Lebensdaten
1833 – 1906 oder 1905
Geburtsort
Carlsruhe (Pokoj, Oberschlesien)
Sterbeort
Berlin
Beruf/Funktion
Forschungsreisender ; Geograph ; Kartograf ; Geograf ; Geologe ; Mineraloge ; Hochschullehrer
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 118745085 | OGND | VIAF: 88633665
Namensvarianten
  • Richthofen, Ferdinand Paul Wilhelm Dieprand Freiherr von
  • Richthofen, Ferdinand von
  • Richthofen, Ferdinand Freiherr von
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Zitierweise

Richthofen, Ferdinand Freiherr von, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118745085.html [09.10.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus d. Haus Royn-Schützendorf;
    V Karl (1801–74, seit 1838 kath.), auf Hertwigswaldau, Schimmelwitz u. Lesczin, aus Frankenthal (Pfalz), S d. Wilhelm (1761–1838), auf Royn, Schützendorf, Kummernick usw., seit 1806 auf Hertwigswaldau, Kreisdeputierter v. Jauer (s. Gen. 1), u. d. Henriette Pertke v. Pertkenau (1777–1846);
    M Ferdinande (1807–85, altluth.), Schriftst., T d. Ferdinand v. Kulisch, preuß. Rittmeister, u. d. Johanna v. Koschützky;
    Damsdorf 1879 Irmgard (1853–1910, ev.), T d. Karl Frhr. v. Richthofen (s. 1).

  • Biographie

    Nach dem Besuch des Kath. Gymnasiums in Breslau studierte R. Naturwissenschaften in Breslau und Berlin, wo er 1856 mit einer geolog. Dissertation („De melaphyro“) promoviert wurde. Anschließend beteiligte er sich an der Landesaufnahme von Südtirol durch die Geolog. Reichsanstalt in Wien und dehnte seine Untersuchungen auch auf die Karpaten aus. 1860 begleitete er die Ostasien-Expedition der preuß. Regierung, die mit China, Japan und Siam (Thailand) Wirtschaftsverträge des Dt. Zollvereins abschließen sollte. Die Organisation unterstand R.s Onkel Emil (1810–95), die Leitung hatte der Diplomat und spätere Innenminister Fritz zu Eulenburg (1815–81). Auf dieser Reise besuchte R. Ceylon, Singapur, Japan, Taiwan, die Philippinen und Molukken sowie Indonesien. Die Rückreise erfolgte über die USA, wo R. an der geolog. Landesaufnahme von Kalifornien mitwirkte, nachdem in der Sierra Nevada Gold- und Silbervorkommen gefunden worden waren. 1868 empfahl der Leiter der kaliforn. Geolog. Staatsanstalt, Josiah D. Whitney, R. für eine Expedition durch alle chines. Provinzen. Zunächst übernahm die Bank von Kalifornien die Finanzierung, dann die Europ.-Amerik. Handelskammer in Shanghai. Neben geograph. Beobachtungen wurden auch Berichte zur Wirtschaft und den politischen Verhältnissen in dem bis dahin kaum bekannten Land erwartet. R. bereiste 1868-72 als erster Forscher fast alle Provinzen Chinas und entwickelte zur Strukturierung seines enormen Beobachtungsmaterials eine systematische Geomorphologie. Seine 1870-72 in Shanghai veröffentlichten „Letters on China“ gaben erstmals Aufschlüsse über das riesige Kohlevorkommen bei Shantung und die Entstehung der fruchtbaren Lößebenen.

    1872 kehrte R. nach Deutschland zurück, um sein Material weiter zu bearbeiten, zunächst finanziell unterstützt durch den preuß. Innenminister Eulenburg. 1875 erhielt er einen Ruf als Professor für Geographie an die Univ. Bonn, dem er 1879 folgte; 1883 ging er nach Leipzig, 1886 nach Berlin. Seine Chinareise und deren wiss. Resultate trugen R. Weltruhm ein. Die Ausarbeitung des Materials wurde erst nach seinem Tode vollendet; auch die sog. Reisetagebücher (eigtl. e. Zus.fassung d. Hg. Ernst Tiessen, 1871–1949) wurden erst postum publiziert. R.s Hauptwerk,|ein Entwurf der physischen Geographie mit besonderer Berücksichtigung der Geomorphologie, trägt den irreführenden Titel „Führer für Forschungsreisende“ (1886, stark erweitert 1901, Neudr. 1973).

    Als Hochschullehrer sah R. es als seine vornehmste Aufgabe an, Forschungsreisende auszubilden, obwohl dieses Ziel für die meisten Studenten nicht zu verwirklichen war. Dennoch finden sich unter seinen Schülern erstaunlich viele erfolgreiche Forschungs- und Entdeckungsreisende, u. a. Sven Hedin, Erich v. Drygalski, Alfred Hettner, Wilhelm Meinardus, Alfred Philippson, Gerhard Schott und Wilhelm Sievers.

    Durch R.s Wirken und Einfluß wurde die Geographie im ausgehenden 19. Jh. in Deutschland ein bedeutendes Universitätsfach. Zwar gelang es ihm nicht, ein „Geograph. Zentralinstitut“ zu gründen, wohl aber ein Universitätsinstitut für Meereskunde sowie ein Museum für Meereskunde.|

  • Auszeichnungen

    Vors. d. Ges. f. Erdkunde, Berlin (1873–75, 1888-90, 1892-94, 1898-1900);
    Mitgl. d. Ak. d. Wiss. zu Berlin (korr. 1881, o. 1899), Wien, München (korr. 1881) u. Göttingen;
    Dr. med. h. c.;
    preuß. Geh. Reg.rat.

  • Werke

    Weitere W China, 3 Bde., 1877, 1882, 1912, hg. v. E. Tiessen;
    Atlasbd. dazu, 1885, 1912 (dieser bearb. v. F. Groll);
    E. Tiessen (Hg.), F. v. R.s Tagebücher aus China, 2 Bde., 1907;
    Das Meer u. d. Kunde vom Meer, 1904.

  • Literatur

    E. v. Drygalski, F. v. R., Gedächtnisrede, 1906 (P);
    E. Plewe, in: Richthofen-Gedächtnis-Kolloquium 1979 (Colloquium Geographicum 17), 1983;
    G. Engelmann, in: Erdkundl. Wissen 91, 1988;
    DSB XI;
    Pogg. VIIa Suppl;
    Lex. Naturwiss.;
    zur Fam.:
    GHdA Freiherrl. Häuser B VII, 1978, bes. S. 318 f.

  • Porträts

    Foto, Abb. in: GHdA Freiherrl. Häuser B II, 1963, nach S. 376.

  • Autor/in

    Uta Lindgren
  • Zitierweise

    Lindgren, Uta, "Richthofen, Ferdinand Freiherr von" in: Neue Deutsche Biographie 21 (2003), S. 543-544 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118745085.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA