Lebensdaten
1879 – 1940
Geburtsort
Münchenbuchsee Kanton Bern
Sterbeort
Muralto-Locarno Kanton Tessin
Beruf/Funktion
Maler
Konfession
reformiert
Normdaten
GND: 118562827 | OGND | VIAF: 68931085
Namensvarianten
  • Klee, Paul
  • Kle, Paul
  • Klee, Ernst Paul
  • mehr

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Zitierweise

Klee, Paul, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118562827.html [18.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Hans (1849–1940), aus Tann/Rhön (?), Musiklehrer am Staatl. Lehrerseminar Hofwil u. Bern, S d. Joh. Peter, Oberschreiber u. Rendant, u. d. Elise Göbel;
    M Ida (1855–1921), Schweizerin, Sängerin, T d. Heinrich Franz Frick (* 1806), Absinthfabr., u. d. Anna Cath. Rosina Riedtmann;
    Bern 1906 Lily (1876–1946), Pianistin u. Klavierlehrerin, T d. Medizinalrates Dr. Ludwig Stumpf (1846–1923), Arzt, u. d. Annemarie Pohle;
    S Felix (* 1907), Regisseur.

  • Biographie

    K. wuchs in Bern auf, wohin die Familie 1880 übersiedelte; im April 1897 bezog man ein eigenes Haus am Obstbergweg 6. Erste Anleitung im Zeichnen und Kolorieren erhielt K. von seiner Großmutter mütterlicherseits. 1886-90 besuchte er die Primarschule, während weiterer 4 Jahre das Städtische Progymnasium, dann die Literarschule des Städtischen Gymnasiums am Waisenhausplatz, wo er 1898 das Maturitätsexamen bestand. Aus diesem Anlaß verfaßte K. zusammen mit Hans Bloesch (1878–1945) die Mauleselzeitung „Die Wanze“. Bei Konzertmeister Karl Jahn, einem Schüler Joseph Joachims, erlernte K. das Violinspiel; rasche Fortschritte sollten ihm bald erlauben, als außerordentliches Mitglied im Städtischen Orchester mitzuwirken. Von den frühen literarischen Versuchen sind in Briefen und Tagebüchern – K. führte ein „Journal“ von Oktober 1897 bis Ende 1918 – eine Reihe von Gedichten erhalten. Die Frage, ob er Musiker, Schriftsteller oder Maler werden sollte, entschied er zugunsten der bildenden Kunst.

    An der Münchener Akademie fand er wegen fehlender Übung im figürlichen Zeichnen zunächst keine Aufnahme. Zur Vorbereitung besuchte er die Zeichenschule von Heinrich Knirr. Im Oktober 1900 trat er dann an der Akademie in die Klasse Franz von Stucks ein, folgte dem Unterricht indes nur bis März 1901. Als entscheidender Wendepunkt im Studiengang wurde von K. ein Aufenthalt in Burghausen in der ersten Julihälfte 1899 empfunden, wo er von Walter Ziegler in die Technik des Radierens eingeführt wurde. Erste selbständige Radierversuche unternahm K. erst im Mai 1901 (Abenteuerlicher Fisch). In diesen Jahren der Entwicklung spielten Frauen eine wichtige Rolle. 1899 begegnete K. auf einer musikalischen Soiree der Pianistin Lily Stumpf, mit der er in der Folge häufig musizierte sowie Opern- und Konzertaufführungen besuchte. Einem Liebesverhältnis mit einer Verkäuferin „Tini“ entstammte ein Knabe, der jedoch kurz nach der Geburt starb (5.-29.11.1900). Auch eine Liebelei mit dem Aktmodell Cenzi Resthmayer blieb Episode (Jahreswende 1900/01), brachte K. indes seine innige Verbundenheit mit Lily Stumpf um so stärker zum Bewußtsein; kurz vor seiner Rückkehr nach Bern verlobte er sich mit ihr.

    Am 30.6.1901 kehrte K. nach Bern zurück, brach aber bereits am 22. Oktober wieder mit dem befreundeten Bildhauer Hermann Haller (1880–1950) zu einem sechsmonatigen Studienaufenthalt nach Italien auf. Von Genua kommend trafen die Freunde am 27. Oktober in Rom ein. Seit Januar 1902 zeichnete K. abends im Deutschen Künstlerverein nach Natur. Vor seiner Rückkehr weilte er einige Tage in Neapel (mit Besuch von Pompeji, Sorrent und Amalfi) und in Florenz. In Italien wurde K. angesichts der Meisterwerke der Antike und der Renaissance die epigonale Haltung der eigenen Zeit schmerzlich bewußt. Der aus dieser Erkenntnis resultierenden Ratlosigkeit suchte er sich in der Folge durch Karikatur und Satire zu erwehren.

    Ausschlaggebend für die weitere künstlerische Entwicklung waren die in der Abgeschiedenheit des Elternhauses verbrachten Jahre 1902-06: In dieser Berner Zeit erarbeitete sich K. die Grundlagen seines Schaffens. Seit November 1902 besuchte er die Vorlesung „Plastische Anatomie für Künstler“ von Hans Strasser. Dreimal in der Woche zeichnete er abends Akt im Kunstgewerbemuseum. Gemeinsam mit Louis Moilliet betrieb er private Aktstudien, im Frühjahr 1903 nach einem weiblichen Modell, im Juli nach einem Knaben. Marguerite Frey-Surbek wurde 1904 Privatschülerin von K. Im Winter 1902/03 und 1904/05 spielte K. im Berner Stadtorchester in den Abonnementskonzerten. Oktober 1903-März 1906 rezensierte er Opern- und Konzertaufführungen für das „Berner Fremdenblatt“. Gelegentliche Reisen führten K. auch jetzt ins Ausland. Vom 31.5.-13.7.1905 reiste er mit seinen Freunden Bloesch und Moilliet zum ersten Mal nach|Paris. Mit Bloesch unternahm er auch eine Studienreise nach Berlin (9.-16.4.1906). Im Sommer 1906 wurden erstmals Arbeiten K.s öffentlich ausgestellt: Die Münchener Sezession zeigte seine 11 Radierungs-Inventionen. Nach seiner Heirat ließ sich K. am 1. Oktober 1906 in München nieder, in einer kleinen Wohnung im Gartenhaus Ainmillerstraße 32. 1908 bezog er ein Atelier in der Feilitzschstraße 3. Für die finanzielle Grundlage sorgte seine Frau, die Klavierunterricht gab. Von April bis Juni 1908 erteilte K. Abendakt-Korrektur an der Debschitz-Schule. Im Mai wurde er Mitglied der Vereinigung Schweizerischer Graphiker „Die Walze“.

    Eine erste Werkübersicht von 56 Arbeiten fand in der Schweiz im Herbst 1910 statt: im September im Kunstmuseum Bern, im Oktober im Kunsthaus Zürich, im November in der Kunsthandlung zum Hohen Haus in Winterthur und im Januar 1911 in der Kunsthalle Basel. Im Juni 1911 stellte die Moderne Galerie (Thannhauser) im Arcopalais in München 30 Blätter aus.

    Im Februar 1911 begann K. einen Werkkatalog seiner bisherigen Arbeiten anzulegen, den er bis kurz vor seinem Tod führte. November 1911-Dezember 1912 berichtete er in der schweizerischen Monatsschrift „Die Alpen“ über Ausstellungen und andere kulturelle Ereignisse in München. 1912 veröffentlichte Hans Bloesch in dieser Zeitschrift (6. Jahrgang, Heft 5) unter dem Titel „Ein moderner Graphiker“ eine erste Würdigung von K.s zeichnerischem Schaffen. Allmählich knüpfte K. Kontakte mit Gleichgesinnten. Im Januar 1911 wurde er von Alfred Kubin aufgesucht, der kurz zuvor eine Zeichnung von ihm erworben hatte. Mit Kubin gehörte er im Herbst des Jahres dann zu den Gründungsmitgliedern einer Vereinigung junger Maler, Bildhauer und Dichter, die sich „Sema“ nannte. K. fühlte sich indes stärker zu den Künstlern des „Blauen Reiter“ hingezogen, zu Kandinsky, Marc und Macke, die er zur selben Zeit kennenlernte. An der 2. Ausstellung der Redaktion „Blauer Reiter“, die 1912 in der Buchhandlung von Hans Goltz stattfand, beteiligte er sich mit 17 Zeichnungen. Ferner stellte K. 1912 mit dem „Modernen Bund“ im Zürcher Kunsthaus und mit dem Sonderbund in Köln aus. 1913 war er im ersten deutschen Herbstsalon der Berliner Galerie „Der Sturm“ mit 8 Aquarellen und 14 Zeichnungen vertreten. 1914 half K. die „Neue Münchener Sezession“ begründen. Wilhelm Hausenstein wies in seinem Buch „Die bildende Kunst der Gegenwart“ (1914) als erster im Rahmen einer Übersicht über die aktuelle Kunst auf K. hin.

    Im April 1912 reiste K. ein zweites Mal nach Paris und machte Atelierbesuche bei Robert Delaunay und Henri Le Fauconnier. Delaunays Aufsatz „Über das Licht“ übersetzte K. für die Zeitschrift „Der Sturm“ (3. Jahrgang, Heft 144/145, 1913). Eine mit Moilliet auf Frühjahr 1913 geplante Studienreise nach Tunesien konnte erst über Ostern 1914 durchgeführt werden. Jetzt schloß sich auch Macke an. Am 6. April schifften sie sich in Marseille ein; Reisestationen waren Tunis, Saint-Germain, Sidi-Bou-Said und Karthago, Hammamet, Kairouan und Tunis. Am 20. April trat K. die Rückreise über Italien allein an.

    1916-18 war K. eingezogen. Er diente bei der Werftkompagnie der Fliegerersatzabteilung in Schleißheim und seit Januar 1917 in der Bayerischen Fliegerschule V in Gersthofen, wo er als Schreiber in der Kassenverwaltung eingesetzt wurde. Die künstlerische Produktion erfuhr in dieser Zeit kaum eine Unterbrechung. Eine Ausstellung in der „Sturm“-Galerie in Berlin im Februar 1917 verbesserte dank zahlreicher Verkäufe seine materiellen Verhältnisse.

    Als 3. Band der „Sturm“-Bilderbücher erschien 1918 eine Auswahl von 24 Zeichnungen. Hausenstein faßte im Juli dieses Jahres den Plan, über K. ein Buch zu schreiben: Es erschien im März 1921 unter dem Titel „Kairuan oder eine Geschichte vom Maler K. und von der Kunst dieses Zeitalters“. Ein von K. im Entwurf „Graphik“ überschriebener, im November 1918 abgeschlossener Text, in dem er das eigene Schaffen zu erläutern sucht, wurde 1920 in der Anthologie „Schöpferische Konfession“ der „Tribüne der Kunst der Zeit“ publiziert. „Kunst gibt nicht das Sichtbare wieder, sondern macht sichtbar“, lautet ein Leitsatz, der epochale Bedeutung erlangen sollte.

    1919 mietete K. einen Atelierraum im Schlößchen „Suresnes“ in der Werneckstraße. Mit dem Kunsthändler Hans Goltz schloß er am 1.10.1919 einen Verkaufsvertrag für 3 Jahre ab, der später bis 1925 verlängert wurde. 1920 veranstaltete Goltz die bisher umfassendste Werkschau (362 Arbeiten). Der Versuch Oskar Schlemmers, des Vorsitzenden des Studentenausschusses, eine Berufung K.s an die Stuttgarter Akademie als Nachfolger Adolf Hölzels zu erwirken, war im Sommer 1919 gescheitert.

    1920 wurde K. von Walter Gropius als Lehrer an das Staatliche Bauhaus nach Weimar berufen; er nahm seine Tätigkeit am 10.1.1921 auf. Mitte April übernahm er als Formmeister die Buchbinderwerkstätte; 1922/23 stand er dem Atelier für Glasmalerei vor. Der Unterricht gliederte sich in die theoretische Vorlesung zur Form- und Gestaltungslehre am Vormittag und in die praktischen Übungen am Nachmittag. Die Lehrerschaft des Bauhauses rekrutierte sich vorwiegend aus Malern; neben K. wirkten Lyonel Feininger, Johannes Itten, Wassily Kandinsky, Laszlo Moholy-Nagy, Georg Muche und der Bildhauer Gerhard Marcks. Aus Anlaß der großen Bauhaus-Ausstellung 1923 erschien die Buchpublikation „Staatliches Bauhaus in Weimar 1919–23) “, die K.s Aufsatz „Wege des Naturstudiums“ enthält. Im Herbst suchte K. Erholung auf der Nordseeinsel Baltrum. Im Sommer 1924 verbrachte er 6 Wochen auf Sizilien.

    Zur Eröffnung einer Ausstellung seiner Werke im Kunstverein Jena hielt K. am 26.1.1924 einen, 1945 unter dem Titel „Über die moderne Kunst“ veröffentlichten, Vortrag, in dem er die Ergebnisse seiner Kunstlehre zusammenfaßte. 1924 veranstaltete die Société Anonyme New York die erste Ausstellung mit Werken K.s in den USA. Kurz darauf gründete Emmy Galka Scheyer mit Feininger, Jawlensky, Kandinsky und K. die Gruppe „The Blue Four“ mit dem Ziel, das Werk dieser Maler in den USA zu vertreiben.

    Ende 1924 mußte das Bauhaus seine Tätigkeit in Weimar einstellen. Das Institut wurde von der Stadt Dessau übernommen. K. begann seinen Unterricht in Dessau am 23.6.1925 und bezog im folgenden Jahr eines der von Gropius erbauten Meisterhäuser an der Burgkühnauer Allee (ab April 1930: Stresemann-Allee). K. und Kandinsky leiteten in Dessau nunmehr auch eine freie Malklasse. 1925 erschien als Band 2 der von Gropius und Moholy-Nagy edierten Bauhausbücher K.s „Pädagogisches Skizzenbuch“, eine Kurzfassung der Vorlesungen für das 1. Semester. 1925 fand in der Galerie Vavin-Raspail K.s erste Pariser Ausstellung statt. Im gleichen Jahr beteiligte er sich an der ersten Gruppenausstellung der „Peinture surréaliste“ in der Pariser Galerie Pierre. Die Nationalgalerie Berlin erwarb 1925 das Gemälde „Der Goldfisch“ (1925). Der Braunschweiger Kaufmann Otto Ralfs gründete in diesem Jahr die K.-Gesellschaft, eine Vereinigung von Sammlern, die durch jährliche Ankäufe dem Künstler ein zusätzliches Einkommen sicherten. Während der Semesterferien unternahm K. in den folgenden Jahren jeweils ausgedehnte Reisen in den Süden, nach Italien (1926), Porquerolles und Korsika (1927), in die Bretagne (1928) und ins Baskenland (1929). Mit einer Ägyptenreise, die ihn vom 20.12.1928 bis 14.1.1929 nach Kairo, Gizeh, Luxor und Assuan führte, erfüllte sich K. ein lang gehegter Wunsch.

    In der Galerie Flechtheim in Berlin, die von Goltz die Vertretung K.s übernommen hatte, fand vom 20.10.-15.11.1929 zum 50. Geburtstag eine 150 Arbeiten umfassende Ausstellung statt, die, auf 63 Nummern reduziert, 1930 vom Museum of Modern Art in New York übernommen wurde. Weihnachten 1929 gab Christian Zervos in den Éditions Cahiers d'Art eine Monographie mit einleitendem Text von Will Grohmann heraus. Im April 1930 erschien in der Reihe „Peintres nouveaux“ bei Gallimard in Paris eine kleine Publikation von René Crevel. Die schweren politischen Auseinandersetzungen, in die sich das Bauhaus immer stärker verstrickte, ließen die Last der Lehrtätigkeit zunehmend unerträglicher werden. Im Mai 1930 begann K. das Angebot Walter Kaesbachs zu erwägen, an der Düsseldorfer Akademie eine Professur zu übernehmen. Von einem Erholungsaufenthalt in Sils Baselgia im Engadin und einer Reise nach Genua, Viareggio und Lucca (12.7.-20.8.) zurückgekehrt, löste K. seinen Vertrag mit dem Bauhaus zum 1.4.1931.

    Zum Willkommen zeigte der Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen 1931 eine Werkübersicht von 252 Nummern. K. kam nach einer zweiten Sizilienreise am 19. Oktober nach Düsseldorf, wo er zunächst bloß 4 Schüler hatte. Im Herbst 1932 fuhr er über die Schweiz – in Zürich sah er die große Picasso-Ausstellung – nach Venedig und Padua. 1933 wurde K. von den Nazis als „galizischer Jude“ diffamiert; er mußte seine arische Herkunft nachweisen. Während seiner Abwesenheit durchsuchte die SA sein Haus in Dessau und beschlagnahmte vorübergehend die Korrespondenz. K. flüchtete sich vom 19. März bis 2. April in die Schweiz. Am 21. April wurde er mit sofortiger Wirkung aus dem Lehramt entlassen; kurz darauf übersiedelte er nach Düsseldorf. Im Oktober ging er einen Vertrag mit D. H. Kahnweiler (Galerie Simon) ein, der das Monopol für sämtliche Verkäufe außerhalb der Schweiz erhielt.

    Am 23. Dezember 1933 emigrierte K. nach Bern und suchte 1939 um das schweizerische Bürgerrecht nach; doch er starb, noch ehe es ihm hätte zuerkannt werden können. Zunächst wohnte er im Elternhaus, seit dem Frühjahr 1934 im Kistlerweg 6/II. 1934 fand in der Mayor Galery, London, die erste Ausstellung in Großbritannien statt. 1935 zeigte die Kunsthalle in Bern 273 Werke aus des Künstlers eigenem Besitz. Das Berner Kunstmuseum erwarb das Gemälde „Ad Parnassum“ (1932). Im Sommer 1935 machten sich erste Anzeichen einer Krankheit (Sklerodermie) bemerkbar, die wenige Jahre später zum Tode führen sollte. Zur Linderung waren in der folgenden Zeit Kuraufenthalte notwendig: 1936 in Tarasp und Montana-Vermala, 1937 in Ascona, 1938 auf Beatenberg, 1939 in Faoug am Murtensee. 1937 wurden in der deutschen Ausstellung „Entartete Kunst“ 17 Bilder von K. zur Schau gestellt, 102 weitere Werke aus öffentlichen Sammlungen beschlagnahmt. Verzeichnet der Oeuvrekatalog für das Jahr 1936 nur 25 Arbeiten, so erfuhr die künstlerische Produktion in den folgenden Jahren eine gewaltige Steigerung: 1938: 489, 1939: 1 253, 1940: 366 Werke. Am 28.11.1937 empfing K. in seinem Heim den Besuch Pablo Picassos, über Ostern 1939 jenen von Georges Braque. Anläßlich seines 60. Geburtstages veranstaltete das Zürcher Kunsthaus 1940 eine Ausstellung von 213 Werken. Am 10. Mai begab sich K. zur Erholung ins Kurhaus Victoria nach Orselina (Locarno). Im Juni verschlimmerte sich sein Zustand derart, daß er in die Clinica SanťAgnese nach Muralto überführt werden mußte, wo er am 29. Juni starb.

    1946 wurde der gesamte Nachlaß als deutsches Eigentum einer Treuhandverwaltung unterstellt, die 1947 aus diesem Besitz die Paul Klee-Stiftung errichtete. Diese wurde 1953 vom Sohn des Künstlers anerkannt und dem Berner Kunstmuseum übergeben. Die Stiftung enthält 40 Tafelbilder, 160 farbige Blätter, 2 256 Zeichnungen, 10 Skizzenbücher, 88 druckgraphische Blätter, 29 Hinterglasmalereien, 11 Skulpturen, den Oeuvrekatalog, die Manuskripte der Tagebücher, der theoretischen Bauhaus-Kurse und des Jenenser Vortrages.

    K. selber ließ sein Schaffen erst von 1903 an gelten. 1911 nahm er in seinen Oeuvrekatalog zwar eine Auswahl von 18 zwischen dem 4. und 11. Lebensjahr entstandenen Zeichnungen auf, nicht aber die Arbeiten der Schulzeit: Bereits während der Münchener Studienjahre hatte er sich von den minuziösen Landschaftsdarstellungen, mit denen er als Gymnasiast nicht weniger als 10 Skizzenbücher gefüllt hatte, kritisch distanziert und schätzte nur mehr seine vom Jugendstil geprägten Karikaturen und humoristischen Randglossen, mit denen er seine Schulbücher und -hefte versehen hatte. Im Schaffen K.s lassen sich zwei Kategorien von Arbeiten unterscheiden: Solche die „ohne Natur“ und jene, die „nach der Natur“ entstanden sind. Bis Ende 1913 nahm er diese Differenzierung auch im Oeuvrekatalog mittels der Buchstaben A und B vor. Die von K. am Bauhaus gelehrte Maxime „Die Zwiesprache mit der Natur bleibt für den Künstler conditio sine qua non“ hatte er von früh an befolgt. Erst im Besitze der im Aktzeichnen und beim Sezieren gewonnenen Kenntnisse der menschlichen Anatomie wagte er sich 1903-05 an eine freie, vom direkten Naturvorbild unabhängige Anwendung in jener Folge von 11 Radierungen, die er „Inventionen“ nannte. Mit diesem „Opus eins“, wie K. es nannte, verwirklichte sich die künstlerische Absicht erstmals in gültiger Weise. Die Arbeit der nachfolgenden Jahre wurde von dem Anliegen diktiert, den vor der Natur gewonnenen Eindruck direkt in eine persönliche Bildsprache umzusetzen. 1905 rückte die methodische Erforschung der Lichtwirkungen, des Heil-Dunkels, ins Zentrum seines Interesses. 1908 erproben die Schwarzaquarelle dann die systematische Abstufung der Tonschritte von Licht zu Schatten, ein Verfahren, das K. 1910 auch auf die Farbigkeit übertrug. In den Zeichnungen führte die Entdeckung der dem Licht innewohnenden bildnerischen Energie zur Übersetzung dieser immateriellsten Erscheinung der Natur ins graphisch-lineare Element.

    Wie sich K. einst von der akademischen Routine in Karikaturen Luft gemacht hatte, enthob er sich dem Zwang der Naturvorlage auch im Herbst 1908 und gestaltete aus seinem „Urgebiet der psychischen Improvisation“ 6 Illustrationen zum satirischen Epos „Der Musterbürger“ seines Freundes Bloesch. Diese und verwandte Zeichnungen können als direkte Vorstufen zu den 26 Zeichnungen betrachtet werden, die K. 1911-12 zu Voltaires Roman „Candide“ schuf (das Werk erschien erst 1920 im Druck). Aus der 1912 anhebenden Auseinandersetzung mit Kubismus und Orphismus empfing K. wesentliche Grundlagen für sein weiteres Schaffen. Lernte er vom Kubismus die tektonische Straffung der Komposition, so wurde er dank der orphistischen Theorie der farbigen Simultankontraste der dynamischen Beziehungen der Farbwerte gewahr. Doch erst in der Begegnung mit dem Orient erschloß sich K. das beharrlich verfolgte Geheimnis der Farbe: in Kairouan (15-17.4.1914) wußte er sich zum Maler geboren. In den Tunesien-Aquarellen hat K. zu einer autonomen Bildsprache gefunden. 1915 vollzog sich die Loslösung von jeglichem realen Ausgangspunkt: Das Kriegserlebnis ließ den Künstler eine distanzierte Lebenshaltung einnehmen. Er|wurde „abstrakt mit Erinnerungen“, wie er sagte, und seine Hand „ganz Werkzeug eines fernen Willens“. Zeichenhafte und emblematische Elemente bestimmen das Formenvokabular: Zahlen, Buchstaben, Ausrufezeichen, Pfeil, Auge, Gestirne.

    Erst nach seiner Entlassung aus dem Kriegsdienst wandte sich K. dem Ölgemälde zu; bis zu seinem 40. Lebensjahr hatte er seine Kunst fast ausschließlich in kleinformatigen Graphiken und Aquarellen geübt, kaum je aber im Tafelbild. Zu gleicher Zeit führte die Beschäftigung mit der Lithographie zur Entdeckung der aquarellierten „Ölfarbenzeichnung“: K. verwandte dieses Pausverfahren in der Folge häufig, um eine Zeichnung und Malerei integrierende Ganzheit zu erzielen.

    Die Lehrtätigkeit am Bauhaus verlangte die Ausarbeitung eines pädagogischen Systems, dessen Fundament die Lehre von den „ideellen Mitteln“: Linie, Hell-Dunkel, Farbe, bildet. Die Erfahrungen der eigenen Entwicklung und früher in Tagebüchern notierte theoretische Reflexionen konnten zu diesem Zweck nutzbar gemacht werden. K. mußte sich über das klar werden, was er bisher meist unbewußt getan hatte. So führte etwa die Bewußtmachung von Farbgesetzen und -relationen, wie sie die Lehre an Farbkreis und Farbkugel demonstriert, zu den aquarellierten Farbstufungen und zu den Gemälden farbiger Quadrate. Namentlich in der zweiten Hälfte der 20er Jahre erprobte K. in Zeichnungen immer neue schematische Gesetzmäßigkeiten. In der Mathematisierung der Gestaltungsprozesse schlägt sich die technologisch-rationalistische Zielsetzung, wie sie am Bauhaus seit der Übersiedlung nach Dessau immer radikaler verfolgt wurde, sichtbar nieder. Doch behauptete sich den natürlichen und geometrischen Gesetzlichkeiten gegenüber auch jetzt die Intuition, sei es in der phantastischen und märchenhaften Thematik vieler Weimarer Arbeiten, sei es in Zeichnungen der späten 20er und frühen 30er Jahre, wo innere Regungen und Unbewußtes sich spontan der seismographisch registrierenden Hand mitteilen. Diese intuitive Arbeitsweise markiert die Wendung zum Irrationalen und Metaphysischen, welche die letzte Schaffensphase kennzeichnet.

    Das Hauptanliegen der Düsseldorfer Zeit bildete das Licht: In den von K. als „divisionistisch“ bezeichneten Bildern überzieht ein dichter Raster aus Farbtupfen den ein- oder vielfarbigen Grund. In der gleichzeitigen Zusammenschau rufen Unterlage und Farbpartikel die Illusion eines schattenlosen Farblichts hervor. 1933 setzte eine Entfaltung zum monumental Großformigen, Lapidaren ein. In den Gemälden und jetzt zahlreichen Pastellen bevorzugte K. als Malgrund trocken anzufühlende Gewebe wie Baumwolle, derbe Jute oder Rupfen. Einfarbige Blätter wurden vielfach mit dem Pinsel pastos in Kleisterfarbe oder mit dem Kohlestift ausgeführt: die Graphik erfuhr eine Angleichung an die Malerei. Kennzeichnend für das Spätwerk ist die Verwendung von Balkenstrichen und -zeichen. Diese „Hieroglyphen“ und „Chiffren“ sind nicht mehr auf die Bildmitte zentriert sondern in lockerer Streuung über die Bildfläche verteilt. Die Bildformate weiten sich jetzt stetig und erreichen in „Insula dulcamara“ (1938) mit den Maßen 88 auf 176 Zentimeter das größte Format des Gesamtwerkes. Der Gehalt dieser Zeichenbilder kreist vielfach um weltanschauliche Fragen, um das eigene Schicksal und das Sterben. 1939 und 1940 fallen im zeichnerischen Werk als Besonderheit mehrere umfangreiche Zyklen auf: „Der Inferner Park“, „Vorbereitung zu einer Fußwaschung“, „Näherungen“. „Eidola“, „Detaillierte Passion“. Neben diese infernalischen Visionen und erschütternden Bekenntnisse des Ringens um Leben und Tod treten als Sinnbilder der Hoffnung und Läuterung Variationenfolgen über das Thema ‚Engeľ. K. selber mag in einem bereits 1939 vollendeten, jedoch weder signierten noch im Werkverzeichnis katalogisierten als letztem Stilleben auf schwarzem Grund bekannt gewordenen Gemälde sein künstlerisches Vermächtnis erblickt haben. Dem Schaffen K.s kommt in der Kunst des 20. Jahrhunderts eine zentrale Stellung zu; was seine technische, formale, ikonographische und inhaltliche Vielfalt und Vielschichtigkeit betrifft, dürfte es gar einzigartig dastehen. K.s Innovationen haben auf seine Zeitgenossen und auf die weitere Entwicklung der Kunst in einem großen, noch immer schwer abzuschätzenden Ausmaß wegweisend und befruchtend gewirkt.

  • Werke

    K.s Oeuvrekat. verzeichnet insgesamt 733 Tafelbilder, 3 159 farbige Bll., 4 877 Zeichnungen, 95 Drudegraphiken, 51 Hinterglasbilder, 15 Plastiken. Die größten öffentlich zugänglichen Slgg. in Bern, Kunstmus.;
    Düsseldorf, Slg. Nordrhein-Westfalen;
    Basel, Kunstmus.;
    New York, Mus. of Modern Art u. The Solomon R. Guggenheim Mus.;
    Pasadena, Art Mus. (Galka E. Scheyer Blue Four Collection). - W-Verz.:
    E. W. Kornfeld, Verz. d. graph. Werkes v. P. K., 1963. -
    Kataloge: J. Glaesemer, P. K., Die farbigen Werke im Kunstmus. Bern, Gemälde, farbige Blätter, Hinterglasbilder u. Plastiken, = Slg.-kataloge d. Berner Kunstmus. I, 1976;
    ders., P. K., Handzeichnungen I, Kindheit bis 1912, = dass.|II, 1973;
    P. K., Kunstslg. Nordrhein-Westfalen Düsseldorf, 1960, ³1971;
    K. au Musée Nat. ďArt Moderne, Kat. bearb. v. F. Cachin-Nora, Vorwort v. J. Leymarie, 1972;
    P. K. at the Guggenheim Mus., New York 1977. - Schrr.:
    Tagebücher 1898-1918, hrsg. u. eingel. v. F. Klee (S), 1957, ²1968;
    Gedichte, hrsg. v. dems., 1960;
    Das bildner. Denken, Form- u. Gestaltungslehre I, hrsg. u. bearb. v. J. Spiller, 1956, ³1971;
    Unendliche Naturgesch., Form- u. Gestaltungslehre II, hrsg. u. bearb. v. dems., 1970;
    Schrr., Rezensionen u. Aufsätze, hrsg. v. Ch. Geelhaar, 1976.

  • Literatur

    Bibliogrr.: H. Müller-Appelbaum, in: W. Grohmann, P. K., 1954, S. 428-41;
    M. Huggler, in: Künstler Lex. d. Schweiz, XX. Jh., 1958-67;
    B. Karpel, in: P. K., The Nature, Notebooks II, hrsg. v. J. Spiller, 1973, S. 431-54. -
    H. v. Wedderkop, P. K., 1920;
    L. Zahn, P. K., Leben -Werk - Geist, 1920;
    W. Hausenstein, Kairuan od. e. Gesch. vom Maler K. u. v. d. Kunst dieses Za., 1921;
    W. Grohmann, P. K., 1929;
    ders., P. K., 1954 (P);
    W. Haftmann, P. K., Wege bildner. Denkens, 1950;
    C. Giedion-Welcker, P. K., 1952 (P);
    F. Klee (S), P. K., Leben u. Werk in Dokumenten, 1960 (P);
    M. Huggler, P. K., Die Malerei als Blick in d. Kosmos, 1969 (P);
    Ch. Geelhaar, P. K. u. d. Bauhaus, 1972;
    M. Faust, Entwicklungsstadien in d. Wortwahl in d. Bildtiteln v. K., in: Dt. Vjschr. 48, 1974, S. 25-46;
    A. Kagan, P. K.s Influence on American Painting, in: Arts Mgz. 49, Nr. 10, Juni 1975, S. 54-59, 50, Nr. 1, Sept. 1975, S. 84-90;
    ThB.

  • Porträts

    Bildnisbüste, bemalter Gips, v. A. Zschokke, 1931 (Düsseldorf, Kunstslg. Nordrhein-Westfalen);
    zahlr. Selbst-P, Abb. in: Grohmann, P. K., 1954, S. 385.

  • Autor/in

    Christian Geelhaar
  • Zitierweise

    Geelhaar, Christian, "Klee, Paul" in: Neue Deutsche Biographie 11 (1977), S. 722-727 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118562827.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA