Lebensdaten
1888 – 1948
Geburtsort
Breslau (heute Wrocław, Polen)
Sterbeort
Tübingen
Beruf/Funktion
Evangelischer Theologe ; Hochschullehrer ; Nationalsozialist ; Neutestamentler
Konfession
evangelisch-lutherisch
Normdaten
GND: 118562592 | OGND | VIAF: 7507267
Namensvarianten
  • Kittel, Gerhard
  • Cittel, Gerhard

Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Kittel, Gerhard, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118562592.html [28.03.2024].

CC0

  • Gerhard Kittel gab seit 1932 das „Theologische Wörterbuch zum Neuen Testament“ und seit 1934 „Rabbinische Texte“ heraus und entfaltete mit diesen bis heute bedeutenden Großprojekten eine breite nationale und internationale Wirkung. Im „Dritten Reich“ unterstützte er die nationalsozialistische Rassenpolitik und -ideologie mit seiner wissenschaftlichen Expertise. Im Mai 1945 wurde er seines Amts als Professor für neutestamentliche Exegese in Tübingen enthoben und interniert.

    Lebensdaten

    Geboren am 23. September 1888 in Breslau (heute Wrocław, Polen)
    Gestorben am 11. Juli 1948 in Tübingen
    Grabstätte Stadtfriedhof in Tübingen
    Konfession evangelisch-lutherisch
    Gerhard Kittel, Universitätsarchiv Tübingen (InC)
    Gerhard Kittel, Universitätsarchiv Tübingen (InC)
  • Lebenslauf

    23. September 1888 - Breslau (heute Wrocław, Polen)

    Von - Bis - Ort

    Ereignis

    Institution

    1898 - 1907 - Leipzig

    Schulbesuch (Abschluss: Abitur)

    König-Albert-Gymnasium

    1907 - 1912 - Leipzig; Berlin; Tübingen; Halle an der Saale

    Studium der Evangelischen Theologie und Orientalischen Philologie

    Universität

    Februar 1912

    1. Theologische Prüfung

    Mai 1912 - Juli 1913 - Halle an der Saale

    Hilfsassistent

    Universität (Neutestamentliches Seminar)

    November 1913 - Kiel

    Promotion (Lic. theol.)

    Universität

    Dezember 1913 - Kiel

    Habilitation für das Fach Neues Testament

    Universität

    August 1914 - Oktober 1914 - Cuxhaven

    freiwilliger Hilfsgeistlicher

    November 1914 - Dezember 1918 - Cuxhaven

    Marinefeldgeistlicher

    August 1915

    2. Theologische Prüfung

    Februar 1917 - Leipzig

    Umhabilitierung

    Universität (Theologische Fakultät)

    1917

    Eintritt

    Deutsche Vaterlandspartei

    1919 - 1921 - Leipzig

    Direktor

    Religionslehrerseminar

    April 1921 - 4.8.1921 - Leipzig

    außerordentlicher Professor für Neues Testament

    Universität

    5.8.1921 - Juli 1926 - Greifswald

    ordentlicher Professor für Neues Testament

    Universität

    Oktober 1924 - Greifswald

    zusätzlicher Lehrauftrag für die Geschichte und Literatur des Spätjudentums

    Universität

    30.7.1926 - 3.5.1945 - Tübingen

    ordentlicher Professor für neutestamentliche Exegese

    Universität

    1.5.1933 - 1945

    Mitglied

    NSDAP

    Juli 1936 - Mai 1945 - München

    Mitglied im Sachverständigenbeirat der Forschungsabteilung Judenfrage

    Reichsinstitut für Geschichte des neuen Deutschlands

    1938 - 1945

    Mitglied

    Nationalsozialistischer Altherrenbund der Deutschen Studenten

    1939 - 1943 - Wien

    Vertretung des Lehrstuhls für Neues Testament

    Universität

    25.10.1945 - Tübingen

    Entlassung aus dem Beamtenverhältnis durch die französische Militärregierung

    November 1945 - Oktober 1946 - Balingen (Württemberg)

    Verhaftung und Internierung

    Internierungslager

    Oktober 1946 - Februar 1948 - Beuron (Württemberg)

    Seelsorgeauftrag

    Württembergische Landeskirche

    11. Juli 1948 - Tübingen
  • Genealogie

    Vater Rudolf Kittel 1853–1929 aus Eningen (Württemberg); evangelisch-lutherisch; 1888–1898 Ordinarius für Alttestamentliche Wissenschaft an der Universität Breslau, 1898–1923 Ordinarius für Alttestamentliche Wissenschaft an der Theologischen Fakultät der Universität Leipzig und mehrfacher Rector Magnificus
    Großvater väterlicherseits Karl Kittel 1819–1861 aus Nagold (Württemberg), Reallehrer
    Großmutter väterlicherseits Pauline Kittel, geb. Mündler 1818–1897 aus Kempten, Hausfrau
    Mutter Emilie Kittel, geb. Groß 1860–1914 Hausfrau
    Großvater mütterlicherseits Theodor Groß 1825–1894 aus Tuttlingen (Württemberg), Ingenieur
    Großmutter mütterlicherseits Julie Groß, geb. Weigle 1832–1918 aus Ludwigsburg, Hausfrau
    Bruder Theodor Kittel 1883–1970 seit 1920 hoher Beamter im Reichs- und Bundesverkehrsministerium
    Heirat 19.5.1917 in Dresden
    Ehefrau Elisabeth Kittel, geb. Rohde 1886–1972
    Schwiegervater Adolf Rohde 1858–1929 aus Trendelburg (Hessen), evangelisch-lutherischer Pfarrer, zuletzt in Dresden-Klotzsche
    Schwiegermutter Lilli Rohde, geb. Röth 1857–1923 aus Allendorf (Werra), Hausfrau
    Tochter Elsbeth Kittel geb. 1918
    Sohn Eberhard Kittel 1920–2010
    Diese Grafik wurde automatisch erzeugt und bietet nur einen Ausschnitt der Angaben zur Genealogie.

    Kittel, Gerhard (1888 – 1948)

    • Vater

      Rudolf Kittel

      1853–1929

      aus Eningen (Württemberg); evangelisch-lutherisch; 1888–1898 Ordinarius für Alttestamentliche Wissenschaft an der Universität Breslau, 1898–1923 Ordinarius für Alttestamentliche Wissenschaft an der Theologischen Fakultät der Universität Leipzig und mehrfacher Rector Magnificus

      • Großvater väterlicherseits

        Karl Kittel

        1819–1861

        aus Nagold (Württemberg), Reallehrer

      • Großmutter väterlicherseits

        Pauline Kittel

        1818–1897

        aus Kempten, Hausfrau

    • Mutter

      Emilie Kittel

      1860–1914

      Hausfrau

      • Großvater mütterlicherseits

        Theodor Groß

        1825–1894

        aus Tuttlingen (Württemberg), Ingenieur

      • Großmutter mütterlicherseits

        Julie Groß

        1832–1918

        aus Ludwigsburg, Hausfrau

    • Bruder

      Theodor Kittel

      1883–1970

      seit 1920 hoher Beamter im Reichs- und Bundesverkehrsministerium

    • Heirat

      in

      Dresden

      • Ehefrau

        Elisabeth Kittel

        1886–1972

  • Biografie

    Nach dem Abitur studierte Kittel von 1907 bis 1912 Evangelische Theologie und Orientalische Philologie in Leipzig, Berlin, Tübingen und Halle an der Saale. Er betrieb sein Studium überwiegend philologisch und erlernte mehrere orientalische Sprachen, darunter Aramäisch, Hebräisch, Koptisch und Syrisch. 1913 wurde Kittel mit der Arbeit „Die Oden Salomos. Überarbeitet oder einheitlich?“ bei Johannes Leipoldt (1880–1965) an der Universität Kiel zum Lic. theol. promoviert und habilitierte sich hier wenige Wochen später für das Fach Neues Testament.

    Von 1914 bis 1918 wirkte Kittel als Marinefeldgeistlicher in Cuxhaven und erwarb sich nach dem Ersten Weltkrieg durch die Übersetzung der Schrift „Sifre zu Deuteronomium“ (1922) als einer der ersten nicht-jüdischen Wissenschaftler eine besondere Expertise im rabbinischen Schrifttum. Nach kurzen Tätigkeiten als Direktor eines Religionslehrerseminars und außerordentlicher Professor trat er im August 1921 das Ordinariat für Neues Testament in Greifswald an. Im selben Jahr veröffentlichte Kittel die Studie „Die Religion des Volkes Israel“, in der er sich insgesamt respektvoll über das Judentum äußerte.

    1926 wurde Kittel als Nachfolger Adolf von Schlatters (1852–1938) auf den Lehrstuhl für neutestamentliche Exegese der Universität Tübingen berufen. Hier legte er die Grundlage für zwei bis heute mit seinem Namen verbundene wissenschaftliche Großprojekte: das „Theologische Wörterbuch zum Neuen Testament“ (ThWNT) sowie die Text- und Übersetzungsedition „Rabbinische Texte“. Kittel gelang es, qualifizierte jüngere Wissenschaftler, darunter Joachim Jeremias (1900–1979), Karl Georg Kuhn (1906–1976) und Karl Heinrich Rengstorf (1903–1992), für seine Arbeit zu gewinnen und zog begabte Doktoranden wie Walter Grundmann (1906–1976) und Gerhard Friedrich (1908–1986) an seinen Lehrstuhl. Das ThWNT galt aufgrund seiner philologischen Präzision national wie international als unentbehrliche Grundlage für jede exegetische und theologische Arbeit am Neuen Testament und wird auch im 21. Jahrhundert als Ausgangspunkt vieler wissenschaftlicher Arbeiten zu neutestamentlichen Themen gewählt. Die Artikel des Wörterbuchs sollten das spezifisch Christliche im Neuen Testament herausarbeiten und als theologisch besonders bedeutsam hervorheben, wodurch viele Stichwörter ein verzerrtes Bild des Judentums enthalten, das dem Forschungsstand nicht gerecht wird.

    Seit Mai 1933 Mitglied der NSDAP, veröffentliche Kittel im selben Jahr die Schrift „Die Judenfrage“, in der er vier Wege für den Umgang mit der jüdischen Bevölkerung in Deutschland erläuterte: „gewaltsame Ausrottung“, Vertreibung und gemeinsame Ansiedlung in einem „Judenstaat“, „Assimilation“ und Duldung im Dauerstatus der „Fremdlingschaft“. Er plädierte für eine Duldung und forderte für jüdische Menschen einen Gast-Status, der mit einer umfassenden Entrechtung und Ausgrenzung verbunden werden sollte. Kittel vertrat antisemitische und anti-aufklärerische Ansichten, die er vermeintlich wissenschaftlich und metaphysisch begründete. Die politische Führung des „Dritten Reichs“ konnte mit seinen Anschauungen wenig anfangen, sah in ihm aber einen zuverlässigen Helfer, der seine theologischen Prägungen noch nicht vollständig überwunden habe. Auch bei den „Deutschen Christen“ und in der evangelischen Kirche konnte Kittel mit seinen als ambivalent und zu kompliziert wahrgenommenen Vorschlägen zum Umgang mit jüdischen Menschen in Deutschland keine größere Wirkung entfalten.

    1936 trat Kittel auf Einladung von Walter Frank (1905–1945) in den Sachverständigenbeirat der Forschungsabteilung Judenfrage des Reichsinstituts für Geschichte des neuen Deutschlands ein. Deren antisemitisch motivierte Forschungsbeiträge wurden in der Schriftenreihe „Forschungen zur Judenfrage“ und in der Rubrik „Zur Geschichte der Judenfrage“ der renommierten „Historischen Zeitschrift“ publiziert. 1939 legte Kittel in diesem Rahmen die Studie „Die historischen Voraussetzungen der jüdischen Rassenmischung“ vor. Er verfasste zudem seit 1937 vertrauliche Berichte für das Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung, in denen er Fachkollegen protegierte oder denunzierte, und erstellte Gutachten für staatliche Behörden zur Identifizierung und Diskriminierung jüdischer Menschen.

    Kittel war 1933 für einige Monate Mitglied der „Deutschen Christen“, wandte sich von diesen aber wieder ab, da er deren ablehnende Haltung zum Alten Testament nicht teilte. Die „Bekennende Kirche“ um Martin Niemöller (1892–1984) lehnte er als staatsfeindlich ab, schützte aber die Bischöfe Theophil Wurm (1868–1953) und Hans Meiser (1881–1956) vor Repressionen des NS-Staats. Kittel passte seine theologischen Argumente an die antisemitische Politik des Nationalsozialismus an, hob jedoch zugleich die Bedeutung des Alten Testaments für die Evangelische Kirche hervor. Er betonte den Unterschied zwischen dem von ihm positiv gewerteten Israel der biblischen Zeit und dem modernen Judentum, das er geradezu hasste, indem er über eine jüdische „Rassenmischung“ in vorchristlicher Zeit spekulierte.

    Am 3. Mai 1945 auf Weisung der französischen Militärbehörde verhaftet, wurde Kittel nach mehrwöchiger Haft in Tübingen in das Internierungslager Balingen überstellt. Hier verfasste er seine Schrift „Meine Verteidigung“, in der er sein Handeln im „Dritten Reich“ als eine dem Christentum inhärente und notwendige antijüdische Haltung, die auch Jesus, der Apostel Paulus, Martin Luther (1483–1546) und Johann Wolfgang von Goethe (1749–1832) vertreten hätten. Für diesen „christlichen Antijudaismus“ öffentlich einzutreten, sei ihm „persönlich in einzigartiger Weise als Christ und Theologe von Gott“ auferlegt worden.

    Nach seiner Haftentlassung im Oktober 1946 von der württembergischen Landeskirche mit einem Seelsorgeauftrag in Beuron betraut, gelang es Kittel, namhafte internationale Wissenschaftler – darunter den Präsidenten der University of Chicago, Ernest Cadman Colwell (1901–1974), den Kanzler der Vanderbilt University, Bennett Harvie Branscomb (1894–1998), sowie die Harvard-Professoren Arthur Darby Nock (1902–1963) und Henry Joel Cadbury (1883–1974) – zu gewinnen, um als Herausgeber des „Theologischen Wörterbuchs zum Neuen Testament“ wiedereingesetzt zu werden. Dem wurde im August 1947 von der französischen und der US-amerikanischen Militärbehörde entsprochen. Im Februar 1948 teilte Kittel mit, der Vatikan habe ihn mit der Herausgeberschaft der Sammlung antiker jüdischer Inschriften, dem „Corpus Inscriptionum Judaicarum“ beauftragt. Wenige Tage nach seinem Tod urteilte die Spruchkammer für den Lehrkörper der Universität Tübingen am 15. Juli 1948, Kittel sei „nicht als Hauptschuldiger oder Belasteter einzureihen“.

  • Auszeichnungen

    1917 Eisernes Kreuz II. Klasse
    1918 Hamburgisches Hanseatenkreuz
    spätestens Oktober 1926 Dr. h. c., Universität Kiel
    Mai–November 1933 Mitglied der Deutschen Christen
    1938–1945 Mitglied der Reichsdozentenschaft
    September 1938–1948 Mitglied im Vorstand („committee“) der Studiorum Novi Testamenti Societas
    Juni 1940 Silbernes Treudienst-Ehrenzeichen, Wien
  • Quellen

    Nachlass:

    Archiv des Evangelischen Stifts Tübingen, Archivinventar N 5.

    Weitere Archivmaterialien:

    Universitätsarchiv Tübingen, 162/31 (Personalakte der Evangelisch-Theologischen Fakultät, Onlineressource); 183/172 (Schriftwechsel Kittels, Theologisches Wörterbuch zum Neuen Testament); Mn 2–1135 u. 2264 (Briefwechsel Kittels mit Rudolf Bultmann).

    Staatsarchiv Sigmaringen, Wü 13 T2. (Spruchkammerakte Kittels, Onlineressource)

    Bundesarchiv, Berlin-Lichterfelde, R 4901/2924 (Neutestamentler Tagung, 1938/39); R 55/628, Fiche 1, Bl. 28–36 (Gutachten Kittels zu Herschel Grynspan für den Volksgerichtshof, Dezember 1941), gedruckt in: Manfred Gailus/Clemens Vollnhals (Hg.), Christlicher Antisemitismus im 20. Jahrhundert. Der Tübinger Theologe und „Judenforscher“ Gerhard Kittel, 2019, S. 187–194.

    Historisch Documentatiecentrum voor het Nederlands Protestantisme (1800–heden), Vrije Universiteit Amsterdam, Archief van prof. dr. F.W. Grosheide (1881–1972), Collectie nummer: 111, Correspondentie Brieven aan F.W. Grosheide, K 134–K 197, Inv 111, Box 14, Ordner 124 (Briefwechsel von Gerhard und Elisabeth Kittel mit Frederik Willem und Alexandrine O.W.D. Grosheide, 1922–1944 u. 6.7.1955).

    Gedruckte Quellen:

    Karl Barth/Gerhard Kittel, Ein theologischer Briefwechsel, 1934, Nachdr. in: Karl Barth. Offene Briefe 1909–1935, hg. v. Diether Koch, 2001, S. 268–319.

    Gerhard Kittel, Meine Verteidigung, in: Matthias Morgenstern/Alon Segev (Hg.), Gerhard Kittels Verteidigung. Die Rechtfertigungsschrift eines Tübinger Theologen und „Judentumsforschers“ vom Dezember 1946, 2019.

  • Werke

    Monografien:

    Die Oden Salomos. Überarbeitet oder einheitlich? Mit 2 Beilagen: I. Bibliographie der Oden Salomos. II. Syrische Konkordanz der Oden Salomos, 1914. (Diss. Lic. theol.)

    Die Religion des Volkes Israel, 1921, 21929.

    Sifre zu Deuteronomium. Übers. u. erl. v. Gerhard Kittel, 1922.

    Jesus und die Juden, 1926.

    Urchristentum, Spätjudentum, Hellenismus. Akademische Antrittsvorlesung, gehalten am 28. Oktober 1926, 1926.

    Die Probleme des palästinischen Spätjudentums und das Urchristentum, 1926.

    Die Judenfrage, 1933, 21933, 31934 mit „Antwort an Martin Buber“ (S. 87–100) und „Kittel und Judenchristen“ (S. 101–113).

    Lexicographia sacra. Two Lectures on the Making of the Theologisches Wörterbuch zum Neuen Testament, delivered on Oct. 20th and 21st 1937 in the Divinity School, Cambridge, 1938, gekürzte dt. Fassung in: Deutsche Theologie 5 (1938), S. 91–109.

    Die historischen Voraussetzungen der jüdischen Rassenmischung, 1939.

    Gerhard Kittel/Eugen Fischer, Das antike Weltjudentum. Tatsachen, Texte, Bilder, 1943, Nachdr. 1996.

    Herausgeberschaften:

    Rabbinische Texte. Übersetzung und Erklärung. 1. Reihe, Die Tosefta, Bd. 6, H. 1–3, 1934–1937; 2. Reihe, Tannaitische Midraschim, seit 1933 in Lieferungen.

    Theologisches Wörterbuch zum Neuen Testament, 4 Bde., 1933–1942.

    Aufsätze:

    Die γενεαλογίαι der Pastoralbriefe, in: Zeitschrift für die Neutestamentliche Wissenschaft und die Kunde der älteren Kirche 20 (1921), S. 46–69.

    Die Bergpredigt und die Ethik des Judentums, in: Zeitschrift für systematische Theologie 2 (1925), S. 555–594.

    Art. „Judentum III“, in: Hermann Gunkel (Hg.), Die Religion in Geschichte und Gegenwart. Handwörterbuch für Theologie und Religionswissenschaft, Bd. 3, 21929, Sp. 491–494.

    Die Stellung des Jakobus zu Judentum und Heidenchristentum, in: Zeitschrift für die Neutestamentliche Wissenschaft und die Kunde der älteren Kirche 30 (1931), S. 145–157.

    Das Urteil über die Rassenmischungen im Judentum und in der biblischen Religion, in: Der Biologe 6 (1937), S. 342–352.

    Das Urteil des Neuen Testamentes über den Staat, in: Zeitschrift für Systematische Theologie 14 (1937), S. 651–680.

    Die Entstehung des Judentums und die Entstehung der Judenfrage, in: Forschungen zur Judenfrage. 1. Sitzungsberichte der Ersten Arbeitstagung der Forschungsabteilung Judenfrage des Reichsinstituts für Geschichte des neuen Deutschlands vom 19. bis 21. November 1936, 1937, S. 43–63.

    Der geschichtliche Ort des Jakobusbriefes, in: Zeitschrift für die Neutestamentliche Wissenschaft und die Kunde der älteren Kirche 41 (1942), S. 71–105.

    Das kleinasiatische Judentum in der hellenisch-römischen Zeit. Ein Bericht zur Epigraphik Kleinasiens, in: Theologische Literaturzeitung 69 (1944), S. 9–20.

  • Literatur

    Monografien und Sammelbände:

    Helmut Heiber, Walter Frank und sein Reichsinstitut für Geschichte des neuen Deutschlands, 1966.

    Leonore Siegele-Wenschkewitz, Neutestamentliche Wissenschaft vor der Judenfrage. Gerhard Kittels theologische Arbeit im Wandel deutscher Geschichte, 1980.

    Henry Wassermann, False Start. Jewish Studies at German Universities during the Weimar Republic, 2003.

    Alan E. Steinweis, Studying the Jew. Scholarly Antisemitism in Nazi Germany, 2006.

    Dirk Rupnow, Judenforschung im Dritten Reich. Wissenschaft zwischen Politik, Propaganda und Ideologie, 2011.

    Horst Junginger, Die Verwissenschaftlichung der „Judenfrage“ im Nationalsozialismus, 2013.

    Manfred Gailus/Clemens Vollnhals (Hg.), Christlicher Antisemitismus im 20. Jahrhundert. Der Tübinger Theologe und „Judenforscher“ Gerhard Kittel, 2019.

    Lukas Bormann/Arie Zwiep (Hg.), Gerhad Kittel. Auf dem Weg zu einer Biographie, 2022.

    Aufsätze:

    Robert P. Ericksen, Zur Auseinandersetzung mit und um Gerhard Kittels Antisemitismus, in: Evangelische Theologie 43 (1983), S. 250–270.

    Leonore Siegele-Wenschkewitz, Protestantische Universitätstheologie und Rassenideologie in der Zeit des Nationalsozialismus. Gerhard Kittels Vortrag „Die Entstehung des Judentums und die Entstehung der Judenfrage“ von 1936, in: Günter Brakelmann (Hg.), Antisemitismus. Von religiöser Judenfeindschaft zur Rassenideologie, 1989, S. 52–75.

    Lukas Bormann, „Auch unter politischen Gesichtspunkten sehr sorgfältig ausgewählt“. Die ersten deutschen Mitglieder der Studiorum Novi Testamenti Societas (SNTS) 1937–1946, in: New Testament Studies 58 (2012), S. 416–452.

    Horst Junginger, Gerhard Kittel. Tübinger Theologe und Spiritus rector der nationalsozialistischen „Judenforschung“, in: Manfred Gailus (Hg.), Täter und Komplizen in Theologie und Kirchen, 2015, S. 81–112.

    Lukas Bormann, Das Theologische Wörterbuch zum Neuen Testament im 21. Jahrhundert. Überlegungen zu seiner Geschichte und heutigen Benutzung, in: Gerhard Kittel/Gerhard Friedrich (Hg.), Theologisches Wörterbuch zum Neuen Testament, 2019, S. V–XXII.

    Lexikonartikel:

    Gerhard Friedrich/Johannes Friedrich, Art. „Kittel, Gerhard (1888–1948)“, in Theologische Realenzyklopädie, Bd. 19, 1990, S. 221–225.

    Alf Christophersen, Art. „Kittel, Gerhard“, in: Hans Dieter Betz (Hg.), Religion in Geschichte und Gegenwart, Bd. 4, 4. völlig neu bearb. Aufl. 2001, Sp. 1387.

    Marc Zirlewagen, Art. „Kittel, Gerhard“, in: ders., Biographisches Lexikon der Vereine Deutscher Studenten, Bd. 1, 2014, S. 421–424.

  • Onlineressourcen

  • Porträts

    Fotografie v. Arthur Gröger (1888–1960), 1940, Universitätsarchiv Tübingen, S 23/1,627.

  • Autor/in

    Lukas Bormann (Marburg)

  • Zitierweise

    Bormann, Lukas, „Kittel, Gerhard“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.10.2022, URL: https://www.deutsche-biographie.de/118562592.html#dbocontent

    CC-BY-NC-SA

  • Genealogie

    V Rudolf (s. 2); - ( Dresden 1917 Elisabeth (1886–1972), T d. Pfarrers Adolf Rohde u. d. Caroline Roeth;
    1 S , 1 T .

  • Biographie

    Der vorliegende Artikel gibt ausschließlich das Werturteil des Verfassers wieder, der den Inhalt allein verantwortet. Im Rahmen des Projekts „NDB-online“ wurde eine Neufassung des Artikels publiziert. Die ältere Version bleibt als Quelle kritischer, historiographiegeschichtlicher Forschung weiterhin zugänglich.

    K. studierte in Leipzig, Tübingen, Berlin und Halle Theologie und orientalische Sprachen. 1913 habilitierte er sich in Kiel, war seit 1917 Privatdozent in Leipzig und wurde 1921 dort außerordentlicher Professor, dann ordentlicher Professor in Greifswald, 1926 in Tübingen (Nachfolger von A. Schlatter), 1939 in Wien. Seit 1943 war er wieder in Tübingen. 1945 wurde er entlassen. K. führte historische und religionsvergleichende Untersuchungen durch und zwar vor allem über das Urchristentum in Palästina und das antike Judentum. Bekannt geworden ist er als Herausgeber des Theologischen Wörterbuches zum NT (1933 ff.) und durch seine Stellungnahme zu geschichtlichen und aktuellen Fragen des Judentums. Ausgangspunkt für K. ist dabei das Phänomen des antiken Weltjudentums. Von dem alten Volksbestand Israels verschieden, ist es nach seiner Meinung eine typische Zersetzungserscheinung, eine Dekadenz des ursprünglichen Rassebestandes. Erst dieser rassisch depravierte Bestand ist für die biologisch-anthropologische Größe des Judentums charakteristisch. Zwischen rassischen Vorgängen in der Diaspora und den geistig-seelischen Vorgängen, die von Palästina ausgehen, die beide als Judaisierung anzusehen sind, ist grundsätzlich zu unterscheiden. Entscheidend ist das Gesetz von dem stetigen Ineinander und der Wechselwirkung der geistig-seelischen und der biologisch-bluthaften Prozesse. Das antike Weltjudentum beruft sich geistig auf Privilegierungstheorie und kasuistische Gesetzlichkeit. Es beansprucht, die Gleichberechtigung mit allen anderen Bürgern des römischen Imperiums, aber gleichzeitig behauptet es, Volk in besonderem Sinn mit allen Privilegien zu sein. Das Christentum bringt die Kampfansage gegen diese bevorzugte Stellung des Judentums mit sich. Es ist die geschichtliche Umkehrbewegung, die entscheidende Gegenbewegung, die das die Völker zerfressende Weltjudentum entmachtet. Durch den Eintritt des Christentums in die abendländische Geschichte wird der schon vorher mannigfach vorhandene, aber uneinheitliche Antisemitismus zu einer erstmaligen Geschlossenheit umgeformt und für ein Jahrtausend als eine der undiskutierten Voraussetzungen der abendländischen Kultur angesehen. Das Diasporajudentum wehrt sich mit Erfolg gegen eine Auflösung durch die christliche Mission; es bildet sich um zu einem neuartigen Rassengemisch, das sich gegen die abendländischen Völker abgrenzt. Die Nachfolge Jesu hat umgekehrt zu allen Zeiten eine antithetische Stellung zum Judentum beibehalten. Sie schuf ein neues Einheitsbewußtsein, zu dem die anderen religiösen Kräfte nicht fähig waren. Wo das Judentum sich bewahrt, muß es dem Anspruch Jesu den Kampf ansagen. Wo Jesus als Wirklichkeit und Wahrheit anerkannt wird, da hat das Judentum sein Ende gefunden.

    K. hat den Versuch unternommen, Rassenprobleme in einer Zeit des primitivsten Biologismus religionsgeschichtlich zu deuten. Daß dabei seine Auffassung bei persönlicher Integrität in Mißkredit kam, mißbraucht wurde und sich K. nicht immer eindeutig von den nationalsozialistischen Rassevorstellungen fernzuhalten wußte, ist nicht verwunderlich. Wenn auch seine Thesen über das Judentum unhaltbar sind, so hat er doch bei seiner großen Gelehrsamkeit wertvolles Material zur Geschichte des Judentums zusammengetragen.

  • Werke

    u. a. Die Oden Salomons, überarb. od. einheitlich? Diss. Kiel 1913, 1914;
    Jesus u. d. Rabbinen, 1914;
    Rabbinica, 1920;
    Sifre zu Deuteronomium, 1. Lfg., 1922;
    Urchristentum, Spätjudentum, Hellenismus, 1926;
    Jesus u. d. Juden, 1926;
    Die Probleme d. palästin. Spätjudentums u. d. Urchristentum, 1926;
    Die Rel.gesch. u. d. Urchristentum, 1932;
    Die Judenfrage;
    1933, ³1934;
    Kirche u. Judenchristen, 1933;
    Ein theolog. Briefwechsel (mit K. Barth), 1934;
    Christus u. Imperator, 1939;
    Die Entstehung d. Judentums u. d. Entstehung d. Judenfrage, 1937;
    Meine Verteidigung (abgeschlossen am 14.12.1946).

  • Literatur

    G. Friedrich u. G. Reyher, in: Theol. Lit.ztg. 74, 1949, Sp. 171-75 (W-Verz., L);
    O. Michel, Das wiss. Vermächtnis G. K.s, in: Dt. Pfarrerbl. 58, 1958, S. 415-17;
    RGG³.

  • Autor/in

    Otto Michel
  • Zitierweise

    Michel, Otto, " Kittel, Gerhard " in: Neue Deutsche Biographie 11 (1977), S. 691-692 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118562592.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA