Wolff, Theodor

Dates of Life
1868 – 1943
Place of birth
Berlin
Place of death
Berlin
Occupation
Journalist ; Redakteur ; Schriftsteller ; Dramatiker ; Publizist ; Politiker ; Abgeordneter ; Übersetzer ; Fernsehredakteur
Religious Denomination
jüdisch?
Authority Data
GND: 118634844 | OGND | VIAF: 29542507
Alternate Names

  • Wolff, Theodor
  • Wolff, Th.

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Citation

Wolff, Theodor, Index entry in: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118634844.html [13.12.2025].

CC0

  • Wolff, Theodor

    | Journalist, Schriftsteller, * 2.8.1868 Berlin, † 23.9.1943 Berlin, ⚰ Berlin-Weißensee, Jüdischer Friedhof, Ehrengrab. (jüdisch)

  • Genealogy

    Aus schles. Kattunhändler- u. Spirituosenfabrikantenfam.;
    V Adolph (1819–93), aus Unruhstadt b. Grünberg (Schlesien), Textilkaufm. in B., S d. Gabriel (1784–1852), aus Karge b. Grünberg, Kaufm. in Unruhstadt, u. d. Friederike Selig-Cohn;
    M Recha (1839–1922), T d. Israel Davidsohn, Arzt in Danzig, u. d. Emilie N. N.;
    Tante-v Ulrike (1813–88, Marcus [Moses] Mosse, 1808–65, Dr. med., Arzt in Grätz b. Wollstein, Prov. Posen, s. NDB 18*);
    1 B Fritz (1876–1940, im Pariser Exil), Zeichner, Karikaturist, 2 Schw Käthe (1866–1941, im Londoner Exil), Martha (1871–1942, Ghetto Theresienstadt);
    Paris 1902 Anna (Aenne, Änne) (1872–1956, ev., 1] Viktor Grünberger, 1853–98, Schausp., Oberregisseur d. Stadttheaters in Leipzig, Rr. d. rumän. Kronenordens, kath.), aus B., Schausp., T d. Johann Friedrich Hickethier, Gutsbes., u. d. Adelgunde Wutschke;
    2 S Richard (1906–91), Landwirt, Soldat, Untern., Rudolf (1907–93, Rose Hanna Grünthal, 1909–89, Putzmacherin), Sprachlehrer, Journ. in Frankr., Auslandskorrespondent dt. Ztgg., Rechtsbeistand, emigrierte in d. USA, 1 T Lilly (Lilli) (1909–90), Innenarchitektin;
    Vt Rudolf Mosse (1843–1920), Verl. in B. (s. NDB 18).

  • Biography

    W. brach den Besuch des Wilhelms-Gymnasiums in Berlin vor dem Abitur ab und absolvierte seit 1887 eine kaufmännische Lehre beim „Berliner Tageblatt“ seines Cousins Rudolf Mosse. In diesen Jahren schrieb er kleine Erzählungen, Reisefeuilletons, Theater- und Literaturberichte und gehörte 1889 mit Samuel Fischer (1859–1934), Otto Brahm (1856–1912) und Maximilian Harden (1861–1927) zu den Gründern des Berliner Theatervereins „Freie Bühne“. 1891–95 entstanden drei Romane und drei Schauspiele (aufgeführt in Berlin, München, Kopenhagen, Wien; franz. u. dän. Übers.), die u. a. von Theodor Fontane (1819–1898), Gerhart Hauptmann (1862–1946), Josef Kainz (1858–1910) und Max Reinhardt (1873–1943) geschätzt wurden. Mit dem Maler Walter Leistikow (1865–1908) und dem Politiker Friedrich Dernburg (1833–1911) verband ihn eine enge Freundschaft; W. schätzte Theodor Mommsen (1817–1903), Felix Hollaender (1867–1931), Max Osborn (1870–1946), Max Dessoir (1867–1947) und Karl Werder (1806–1893). In Ks. Friedrich III. (1831–88) sah er eine „Lichtgestalt des Liberalismus“; mit Albert Traeger (1830–1912), Ludwig Bamberger (1823–1899), Ludwig Fulda (1862–1939), Albert Einstein (1879–1955), Rudolf Olden (1885–1940) und Gustav Stresemann (1878–1929) bestand parteipolitisches Einvernehmen.

    Seit 1894 berichtete W. als Auslandskorrespondent aus Paris. Seine präzisen und farbigen Kommentare zu den Prozessen gegen Alfred Dreyfus und Émile Zola sowie zum parlamentarischen, parteipolitischen und kulturellen Leben Frankreichs steigerten sein Ansehen. W. übersetzte Schriften von Alfred Capus, Georges Clémenceau, Georges Porto-Riche und Paul Bourget aus dem Französischen. Seine begeisterte Einführung zur Reclam-Ausgabe von Jens Peter Jacobsens Roman „Niels Lyhne“ (1889) trug mit zur Popularisierung der skandinav. Literatur in Deutschland bei. 1906 kehrte W. als Chefredakteur zum „Berliner Tageblatt“ zurück (Teilhaber seit 1919), das auch durch ihn zur bedeutendsten linksliberalen Zeitung in Deutschland aufstieg und für das er in den Folgezeit Ernst Feder (1881–1964), Alfred Kerr (1867–1948), Kurt Tucholsky (1890–1935), Joseph Roth (1894–1939), Paul Scheffer (1883–1963), Fred Hildenbrandt (1892–1963), Alfred Einstein (1880–1952), Erich Dombrowski (1882–1972) und Victor Auburtin (1870–1928) als Redakteure gewann.

    Politisch trat W., der auch der „Deutschen Gesellschaft 1914“ angehörte, 1915 – neben Adolf v. Harnack (1851–1930), Gerhard Anschütz (1867–1948), Albert Ballin (1857–1918), Lujo Brentano (1844–1931) und Bernhard Dernburg (1865–1937) – als Mitverfasser einer antiannexionistischen Petition (Delbrück-Wolff-Dernburg-Denkschrift) an Reichskanzler Theobald v. Bethmann Hollweg (1856–1921) hervor, die von 144 führenden Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens unterstützt wurde. Mit Alfred Weber (1868–1958), Friedrich Naumann (1860–1919), Otto Fischbeck (1865–1939) und Hennig v. Holtzendorff (1853–1919) gründete er Ende 1918 die Dt. Demokratische Partei (DDP), die bei der Reichstagswahl 1919 18,5 % gewann und mit SPD (37,9 %) und Zentrum (19,7 %) die „Weimarer Koalition“ bildete. W., der Stresemanns Aussöhnungspolitik publizistisch unterstützte, erregte 1926 öffentliches Aufsehen, als er die DDP verließ, nachdem Wilhelm Külz (1875–1948) und Theodor Heuss (1884–1963) das sog. Schmutz- und Schundgesetz in den Reichstag eingebracht hatten. In harter Auseinandersetzung mit Hans Lachmann-Mosse (1885–1944), dem Schwiegersohn Rudolf Mosses, näherte er sich in der Zeit der Präsidialkabinette Brüning, Papen und Schleicher, die er als „legal maskiertes Diktaturregime“ Wolff|bezeichnete, innenpolitisch der SPD an. W. setzte sich für ein geschlossenes Auftreten der Demokraten gegen den Links- und Rechtsextremismus ein, besonders gegen die NSDAP.

    Nach der Regierungsübergabe an die Hitler-Papen-Hugenberg-Koalition floh er, da ihm Österreich und die Schweiz kein Exil gewährten, nach Nizza. 1943 denunzierte ihn die franz. Polizei; das ital. Militär verhaftete W. und lieferte ihn an die Gestapo aus. Vor dem Abtransport aus dem Lager Drancy nach Auschwitz bewahrte ihn seine Prominenz.

    Das NS-Regime nahm W. im Berliner Polizeigefängnis Invalidenstraße in Geiselhaft, um ihn ggf. gegen im Ausland gefangengehaltene dt. Offiziere auszutauschen. W. starb an einer zu spät behandelten Zellgewebsentzündung.

    W. zählte bereits vor 1914 zu den bedeutendsten Journalisten des dt. Kaiserreichs; zu internationaler Bedeutung stieg er im und nach dem 1. Weltkrieg auf. Als Chefredakteur einer angesehenen Zeitung und Mitgründer der DDP übte er in der Frühphase der Partei (1919–25) und insgesamt auf den Linksliberalismus in der Weimarer Republik starken Einfluß aus.

    Im Exil lehnte er die publizistischen „Fernkämpfe“ gegen die NS-Diktatur ab. Im Gedenken an W.s außerordentliche Leistungen in der Tagespresse und in Würdigung seiner stilistischen Brillanz vergibt der Bundesverband der dt. Zeitungsverleger seit 1962 mit dem Theodor-Wolff-Preis den bedeutendsten dt. Journalistenpreis.

  • Awards

    |Gedenktafel, Franz-Klühs-Str., Berlin-Kreuzberg (1969);
    Gedenktafel, Sanary-sur-Mer (Frankreich, 1987);
    T.-W.-Park mit Gedenktafel, Berlin-Kreuzberg (1993);
    Stolperstein, Hiroshimastr. 19, Berlin-Tiergarten.

  • Works

    |Pariser Tageb., 1908, Nachdr. 2004;
    Vollendete Tatsachen, 1918, Neuausg. 1927;
    Das Vorspiel, 1924;
    Der Krieg d. Pontius Pilatus, 1934;
    Der Marsch durch zwei J.zehnte, (1936);
    Die Schwimmerin, Roman aus d. Gegenwart, 1937, Neuausg. 2021;
    Die Juden, Ein Dok. aus d. Exil 1942/43, hg. v. B. Sösemann, 1984;
    Erlebnisse, Erinnerungen, Gedanken im südfranz. Exil, hg. v. M. Bröhan, 1992;
    Tagebücher 1914–1919, Der Erste Weltkrieg u. d. Entstehung d. Weimarer Rep. in Tagebüchern, Leitart. u. Briefen d. Chefredakteurs am „Berliner Tagebl.“ u. Mitbegründers d. „Dt. Demokrat. Partei“, 2 Bde., hg. v. B. Sösemann, 1996 (P);
    T. W., der Chronist, Krieg, Rev. im Tageb. 1914 bis 1919, hg. v. dems., 1997 (P);
    T. W., d. Journ., Berr. u. Leitart., 1993 (P);
    T. W, d. Publ. Feuilletons, Gedichte u. Aufzz., hg. v. dems., 1995 (P);
    „Es ist im Grunde e. schöne Zeit“, Vater-Tageb. 1906–1913, hg. v. dems., 2018, S. 235 f. (W-Verz. S. 235 f.;
    P);
    Nachlaß: BA Koblenz (Mss., Ztg.art., Korr., P);
    Staatsbibl. Preuß. Kulturbes. Berlin, Hss.abt. (Tageb. d. V).

  • Literature

    |P. de Mendelssohn, Ztg.stadt Berlin, 1959 (P);
    B. Sösemann, Das Ende d. Weimarer Rep. in d. Kritik demokrat. Publizisten, 1976 (P);
    ders., Zeichnung v. M. Liebermann, 1910, Abb. in: Sösemann, Es ist im Grunde e. schöne Zeit (s. W), S. 40;
    Widmungsphotogr. v. L. Jacobi, 1932 (Privatbes.), Abb. in: Sösemann, T. W., 22012 (s. L), S. XXV;
    T. W., Ein Leben mit d. Ztg., ²2012 (P);
    ders. u. J. Frölich, T. W., Journ., Weltbürger, Demokrat, 2004 (P);
    W. Köhler, Der Chefred. T. W., 1978 (P);
    Ch. Goldbach, Distanzierte Beobachtung, T. W. u. d. Judentum, 2002;
    R. Porges, T. W., The Writer in Exile 1933–1943, 2010;
    Gedenktage d. mitteldt. Raumes, 1993, S. 168–70 (P);
    Dt.sprachige Presse;
    Biogr. Lex. Weimarer Rep.;
    BHdE I;
    Metzler Lex. d. dt.-jüd. Lit. (P);
    Kosch, Lit.-Lex.³ (W, L);
    Killy1+2.

  • Portraits

    |Photogrr. (Fam.bes. u. BA Koblenz);
    Zeichnung v. B. F. Dolbin, Abb., in: ders., Zeitgenossen, 1981, S. 51.

  • Author

    Bernd Sösemann
  • Citation

    Sösemann, Bernd, "Wolff, Theodor" in: Neue Deutsche Biographie 28 (2024), S. 451-452 [online version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118634844.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA