1906 an die 10 000, 1933 etwa 5000, 1936-39 stieg sie auf 12 000.

    Während viele die Lektüre der neuen Zeitschrift mit ihrem „aufwühlenden Vielerlei“ und dem „cantus firmus kath. selbstsicheren Offenseins für alles von gestern und heute“ (J. Bernhart) als befreiend empfanden, bezogen die Gegner von M.s literarkritischem Standpunkt sofort auch gegen „Hochland“ Front, allen voran die jesuitischen „Stimmen aus Maria Laach“ unter Führung P. Alexander Baumgartners SJ sowie der Wiener „Gralbund“ mit seiner konfessionalistisch ausgerichteten Zeitschrift „Der Gral, Monatsschrift für schöne Literatur“ und ihrem Mentor Richard Kralik v. Meyrswalden. An M.s Streitschriften und dem „Hochland“ entzündete sich – im Schatten der scharfen „Modernismus“-Kontroverse in Philosophie und Theologie – der „Kath. Literaturstreit“, der im Grunde bis zum 1. Weltkrieg dauerte. M. setzte sich in diesen Jahren u. a. durch die Veröffentlichung des um konfessionelle Toleranz werbenden Romans „Jesse und Maria“ der österr. Schriftstellerin Enrica v. Handel-Mazzetti (1904/05) und des kirchenkritischen Romans „Der Heilige“ des ital. Reformisten Antonio Fogazzaro (1905/06) massiven Angriffen aus, und als nach dem Erscheinen der antimodernistischen Enzyklika „Pascendi“ Pius' X. (1907) M. in seiner Schrift „Die Wiedergeburt der Dichtung aus dem religiösen Erlebnis, Gedanken zur Psychologie des kath. Literaturschaffens“ (1909) erneut - und in Abgrenzung gegenüber Kralik – sein literarisches Programm darlegte und wiederum vor dem Mißbrauch der schönen Literatur als Mittel für eine „kirchliche und kath. Propaganda“ warnte, bezichtigte man ihn schließlich des „modernismus litterarius“. „Hochland“ wurde zu einem „Fall“ der röm. Indexkongregation, die 1911 mit päpstl. Billigung beschloß, die Zeitschrift zu verbieten. Daß das Indexdekret dann doch nicht publiziert wurde und „Hochland“ vor dem kirchlichen Verbot bewahrt blieb, war insbesondere der klugen Vermittlung des Münchener Nuntius Andreas Frühwirth zu verdanken; auch vermochte M., dem Kg. Ludwig III. von Bayern 1914 den Professortitel verlieh, dem Ansinnen, in die Redaktion des „Hochland“ einen kirchlichen Zensor aufzunehmen, zu widerstehen.

    Daß M. – zusammen mit dem Romanisten Hermann Platz – die „Hochland“-Leserschaft in zahlreichen Beiträgen mit dem politischen und religiösen Ideengut Frankreichs und mit dem franz. „Renouveau catholique“ bekannt machte, hatte für den literarischen Aufbruch im deutschen Katholizismus der frühen 30er Jahre (Gertrud v. Le Fort, Werner Bergengruen, Reinhold Schneider, Elisabeth Langgässer, Ruth Schaumann u. a.) große Bedeutung. Während der Weimarer Republik warb M. für eine innere Akzeptanz der demokratischen Staatsform und für eine soziale Öffnung des Bürgertums. Insbesondere aber diagnostizierten M. und sein „Hochland“ frühzeitig die Gefährlichkeit des heraufziehenden Nationalsozialismus. Auch nach 1933 wandte sich die Monatsschrift immer wieder dezidiert, wenn auch literarisch oder theologisch verhüllt, gegen die nationalsozialistische Pervertierung des einer christlichen Idee verpflichteten Reichsbegriffs und die Zerstörung der staatlichen Ordnung. Nachdem das Dezemberheft 1939 wegen Joseph Bernharts apokalyptischer Weihnachtsbetrachtung „Hodie“ hatte eingestampft werden müssen, wurde „Hochland“ 1941 endgültig verboten. M., der Hans Scholl in seiner Bibliothek beschäftigt und für Pius XII. eine Denkschrift über die Zustände in Deutschland verfaßt hatte, entging nach der Verhaftung der Widerstandsgruppe der „Weißen Rose“ 1943 nur knapp einer Festnahme. Er starb im Jahr darauf nach schwerer Krankheit. „Hochland“ aber, das sich als sein eigentliches Lebenswerk zu einem Brennpunkt der „Wiederbegegnung von Kirche und Kultur in Deutschland“ entwickelt hatte, wurde unmittelbar nach Kriegsende wiederbelebt und in seinem Geist noch drei Jahrzehnte fortgeführt.

  • Werke

    Weitere W u. a. Wem gehört d. Zukunft? Ein Lit.-bild d. Gegenwart, 1893;
    Rel., Kunst u. Poesie, 1914;
    Die neuen „Barbaren“ u. d. Christentum, in: Hochland 16/I, 1918/19, S. 585-96;
    Res publica 1926, Gedanken z. pol. Krise d. Gegenwart, ebd. 24/I, 1926/27, S. 1-14;
    Das Reich als Idee u. Wirklichkeit, ebd. 30/I, 1932/33, S. 481-92;
    Schöpfer u. Magier, Drei Essays, 1935, ²1953;
    Begegnungen I-III, Hinterlassene Notizen, ebd. 46, 1953/54, S. 10-19, 127-31, 235-40;
    W-Verz.:
    M. Ettlinger, Ph. Funk u. F. Fuchs (Hrsg.), Wiederbegegnung v. Kirche u. Kultur in Dtld., Eine Gabe f. K. M., 1927, S. 383-95.

  • Literatur

    J. Pfeneberger, Kralik od. Muth? Ein Wort z. kath. Lit.streit d. Gegenwart, 1910;
    Begegnungen mit K. M., 1937 (Sonderdr. aus: Hochland 34, 1937);
    F. J. Schöningh, in: Hochland 39, 1946/47, S. 1-19;
    J. Bernhart, Zu M.s Charakterbild, ebd. 59, 1966/67, S. 248-52;
    ders., Erinnerungen 1881-1930, 2 Bde., hrsg. v. M. Weitlauff, 1992;
    A. W. Hüffer, K. M. als Lit.kritiker, 1959;
    K. Ackermann, Die geistige Opposition d. Mschr. Hochland gegen d. nat.sozialist. Ideologie, 1965;
    C. J. H. Villinger, in: ders. (Hrsg.), Wormser Profile, 1966 (auch zu Fritz);
    C. Bauer, C. M.s u. d. Hochlands Weg aus d. Kaiserreich in d. Weimarer Republik, in: Hochland 59, 1966/67, S. 234-47;
    W. Ferber, in: R. Morsey (Hrsg.), Zeitgesch. in Lb. I, 1973, S. 94-102, 301 f.: E. Hanisch, Der kath. Lit.streit, in: E. Weinzierl (Hrsg.), Der Modernismus, 1974, S. 125-60;
    Wulfried C. Muth. C. M. u. d. MAbild d. Hochland, 1974;
    ders., in: G. Schwaiger (Hrsg.), Christenleben im Wandel d. Zeit II, Lb. aus d. Gesch. d. Erzbistums München u. Freising, 1987, S. 247-64;
    B. Doppler, Kath. Lit. u. Lit.politik, E. v. Handel-Mazzetti, 1980;
    C. Hohoff, Das Hochland u. d. Führer, in: Internat. kath. Zs. „Communio“ 11, 1982, S. 73-83;
    W. Frühwald, Kath. Lit. im 19. u. 20. Jh. in Dtld., in: A. Rauscher (Hrsg.), Religiös-kulturelle Bewegungen im dt. Katholizismus seit 1800, 1986, S. 9-26;
    M. Weitlauff, „Modernismus litterarius“, Der „Kath. Lit.streit“, d. Zs. „Hochland“ u. d. Enzyklika „Pascendi dominici gregis“ Pius' X. v. 8. Sept. 1907, in: Btrr. z. altbayer. KG 37, 1988, S. 97-175 (L);
    Susanna Schmidt, „Handlungen d. Vergänglichkeit“. Die Lit. d. kath. Milieus 1880-1950, 1994;
    K. Hausberger, „Dolorosissimamente agitata nel mio cuore cattolico“, Vatikan. Qu. z. „Fall“ Handel-Mazzetti (1910) u. z. Indizierung d. Kulturzs. „Hochland“ (1911), in: R. Zinnhobler, D. A. Binder u. a. (Hrsg.), FS f. M. Liebmann, 1994, S. 189-220;
    O. Weiß, Der Modernismus in Dtld., 1995;
    LThK²;
    Kosch., Lit.-Lex.³, Staatslex. III, ⁷1987;
    BBKL.

  • Autor/in

    Manfred Weitlauff
  • Zitierweise

    Weitlauff, Manfred, "Muth, Carl" in: Neue Deutsche Biographie 18 (1997), S. 644-646 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118989820.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA