Bamberger, Ludwig

Lebensdaten
1823 – 1899
Geburtsort
Mainz
Sterbeort
Berlin
Beruf/Funktion
Politiker ; Jurist ; Nationalökonom ; Volkswirt ; Historiker ; Schriftsteller
Konfession
jüdisch
Normdaten
GND: 118656961 | OGND | VIAF: 51711750
Namensvarianten

  • Bamberger, Ludwig
  • Bamberger, L.
  • Bamberger, Louis

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Zitierweise

Bamberger, Ludwig, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118656961.html [16.12.2025].

CC0

  • Bamberger, Ludwig

    Politiker, * 22.7.1823 Mainz, 14.3.1899 Berlin. (israelitisch)

  • Genealogie

    V August |(1790–1858), aus Bodenheim/Rhein, Kaufmann und Bankier in Mainz S des Jakob, Kaufmann u. d. Theres Blumenthal;
    M Amalia (1802–1877), T des Kaufmanns Raphael Bischofsheim (1773–1814) aus Bischofsheim und der Helene Castel, beide in Mainz;
    Gvv Jakob Bamberger, Kaufmann;
    Gmv Theres Blumenthal; Schw Henriette (1841-90, Michel Bréal, 1832-1915, aus Landau, PfalzS, Philologe, Prof. f. vgl. Sprachwiss. am Collège de France in Paris, Dr. h. c. Zürich u. Bologna, s. Lex. Grammaticorum); Rotterdam 5.5.1852 Anna Belmont ( 1874), aus Alzey; kinderlos.

  • Biographie

    Nach dem Besuch des heimischen Gymnasiums und der Universitäten Gießen, Heidelberg und Göttingen erledigte B. 1845/47 die beiden juristischen Staatsprüfungen. In der Vorbereitung auf eine wissenschaftliche Laufbahn, während der er sich vor allem mit dem französischen Recht vertraut machte, unterbrach ihn die Revolution von 1848: Sie entschied über das Schicksal B.s, machte ihn zum radikal-republikanischen und unitarischen Publizisten, zum Volksredner und demokratischen Organisator. Die Teilnahme an der pfälzischen Erhebung von 1849, der er - mit früher Skepsis über ihren Erfolg - diente, veranlaßte ihn zur Flucht in die Schweiz. In dem Londoner Bankhaus der ihm verwandten Familie Bischoffsheim schuf sich B. als Lehrling den Grund einer neuen Existenz, um dann nach holländischen und belgischen Zwischenspielen seit 1853 in Paris als Prokurist die Filiale des Bankhauses zu leiten; hier erwarb er sich ausgezeichnete Kenntnisse des internationalen Geldmarktes und reiche banktechnische Erfahrungen, sowie ein beträchtliches Vermögen.

    1866 kehrte B., der 1851 zu acht Jahren Zuchthaus und 1852 gar zum Tode verurteilt worden war, nach Deutschland zurück. Die politische Konjunktur seiner Zeit erfassend hatte er schon von Paris aus im kleindeutsch-unitarischen Sinne die preußische und dann besonders Bismarcks Politik, in der er eine Art Ersatz für die als abwegig erkannte Revolution von unten sah, publizistisch vertreten ("Juchhe nach Italia“, 1859, „Monsieur de Bismarck“, 1868) und sich dadurch von seinen demokratischen Weggenossen getrennt; 1868 wählte ihn Mainz ins Zollparlament. 1870 wurde er von Bismarck als Sachverständiger für die französischen Angelegenheiten und zur Bearbeitung der deutschen liberalen Presse mit ins Hauptquartier genommen; im Winter 1870/71 pflog er in der Schweiz vertrauliche, freilich ergebnislose Friedensbesprechungen. 1871-93 gehörte B. dem Reichstag an. Als Mitglied der nationalliberalen Fraktion wirkte er erfolgreich mit bei der Vereinheitlichung des deutschen Münzwesens und beim Übergang zur Goldwährung; er mag als der geistige Schöpfer der Reichsbank gelten, deren Begründung er gegen die preußischen Ressortwiderstände durchkämpfte. Auch stützte er als Unitarier den Versuch des Kanzlers, das Eisenbahnwesen dem Reich zu übertragen, und folgte ihm noch beim Sozialistengesetz (1878). Aber der Übergang Bismarcks zu Schutzzoll und staatlicher Sozialversicherung führte B., der als klassischer Vertreter des „Manchestertums“ gelten darf und sich auch mit den Kathedersozialisten herumschlug (1873 Polemik mit Lujo Brentano), in die Opposition. 1880 trennte er sich von den Nationalliberalen („Sezession“); das bedeutete auch den endgültigen Bruch mit Bismarck, gegen dessen Politik, durch indirekte Steuern, durch Verlängerung des Militäretats („Septennat“) usw. die Wirksamkeit des Parlaments zurückzudrängen, er nun zähe Opposition betrieb. B. gehörte von jetzt ab zu dem Kreise, der dem Thronfolgerpaar nahestand; Jahre hindurch war er der vertraute Informator und Berater der Kronprinzessin Viktoria. Doch gewann diese erst 1932 bekannt gewordene Rolle keinen politischen Rang; sie besitzt nur historisch-anekdotischen Reiz. Über dem letzten Jahrzehnt von B.s öffentlichem Wirken lag der Schleier der Resignation; er spürte selbst die Wirkungslosigkeit seiner mit Ironie verfeinerten Kritik. Immerhin blieb er in Währungsfragen die entscheidende Autorität: Karl Helfferich wurde hier sein wichtigster Schüler und geistiger Erbe. B. besaß als Publizist eine gepflegte Anmut und Beweglichkeit - Leidenschaft und Pathos waren nicht seine Sache.

  • Werke

    Ges. Schrr., 5 Bde., 1894–98; Bismarck posthumus, 1898;
    Erinnerungen, hrsg. v. P. Nathan, 1899;
    Ausgew. Reden u. Aufsätze üb. Geld- u. Bankwesen, hrsg. v. K. Helfferich, 1900 (mit Einl.: L. B. als Währungspolitiker): E. Feder, Bismarcks großes Spiel, Die geh. Tagebücher L. B.s, 1932 (mit Einl.).

  • Literatur

    ADB XLVI;
    O. Hartwig, L. B., 1900;
    H. Oncken, L. B., in: Preuß. Jbb., Bd. 100, 1900, S. 63-94, u. in: Hist.-polit. Aufsätze II, 1914, S. 225-61;
    Th. Barth, L. B., in Polit. Porträts, Neu hrsg. v. E. Feder, 1923, S. 29-37;
    Dt. Liberalismus im Zeitalter Bismarcks, hrsg. v. P. Wentzcke u. J. Heyderhoff, 2 Bde., 1925/26;
    W. Kelsch, L. B. als Politiker, Mit bes. Berücksichtigung seiner wirtschafts-polit. u. sozialen Anschauungen, Diss. Jena 1933 (W, L);
    E. Feder, La valeur, comme source historique, des papiers du député L. B., in: Bull, de la société d'histoire moderne, Série 7, Jg. 32, 1933/34, S. 76-85;
    E. Kranenberg, Die Stellung L. B.s z. Sozialpolitik Bismarcks, Diss. Münster 1935;
    G. Beyerhaus, Die Krise d. dt. Liberalismus u. d. Problem d. 99 Tage, in: Preuß. Jbb., Bd. 239, 1935, S. 1 ff.;
    E. Eyck, Bismarck, 3 Bde., Erlenbach-Zürich 1941–44;
    W. Bußmann, Zw. Revolution und Reichsgründung, Die polit. Vorstellungswelt v. L. B., in: Schicksalswege dt. Vergangenheit, Festschr. f. S. A. Kaehler, hrsg. v. W. Hubatsch, 1950, S. 203-31;
    Alexander Meyer, L. B., in: BJ IV, S. 129-40 (u. Totenliste 1899);
    |Hdwb. d. Staatswiss. II, ⁴1924, S. 123 f.;
    Enc. Jud. III, 1929.

  • Porträts

    Zeichnung v. H. Böse, in: Th. Barth, Polit. Porträts, 1923 (s. L); Holzschnitte in: LIZ 64, 1875, S. 132, 78, 1882, S. 89, 112, 1899, S. 373.

  • Autor/in

    Theodor Heuss
  • Zitierweise

    Heuss, Theodor, "Bamberger, Ludwig" in: Neue Deutsche Biographie 1 (1953), S. 572-574 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118656961.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA