Lebensdaten
1854 – 1928
Geburtsort
Aachen
Sterbeort
Innsbruck
Beruf/Funktion
Professor der Geschichte in Innsbruck ; österreichischer Gesandter beim Vatikan
Konfession
katholisch?
Normdaten
GND: 116052953 | OGND | VIAF: 56737213
Namensvarianten
  • Pastor, Ludwig Freiherr von
  • Pastor, Ludwig von
  • Campersfelden, Ludwig Pastor von
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Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Pastor, Ludwig Freiherr von, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd116052953.html [19.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Ludwig Daniel P. (1800-64), Chemikalien- u. Farbengroßhändler in Köln, später in Frankfurt/M, S d. Daniel J. (1749–1826) u. d. Maria Josephine Thim (1780–1850, kath.);
    M Anna Sibylle (1824–99, kath.), T d. Engelbert Onnau, Gutsbes., u. d. Anna Margarete Kyrion in Kerpen;
    Bonn 1882 Constanze (1857–1953, s. W), T d. Leopold Kaufmann (1821–98), 1871-75 OB v. Bonn, kath. Pol. (s. ADB 51), u. d. Elisabeth Michels (1833–1900);
    Om d. Ehefrau Gustav Michels (1836–1900), Kaufm. (s. NDB 17): Schwager Eduard Kaufmann (1860–1931), Pathol. (s. NDB XI): 2 S Ludwig (1886–1973), Hptm. (s. L), Franz (1889–1954), Postrat,|3 T Anna (1883–1980), Ursuline (Sr. Columba) in Innsbruck, Elisabeth (1884–1947), Englisches Fräulein in St. Pölten, Maria Pia (Mia, * 1892, 1916 Dr. Erich Edler v. Posch, 1886–1965, Ing.).

  • Biographie

    Nach dem frühen Tod des Vaters nahm P. die Konfession seiner Mutter an. Am Gymnasium in Frankfurt/M. erhielt er eine solide philologisch-literarische Ausbildung und knüpfte Kontakte zu antipreuß., großdeutsch-österr. orientierten Kreisen (Schlosser, Brentano). Vor allem durch den Kulturkampf, nicht zuletzt durch seinen Geschichtslehrer Johannes Janssen (1829–91) wurde P.s Mentalität geprägt; ihm und seiner historischen Methode blieb P. zeitlebens verbunden. So gab er nach dessen Tod die beiden letzten Bände seiner „Geschichte des Deutschen Volkes seit dem Ausgang des Mittelalters“ (1893/94), zehn Bände „Erläuterungen und Ergänzungen“ (1898-1920), dessen Briefe (1920) sowie zwei Lebensbilder (1892 bzw. 1929) heraus. Seit dem Studium von Leopold v. Rankes „Die Röm. Päpste in den letzten vier Jahrhunderten“ stand für P. seine wissenschaftliche Arbeitsrichtung fest. Er studierte Geschichte an den von seinem Lehrer ausgewählten Universitäten Löwen, Bonn, Berlin und Wien, wo er im Haus des großdeutsch-kath. Konvertiten Onno Klopp (1822–1903) lebte. 1878 wurde er mit der Dissertation „Die kirchlichen Reunionsbestrebungen während der Regierung Karls V.“ in Graz zum Dr. phil. promoviert. Schon 1876/78 in Rom forschend, erhielt P. 1879 durch Papst Leo XIII. „ad personam“ als erster Historiker Einsicht in die Bestände des Vatikanischen Geheimarchivs. Da ihm als integralem, kompromißlosem Katholiken in dem vom Kulturkampf erschütterten Deutschen Reich eine akademische Karriere verwehrt blieb, entschloß sich P. 1880 zur Habilitation in Innsbruck bei Karl Friedrich Stumpf-Brentano (1829–82). Seit 1883 unbesoldeter, 1886 wirkl. Extraordinarius und 1887 Ordinarius für Allgemeine Geschichte (1899 Hofrat) hielt er dort bis 1924 Vorlesungen. Versuche zu einer Versetzung nach Wien schlugen fehl. 1901 wurde P. als Direktor des Österr. Historischen Instituts in Rom berufen, wo er für Ks. Franz Joseph I. „der rechte Mann am rechten Platz“ war. 1886 hatte er den ersten Band seiner Geschichte der Päpste vorgelegt. Auf breitester Aktengrundlage, unter Benutzung nicht nur der vatikan. Bestände, sondern auch vieler Staats- und Privatarchive, stellte er die Erforschung der Geschichte des Papsttums bis zum Tod Papst Pius' VI. (1799) auf ein neues wissenschaftliches Fundament (Bde. I-XII, 1886–1923, Neuaufl., Bde. 13-16 hg. v. Carl Alois Kneller SJ, 1942). Angesichts der weitverbreiteten antikath. Strömungen geriet das Werk zu einer Demonstration kath. Weltgeltung. P.s kämpferische, vom Kulturkampf geprägte Einstellung zeigt seine zweibändige Biographie August Reichenspergers (1808–95), mit der er sich viele Feinde bei den Liberalen in Deutschland schuf. In der Kurie besaß er dagegen hohes Ansehen, vor allem während des Pontifikats Pius' X. (1903–14), dessen antimodernistische Bestrebungen P. unterstützte (Affäre Hochland). Seine intransigente Haltung führte auch im kath. Lager Deutschlands zu Konflikten, u. a. 1901 zu P.s Austritt aus dem Herausgeberstab des „Historischen Jahrbuchs“, nachdem die von ihm intendierte Spaltung der „Görres-Gesellschaft zur Pflege der Wissenschaft im kath. Deutschland“ nicht erreicht worden war. Italiens Kriegseintritt 1915 zwang P., Rom zu verlassen. 1920 kehrte er als provisorischer, seit 1921 als ao. Gesandter und bevollmächtigter Minister der Republik Österreich am Hl. Stuhl nach Rom zurück. In dieser Eigenschaft war er maßgeblich an den Verhandlungen zur Neuordnung der kirchlichen Verwaltung im Burgenland, in Tirol und Vorarlberg beteiligt.

    Bei aller berechtigten Kritik an einzelnen Partien, an der „musivischen Methode“ extensiver Quellenzitation und einseitigen Urteilen bildet P.s Papstgeschichte ein bis heute unübertroffenes Standardwerk. In der deutschsprachigen Gelehrtenwelt fand sie so starke Beachtung, daß Heinrich v. Srbik 1951 äußerte, mit P.s farbiger und lebensnaher Papstgeschichte wäre der kath. Teil der deutschsprachigen Historiker zum gleichberechtigten Partner geworden. Ph. Dengel hingegen bezeichnete R, der sich als Werkzeug zur Verkündigung von Gottes Ruhm in der Geschichte verstand, als „eine Gelehrtenpersönlichkeit von in ihrer Art grandioser Einseitigkeit“.|

  • Auszeichnungen

    Dr. h. c. (Löwen 1889, Breslau 1911, Innsbruck 1914);
    Mitgl. d. Ak. d. Wiss. in Prag (1903), Wien (1906), Krakau (1908), Budapest (1912), München (1919), Christiana (1921) u. Rom (1926).

  • Werke

    u. a. Gesch. d. Päpste seit d. Ausgang d. MA (1305–1799), 16 Bde. (1886–1933, franz. 1888-1938, ital. 1890-1954, span. 1910-37. engl. 1891-1942);
    Zur Beurteilung Savonarolas ( 1498), 1898;
    Ungedr. Akten z. Gesch. d. Päpste vornehml. im 15., 16. u. 17. Jh., 1904;
    Antonio de Beatis, Die Reise d. Kard. Luigi d'Aragona durch Dtld., d. Niederlande, Frankreich u. Oberitalien 1517/18, 1905;
    Allg. Dekrete d. röm. Inquisition aus d. J. 1555-1597, 1912;
    Conrad v. Hötzendorf, Ein Lb., 1916;
    Gen.oberst Viktor Danld, Der Sieger v. Krasnik u. Verteidiger Tirols, 1916;
    Die Stadt Rom zu Ende d.|Renaissance, 1916;
    Sisto V, il Creatore della Nuova Roma, 1922;
    Charakterbilder kath. Reformatoren d. 16. Jh., 1924;
    Die Fresken d. Sixtin. Kapelle u. Raffaels Fresken in d. Stanzen u. Loggien d. Vatikans, 1925;
    autobiogr. Qu
    L. Frhr. v. P., in: Die Gesch.-wiss. d. Gegenwart in Selbstdarst., hg. v. S. Steinberg II, 1926, S. 168-98;
    Tagebücher – Briefe – Erinnerungen, hg. v. W. Wühr, 1950 (hierzu L. Santifaller, in: MÖStA 4, 1951, S. 334-43;
    A. Pelzer, L'historien L. de P. d'après ses journaux, sa corr. et ses souveniers, in: Revue d'hist. ecclésiatique 46, 1951, S. 192-201);
    – Erinnerungsschrank an L. Frhr. v. P, 1931 Sr. Heiligkeit Papst Pius XI. überreicht v. Constanze Frfr. v. Pastor.

  • Literatur

    I. Ph. Dengel, in: HJb 49, 1929, S. 1-36;
    H. Klemmer, Ranke u. P., Weltanschauliches in d. Gesch.schreibung, 1931;
    W. Goetz, in: HZ 145, 1932, S. 550-63, erneut in: ders., Historiker in meiner Zeit, hg. v. H. Grundmann, 1957, S. 232-45 (dazu L. v. Pastor (d. J.), Zur Richtigstellung, in: HZ 146, 1932, S. 510-14);
    W. Klopp, Die Beziehungen L. P.s zu Onno Klopp, in: Jb. d. Österr. Leo-Ges., 1934, S. 18-64;
    H. v. Srbik, in: Alm. d. Wiener Ak. d. Wiss. 79, 1929, S. 247-55 (P);
    ders., in: Geist u. Gesch. v. dt. Humanismus bis z. Gegenwart II, 1951, S. 68-71;
    H. Schiel, L. v. P.s Briefwechsel mit F. X. Kraus, in: Rhein. Vj.bll. 19, 1954, S. 191-233;
    J. Wodka. Der Gesch.schreiber d. Päpste, in: A. Haidacher, Gesch. d. Päpste in Bildern, 1965, S. 9-14;
    F. Engel-Janosi, Die dipl. Mission L. v. P.s b. Hl. Stuhle 1920-1928, in: SB d. Wiener Ak. d. Wiss. 254/5, 1968, S. 1-22;
    ders., Vom Chaos z. Katastrophe, 1971;
    G. Oberkofler, L. v. P. u. d. Innsbrucker Gesch.wiss, in: Tiroler Heimat 33, 1969, S. 53-68;
    W. Baum, L. v. P. als Wissenschaftler in Tirol, in: Der Schiern 44, 1970, S. 291-94;
    Die päpstl. Autorität im kath. Selbstverständnis d. 19. u. 20. Jh., hg. v. E. Weinzierl, 1970, S. 117-19 u. 228-33;
    L. Ceyssens, L. v. P. et l'hist. du jansénisme à ses débuts, in: Mededelingen van het nederlands hist. inst. te Rome 35, 1971, S. 17-43;
    R. Bäumer, L. P. im Urteil d. Freiburger Phil. Fak., in: Röm. Quartalschr. 74, 1979, S. 108-23;
    R. Manselli, in: Röm. hist. Mitt. 21, 1979, S. 111-26;
    Ch. Weber, Der „Fall Spahn“ (1980), in: K. Rudolf, Gesch. d. Österr. Hist. Inst., ebd. 23, 1981, S. 74-121;
    A. A. Strnad, Marginalien zu d. Bemühungen L. P.s um d. Leitung d. Österr. Hist. Inst. in Rom, in: Innsbrucker Hist. Stud. 9, 1986, S. 125-42;
    Th. Frhr. v. Kathrein (1842–1916), hg. v. R. Schober, 1992;
    NÖB VII, 1931, S. 201-05 (P);
    ÖBL;
    Frankfurter Biogr.;
    Historikerlex.;
    BBKL (L);
    TRE (L).

  • Porträts

    Porträtbüste v. G. Ambrosi (1927, Città del Vaticano, Bibl. Apostolica Vaticana, Galerie Urbans VIII., u. Innsbruck, Univ., Hauptgebäude, Abb. b. Wühr, Tagebücher, Taf. 32;
    dort auch zahlr. Fotos).

  • Autor/in

    Alfred A. Strnad
  • Zitierweise

    Strnad, Alfred A., "Pastor, Ludwig Freiherr von" in: Neue Deutsche Biographie 20 (2001), S. 94-96 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd116052953.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA