Lebensdaten
1896 – 1966
Geburtsort
Potsdam
Sterbeort
Stuttgart
Beruf/Funktion
Schriftsteller
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118560360 | OGND | VIAF: 59112868
Namensvarianten
  • Kasack, Hermann
  • Casack, Hermann

Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Kasack, Hermann, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118560360.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Richard (1870–1941), Arzt, Sanitätsrat in P., S d. Rechnungsrats Hermann in P. u. d. Albertine Melech;
    M Elsbeth (1872–1945), T d. Gutsbes. Robert Huguenel u. d. Agnes Jonas;
    Potsdam 1920 Maria (* 1896), T d. Oberstudienrats Otto Fellenberg in P. u. d. Elisabeth Lumpe;
    1 S, 1 T, u. a. Wolfgang (* 1927), Prof. d. Slavistik.

  • Biographie

    K. studierte in Berlin und München Germanistik und Nationalökonomie. 1916/17 mußte er in Brüssel Zivildienst leisten. Seit 1917 war er mit Oskar Loerke befreundet und nahm an Wolf Przygodes „Dichtung“ teil. 1915/16 erschienen seine ersten Gedichte in der „Aktion“. 1920 trat K. als Lektor in den Verlag Kiepenheuer, Potsdam, ein, dessen Verlagsdirektor er sehr bald wurde. 1926 wechselte er zum Verlag S. Fischer, Berlin, über, wirkte jedoch seit 1927 als freier Schriftsteller und Mitarbeiter beim Rundfunk (unter anderem als Hörspielautor). Als ihn 1933 ein Verbot der öffentlichen Tätigkeit traf, hatte in den folgenden Jahren im wesentlichen seine Frau für die wirtschaftliche Existenz der Familie zu sorgen („Katakombendasein des geistig Verbannten“). 1941-49 war K. im Verlag Suhrkamp (ehemals S. Fischer) tätig, nach der Verhaftung Peter Suhrkamps als dessen Leiter. 1948 gehörte K. zu den Mitbegründern des Deutschen PEN-Zentrums, ein Jahr später übersiedelte er von Potsdam nach Stuttgart. Als führender Repräsentant der deutschen Nachkriegsliteratur unternahm er zahlreiche Auslandsreisen. Seit 1962 führte eine Augenerkrankung zu fast völliger Erblindung, die seine aktive Teilnahme am zeitgenössischen literarischen Leben beeinträchtigte.

    K. hat als Hauptwerk seine schon in den Studienjahren lebhaft einsetzende Lyrik betrachtet, die gesammelt in „Das ewige Dasein“ (1943, ²1949) vorliegt. Er löste sich von anfangs vorherrschender Einwirkung der expressionistischen Sprachlage durch mehr und mehr akzentuiertes präzises Formbedürfnis, das mit gedanklicher Disziplin und dem Ziel „plastischer“ Gestaltung Erlebnishaftes und Angeschautes objektivierte und im Ästhetischen zugleich eine ethische Haltung ausdrückte, die sich im Widerstand seit 1933 bewährte Die luzide Geistigkeit dieser Lyrik wurde bestätigt durch die enge Werk- und Gesinnungsgemeinsamkeit mit Loerke und beeinflußt durch intensive Beschäftigung mit buddhistischer, überhaupt ostasiatischer Philosophie und Dichtung. Charakteristisch für den Lyriker K. ist eine meditative Thematik, die Transformation von Optischem ins Poetische, wozu er auf vielen Reisen angeregt wurde, sowie die Klarheit von Bild- und Sprachführung. Auch den dramatischen Spielen liegt Lyrisches inne; sie sind zunächst, ebenfalls vom Expressionismus ausgehend, mehr auf die Wirkungen des Wortes als auf die szenische Aktion gerichtet und haben sich deshalb, trotz einiger Aufführungserfolge, auf der Bühne nicht behauptet. K. zählt zu den frühen Initiatoren und Experimentatoren des Hörspiels (1929), in welchem die Sprachgestaltung entscheidend wurde. Der Erzähler fand erst mit „Die Stadt hinter dem Strom“ (1947, zuletzt 1971, übersetzt in 8 Sprachen) den Durchbruch zu einer breiten, internationalen Öffentlichkeit. Der 1942-46 entstandene Roman gab allegorischgleichnishaft im visionären Bild der Totenstadt eine Antwort auf die Wirklichkeit der letzten Kriegsjahre, auf die Versklavung des Menschen an eine kollektivierende Zivilisation, und, mit metaphysisch-kosmischer Dimension, zwischen Schwermut und geistiger Serenität, auf die Frage nach dem Sinn des Todes und humaner Existenz. Der Roman traf damit mitten in die Existenzerschütterungen dieser Jahre hinein und gewann dadurch eine repräsentative Wirkung. Die Problemsituation des wehrlos Einzelnen in entpersönlicht-mechanicher Existenz, in totalitärer Staats- und Zivilisationsgesellschaft blieb das Grundthema der folgenden, teils mehr allegorischen (Der Webstuhl, 1949), teils mehr realistischen (Fälschungen, 1953) Erzählwerke. Der Erblindete schrieb das Fragment einer Autobiographie „Rückblick auf mein Leben“ (1966). Zu dem eigenen Schaffen gesellte sich eine breite Herausgebertätigkeit mit philologischem Anspruch, eine sehr aktive, vielseitige, fördernde und repräsentative Mitarbeit am „literarischen Leben“: als Verlagslektor und -leiter, als Rundfunkmitarbeiter, in Akademien für Literatur, als Berater und Freund vieler Autoren, in ausgedehnter internationaler Vortragsarbeit. – 1956 Verleihung des Titels Professor als Anerkennung solcher gesamtliterarischen Wirksamkeit vor 1933, in der Widerstandsprache nach 1933 („Das Birkenwäldchen“, 1957), in öffentlicher Breite nach 1945|

  • Auszeichnungen

    Fontane-Preis 1949;
    Goethe-Plakette 1956;
    o. Mitgl. d. Ak. d. Wiss. u. Lit. in Mainz;
    1952 Mitgl., 1953-63 Präs. d. Dt. Ak. f. Sprache u. Dichtung, Darmstadt, danach Ehrenpräs.

  • Werke

    Weitere W u. a. Gedichte: Der Mensch, 1918;
    Die Insel, 1920;
    Der Gesang d. Jahres, 1921;
    Stadium, 1921;
    Echo, 38 Gedichte, 1933;
    Der Strom d. Welt, 1940;
    Aus d. Chines. Bilderbuch, 1955;
    Antwort u. Frage, 1961;
    Wasserzeichen, 1964. -
    Erz.: Die Heimsuchung, 1919, ²1922. -
    Schauspiele: Das schöne Fräulein, Stück in 8 Szenen, 1918;
    Die Schwester, Tragödie in 8 Stationen, 1920 (Urauff. 1926);
    Die tragische Sendung, dramat. Ereignis in 10 Szenen, 1920;
    Vincent, 5 Akte, 1924 (Urauff. 1924). -
    Hörspiele: Der Ruf, 1932;
    1 Stimme unter 1 000, 1932. -
    Tull, der Meisterspringer, Jugendbuch, 1935;
    Das Chines. in d. Kunst, in: Neue Rdsch., 1941/42;
    Oskar Loerke, Charakterbild e. Dichters, 1951;
    Das große Netz, Roman, 1952;
    Mosaiksteine, Btrr. z. Lit. u. Kunst, 1956;
    Das unbek. Ziel, Ausw., 1963;
    Ankunft in Siracusa, hrsg. v. H. Giraud, in: Recherches German. I, 1971: Correspondences H. K., H. E. Nossack 1945–49, ebd. 2, 1972;
    - Hrsg. z. T. mit Vor- und Nachworten: F. Hölderlin, Hymn. Bruchstücke aus d. Spätzeit, 1920;
    ders., Elegien, 1920;
    ders., Ges. Werke, 1921 (mit F. Seebaß);
    ders., Gedichte, 1923;
    O. Loerke, Zehn Gedichte, 1941;
    ders., Die Abschiedshand, Letzte Gedichte, 1949;
    ders., J. S. Bach, 2 Aufsätze, 1950;
    ders., Gedichte, 1954;
    ders., Tagebücher 1903–39, 1955;
    ders., Reden u. kleinere Aufsätze, 1957;
    ders., Der Bücherkarren, 1965 (mit R. Tgahrt);
    ders., Das Goldbergwerk, 1965;
    P. Ludwig. Die sel. Spur, Gedichte, 1920;
    Gedenkrede auf Wolf Przygode, 1927;
    G. Seume, Spaziergang nach Syrakus im J. 1802, 1941;
    L. Tieck, Ausw., 2. Bde., 1943 (mit A. Mohrhenn);
    V. Lachmann, Das Jahr d. Jünglings, 1946;
    G. Kolmar, Welten, Gedichte, 1947;
    H. Heissenbüttel, Kombinationen, Gedichte, 1951–54, 1954;
    A. Mohrhenn, Lebend. Dichtung, Betrachtungen z. Lit., 1956;
    Peter Suhrkamp, Der Leser, Reden u. Aufsätze, 1960;
    G. Kulka, Aufzeichnungen u. Lyrik, 1962 (mit H. Kreuzer). -
    Der Webstuhl, Das Birkenwäldchen, hrsg. v. F. Martini, 1962.

  • Literatur

    P. Lech, H. K. u. d. zeitkrit. Roman d. Gegenwart, 1956;
    J. M. Bader, Die Maske in H. K.s erzählender Dichtung, 1965;
    M. Anderle, in: The German Quarterly 38, 1965;
    Leben u. Werk v. H. K., Zusammengest. v. Wolfgang Kasack (S), 1966;
    F. Martini, K. z. Gedächtnis, in: Schillerjb. 10, 1966;
    H. J. Schueler, Initiatory patterns and Symbols … in H. K.s Stadt hinter d. Strom, in: German Life & Letters 24, 1970/71;
    H. Gutmann, A clash of Symbols, historical and universal dimensions in „Die Stadt hinter dem Strom“, in: Germanic Review 46, 1971;
    G. W. Reinhardt, The ordeal of art: H. K.s Fälschungen, in: Studies in short fiction 9, 1972.

  • Autor/in

    Fritz Martini
  • Zitierweise

    Martini, Fritz, "Kasack, Hermann" in: Neue Deutsche Biographie 11 (1977), S. 309-310 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118560360.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA