Lebensdaten
1904 – 1942
Geburtsort
Halle/Saale
Sterbeort
Prag
Beruf/Funktion
SS-Führer
Konfession
mehrkonfessionell
Normdaten
GND: 118550640 | OGND | VIAF: 72185701
Namensvarianten
  • Heydrich, Reinhard Tristan
  • Heydrich, Reinhard Tristan Eugen
  • Heydrich, Reinhard
  • mehr

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Zitierweise

Heydrich, Reinhard, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118550640.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Bruno (1863–1938, ev.), Opernsänger, Komponist, Dir. e. privaten Konservatoriums in H. (s. Wi. 1935; Riemann), S d. Instrumentenmachers Reinhold u. d. Ernestine Wilh. Lindner (in 2. Ehe verh. mit d. Schlosser Robert Süß, daher stammt d. Legende v. d. jüdischen Abstammung H.s);
    M Elisabeth (1871–1946, kath.), T d. Eugen Krantz (1844–98), Pianist, Hofrat, Dir. d. Konservatoriums in Dresden (s. Riemann), u. d. Maria Antonie Mautsch;
    ⚭ Lina von Osten ( 2] Mauno Maninen, Theaterdir. u. Maler in Helsinki), Lehrers-T;
    3 K.

  • Biographie

    Nach der Reifeprüfung in Halle trat H. 1922 in die Reichsmarine ein, aus der er 1931 als Oberleutnant wegen unehrenhaften Verhaltens ausschied. Auf der Suche nach einer Beschäftigung fand er über Karl Freiherr von Eberstein Zugang zu Heinrich Himmler, trat der NSDAP und der SS bei (1.6./14.7.1931) und wurde mit dem Aufbau des Nachrichtendienstes der SS beauftragt, da Himmler die Ausbildung H.s zum Funkoffizier mit militärischer Abwehrtätigkeit verwechselt hatte. Aus diesen Anfängen heraus entwickelte H. die sachlichen und personellen Grundlagen des späteren Sicherheitsdienstes (SD) der SS, dessen Leiter er am 19.7.1932 wurde. Damit gelangte er in die Ausgangsposition für seine Karriere. Im März 1933 übernahm er die Leitung der Bayerischen Politischen Polizei (BPP), am 20.4.1934 das Preußische Geheime Staatspolizeiamt (Gestapa) in Berlin und wurde bereits am 30.6.1934 zum SS-Gruppenführer befördert. Mit der Ernennung zum Chef der Sicherheitspolizei und des SD am 20.5.1936 unterstand ihm die Geheime Staatspolizei (Gestapo), die Kriminalpolizei und der SD. Mit der weiteren Verschmelzung von SS und Polizei wurde H. am 27.9.1939 Chef des Reichssicherheitshauptamtes (RSHA), des wichtigsten Hauptamtes der SS. Schließlich übernahm er im September 1941 noch den Posten des stellvertretenden Reichsprotektors von Böhmen und Mähren und wurde in dieser Eigenschaft Ziel eines durch zwei tschechische Partisanen ausgeführten Attentates, an dessen Folgen er starb.

    H., intelligent und skrupellos, gehörte durch die entscheidende Gestaltung des SD und der Gestapo zu den gefürchtetsten und gefährlichsten Männern des nationalsozialistischen Regimes. Die gnadenlose Bekämpfung aller wirklichen und vermeintlichen Gegner des Staates, die Schaffung eines gut funktionierenden Nachrichtendienstes (SD), dessen Entwicklung keineswegs kontinuierlich verlief und der nicht immer die Bedeutung hatte, die man ihm später beimaß, sowie die Zusammenfassung aller exekutiven Polizeikräfte gaben dem Staat einen machtvollen terroristischen Rückhalt. Unter H.s Leitung und mit Hilfe der aus München nach Berlin übernommenen Polizeifachleute, unter denen Heinrich Müller, der Leiter des späteren Amtes IV des Reichssicherheitshauptamtes, der bedeutendste war, wurde die Institution der „Schutzhaft“ zum gefürchtetsten Instrument der Gestapo, das gegen alle vermeintlichen und wirklichen Gegner des Systems angewandt wurde und die Voraussetzung zur Verweisung in die Konzentrationslager war.

    Mit der Ausweitung des nationalsozialistischen Herrschaftsgebietes rückten in alle annektierten und eroberten Gebiete die sogenannten Einsatzgruppen ein, mobile Einheiten, die sich vornehmlich aus Angehörigen der Sicherheitspolizei und des SD zusammensetzten. Diese unter der obersten Leitung H.s stehenden Einheiten dienten der Vorbereitung des Aufbaus sicherheitspolizeilicher Dienststellen und der systematischen Erfassung und Bekämpfung politischer Gegner. Sie kamen in ihrem zusammengefaßten Einsatz dem Wirken des geplanten Staatsschutzkorps nahe. Zum anderen waren sie in zunehmendem Maße Vollstrecker des rassenbiologischen Vernichtungsfeldzuges des Nationalsozialismus. Den Höhepunkt ihrer Tätigkeit stellte die Vernichtung der in deutsche Hände gefallenen russischen Juden dar.

    Mit der verhängnisvollen Zuspitzung der Judenverfolgung 1938/39 war die praktische Durchführung und Leitung der judenfeindlichen Maßnahmen immer mehr an die Geheime Staatspolizei übergegangen. H. wurde am 31.7.1941 mit der Gesamtplanung der „Endlösung der Judenfrage“ beauftragt, die vom Reichssicherheitshauptamt (Referat IV B 4, Leiter Adolf Eichmann, 1906–62, siehe Literatur) vorbereitet wurde. Soweit nicht andere SS-Dienststellen beteiligt waren, war H. der anfängliche Leiter und Organisator des größten organisierten Massenmordes der modernen Geschichte. So wurde auch die umfangreichste Massentötung, die der polnischen Juden (über 2 Millionen Opfer), von der SS-Führung nach dem Tode H.s „Aktion Reinhard“ genannt.

    H. gehörte in seiner Position als Chef der polizeilichen Exekutive und der nachrichtendienstlichen Zentralbehörde der SS zu den wichtigsten Mitarbeitern Himmlers. Äußerlich dem Ideal des nationalsozialistischen Menschentypus nahekommend und als Vorbild innerhalb der SS gepriesen, verbarg er jedoch hinter seiner rastlosen Aktivität Charakterschwächen und Minderwertigkeitskomplexe, die ihren Ursprung auch in der abgebrochenen Karriere als Marineoffizier hatten. Seine Fähigkeit, Fachleute mit ihrem technischen Können in die von ihm geleiteten Ämter und Behörden einzuspannen, verknüpfte Traditionen deutscher Bürokratie mit den Zielen und Methoden der nationalsozialistischen Weltanschauung und Machtpolitik. Mit dem Anwachsen seiner Kompetenzen und der von ihm gepflegten Attitüde des geheimnisumwitterten, allwissenden Polizeichefs nahm sein Ansehen in der SS zu, ebenso die Furcht, die er und seine Behörden ausstrahlten. Jedoch hielt sich sein Einfluß auf Himmler in den Grenzen seiner Position und Aufgabenstellung. Im Gegensatz zu Himmler verkörperte er weniger den Typ des Rassendogmatikers als vielmehr den des eiskalten Machttechnikers, der skrupellos und einfallsreich dem nationalsozialistischen Staat diente und damit auch seinen eigenen Machttrieb befriedigte.

  • Werke

    Wandlungen unseres Kampfes, 1936.

  • Literatur

    H. Orb, Nationalsozialismus, 13 J. Machtrausch, 1945;
    H. H. Steinberg, Dtld. u. d. Protektorat Böhmen u. Mähren v. 16.3.1939-Juni 1942, phil. Diss. Göttingen 1953;
    M. Freund, H.s Rolle, in: Gegenwart 13, 1958, S. 626-30;
    ders., Das H.-Urteil, ebd., S. 688-91;
    E. Crankshaw, Die Gestapo, 1959;
    E. Pruck, H.s SD, Die nat.-soz. Geh.polizei, in: Pol. Studien 10, 1959, S. 442-48;
    A. Burgess, 7 Mann im Morgengrauen, Das Attentat auf H., 1961 (P);
    Ch. Wighton, H., Hitler's most evil henchman, 1962 (P);
    J. C. Fest, Das Gesicht d. 3. Reiches, 1963 (P);
    U. Popplow, R. H. od. d. Aufnordung durch d. Sport, in: Olymp. Feuer 13, 1963, H. 8, S. 14-21;
    J. Delarue, Gesch. d. Gestapo, 1964;
    D. Hamšik u. J. Pražak, Eine Bombe f. H., 1964 (P);
    G. Buchheit, Der dt. Geheimdienst, 1966;
    S. Aronson, H. u. d. Anfänge d. SD u. d. Gestapo (1931–35), 1967;
    H. Höhne, Der Orden unter d. Totenkopf, 1967. D. Brandes, Die Tschechen unter dt. Protektorat I, 1969. - Zu Eichmann:
    J. Robinson, And the crooked shall be made straight, 1965.

  • Autor/in

    Wolfgang Scheffler
  • Zitierweise

    Scheffler, Wolfgang, "Heydrich, Reinhard" in: Neue Deutsche Biographie 9 (1972), S. 73-74 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118550640.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA