Lebensdaten
1691 – 1768
Geburtsort
Würzburg
Sterbeort
Warthausen bei Biberach/Riß ( Württemberg )
Beruf/Funktion
kurmainzischer Staatsminister ; Großhofmeister ; Diplomat
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 117652199 | OGND | VIAF: 15551800
Namensvarianten
  • Stadion, Anton Heinrich Friedrich Graf
  • Stadion zu Warthausen und Thannhausen, Friedrich Graf von
  • Stadion-Warthausen und Thannhausen, Anton Heinrich Friedrich Graf von
  • mehr

Objekt/Werk(nachweise)

Verknüpfungen

Verknüpfungen zu anderen Personen wurden aus den Registerangaben von NDB und ADB übernommen und durch computerlinguistische Analyse und Identifikation gewonnen. Soweit möglich wird auf Artikel verwiesen, andernfalls auf das Digitalisat.

Orte

Symbole auf der Karte
Marker Geburtsort Geburtsort
Marker Wirkungsort Wirkungsort
Marker Sterbeort Sterbeort
Marker Begräbnisort Begräbnisort

Auf der Karte werden im Anfangszustand bereits alle zu der Person lokalisierten Orte eingetragen und bei Überlagerung je nach Zoomstufe zusammengefaßt. Der Schatten des Symbols ist etwas stärker und es kann durch Klick aufgefaltet werden. Jeder Ort bietet bei Klick oder Mouseover einen Infokasten. Über den Ortsnamen kann eine Suche im Datenbestand ausgelöst werden.

Zitierweise

Stadion, Friedrich Graf, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd117652199.html [19.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus d. friderizian. Linie bzw. d. Linie Warthausen;
    V Johann Philipp (1652–1742, Reichsgf. 1705), wohl 1709–41 kurmainz. Minister u. Großhofmeister, erwarb 1696 d. Herrschaft Warthausen u. 1708 d. Herschaft Thannhausen (Schwaben) (s. Einl.), S d. Johann Christoph Frhr. v. S. (1610–62), u. d. Maria Magdalena v. Ostein (1610–64);
    M Maria Anna (1669–1703), T d. Melchior Friedrich Gf. v. Schönborn (1644–1717), 1667–69 kurmainz. Gesandter, 1672–1700 Vizedom in Aschaffenburg, 1672 Reichshofrat, 1695 bamberg. u. ksl. GR, u. d. Maria Anna Sophia Freiin v. Boineburg-Lensfeld (1652–1726;
    Om Johann Philipp Franz Gf. v. Schönborn (1673–1724), Fürstbf. v. Würzburg (s. NDB X), Friedrich Carl Gf. v. Schönborn (1674–1746), Fürstbf. v. Bamberg u. Würzburg (s. NDB V), Damian Hugo Gf. v. Schönborn (1676–1743), Fürstbf. v. Speyer u. Konstanz, Kard. (s. NDB III), Franz Georg Gf. v. Schönborn (1682–1756), Erzbf. v. Trier (s. NDB V);
    23 Geschw u. Halb-Geschw u. a. Halb-B Franz Conrad Gf. v. S. (1679–1757, 1686 Reichsgf.), Fürstbf. v. Bamberg (s. Gatz II);
    Ebnet b. Freiburg 1724 Maria Anna Augusta Antonia (1706–74), T d. Ferdinand Hartmann Frhr. v. Sickingen zu Hohenburg (1673–1743), ksl. GR, u. d. Maria Elisabeth Margarethe Sidonie Gfn. zu Pappenheim (1680–1734);
    2 S Johann Philipp (1733–1800), Domherr zu Bamberg, Mainz u. Würzburg, Franz Konrad (1736–87), Amtmann zu Bischofsheim/Tauber, GR, 3 T Maria Anna (1727–n. 1790, Ferdinand Gf. Schall v. Bell, 1783, berg. Landhofmeister, kurpfälz. GR), Maria Therese Sophia (1729–97, Joseph Franz Gf. v. Spaur, 1725–97, ksl. Kammerrichter), Maria Maximiliana (1737–1816), Fürstäbtissin zu Buchau;
    E Johann Philipp Gf. v. S. (s. 2), aus Verbindung mit Anna Catharina N. N. 1 außerehel. S Georg Michael Fran(c)k v. La Roche (1720–88, Sophie Gutermann Edle v. Gutershofen, 1730–1807, Schriftst., s. NDB 13), kurtrier. Staatsrat u. Reg.kanzler (s. ADB 17).

  • Biographie

    Wohl nach Studium in Mainz und einer Kavalierstour durch Holland, Frankreich und Italien trat S. in kurmainz. Dienste. Er war Geheimer Rat, 1718 Oberamtmann von Bischofsheim/Tauber, 1725 Hofmarschall, 1745 erster Hof- und Staatsminister, Geheimer Konferenzminister und Großhofmeister. Seit seiner Studienzeit war er Anhänger der franz. Aufklärung, insbesondere der Enzyklopädisten und Montesquieus. Zutiefst verehrte er Voltaire, mit dem er seit 1725 befreundet war und korrespondierte. Stark beeinflußten ihn zudem die Schriften von Shaftesbury, Locke und Pope. Seine besondere Vorliebe galt Shakespeare. Trotz S.s. Freundschaft mit Freigeistern und seiner offen antiklerikalen Haltung ließ der fromme, aber schwache Kf. Johann Friedrich Karl v. Ostein (1696–1763) seinem Verwandten bei den Regierungsgeschäften weitgehend freie Hand, wodurch im Kurfürstentum Mainz ein Reformprozeß nach den Grundsätzen der Aufklärung einsetzte. Im Zuge der merkantilistischen Wirtschafts- und Handelsförderung wurde 1746 die Porzellanmanufaktur Höchst gegründet, in Mainz wurden ein Pfandhaus, Kaufhaus, Weinmarkt, Zuchthaus und eine Lotterie eingerichtet. Die Landstraßen und Schiffahrtswege wurden verbessert und eine Handelskommission gegründet. 1752 wurden Handelskammer und Handelsgericht eingeführt und eine „Sammlung deren in Policey- und Commercien-Sachen erlassenen churfürstl[ich]-mayntzischen Verordnungen ( . . . )“ veröffentlicht, die bis zum Ende des Kurstaates in Kraft blieben. Das Mainzer Landrecht wurde 1755 erlassen und 1758 die allgemeine Schulpflicht eingeführt. Durch die Zusammenfassung von Hofrat, Hofkammer und Hofgericht im Geheimen Rat wurden Verwaltung, Finanzen und Justiz unter S. zentralisiert, der dort die grundsätzlichen Richtlinien vorgab. Sein Eintreten für eine geregelte Wohlfahrtspflege, die Abschaffung von Feiertagen, der Kampf gegen Wunder- und Aberglaube und die Verschärfung des Amortisationsgesetzes 1746 brachten den Klerus gegen ihn auf. Obwohl offiziell bis 1767 im Amt, zog sich S. 1761 auf seine Güter in Warthausen zurück und begründete dort einen „Musenhof“. Häufige Gäste waren u. a. Christoph Martin Wieland, der in Warthausen auf Anregung von S. mit der ersten dt. Übersetzung Shakespeares begann, der volkstümliche Dichter Sebastian Sailer, der Maler Johann Heinrich Tischbein d. Ä., kurmainz. Beamte wie Karl Friedrich Frhr. v. Groschlag (1729–99) und Anselm Franz Frhr. v. Bentzel (1738–86) sowie sein außerehelicher Sohn Georg Michael Frank v. La Roche und dessen Frau, die Schriftstellerin Sophie v. La Roche.

    S., den Wieland als einen der vorzüglichsten Weltmänner seiner Zeit bezeichnete, war der Mittelpunkt der aufgeklärten Zirkel in Mainz und Ausgangspunkt der reformerischen Ideen und Impulse der Regierung Osteins. Allerdings stießen seine zukunftsweisenden Reformen auf Ablehnung bei Volk und Klerus und blieben durch die geringe Unterstützung Osteins in ihrer Durchführung halbherzig und unvollständig.

    Seine größte Bedeutung hat S. als Wegbereiter der Aufklärung in Kurmainz: Er beeinflußte hier maßgeblich die nachfolgende Generation von Ministern und Beamten und machte dadurch Mainz zu einem Zentrum der kath. Aufklärung. Bereits früh förderte er den späteren Kf. Emmerich Joseph v. Breidbach-Bürresheim (1707–74) sowie dessen leitende Minister Groschlag und Bentzel. Mit dem Amtsantritt Emmerich Josephs 1763 wurde die Aufklärung zur Grundlage des Regierungsprogramms. S. kehrte zwar wegen seiner schlechten Gesundheit nicht mehr an den Mainzer Hof zurück, empfing seinen Stellvertreter und späteren Nachfolger Groschlag jedoch häufig in Warthausen zu Beratungen über die Regierungspolitik. Sein Einfluß zeigte sich deutlich in den Reformen der neuen Regierung, die sich durch ihren radikaleren Ansatz von denen anderer geistlicher Staaten abhoben. Kf. Friedrich Karl Joseph v. Erthal (1719–1802), ursprünglich auch ein Schüler S.s, errang 1774 die Kurwürde als Kandidat der reaktionären Kräfte, wandte sich im Sinne seiner Wähler gegen die Reformmaßnahmen und entließ die führenden Minister und Beamten. Nach nur wenigen Jahren griff er mit einer stärkeren Ausrichtung auf den Wiener Hof das von S. angestoßene Reformprogramm wieder auf, was sich u. a. in der Rehabilitierung Bentzels und der Universitätsreform von 1784 zeigte.

  • Quellen

    Haus-, Hof- u. StA Wien, Archiv d. Grafen S.; Staatl. Gebietsarchiv Pilsen, Zweigstelle Klattau, Fam.archiv d. Grafen S.; Warthauser Schloßarchiv; – gedr.: kurmainz. Verordnungen, 1725–60.

  • Literatur

    ADB 54;
    W. Herse, Kurmainz am Vorabend d. Rev., 1907;
    A. Kirnberger, Die Handelsmesse in Mainz in d. Zeit d. merkantilist. Wirtsch.pol. d. drei letzten Kurfürsten v. Mainz 1743–1793, 1951;
    G. v. Koenig-Warthausen, in: Lb. Schwaben VIII, 1962, S. 113–38 (P);
    H. Rössler, Gf. Johann Philipp v. S., Napoleons dt. Gegenspieler, 1. Bd.: 1763–1809, 1966;
    A. Bach, Aus Goethes rhein. Lebensraum, 1968, S. 1–134;
    T. C. W. Blanning, Reform and rev. in Mainz 1743–1803, 1974;
    W. Erhart, Von Warthausen nach Kozel, Die Bibl. d. F. Gf. v. S. (1691–1768), in: Euphorion 86, 1992, S. 131–47;
    F. St. Pelgen, Ein Geheimdossier d. Grosshofmeisters F. Gf. v. S. über d. Zustand d. Mainzer Domkapitels zu Jahresbeginn 1753, in: Mainzer Zs. 105, 2010, S. 169–78;
    ders., Das Testament d. kurfürstlich-mainz. Großhofmeisters F. Gf. v. S., ebd. 106/ 107, 2011/12, S. 29–51 (P);
    M. Krejčová-Wells, Die Gem.slg. der Grafen S. v. ihren Anfängen im frühen 18. Jh. bis z. Verkauf 1824, ebd., S. 3–28 (P);
    Wurzbach.

  • Porträts

    Öl/Lwd., ganzfigurig, lebensgroß, v. J. H. Tischbein d. Ä., undatiert (Schloß Kozel);
    halbfigurig sitzend, v. dems., undatiert (Schloß Kozel), hiervon mehrere Kopien;
    Kupf., v. J. H. Lips, 1778, Abb. u. a. in: J. C. Lavater, Physiognomik, u. v. J. Hall, um 1790 (beide u. a. Wien, Österr. Nat.bibl.).

  • Autor/in

    Sascha Weber
  • Zitierweise

    Weber, Sascha, "Stadion, Friedrich Graf" in: Neue Deutsche Biographie 25 (2013), S. 2-3 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117652199.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Stadion: Graf Anton Heinrich Friedrich St. (Stammvater der Friedericianischen Linie des gräfl. Hauses von Stadion zu Thann- und Warthausen) ist geboren am 5. April 1691 als der Sohn des kurf. mainz. Geheimrathes und Großhofmeisters Johann Philipp v. St. ( 1741). Zum Eintritt in den Staatsdienst bestimmt, machte St. nach Vollendung seiner Vorbereitungsstudien Reisen nach Holland, Frankreich und Italien, wobei er Gelegenheit fand, mit den hervorragendsten Geistern des Auslandes in Berührung zu kommen. Auf diesen Reisen hat St. sich nicht bloß den äußeren Schliff geholt,|wie dies bei dem jugendlichen Adel seiner Zeit Sitte war, sondern er sah sich auch überall mit offenen Augen um und eignete sich Kenntnisse an, die für seinen künftigen Beruf förderlich waren. In jugendlichem Alter in den Staatsdienst aufgenommen, gelang es ihm, dank seiner großen Befähigung, rasch vorwärts zu kommen und zur Würde eines kurmainz. Großhofmeisters aufzusteigen. In dieser Stellung übte er unter drei Kurfürsten einen großen Einfluß auf die Gestaltung der öffentlichen Verhältnisse des Kurstaates aus. Es wäre kaum zu verstehen, wie Kurfürsten von streng gläubiger Richtung einen Mann frei schalten und walten ließen, der im Verkehr mit aus- und inländischen Freigeistern stand, sich in den Dienst der Aufklärung stellte und seine freisinnige Richtung in seinen Amtshandlungen zum Ausdruck brachte, wenn man nicht wüßte, daß seine Herren, namentlich Philipp Karl v. Eltz (1732—1743) und Johann Friedrich Karl v. Ostein (1743—1763) schwache, bequeme und in Staatsgeschäften durchaus unerfahrene Fürsten waren. Diese mochten ihrem Großhofmeister umso mehr vertrauen, als er seine Thätigkeit mit der Einführung einer Reihe von gemeinnützigen Einrichtungen begonnen hatte. So war es ein höchst verdienstvolles Werk, durch Schaffung eines für den größten Theil des Kurstaates (mit Ausnahme von Erfurt und vom Eichsfeld) gültigen Landrechts willkürlichen Abweichungen vom gemeinen Recht ein Ende zu machen und durch eine zeitgemäße Gerichtsordnung den Gang des Verfahrens in bürgerlichen und Strafsachen zu regeln. An der Herstellung der am 1. Januar 1756 in Kraft getretenen Gesetzgebung arbeitete St. in Verbindung mit dem Hofkanzler v. Vorster, mit den Mitgliedern des Hofraths: Freiherrn v. Breidbach-Bürresheim, v. Lammertz, v. Stubenrauch, v. Clemens, v. Cunibert, Rüssel, Ottenthal und Hartmann und mit den Mitgliedern des Hofgerichts: Preetz und Itzstein. Eine Reihe von wichtigen, zur Förderung von Handel und Verkehr in der Zeit von 1747—1750 erlassenen Verordnungen sind niedergelegt in einer im J. 1752 erschienenen ersten „Sammlung deren in Policey u. Commercien-Sachen erlassenen Churf.-Maintzischen Verordnungen“. Die damals getroffenen Anordnungen haben sich vorzüglich bewährt und wurden bis zu Ende des Kurstaates gehandhabt. Hierher zählt zunächst die Einführung von zwei jährlichen Messen von je 14 Tagen in Mainz (Verordnung vom 22. December 1747) und die Regelung des Meßcredits und der Zahlungstermine. Auf Stadion's Betreiben wurde ein Warenlager am Rhein und ein Weinmarkt in Mainz eingerichtet, der dem Haupthandelszweige der Stadt gute Dienste leistete. Ein Vorläufer der künftigen Handelskammer war die durch Verordnung vom 22. December 1747 geschaffene Vertretung des Handelsstandes unter Leitung des Vicedom-Amtes, die zu berathen hatte über alles, „was zur Aufnahme der Gewerbe und Kauffmannschaft dahier gereichen, und Schaden und Abgang zu verhindern vermag.“ In Verbindung damit stand die Neuregelung des Schiffahrtswesens. Zu nämlicher Zeit widmete sich die Regierung der besseren Gestaltung des Pfandhausverkehrs, des Löschwesens und der Steuerung des Bettelunfugs.

    So dankbar die Kurmainzer diese Wohlfahrtseinrichtungen anerkannten, so entschieden wehrten sie sich gegen Regierungsmaßregeln, die geeignet waren, das religiöse Empfinden des Volkes zu verletzen. So lebensfroh der Mainzer des 18. Jahrhunderts war, so wenig er sich zum Kopfhänger eignete, so hielt er in religiösen Dingen doch stark an dem Althergebrachten. Es erregte darum großes Aergerniß, als St., um Platz für die von ihm nach Mainz gezogenen Meßleute zu gewinnen, ein von den Jesuiten im J. 1720 errichtetes Kreuz bei der Sebastianuscapelle in Mainz entfernen ließ (1754). Die Aufregung hierüber wurde geschürt durch Leute, denen Stadion's freisinniges Wesen zuwider war, wobei namentlich eine Predigt des Jesuitenpaters Winter ihre Wirkung nicht verfehlte. Zur Beruhigung der aufgeregten Menge ließ die Regierung unter großem Gepränge ein neues Kreuz errichten (Vogt, Rheingeschichten und Sagen IV, S. 204—206, Schaab, Geschichte der Stadt Mainz II, S. 172, 173). Dem ersten Vorstoß gegen St. folgte bald ein zweiter nach. Als einen Gesinnungsgenossen hatte St. den Professor D. Joh. Baptist Horix gehegt und beschützt. Als dieser für den Gebrauch bei seinen Vorlesungen eine Arbeit drucken ließ (Tractatiuncula in fontibus juris canonici germanici), worin er gegen die von Rom angestrebte Vermehrung der Machtvollkommenheit ankämpfte, regte sich die Geistlichkeit gegen den Gelehrten und ruhte nicht, bis dieser gemaßregelt und zum Widerruf seiner Ansichten gezwungen wurde. Es glückte den Großhofmeister in diese Angelegenheit zu verwickeln, dem die Demüthigung nicht erspart blieb, die Erklärung abgeben zu müssen (29. April 1759), daß er an der Arbeit des ihm nahestehenden Professors keinen Antheil gehabt.

    Die Erkenntniß, wie wenig er sich auf den schwachen Kurfürsten Ostein verlassen könne, bewog St., sich nach Warthausen zurückzuziehen (1761), ohne aus dem Staatsdienst auszuscheiden, was erst nach einigen Jahren erfolgte, als es zwischen dem Herrn und Diener zum Bruch kam. Dagegen trat St. in freundschaftliche Beziehungen zu Ostein's Nachfolger Emmerich Josef v. Breidbach-Büresheim, ohne den Versuch zu machen, in den kurmainzer Dienst wieder einzutreten. Auf Empfehlung Stadion's ernannte der neue Kurfürst den Dichter Christoph Martin Wieland, der sich seit 1760 in der Nähe von Warthausen, in Biberach, aufhielt und mit St. in enge Beziehungen trat, zum Professor der Philosophie an der Hochschule in Erfurt, worüber man in den Mainzer Kreisen nicht besonders erbaut war. Stadion's Einfluß auf Emmerich Josef ließ sich auch erkennen in der Umgestaltung des Unterrichtswesens in Mainz, wobei Stadion's Freunde Freiherr v. Benzel-Sternau und Großhofmeister v. Grosschlag, beide freisinnige Männer, eine hervorragende Rolle spielten (Messer, Die Reform des Mainzer Schulwesens im Kurfürstenthum Mainz unter Emmerich Josef, 1763—1774, S. 13). Auch dadurch suchte St. seinen Einfluß auf geistliche Höfe aufrecht zu erhalten, daß er seinen Schüler, wahrscheinlich auch seinen natürlichen Sohn, den Georg Michael Franck (de la Roche) in Diensten des kurtrierschen Hofes brachte. Ganz im Sinne Stadion's wirkte Franck als Verfasser der Briefe über das Mönchswesen, ein Werk, das sich an die oben erwähnte Arbeit von Horix und an das Werk von Febronius anschloß und gleiche Ziele wie jene verfolgte (vgl. Rhein. Antiq. II. Abth., 1. Bd., S. 89 u. 107, ferner das 13. Buch von Goethe's Wahrheit und Dichtung und Asmus, G. M. de la Roche, ein Beitrag zur Geschichte der Aufklärung).

    • Literatur

      An den geistreichen Minister erinnert in Mainz noch ein für ihn errichteter Bau, der Stadionenhof, der dem feinen Geschmack des prachtliebenden Bauherrn alle Ehre macht.

      St. verstarb in Warthausen am 28. October 1768; aus seiner Ehe mit Maria Anna Auguste v. Sickingen waren drei Töchter und zwei Söhne hervorgegangen. Von seinem Sohne Franz Konrad stammen die Enkel Friedrich Lothar (geb. 6. April 1761) und Johann Philipp (geb. 8. Juni 1763) ab, beide später als österreichische Staatsmänner bekannt geworden.

  • Autor/in

    Bockenheimer.
  • Zitierweise

    Bockenheimer, "Stadion, Friedrich Graf" in: Allgemeine Deutsche Biographie 54 (1908), S. 427-429 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117652199.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA