Lebensdaten
1917 – 1998
Geburtsort
Ingersheim bei Crailsheim (Württemberg)
Sterbeort
Leutkirch (Allgäu)
Beruf/Funktion
Pädagogin ; Publizistin
Konfession
mehrkonfessionell
Normdaten
GND: 116272678 | OGND | VIAF: 51697623
Namensvarianten
  • Scholl, Inge (geborene)
  • Aicher-Scholl, Inge
  • Scholl, Inge (geborene)
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Zitierweise

Aicher-Scholl, Inge, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd116272678.html [19.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Robert (1891–1973), aus Steinbrück b. Öhringen, 1917 Bgm. v. Ingersheim, 1920 v. Forchtenberg, 1930 Leiter d. Handwerkskammer in Stuttgart, 1932 Wirtschaftsprüfer u. Steuerberater in Ulm, 1942 vier Monate Gefängnis aufgrund regimekrit. Äußerungen u. Berufsverbot, 1943 Verurteilung zu 18 Monaten Gefängnis wegen Hörens ausländ. Sender, 1945-48 OB v. Ulm, 1950 Mitbegr. d. Gesamtdt. Volkspartei (s. J. Müller, Die Gesamtdt. Volkspartei, 1990), S d. Michael Wilhelm (1856–1940), Bauer in Steinbrück b. Schwäb. Hall, u. d. Christiane Heinrike Eurich (1860–1916), aus Ammertsweiler;
    M Magdalene (1881–1958), Krankenschw., T d. Ludwig Friedrich Müller (1852–1924), Schuhmachermeister in Künzelsau, u. d. Christine Sophie Hofmann (1853–1929);
    2 B Hans (s. 2), Werner (* 1922, Mai 1944 vermißt), 3 Schw (1 früh †) Elisabeth (* 1920, Fritz Hartnagel, 1917–2001, Offz., dann Richter in Ulm, Pazifist, zunächst Freund d. Sophie, s. L), Sophie (s. 3);
    1952 Otl (Otto) Aicher (1922–91), aus Ulm, Graphiker, 1971 Beauftragter f. d. Gestaltung d. Olymp. Spiele in München (s. Munzinger), 2 T Eva (* 1953), Pia (1954–75), 3 S Florian (* 1954), Julian (* 1958), Manuel (s. L).

  • Biographie

    S. wuchs in einem Elternhaus auf, das durch den prot. Glauben der Mutter und die demokratische Grundeinstellung des Vaters geprägt war. Nach der Mittleren Reife verließ sie die Oberrealschule in Ulm und absolvierte seit 1934 im väterlichen Büro für Wirtschafts- und Steuerberatung eine Ausbildung zur Prüfungsassistentin. Die Begeisterung der Scholl-Geschwister für NS-Jugendorganisationen führte zu Konflikten mit dem Vater, der dem Regime ablehnend gegenüberstand. Seit 1933 engagierte sich S. im NS-Jungmädelbund, wo sie den Rang einer Ringführerin bekleidete. Unter dem Eindruck von Repressionen gegen ihre Brüder, die 1937 wegen „bündischer Umtriebe“ verfolgt wurden, distanzierte sie sich zunehmend vom NS-Regime. Nach der Festnahme ihrer Geschwister Hans und Sophie im Febr. 1943 wurde sie zusammen mit ihren Eltern für mehrere Monate inhaftiert, Ein Strafverfahren wegen des Vorwurfs, ausländische Sender gehört zu haben, endete im Sept. 1943 jedoch mit einem Freispruch.

    Unter dem Einfluß ihres späteren Mannes Otl Aicher sowie der kath. Schriftsteller Carl Muth (1867–1944) und Theodor Haecker (1879–1945) trat S. am 22.2.1944 – genau ein Jahr nach der Hinrichtung ihrer Geschwister – zum kath. Glauben über. Ihr Anliegen, die Erinnerung an den Widerstand der Münchner Studenten wachzuhalten, bestimmte S.s weiteren Lebensweg. 1946 gründete sie mit Aicher die Volkshochschule Ulm, die sie bis 1974 leitete. S. prägte wesentlich den Charakter der Einrichtung, die in den ersten Nachkriegsjahren zu einem Zentrum der Erwachsenenbildung heranwuchs, das weit über den lokalen Raum ausstrahlte. Mit Aicher und Max Bill (1908–94) engagierte sie sich auch bei der Errichtung der Ulmer Hochschule für Gestaltung,|einem Zentrum modernen Industrie- und Kommunikationsdesigns in der Bundesrepublik, das seine Entstehung u. a. einer von S. vermittelten Zuwendung des amerik. Hochkommissars John McCloy verdankte. Bekannt wurde S. v. a. durch ihr Buch „Die weiße Rose“, das schon im Ersterscheinungsjahr 1952 mehrfach nachgedruckt wurde. Mit einer dt.sprachigen Auflage von rund einer Mio. Exemplaren und Übersetzungen in zahlreiche Sprachen (u. a. engl. 1955, franz. 1955, niederl. 1957, schwed. 1962, japan. 1964, ital. 1966, poln. 2002) zählt es zu den einflußreichsten Darstellungen zur Geschichte des Widerstands gegen die NS-Diktatur. S.s Perspektive auf die Weiße Rose blieb stark auf Hans und Sophie konzentriert und war nicht immer frei von idealistischen Überhöhungen. In weiteren Büchern verarbeitete S. die Erfahrungen ihrer Familie während der Untersuchungshaft (Sippenhaft, 1993) und das Leben mit ihrer geistig behinderten Tochter Eva (Eva, Weil du bei mir bist, bin ich nicht allein, 1996, P). Seit den 1950er Jahren engagierte sie sich in der Friedensbewegung. Öffentliches Aufsehen erregte 1985 ihre Teilnahme an der Blockade des Raketendepots Mutlangen.

  • Auszeichnungen

    Pfaff-Preis f. Initiativen im Bildungswesen (1969);
    Allgäuer Friedenspreis (1987);
    Freda-Wüsthoff-Friedenspreis (1988);
    Verdienstmedaille d. Landes Baden-Württ. (1995);
    Ehrenbürgerin d. Stadt Ulm (1997);
    Aicher-Scholl-Schule f. Geistigbehinderte (Renhardsweiler, 1999).

  • Literatur

    W. Breyvogel, Die Gruppe „Weiße Rose“, Anm. z. Rezeptionsgesch. u. krit. Rekonstruktion, in: ders. (Hg.), Piraten, Swings u. Junge Garde, 1991,. S. 159-201;
    H. Vinke, „Man muß etwas machen, um selbst keine Schuld zu haben“, Sophie u. I. S., in: Dt. Schwestern, hg. v. K. Raabe, 1997, S. 341-77 (P);
    M. Krampen u. G. Hörmann, Die Hochschule f. Gestaltung Ulm, 2003;
    B. Schüler, „Im Geiste der Gemordeten …“, Die „Weiße Rose“ u. ihre Wirkung in d. Nachkriegszeit, 2000 (P);
    Munzinger (unter: Aicher-S.);
    Kosch, Lit.-Lex., 20. Jh. (unter: Aicher-S.; W
    , L);
    Kürschner, Lit.-Kal., Nekr. 1971-98;
    Dok.film
    v. M. Büscher, BR 3, 1996;
    Nachlaß:
    Inst. f. Zeitgesch., München;
    zur Fam.:
    Manuel Aicher, Die Vorfahren v. Hans u. Sophie S., in: Geneal., 1980, S. 161-79 u. 209-21;
    zu Fritz Hartnagel:
    H. Vinke, F. H., Der Freund v. Sophie S., 2005 (P);
    ders., „Hoffentlich schreibst Du recht bald“, Sophie Scholl u. F. H., Eine Freundschaft 1937-1943, 2006 (P).

  • Autor/in

    Winfried Süß
  • Zitierweise

    Süß, Winfried, "Aicher-Scholl, Inge" in: Neue Deutsche Biographie 23 (2007), S. 444-445 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd116272678.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA