Lebensdaten
1869 – 1956
Geburtsort
Domänengut Irgen (Kurland)
Sterbeort
Langenburg bei Schwäbisch Hall (Württemberg)
Beruf/Funktion
Kolonialfunktionär ; politischer Publizist
Konfession
-
Normdaten
GND: 118790978 | OGND | VIAF: 9968622
Namensvarianten
  • Rohrbach, Paul Carl Albert
  • Rohrbach, Paul
  • Rohrbach, Paul Carl Albert
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Zitierweise

Rohrbach, Paul, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118790978.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Albert, Landwirt, Gutspächter, Gde.beamter M Emilie Kogge;
    Ur-Gvv Justus Wilhelm, kam 1764 als Begleiter e. Herrn v. Thülen aus Hessen-Darmstadt nach Kurland;
    Berlin 1897 Clara Möller;
    K u. a. Hans (1903–93, Rose Gadebusch), 1942-15 o. Prof. f. Math. an d. Dt. Univ. Prag, 1951-71 in Mainz (1966/67 Rektor), 1957/58 Gastprof. an d. Univ. of North Carolina, Chapel Hill (USA), 1. Vors. d. Studentenmission in Dtld. (s. Pogg. VII a-VIII; Kürschner, Gel.-Kal. 1992).

  • Biographie

    R. studierte in Dorpat, Berlin und Straßburg Geschichte, Geographie und ev. Theologie. Von seinen akademischen Lehrern Ferdinand Frhr. v. Richthofen, Adolf v. Harnack und Hans Delbrück sowie von Friedrich Naumann geprägt, wurde er 1891 in Berlin bei Harnack zum Dr. phil. promoviert und legte 1898 in Straßburg die Lizentiatenprüfung ab. Anschließend führten ihn ausgedehnte Reisen durch Rußland, Turkestan, Armenien und in den Nahen Osten. Der Besuch der hl. Stätten in Jerusalem bewirkte bei R. einen Umschwung vom rein „geschichtlichen“ zu einem „dynamischen, sozial- und weltpolitischen Christentum“ (Mogk), das er in Form eines „christl. Sozialismus“ in seinem theol. Hauptwerk „Im Lande fahwehs und Jesu“ vertrat. 1898-1901 war er Generalsekretär des Ev.-sozialen Kongresses.

    1900 trat R. mit seinem programmatischen Artikel „Das Größere Deutschland in Moral und Politik“ (in: Mitt. d. Ev.-soz. Kongresses, 9. F., Febr. 1900, Nr. 1, 2-4 u. März 1900, Nr. 2, 14-16) für eine neuartige, theol. gerechtfertigte dt. Weltmachtpolitik ein. Er verband die Forderungen nach wirtschaftlichen Einflußgebieten mit sozialer Mission (Bau von Schulen u. Waisenhäusern u. ä.) und verschmolz Kulturprotestantismus und Fortschrittsoptimismus zu einem „ethischen Imperialismus Sein Buch „Deutschland unter den Weltvölkern“ (1903, ⁵1921) wurde das grundlegende Werk des liberalen Imperialismus. Seit 1901 arbeitete R. als Redakteur der nationalsozialen Wochenschrift „Die Zeit“, zuständig für Außen- und Wirtschaftspolitik. 1903 wurde er vom Auswärtigen Amt als Ansiedlungskommissar für Dt.-Südwestafrika berufen. Als 1904 der Aufstand der Hereros und Namas ausbrach, kritisierte R. das Kriegsziel einer Vernichtung der Hereros, forderte aber die Degradierung der Eingeborenen zu einer Klasse von Dienstbaren und die Konfiskation ihres Besitzes. 1906 schied er aus dem Kolonialdienst aus und übernahm 1907-19 eine Dozentur für Kolonialwirtschaft an der Berliner Handelshochschule. Bestärkt durch seine Chinareise 1908 trat R. fortan vornehmlich als Publizist für sein politisch-religiöses Programm eines „Größeren Deutschland“ ein.

    Seine Leitartikel in führenden dt. Tageszeitungen erzielten wachsende Breitenwirkung. 1912 erschien sein bekanntestes Buch „Der dt. Gedanke in der Welt“ [³1914, Neubearb. 1920, Neubearb. 1940, ³1942; insges. 212 Tsd.), worin R. behauptete, Deutschland könne nur durch die Verbindung der nationalen mit der sozialen Idee als Weltkulturfaktor zur Geltung kommen. Von Herbst 1914 bis Sommer 1917 fungierte R. als Leiter der Pressekontrolle der dem Auswärtigen Amt unterstellten Zentralstelle für Auslandsdienst. Er entwickelte sich nach 1914 zu einem Wortführer antiruss. Politik: Mit seiner auf indirekte dt. Hegemonie in Osteuropa zielenden Auffassung geriet er in Gegensatz zu den Annexionszielen der Alldeutschen in West- und Osteuropa, gegen die sich der von R. 1916 mitbegründete „Dt. Nationalausschuß für einen ehrenvollen Frieden“ wandte.

    In der „Arbeitsgemeinschaft für Politik des Rechts“ widmete sich R. nach dem 1. Weltkrieg der Bekämpfung der „Kriegsschuldlüge“. 1920-26 DDP-Mitglied, blieb er hier mit seinen national- und sozialpolitischen Vorstellungen isoliert. Er war weiterhin publizistisch tätig, u. a. durch die 1924 begonnene Herausgabe einer „Leitartikel-Korrespondenz“, die wöchentlich Zeitungen des politischen Spektrums vom rechten Flügel der DDP bis zur DNVP versorgte und R.s meinungsbildenden Einfluß stark vergrößerte. 1927-30 gehörte er den Führungsgremien der „Akademie zur wiss. Erforschung und zur Pflege des Deutschtums“ an, 1930 war er kurzzeitig Mitglied der Konservativen Volkspartei. R. bekämpfte seit dem Mord von Potempa 1932 auch die NSDAP und versuchte mit einem offenen Brief an Reichskanzler Papen, ein eindeutiges Bekenntnis der Reichsregierung gegen den drohenden Unrechtsstaat und die „moralische Anarchie“ der NSDAP zu erzwingen. Nach dem Scheitern dieses Aufrufs zog sich R. weitgehend aus der Politik zurück, führte aber seine Leitartikel-Korrespondenz weiter und trat vorrangig für kolonialpolitische Ziele ein. Nach dem 2. Weltkrieg trat er als Publizist kaum noch in Erscheinung.

    R., dessen Beurteilung zwischen „Kulturchauvinismus und Rassenmachiavellismus“ (Gründer) und „aufgeklärtem Imperialismus“ (Nipperdey) schwankt, war einer der meistgelesenen kolonial- und außenpolitischen Kommentatoren des Kaiserreichs und der Weimarer Republik.|

  • Auszeichnungen

    Dr. phil. h. c. (Ukrain. Freie Univ. München, 1949);
    Ehrenpräs. d. Dt.-Ukrain. Herder-Ges. (1952);
    Ehrenmitgl. d. Carl-Schirren-Ges., Lüneburg (1954).

  • Werke

    Weitere W Die alexandrin. Patriarchen als Großmacht in d. kirchenpol. Entwicklung d. Orients, Diss. phil. Berlin 1891 (Teildr.);
    Die Berr. über d. Auferstehung Jesu, Diss. theol. Straßburg 1898;
    Dt. Südwest-Afrika ein Ansiedlungs-Gebiet?, 1905, ²1910;
    Dt. Kolonialwirtsch., I: Südwest-Afrika, 1907;
    Wie machen wir unsere Kolonien rentabel?, 1907;
    Kulturpol. Grundsätze f. d. Rassen- u. Missionsfragen, 1909;
    Das „Größere“ Dtld., in: Der Dt. Staatsbürger, hg. v. A. Schröter, 1911, S. 319-61;
    Weltpolit. Wanderbuch 1897-1915, 1916;
    Unser Kriegsziel im Osten u. d. russ. Rev., 1917;
    Die alldt. Gefahr, 1918;
    Dtld.! Tod oder Leben?, 1930;
    Herr Reichskanzler v. Papen – Lösen Sie auf!, 1932;
    Protestanten, Nichtkatholiken, wählt Zentrum!, in: Köln. Volksztg. Nr. 176 v. 26.6.1932, 3;
    Dtld.s koloniale Forderung, 1935, ⁴1941;
    Um d. Teufels Hs., Zwei Menschenalter erlebter Weltgesch., 1953;
    zahlr. Aufss.;
    Teilnachlaß:
    Fam.bes.;
    BA Koblenz (Splitter).

  • Literatur

    H. G. Meyer, R. and His Osteuropa, in: The Russian Review, II, 1942/43, S. 60-69;
    W. Maibaum, Das publizist. Schaffen R.s vor Ausbruch d. 1. Weltkrieges. Diss. Marburg 1955;
    Dem Andenken P. R.s, Ein Btr. z. osteurop. Problematik, hg. v. d. Dt.-Ukrain. Herder-Ges. e. V., 1959;
    J. Petzold. „Ethischer Imperialismus“, Eine Stud. über d. pol. Konzeption d. Kreises um d. Prinzen Max v. Baden am Vorabend d. dt. Frühjahrsoffensive v. 1918, in: Pol. im Krieg 1914-1918, hg. v. F. Klein. Berlin-Ost 1964, S. 204-29;
    W. Mogk, P. R. u. d. „Größere Dtld.“, Ethischer Imperialismus im Wilhelmin. Za., 1972;
    P. Borowsky, P. R. u. d. Ukraine, in: I. Geiss u. B. J. Wendt (Hg.), Dtld. in d. Weltpol. d. 19. u. 20. Jh., 1973, S. 437-62;
    H. Bieber, P. R., Ein kons. Publizist u. Kritiker d. Weimarer Rep., 1972;
    H. Gründer, Christl. Mission u. dt. Imperialismus, 1982;
    Th. Nipperdey, Dt. Gesch. 1866-1918, II, 1992;
    Rhdb. (P);
    Dt.balt. Biogr. Lex.;
    BBKL.

  • Porträts

    Ukraine in Vergangenheit u. Gegenwart 5, 1956, Nr. 3/4.

  • Autor/in

    Josef Anker
  • Zitierweise

    Anker, Josef, "Rohrbach, Paul" in: Neue Deutsche Biographie 22 (2005), S. 5-6 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118790978.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA