Wurm, Theophil

Dates of Life
1868 – 1955
Place of birth
Basel
Place of death
Stuttgart
Occupation
evangelischer Pfarrer ; Kirchenpräsident ; Landesbischof in Württemberg ; Bischof ; Evangelischer Theologe ; Pfarrer
Religious Denomination
evangelisch
Authority Data
GND: 118635646 | OGND | VIAF: 72187296
Alternate Names

  • Wurm, Theophil Heinrich
  • Wurm, Theophil
  • Wurm, Theophil Heinrich
  • Wurm
  • Wurm, Theophil.
  • Wurm, D. Theophil
  • Wurm, Th.
  • Wurm, D. T.
  • Wurm, D.T.
  • Wurm, D.

Linked Services

Relations

Places

Map Icons
Marker Geburtsort Place of birth
Marker Wirkungsort Place of activity
Marker Sterbeort Place of death
Marker Begräbnisort Place of interment

Localized places could be overlay each other depending on the zoo m level. In this case the shadow of the symbol is darker and the individual place symbols will fold up by clicking upon. A click on an individual place symbol opens a popup providing a link to search for other references to this place in the database.

Citation

Wurm, Theophil, Index entry in: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118635646.html [17.12.2025].

CC0

  • Wurm, Theophil Heinrich

    | evangelischer Pfarrer, Kirchenpräsident, Landesbischof in Württemberg, * 7.12.1868 Basel, † 28.1.1953 Stuttgart, ⚰Stuttgart, Waldfriedhof.

  • Genealogy

    V Paul Ernst (1829–1911), aus Blaubeuren, ev. Theol., Lehrer, 1862 Diakon in Herrenberg u. B., Pfarrer 1875 in Mössingen, 1882 Dekan in Blaubeuren, 1882 Pfarrer in Echterdingen, zuletzt in Calw (s. Pfarrerbuch Württ.), S d. Julius Friedrich (1791–1838), aus Nürtingen, Mag., ev. Theol., Pfarrer 1819 in Lauffen, 1833 in Waldenbuch, 1826 Prof. am Seminar in Blaubeuren (s. Pfarrerbuch Württ.), u. d. Karoline Friederike Faber (1792–1854);
    M Luise Regine Regula (1834–1907), T d. Paul(us) Kind (1783–1875), ref. Pfarrer in Chur, Prof. an d. Kt.schule ebd., Rektor d. Stadtschule ebd. (s. HBLS; BBKL|20), u. d. Regina Auguste Friederike Liesching (1790–1853);
    Gr-Ov Christian Friedrich (1803–1859, 1] Hermine, 1801–52, T d. Johann[es] Michael Speckter, 1764–1846, Maler, Lithograph in Hamburg, s. NDB 24, 2] Katharina Margarethe Kühl, Wwe d. N. N. Fabritius), Dr. phil., Prof. f. Gesch. am Gymn. Academicum in Hamburg, Publ., Red. d. Börsenhalle, 1847 Sekr. d. Ges. z. Beförderung d. Künste u. nützl. Gewerbe, Mitgl. d. Frankfurter NV (s. ADB 44;
    Biogr. Hdb. Frankfurter NV;
    Biogr. Lex. Burschenschaft;
    NDB 24*);
    Schw Anna (1873–1913, Theodor Schrenk, 1870–1947, Stiftsprediger in St., Prälat, Oberkirchenrat, s. Württ. Biogrr. I;
    Pfarrerbuch Württ.);
    Blaubeuren 1900 Marie Friederike (1875–1951), T d. Karl Bruckmann (1836–1927), Chemiker in Blaubeuren, u. d. Charlotte (Lotte) Hildebrand (1850–1930);
    2 S Hans (Johannes) (1901–78), Dr. med., Prof., Dir. d. Pathol. Inst. d. Städt. Krankenanstalten in Wiesbaden (s. Kürschner, Gel.-Kal. 1970), Friedrich (1904–41 ⚔Sowjetunion, Gertrud Maria Weiss, 1907–2002, Hebamme), 1938 Ger.assessor in Tübingen, 1941 Landger.rat in St., Feldwebel, 3 T (1 früh †) Adelheid (1906–64, Hellmuth Jetter, 1902–42 ⚔Sowjetunion, Amtsger.rat in Gaildorf, Unteroffz.), Dr. med., Gertrud (1909–90, Karl Robert Schumacher, 1903–65, Dr. phil., ev. Pfarrer in Kupferzell), Krankengymnastin;
    E Christian Friedrich (1939–1994), Dr. rer. nat., Dipl.-Geol. in St.

  • Biography

    W. besuchte die Volksschule in Mössingen (1875–78) und eine Lateinschule in Kirchheim/Teck sowie zur Vorbereitung auf den Pfarrberuf die ev.-theol. Seminare Maulbronn (1883–1885) und Blaubeuren. 1887–91 studierte er in Tübingen ev. Theologie (1. theol. Examen). Von der dort gelehrten Theologie Albrecht Ritschls (1822–1889) angeregt, aber pietistisch geprägt, stand W. v. a. dem Biblizismus nahe. 1891–93 war er als Vikar in Blaubeuren, Kirchheim/Neckar und Echterdingen tätig. Ein Studienaufenthalt führte ihn 1893/94 an die Univ. Berlin, wo er Adolf Harnack (1851–1930) hörte und ihn v. a. Adolf Stoecker (1835–1909) beeindruckte, dessen antisemitische Einstellung und Stoßrichtung gegen die SPD er teilte (Mitgl. d. Christl.-soz. Partei). W. war 1894–99 an der Stuttgarter Friedenskirche als Stadtvikar tätig und trat danach seine erste Pfarrstelle bei der Ev. Gesellschaft, der dortigen Stadtmission, an. Als 2. Stadtpfarrer in Ravensburg 1913–20 unterstützte er den Kriegsnationalismus u. a. durch Vorträge für den „Vaterländischen Unterricht“ an der Westfront 1918.

    Nach der Revolution 1918 trat W. als Monarchist und Gegner der demokratischen Staatsform der Bürgerpartei bei, dem württ. Arm der DNVP, für die er 1919 in die Verfassunggebende Landesversammlung und 1920 in den Landtag gewählt wurde. Mit seinem Amtsantritt als Dekan in Reutlingen 1920 legte er das Mandat nieder. 1927–29 amtierte er als Prälat in Heilbronn.

    Auf Einladung der rechten, kirchlich-positiven Kirchenpartei kandidierte W. 1929 erfolgreich für das Amt des Kirchenpräsidenten der württ. Landeskirche. Als solcher schlug er bis 1933 Brücken zur bei seiner Wahl unterlegenen Gruppe der kirchlich Liberalen, zeigte offene Sympathien für das nationale Engagement von NS-Bewegung und Dt. Christen (DC), sah sich aber nach dem Potempa-Mord 1932 zum Vorgehen gegen die Politisierung des Pfarramts gezwungen, was seinem Verständnis von Evangelium und Kirche als „Überparteilichem“ entsprach.

    W. begrüßte anfänglich die Machtübernahme der NSDAP 1933 v. a. als Rettung vor der „Gefahr einer Bolschewisierung des deutschen Volkes“ und aufgrund ihres Kampfes gegen die „marxistische Freidenkerbewegung“. Ende Mai 1933 sprach er sich für das NSDAPund DC-Mitglied Ludwig Müller (1883–1945) als Reichsbischof der Dt. Ev. Kirche (DEK) aus und nahm im Juni auf Drängen landeskirchlicher Gremien und Gruppen den Titel des Landesbischofs an. Bis in den Herbst 1933 hinein begrüßte W. öffentlich die DC als Synthese von ev. Christentum und NS-Weltanschauung. Erst die Radikalisierung der DC in der Sportpalastrede des Berliner DC-Gauobmanns Reinhold Krause (1893–1980) am 13.11.1933 und die Eingliederung der ev. Jugend in die HJ im Dez. 1933 führten W. in die Reihen der kirchlichen Opposition, die sich mit der Ulmer Erklärung am 22.4.1934, nach einer Predigt von W., zur „rechtmäßigen“ ev. Kirche erklärte. Der NS-Rechtswalter der DEK, August Jäger (1887–1949), versuchte im Sept. 1934 die noch „intakte“, von W. ohne Beteiligung der DC an der Kirchenleitung geführte Landeskirche in die DEK einzugliedern. W., von Jäger am 14.9.1934 beurlaubt, wiederholt unter Hausarrest gestellt und am 9.10.1934 abgesetzt, konnte sich in seinem durch Briefe, Eingaben und Aufrufe geführten Kampf gegen diese Maßnahmen auf die Unterstützung von etwa 80% der württ. Pfarrer und vieler Laien verlassen, die sich zu machtvollen Demonstrationen vor seinem Stuttgarter Privathaus versammelten. Die Eingliederungspolitik scheiterte am 30.10.1934, als W. und der bayer. Landesbischof Hans Meiser (1881–1956) von Hitler empfangen wurden.

    In der Bekennenden Kirche (BK) vertrat W. einen moderaten, gegenüber dem radikalen Autonomieanspruch des Dahlemer Flügels kritischen Kurs und gründete im März 1936 mit Vertretern anderer „intakter“ Kirchen|und Gemäßigten den Lutherrat. Nach der Spaltung der BK 1936 gewann W. im Lutherrat und in der Kirchenführerkonferenz der nicht-DC Kirchenführer eine wichtige Stellung für die Vertretung prot. Interessen gegenüber dem NS-Staat. Im Bemühen um eine Einigung der zersplitterten ev. Kräfte verhandelte W. seit Dez. 1941 mit allen maßgeblichen Gruppen unter Ausschluß der DC über die Bildung eines Kirchlichen Einigungswerks, das zu Ostern 1943 mit „13 Sätzen“ über „Auftrag und Dienst der Kirche“ an die Öffentlichkeit trat.

    Seit 1938, verstärkt seit 1941 verfolgte W. mit Blick auf die Rassenpolitik des NS-Regimes eine Politik der Eingaben an führende Vertreter von Partei und Staat. Mit Schreiben an Wilhelm Frick (1877–1946) und Heinrich Lammers (1879–1962) protestierte er 1940 gegen die Krankenmorde im Rahmen der „Euthanasie“. Bereits zuvor hatte er in einem Schreiben an Reichsjustizminister Franz Gürtner (1881–1941) den Judenpogrom vom 9.11.1938 angeprangert, zugleich aber dem Staat das Recht eingeräumt, „das Judentum als ein gefährliches Element zu bekämpfen.“ Den Massenmord an den Juden sprach W. in deutlichen Worten 1941 und nochmals 1943 in Briefen u. a. an Hitler und Goebbels an, wobei er sich besonders für die in Mischehe lebenden dt. Juden einsetzte und vor außenpolitischen Rückwirkungen warnte. Abschriften von W.s Briefen erreichten viele Leser über Deutschland hinaus und fanden Verwendung in der alliierten Propaganda. W. protestierte schärfer als jeder andere ev. Kirchenführer gegen den Massenmord an den Juden, behielt aber antisemitische Stereotype über das Kriegsende hinaus bei.

    Seine vermittelnde Tätigkeit u. a. im Kirchlichen Einigungswerk prädestinierte W. nach 1945 für leitende Kirchenämter. Im Aug. 1945 lud er die Kirchenführer zur Treysaer Konferenz ein, wo er zum Vorsitzenden des Rates der Ev. Kirche in Deutschland (EKD) gewählt wurde. In dieser Funktion und nach Niederlegung dieses Amts 1949 übte W. scharfe Kritik an der Entnazifizierungspolitik der Westalliierten und der juristischen Aufarbeitung der NS-Verbrechen in den Nürnberger Prozessen und den Nachfolgeprozessen, die er mit antisemitischen Wendungen gegen jüd. US-Anklagevertreter als Siegerjustiz und Racheakte attackierte. W. war Mitunterzeichner des Stuttgarter Schuldbekenntnisses des Rates der EKD vom 18./19.10.1945. Er hielt über 1945 hinaus an seiner nationalprot. Grundhaltung fest und erklärte das NS-Regime durch eine Abkehr von Gott, weshalb er eine moralische „Umkehr“ und eine „Rechristianisierung“ forderte. 1948 trat er als württ. Landesbischof in den Ruhestand.

  • Awards

    |Silberne Karl-Olga-Medaille (1910);
    D. theol. h. c. (Tübingen 1929);
    Gr. BVK (1951);
    Gedenktag, 29. Jan., im Ev. Namenkal. (seit 1969).

  • Works

    |Pfarrerstand u. Friedensbewegung, in: Wehrfragen u. -sorgen, 1913, S. 33–39;
    Die Ev. Ges. in Stuttgart 1830–1905, FS z. 75j. Jub., 1905;
    Ev. Glaube, Predigten, 1931;
    Lebensrätsel u. Gottesglaube, Ein Wort zu d. Nöten d. Gegenwart, 1932, ⁴1949;
    Die Vorgänge in d. württ. Landeskirche, in: Junge Kirche 2, 1934, S. 756–62;
    Die Botschaft d. Kirche, Predigten, 1935;
    Die ev. Kirche im dt. Volk, 1938;
    Recht u. Grenze d. Toleranz in d. Kirche, 1939;
    Das rel. Problem in d. neueren dt. Gesch., 1949;
    Fünfzig J. im Dienste d. Kirche, Predigten u. Reden, 1950;
    Adolf Stoeckers Kampf f. Kirche u. Volk, 1952;
    Erinnerungen aus meinem Leben, 1953 (Autobiogr., P);
    zahlreiche als Ms. gedr. Predigten.

  • Literature

    |R. Sautter, T. W., Sein Leben u. sein Kampf, 1960 (P);
    G. Schäfer u. R. Fischer, Landesbf. W. u. d. nat.sozialist. Staat 1940–1945, 1968;
    J. Thierfelder, Das Kirchl. Einigungswerk d. württ. Landesbf. T. W., 1975;
    ders., „Es lag wie e. Bann über uns“, Landesbf. T. W. u. d. nat.sozialist. Judenverfolgung, in: Bll. f. württ. KGesch. 88, 1988, S. 446–64;
    ders., in: W.-D. Hauschild (Hg.), Profile d. Luthertums, 1998, S. 743–58;
    D. J. Diephouse, Wanderer zw. zwei Welten? T. W. u. d. Konstruktion e. prot. Ges.bildes n. 1945, in: R. Lächele u. J. Thierfelder (Hg.), Das ev. Württ. zw. Weltkrieg u. Wiederaufbau, 1995, S. 48–70;
    J. K. Wyneken, Memory as Diplomatic Leverage, Evangelical Bishop T. W. and War Crimes Trials, 1948–1952, in: Kirchl. Zeitgesch. 19, 2006, S. 368–88;
    S. Hermle, T. W., Zum Stand d. Forsch., in: Bll. f. württ. KGesch. 119/120, 2019/20, Bd. 1, S. 155–82;
    Baden-Württ. Biogrr. IV;
    Personenlex. Drittes Reich;
    Personenlex. Protestantismus;
    LThK³;
    Biogr. Hdb. Württ. LT (P);
    Kosch, Lit.-Lex.³ (W, L).

  • Author

    Benjamin Ziemann
  • Citation

    Ziemann, Benjamin, "Wurm, Theophil Heinrich" in: Neue Deutsche Biographie 28 (2024), S. 552-554 [online version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118635646.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA