Lebensdaten
1886 – 1948
Geburtsort
Freiburg (Breisgau)
Sterbeort
Berlin
Beruf/Funktion
Regisseur
Konfession
keine Angabe
Normdaten
GND: 116804807 | OGND | VIAF: 27328727
Namensvarianten
  • Martin, Karl Joseph Gottfried (eigentlich)
  • Martin, Karl Heinz
  • Martin, Karlheinz
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Zitierweise

Martin, Karlheinz, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd116804807.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Franz Xaver, Uhrmacher;
    M Mathilde Pfaendler;
    Heidelberg 1908 ( 1911) Traute Kempner, Schauspielerin (als Carlsen).

  • Biographie

    M. begann als Schauspieler, nach kurzen Engagements an kleineren Bühnen kam er zur Spielzeit 1907/08 nach Mannheim und wurde dort Regieschüler bei Carl Hagemann. 1910-11 pachtete er das Komödienhaus in Frankfurt/Main, seit 1912 arbeitete er als Oberspielleiter an den Vereinigten Städtischen Bühnen Frankfurts und inszenierte sowohl Schauspiel wie Oper. Seit 1915 war er am Hamburger Thalia-Theater, einer modernen, betont literarischen Bühne, die viele zeitgenössische Stücke im Spielplan hatte. Zusammen mit Rudolf Leonhardt gründete er 1919 in Berlin das erste politische Theater, die „Tribüne“. Die Uraufführung von Ernst Tollers „Die Wandlung“ am 30.9.1919 mit Fritz Kortner war für den Expressionismus bahnbrechend und sicherte M.s Ruf als expressionistischer Regisseur. Er entwarf für seine Inszenierung vielfach selbst das Bühnenbild, das auf alles Illustrierende und Begleitende verzichtete. In „Die Wandlung“ setzte er dieses szenische Mittel zum erstenmal bewußt ein. Er ließ ohne Vorhang spielen, das karge Bühnenbild deutete die Szenerie nur an. Neuartig war die Lichtregie, M. ließ nur den engen Kreis um den Protagonisten ausleuchten, das übrige blieb im Dunkel. Ideologische Auseinandersetzungen mit der Geschäftsführung der „Tribüne“ veranlaßten ihn, zusammen mit Arthur Holitscher, R. Leonhardt u. a. das „Proletarische Theater“ zu begründen, das „in kollektivistischer Form das erste szenische Instrument des Proletariats in Deutschland“ sein sollte. Es fand nur eine einmalige Aufführung statt. Am 14.12.1919 in der Berliner Philharmonie – als bewußter Verzicht auf eine konventionelle Bühne gewählt – wurde das Stück „Freiheit“ von Herbert Kranz unter der Regie von M. aufgeführt. Seit 1920 war M. Spielleiter an den Berliner Reinhardt-Bühnen. Im Großen Schauspielhaus brachte er einen Zyklus deutscher Dramen heraus: „Die Jungfrau von|Orleans“ (Bühnenbild Bruno Taut), „Die Räuber“ und „Götz von Berlichingen“, anläßlich von Gerhart Hauptmanns 60. Geburtstag „Florian Geyer“ und „Die Weber“ sowie Tollers „Maschinenstürmer“. M. betonte in seiner Regie in der Fortsetzung des proletarischen Theaters den politischen Akzent der Stücke, den er „in gedrängten Augenblicken, Kontrastierungen, Schärfen, Zäsuren“ (H. Ihering) herausarbeitete.

    In den folgenden Jahren inszenierte M. in Breslau, Wien (1923–26) und Salzburg gleichermaßen Schauspiel und Oper (Verdis „Othello“, viermal Mozarts „Don Giovanni“ in Salzburg, Glucks „Orpheus und Eurydike“), daneben auch in Berlin, wo er 1929-32 künstlerischer Leiter der Volksbühne war und den Versuch unternahm, das Experiment der „Tribüne“ nochmals aufzunehmen und gegen die Tendenzen der Zeit politisches Theater zu inszenieren.

    Nach 1933 war M. wegen dieses politischen Engagements unerwünscht. Er durfte weder an großen Bühnen Regie führen noch mit namhaften Schauspielern arbeiten. Nicht zuletzt aus diesen Gründen zog er sich auf die Filmregie zurück, doch sind seine Filme (bis auf die schon 1920 entstandene Georg-Kaiser-Verfilmung „Von morgens bis mitternachts“) wohl nur als Gelegenheitsarbeiten anzusehen.

    In den 40er Jahren konnte er dank befreundeter Intendanten einige Gastinszenierungen machen: in München Grabbes „Hannibal“ (1940) und Laubes „Die Karlsschüler“ (1941), in Berlin nochmals „Hannibal“ (1940 mit George) und „Florian Geyer“ (1942 mit Eugen Klopfer), wobei die aufrüttelnde Botschaft seiner Massenszenen wie des individuellen, rebellischen Helden durchaus verstanden wurde.

    Nach 1945 eröffnete M. das Hebbel-Theater als eines der ersten Berliner Theater. Er machte es durch seine eigenen Inszenierungen in realistischem Stil (Hebbels „Judith“, Gorkis „Nachtasyl“, Molnars „Liliom“ mit Hans Albers) sowie durch Gastregisseure wie Jürgen Fehling (Sartres „Die Fliegen“) zu einem der lebendigsten Berliner Theater.

  • Literatur

    H. Ihering, Theater am Scheideweg, Zum Tode O. Falckenbergs u. K. H. M.s. in: Dramaturg. Bll. 2, 1948, 2, S. 61;
    W. J. Schorlies, Der Schauspieler, Regisseur, szen. Bühnenbauer u. Theaterleiter K. H. M., Diss. Köln 1972;
    Kosch, Theaterlex.;
    Ch. Trilse, K. Hammer u. R. Kabel (Hrsg.), Theaterlex., 1978;
    H. Rischbieter (Hrsg.), Theaterlex., 1983.

  • Autor/in

    Gertraude Wilhelm
  • Zitierweise

    Wilhelm, Gertraude, "Martin, Karlheinz" in: Neue Deutsche Biographie 16 (1990), S. 289-290 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd116804807.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA