Lebensdaten
1900 – 1981
Geburtsort
Röhrmoos (Oberbayern)
Sterbeort
Holzkirchen (Oberbayern)
Beruf/Funktion
Politiker ; Journalist ; Funktionär ; Nationalsozialist
Konfession
römisch-katholisch
Normdaten
GND: 122330811 | OGND | VIAF: 10725218
Namensvarianten
  • Esser, Hermann

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Zitierweise

Esser, Hermann, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd122330811.html [18.04.2024].

CC0

  • Hermann Esser war ein führender Akteur und Propagandist in der Frühzeit der NSDAP und zählte bis in die 1930er Jahre zu den Vertrauten Adolf Hitlers (1889–1945). Im „Dritten Reich“ bekleidete er kurzfristig verschiedene Minister- und Staatssekretärsämter in Bayern sowie im Deutschen Reich und war v. a. mit Angelegenheiten des Fremdenverkehrs befasst.

    Lebensdaten

    Geboren am 29. Juli 1900 in Röhrmoos (Oberbayern)
    Gestorben am 7. Februar 1981 in Holzkirchen (Oberbayern)
    Grabstätte Friedhof in Holzkirchen
    Konfession römisch-katholisch
    Hermann Esser, BSB / Bildarchiv / Fotoarchiv Hoffmann (InC)
    Hermann Esser, BSB / Bildarchiv / Fotoarchiv Hoffmann (InC)
  • Lebenslauf

    29. Juli 1900 - Röhrmoos (Oberbayern)

    1906 - 1910 - München; Kempten (Allgäu)

    Schulbesuch

    Volksschule

    1910 - 1917 - Kempten

    Schulbesuch (ohne Abschluss)

    Gymnasium

    1917 - 1918 - Landsberg am Lech

    Militärdienst

    Feld-Artillerie-Regiment Landsberg (2. Ersatz-Batterie)

    24.4.1919 - 1.6.1919 - Memmingen

    Freikorpskämpfer

    Freikorps Schwaben

    Juni 1919 - 30.9.1919 - Kempten

    Mitarbeiter

    Reichswehr-Werbestelle

    8.3.1920 - 1945

    Mitglied (1925 nach Neugründung Mitglied Nr. 2)

    NSDAP

    15.5.1920 - München

    Mitarbeiter im Stab des Wehrkreises VII (Bayern)

    Reichswehrgruppenkommando 4

    15.5.1921 - 19.6.1921 - München

    Hauptschriftleiter

    Völkischer Beobachter

    24.6.1922 - 27.7.1922 - München-Stadelheim

    Inhaftierung

    Gefängnis

    25.11.1923 - 25.3.1924 - Innsbruck; Klagenfurt; Salzburg

    Flucht; illegaler Aufenthalt in Österreich

    1925 - 1926 - München

    Propagandaleiter

    NSDAP

    1926 - München

    Schriftleiter

    Illustrierter Beobachter

    September 1926 - Mai 1927 - Oberbayern; Schwaben

    Bezirksleiter

    NSDAP

    1928 - München

    Abgeordneter der NSDAP

    Kreistag von Oberbayern

    1929 - München

    Abgeordneter der NSDAP

    Stadtrat

    1932 - München

    Abgeordneter der NSDAP

    Bayerischer Landtag

    1933 - 1934 - München

    Präsident

    Bayerischer Landtag

    1933 - 1945 - Berlin

    Abgeordneter der NSDAP

    Reichstag

    18.3.1933 - 12.4.1933 - München

    kommissarischer Staatssekretär

    Bayerisches Staatsministerium des Äußeren

    13.4.1933 - 18.2.1934 - München

    Leiter

    Bayerische Staatskanzlei

    13.4.1933 - 14.3.1935 - München

    Staatsminister ohne Geschäftsbereich

    Bayerisches Staatsministerium des Äußeren

    1933 - 1945 - München

    Präsident

    Bund Deutscher Verkehrsverbände (seit 1936 Reichsfremden-verkehrsverband)

    1.3.1934 - 23.3.1935 - München

    Bayerischer Staatsminister für Wirtschaft

    1.1.1939 - 1945 - Berlin

    Staatssekretär

    Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda

    1945 - 24.12.1947 - u.a. Ludwigsburg; Nürnberg

    US-amerikanische Kriegsgefangenschaft

    Internierungslager

    8.8.1949 - München

    Verurteilung als „Haupt-schuldiger“ zu fünf Jahren Arbeitslager und weiteren Beschränkungen (13.10.1953 Aufhebung des Urteils)

    Spruchkammer München

    11.9.1949 - 11.10.1950 - Eichstätt

    Verhaftung; Internierung

    nach 1950

    Finanzberater

    7. Februar 1981 - Holzkirchen (Oberbayern)
  • Genealogie

    Vater Oskar Esser Bahnverwalter
    Mutter Auguste Esser, geb. Sörgel
    1. Heirat 1923
    Ehefrau Therese Esser, geb. Deininger
    Scheidung 17.3.1939
    2. Heirat 5.4.1939
    Ehefrau Anna (Anny) Esser, geb. Bacherl geb. 1911 seit ca. 1933 Lebensgefährtin Essers
    Kinder ein Sohn, eine Tochter, zwei weitere Kinder
    Diese Grafik wurde automatisch erzeugt und bietet nur einen Ausschnitt der Angaben zur Genealogie.

    Esser, Hermann (1900 – 1981)

    • Vater

      Oskar Esser

      Bahnverwalter

      • Großvater väterlicherseits

      • Großmutter väterlicherseits

    • Mutter

      Auguste Esser

      • Großvater mütterlicherseits

      • Großmutter mütterlicherseits

    • 1.·Heirat

      • Ehefrau

        Therese Esser

    • 2.·Heirat

      • Ehefrau

        Therese Esser

  • Biografie

    alternativer text
    Hermann Esser (rechts), BSB / Bildarchiv / Fotoarchiv Hoffmann (InC)

    Esser besuchte die Volksschule in München und Kempten, wo er auch Schüler des humanistischen Gymnasiums wurde. Ohne das Abitur abgelegt zu haben, meldete er sich am 1. August 1917 als Kriegsfreiwilliger. Ob er Kriegseinsätze hatte, ist ungeklärt. 1918/19 kurzzeitig für die SPD aktiv, wechselte Esser nach Ausrufung der Münchner Räterepublik die politische Seite, schloss sich von April bis Juni 1919 dem Freikorps Schwaben an und äußerte sich in einem antibolschewistischen Aufklärungskurs der Reichswehr im Sommer 1919 antisemitisch. Im Frühjahr 1920 trat er erneut in den Dienst des bayerischen Reichswehrgruppenkommandos 4 und wurde zum Stab des Wehrkreises VII (Bayern) kommandiert, wo er nach eigenen Angaben bis 1922 im Pressebereich tätig war.

    Seit 8. März 1920 Mitglied der NSDAP, trug Esser als einer ihrer wichtigsten Redner wesentlich zur Ausdehnung der Partei auf ganz Bayern und Norddeutschland bei. Ende 1920 beteiligte er sich am Erwerb des „Völkischen Beobachters“ durch die NSDAP, in dem er gelegentlich publizierte und dessen Schriftleiter er im Mai/Juni 1921 war. Bei der Parteikrise im Sommer desselben Jahres stellte sich Esser auf die Seite Adolf Hitlers (1889–1945), war von 1921 bis 1923 Hauptverantwortlicher der Parteipropaganda und verstärkte u. a. durch Vergleiche Hitlers mit Benito Mussolini (1883–1945) wesentlich die Entstehung des „Führer-Mythos“. Ende April 1923 wurde Esser von Hitler, der kurz darauf bei dessen erster Hochzeit Trauzeuge war, mit der Organisation öffentlicher Versammlungen der NSDAP beauftragt.

    Nach dem Scheitern des Hitlers-Putsches im November 1923, bei dem er keine bedeutende Rolle spielte, floh Esser nach Österreich und hielt sich bis März 1924 illegal in Innsbruck, Klagenfurt und v. a. Salzburg auf. Nach seiner Rückkehr vom Münchner Volksgericht wegen illegalen Grenzübertritts und Landfriedensbruchs verurteilt, bildete Esser seit August 1924 mit Julius Streicher (1885–1946) und Alfred Rosenberg (1893–1946) den Führungskreis der „Großdeutschen Volksgemeinschaft“, die bei der Neugründung der NSDAP am 24. Februar 1925 eine wesentliche Rolle spielte.

    In der Folge erhielt Esser die symbolträchtige Mitgliedsnummer 2, wurde mit der Parteiorganisation im Regierungsbezirk Oberbayern beauftragt und Leiter des Propagandaausschusses der Reichsleitung der NSDAP. Seine auf Provokation ausgerichteten Aktivitäten führten zu zahlreichen Prozessen und medialer Aufmerksamkeit, verdeckten aber seine organisatorischen Schwächen nicht, die auch unter den norddeutschen Nationalsozialisten um Gregor Straßer (1892–1934) und Joseph Goebbels (1897–1945) harsche Kritik hervorriefen. Im Februar 1926 durch Hitler von der Propagandaleitung der NSDAP abgezogen, übernahm Esser die Schriftleitung des im Juli 1926 gegründeten „Illustrierten Beobachters“, ohne dadurch seinen parteiinternen Niedergang verhindern zu können. 1927 veröffentlichte er seine einzige größere Schrift „Die jüdische Weltpest“, die bis 1943 sechs Auflagen erlebte.

    Seit Ende der 1920er Jahre beschränkte sich der Einfluss Essers zunehmend auf die bayerische Politik. Seit Mai 1928 NSDAP-Abgeordneter im Kreistag von Oberbayern und seit Dezember 1929 im Münchner Stadtrat zog Esser nach den Landtagswahlen vom 24. April 1932 in den Bayerischen Landtag ein und war nach der nationalsozialistischen Machtübernahme vom 28. April 1933 bis Anfang 1934 dessen Präsident. Seit November 1933 amtierte er zudem als zweiter stellvertretender Reichstagspräsident. Neben mehreren Ehrenämtern wurde Esser am 17. März 1933 zum Kommissarischen Staatssekretär für die Abteilung Arbeit im Bayerischen Ministerium des Äußeren ernannt und stieg am 13. April 1933 zum Staatsminister ohne Geschäftsbereich sowie zum Chef der Bayerischen Staatskanzlei auf. In dieser Zeit beschäftigte er sich v. a. mit Fragen der Presse, was ihn bald in Konflikt mit anderen Nationalsozialisten wie Heinrich Himmler (1900–1945) und Adolf Wagner (1890–1944) brachte, die sich für die Presseüberwachung zuständig sahen, und Anfang 1934 zu seiner Abberufung führte. Als Bayerischer Staatsminister für Wirtschaft von März 1934 bis März 1935 erlebte er den Höhepunkt seiner politischen Karriere.

    In der Folgezeit konzentrierten sich Essers Aktivitäten auf Angelegenheiten des Fremdenverkehrs, die in den Zuständigkeitsbereich des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda (RMVP) fielen. 1935 wurde er Vorsitzender des neu gegründeten Reichsausschusses für Fremdenverkehr, scheiterte jedoch mit seinem Plan, ein eigenes Ministerium für Fremdenverkehr einzurichten, am Widerstand von Goebbels. 1939 festigte sich Essers Einfluss im Fremdenverkehrswesen durch seine Ernennung zum Staatssekretär im RMVP und die Gründung der Hermann-Esser-Forschungsgemeinschaft, die dem Fremdenverkehr eine wissenschaftliche Basis geben sollte.

    Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Esser in Dietramszell bei München festgenommen und in mehreren Internierungslagern festgehalten, darunter zu Vernehmungen im Nürnberger Justizpalast. Zunächst als minderbelastet eingestuft und am 24. Dezember 1947 freigelassen, tauchte Esser unter und wurde am 8. August 1949 in Abwesenheit von der Spruchkammer München als „Hauptschuldiger“ zu fünf Jahren Arbeitslager verurteilt. Am 11. September 1949 wurde er aufgrund von Veröffentlichungen in der Münchner Zeitschrift „Revue“ ausfindig gemacht und in Eichstätt interniert. Obwohl die Berufungskammer das 1949 ergangene Urteil bestätigte, wurde Esser am 11. Oktober 1950 die verbliebene Reststrafe von eineinhalb Jahren erlassen, drei Jahre später wurden die weiteren Teile des Urteils aufgehoben. Anschließend bestritt Esser seinen Lebensunterhalt als Finanzberater und inszenierte sich in Interviews als intimer Kenner Hitlers und der NSDAP-Geschichte. Seine Falschdarstellungen v. a. zur Frühgeschichte der NSDAP und zu Hitlers Privatleben fanden wiederholt Eingang in Boulevardmedien und wurden z. T. auch von der Forschung übernommen, etwa in Publikationen von Georg Franz-Willing (1915–2008), Werner Maser (1922–2007) und John Toland (1912–2004).

  • Auszeichnungen

    1933 Ehrenbürger u. a. der Städte Kempten, Röhrmoos bei München, Prien am Chiemsee und Neuburg an der Donau
    1933 Fliegerführer im Rang eines Obergruppenführers der SA
    1934 „Ehrenführer“ der Luftwaffe
  • Quellen

    Nachlass:

    Bayerisches Hauptstaatsarchiv, München, Abt. V. (weiterführende Informationen)

    Weitere Archivmaterialien:

    Bayerisches Hauptstaatsarchiv, München, Abt. IV (Kriegsarchiv), RWGrKo 4 (Unterlagen der Presse- und Propagandaabteilung); Kriegsstammrollen (Esser, Hermann); OP 7 4288 (Offiziers-Personalakt Esser, Hermann).

    Bayerisches Staatsarchiv, München, MSpKA, K 379. (Spruchkammerakten)

    Archiv des Instituts für Zeitgeschichte München-Berlin, München, ED 561/1-7. (v. a. Unterlagen aus der Zeit nach 1945, u. a. Korrespondenz)

  • Werke

    Die jüdische Weltpest. Kann ein Jude Staatsbürger sein?, 1927, ab 2. erw. Aufl. 1939 u. d. T. Die jüdische Weltpest. Judendämmerung auf dem Erdball, 61943.

  • Literatur

    Monografien:

    Alfred Ringer, Die Hermann Esser Forschungsgemeinschaft für Fremdenverkehr in Frankfurt a. Main, [1939].

    Sonja Noller, Die Geschichte des „Völkischen Beobachters“ von 1920–1923, 1956.

    Albrecht Tyrell, Vom „Trommler“ zum „Führer“. Der Wandel von Hitlers Selbstverständnis zwischen 1919 und 1924 und die Entwicklung der NSDAP, 1975.

    Paul Hoser, Die politischen, wirtschaftlichen und sozialen Hintergründe der Münchner Tagespresse zwischen 1914 und 1934, 2 Teile, 1990.

    Gerhard Paul, Aufstand der Bilder. Die NS-Propaganda vor 1933, 21992.

    Robert Probst, Die NSDAP im Bayerischen Landtag 1924–1933, 1998.

    Mathias Rösch, Die Münchner NSDAP 1925–1933. Eine Untersuchung zur inneren Struktur der NSDAP in der Weimarer Republik, 2002. (Onlineressource)

    Othmar Plöckinger, Unter Soldaten und Agitatoren. Hitlers prägende Jahre im deutschen Militär 1918–1920, 2013.

    Christopher Görlich, NSDAP Mitglied Nr. 2. Hermann Esser und der Fremdenverkehr im Nationalsozialismus, 2015.

    Aufsätze und Artikel:

    Robert Wistrich, Art. „Esser, Hermann“, in: ders., Wer war wer im Dritten Reich? Ein biographisches Lexikon, überarb. u. erw. v. Hermann Weiß, 1992, S. 82–84.

    Jana Richter, Art. „Esser, Hermann“, in: Hermann Weiß (Hg.), Biographisches Lexikon zum Dritten Reich, überarb. Neuausg., 22011, S. 113 f.

    Paul Hoser, Hermann Esser und Kempten, in: Allgäuer Geschichtsfreund. Zeitschrift für historische Forschung und Heimatpflege 121 (2021), S. 67–95.

  • Onlineressourcen

  • Porträts

    zahlreiche Fotografien, Bildarchiv der Bayerischen Staatsbibliothek München, Sammlung Heinrich Hoffmann.

    Fotografie, ca. 1933, Abbildung in: Reichstags-Handbuch. VIII. Wahlperiode 1933, hg. v. Büro des Reichstags, 1933, S. 329. (Onlineressource)

    Fotografie, ca. 1933, Abbildung in: Reichstags-Handbuch. IX. Wahlperiode 1933, hg. v. Büro des Reichstags, 1934, S. 397. (Onlineressource)

  • Autor/in

    Othmar Plöckinger (Salzburg)

  • Zitierweise

    Plöckinger, Othmar, „Esser, Hermann“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.04.2023, URL: https://www.deutsche-biographie.de/122330811.html#dbocontent

    CC-BY-NC-SA