Lebensdaten
1902 – 1969
Geburtsort
Velbert (Bergisches Land)
Sterbeort
Berlin
Beruf/Funktion
Schriftsteller ; Dramatiker ; Dramaturg
Konfession
keine Angabe
Normdaten
GND: 118630377 | OGND | VIAF: 54212610
Namensvarianten
  • Weisenborn, Günther Ulrich Carl
  • Munk, Christian (Pseudonym)
  • Bohr, W. (Pseudonym)
  • mehr

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Zitierweise

Weisenborn, Günther, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118630377.html [18.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Friedrich Carl (1877–1951), Kaufm. in V., 1948 Mitgl. d. Stadtverordnetenverslg. in Opladen (1949 FDP), S d. Bruno Carl (1852–1931) u. d. Juliane Karoline Schmidt (1853–1934);
    M Elfriede (1876–1934), T d. Johann Jakob Schweizer u. d. Johanna Auguste Bertha Dreischer;
    Berlin 1941 Margarete (Joy) (1914–2004, s. W), T d. Johannes Julius Schnabel (1867–1916) u. d. Marie Reinshagen (1875–1955);
    2 S Sebastian (* 1946), Filmregisseur, Christian (* 1947), Arzt.

  • Biographie

    W. wuchs in Wuppertal-Elberfeld, seit 1912 in Opladen auf, wo er das Gymnasium besuchte. Im Alter von 14 Jahren begann er seine schriftstellerische Laufbahn mit Prosaarbeiten, die Züge von expressionistischem Pathos aufwiesen. Nach dem 1. Weltkrieg schloß sich W. der Jugendbewegung an, deren zivilisationskritischer Einfluß auf sein Werk unverkennbar ist. Im Anschluß an das Abitur 1920 begann er ohne Erfolg eine Kaufmannslehre. Seit 1923 studierte er in Köln und Bonn v. a. Medizin und Germanistik und arbeitete für verschiedene Tageszeitungen. Er beendete bei Oskar Walzel (1864–1944) eine Dissertation zum Thema „Zwei Helden, Drama als Strukturtyp in der deutschen Dramatik“, trat aber nicht zum Rigorosum an. Erlebnisse aus dieser Zeit verarbeitete er 1931 in „Barbaren, Roman einer studentischen Tafelrunde“.

    W.s erstes, 1928 an der „Berliner Volksbühne“ uraufgeführtes Drama „U-Boot S4“ (Regie: L. Reuß, 1929 auch als Hörspiel) war ein Antikriegsstück, das Aspekte des Expressionismus und der Neuen Sachlichkeit verband. 1930 wanderte W. nach Misiones (Argentinien) aus, kehrte aber bald nach Berlin zurück, wo er 1932 an der Volksbühne mit Günther Stark (1889–1970) in einer Dramatisierung des Romans „Die Mutter“ von Maxim Gorki seine Vorstellung von einem „ethischen“ Sozialismus zum Ausdruck bringen wollte und mit Bertolt Brecht (1898–1956) zusammenarbeitete. Nach 1933 zog sich W. zunächst in die „innere Emigration“ zurück, wobei er sich z. T. mit südamerik. Themen in den Exotismus flüchtete. Nach einem Aufenthalt in den USA 1937 schloß sich W. der Widerstandsgruppe Harnack/Schulze-Boysen an, dem Berliner Ableger der Roten Kapelle, in deren Auftrag er 1940 eine Anstellung als Schriftleiter beim Großdt. Rundfunk antrat, um Geheimmaterial zu beschaffen. 1941 wurde er von Heinrich George (1893–1946) als|Dramaturg an das Berliner Schiller-Theater geholt. 1942 verhaftet, wurde er wegen „Nichtanzeige eines Verbrechens“ zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt.

    Nach seiner Befreiung aus dem Zuchthaus Luckau 1945 bemühte sich W., die Erinnerung an den Widerstand wachzuhalten, u. a. durch Reden und Werke wie „Die Illegalen, Drama aus der deutschen Widerstandsbewegung “ (auch als Hörspiel 1947) und den Bericht „Der lautlose Aufstand“ (1953), die erste nennenswerte Dokumentation des dt. Widerstands. Vor allem diese „politische“ Position begründete seine privilegierte Stellung im Literaturbetrieb der Nachkriegszeit: Er wurde gebeten, verschiedene institutionelle Funktionen zu übernehmen, und war ein gefragter Redner. So war er 1945–47 neben dem Karikaturisten Herbert Sandberg (1908–91) Herausgeber der satirischen Zeitung „Ulenspiegel“. 1946 wurde er Chefdramaturg des von ihm gemeinsam mit dem Intendanten Karlheinz Martin (1886–1948) gegründeten West-Berliner Hebbel-Theaters, wo er v. a. antifaschistische Stücke auf den Spielplan brachte. 1947 war er an der Vorbereitung des Ersten Dt. Schriftstellerkongresses in Berlin beteiligt.

    1951 ging W. als Chefdramaturg bei der Intendantin Ida Ehre (1900–89) an die Hamburger Kammerspiele, wo er die „ortlose Dramaturgie“, die das Bühnenbild auf ein paar Requisiten beschränkte und der Einrichtung der sog. Guckkastenbühne entgegengesetzt war, zu praktizieren begann. W. verhehlte seine Sympathie für die DDR nicht, in die er zahlreiche Kontakte unterhielt und wo sein Werk stärker als im Westen gewürdigt wurde. Er bekämpfte u. a. in seinem Roman „Auf Sand gebaut“ (1956) die restaurativen Aspekte von Adenauers Politik, engagierte sich in der pazifistischen und der Anti-Atomwaffen-Bewegung (Mitbegründer d. „Aktionsgemeinschaft gegen d. atomare Rüstung“ 1958), gegen die Westverankerung und für ein entmilitarisiertes und wiedervereinigtes Deutschland. In dieser Zeit unternahm er mehrere Auslandsreisen, u. a. nach Paris (1953), wo er an der Sorbonne einen Vortrag hielt, und nach China (1956), wo er von Mao Tse-tung empfangen wurde.

    In allen Gattungen bewandert, war W., der 1956 zu den Mitgründern der Dt. Akademie der darstellenden Künste zählte, v. a. ein Theatermensch, zugleich engagierter Autor, Theoretiker und Chefdramaturg. Seinen Platz in der Literaturgeschichte erwarb er aber besonders als ein Autor, wenn nicht „der“ Autor des Widerstands, der zeitlebens zu verhindern suchte, daß die Verdienste der verschiedenen Widerstandsbewegungen in Vergessenheit gerieten.

  • Auszeichnungen

    |Bundesfilmpreis (1955 f. d. Drehbuch z. F. Harnacks Film „Der 20. Juli“);
    Preis d. Ac. des Hespérides;
    Orden d. Vaterländ. Krieges, UdSSR (1969 postum);
    Mitgl. u. Vorstandsmitgl. d. Schutzverbands dt. Autoren, Berlin, d. Freien Ak. d. Künste, Hamburg u. d. Dt. Ak. d. darst. Künste, Frankfurt/M.;
    korr. Mitgl. d. Ak. d. Künste, Ost-Berlin (1956), u. d. PEN-Club (1932 / 48);
    W.-Str. in Velbert u. Leverkusen-Opladen (1994).

  • Werke

    Weitere W „SOS“, Ein Passionsspiel aus unserer Barbarei, 1930 (mit R. Huelsenbeck);
    Warum lacht Frau Balsam? Schmuggelstück v. d. dt. Westgrenze, 1932;
    Die guten Feinde, Bürgerl. Schausp., 1937;
    Die Furie, Roman aus d. Wildnis, 1937;
    Rede über d. dt. Widerstandsbewegung, Gehalten im Berliner Hebbeltheater v. d. pol. Häftlingen d. KZ Sachsenhausen anläßl. d. einj. Wiederkehr ihres Befreiungstages, 1946;
    Babel, Schausp. vom Glanz u. Untergang e. Reichen dieser Erde, 1947;
    Memorial, 1948;
    Ballade vom Eulenspiegel, vom Federle u. v. d. dicken Pompanne, dargest. mit Prolog u. Chören u. n. alten Schwänken, 1949;
    Die Neuberin, Komödiantenstück, 1950;
    Drei ehrenwerte Herrn, Komödie, 1953;
    Der dritte Blick, Roman, 1956;
    Das verlorene Gesicht, Die Ballade vom lachenden Mann, Schausp., 1956;
    Göttinger Kantate, Den Aufruf d. achtzehn Wissenschaftler u. d. gr. Gefahren unseres Jh. szenisch darst., als öffentl. Warnung niedergeschrieben, 1958;
    Das Glück d. Konkubinen, Tragikomödie, Nach e. alten chines. Bühnenstück, 1963;
    Der gespaltene Horizont, Niederschrr. e. Außenseiters, 1964;
    Die Fam. v. Makabah, Schausp. in zwei T., 1967;
    Einmal laß mich traurig sein, Briefe, Lieder, Kassiber 1942–1943, 1984 (mit Joy Weisenborn);
    Die Reihenjäger u. andere Hörspiele, 1990;
    Nachlaß: DLA Marbach;
    Ak. d. Künste Berlin.

  • Literatur

    |H. U. Eylau, Berlins theatral. Sendung, Gespräch mit G. W., in: Aufbau 12, 1946, S. 1289 f.;
    H. Schneider, Die theatral. Praxis G. W.s, in: Sinn u. Form, 1968, S. 1508–16;
    I. Brauer u. W. Kayser, G. W., 1971;
    M. Hahn, Ein Linker im Widerstand, in: S. Bock u. M. Hahn (Hg.), Erfahrung Nazidtld., Romane in Dtld. 1933–1945, 1987, S. 231–97;
    W. Huder, G. W., Widerstandskämpfer, Humanist u. Schriftst. (1971), in: ders., Von Rilke bis Cocteau, 33 Texte zu Lit. u. Theater im 20. Jh., 1992, S. 295–99;
    R. Schwarz, Vom expressionist. Aufbruch z. Inneren Emigration, G. W.s weltanschaul. u. künstler. Entwicklung in d. Weimarer Rep. u. im Dritten Reich, 1995 (W, L);
    M. Yuan, Zw. dramat. Ballade u. Dokumentartheater, Bühnenstücke v. G. W., 2002 (W, L);
    N. Willmann, G. W., un écrivain de la résistance allemande, 2007 (W, L, P);
    H. P. Rüsing, Das Drama d. Widerstands, G. W., d. 20. Juli 1944 u. d. Rote Kapelle, 2013 (W, L);
    Berliner Biogr. Lex.;
    Lex. Widerstand;
    Kosch, Lit.-Lex.³ (W, L);
    Killy;
    Metzler Autorenlex. (P);
    Lit. in Nazi-Dtld.;
    Lex. sozialist. Lit.;
    Lex. Gegenwartslit. (W);
    Munzinger.

  • Autor/in

    Nadine Willmann
  • Zitierweise

    Willmann, Nadine, "Weisenborn, Günther" in: Neue Deutsche Biographie 27 (2020), S. 667-668 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118630377.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA