Lebensdaten
1786 – 1868
Geburtsort
Straßburg
Sterbeort
Nizza
Beruf/Funktion
König von Bayern
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 118574884 | OGND | VIAF: 89288532
Namensvarianten
  • Ludwig I. von Bayern
  • Ludwig von Bayern
  • Ludwig I.
  • mehr

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Zitierweise

Ludwig I., Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118574884.html [19.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Kg. Maximilian I. Joseph v. B. ( 1825, s. NDB 15);
    M Wilhelmine (1765–96), T d. Landgf. Georg Wilhelm v. Hessen-Darmstadt (1722–82) u. d. Luise Gfn. zu Leiningen-Heidenheim;
    B Karl (1795–1875), bayer. GFM (s. ADB 15);
    Schw Auguste (1788–1851, Eugen Hzg. v. Leuchtenberg, 1824, General, s. NDB 14), Charlotte (1792–1873, 1] 1808 [ 1814] Kg. Wilhelm I. v. Württemberg, 1864, 2] 1816 Kaiser Franz I. v. Österreich, 1835, s. NDB V), Ludovika (1808–92, Hzg. Maximilian in B., 1808–88);
    - München 1810 Therese (1792–1854), T d. Hzg. Friedrich v. Sachsen-Hildburghausen (1763–1834) u. d. Charlotte Hzgn. zu Mecklenburg-Strelitz;
    4 S, 5 T (1 früh †), u. a. Kg. Maximilian II. v. B. ( 1864), Otto (1815–67), Kg. v. Griechenland 1832–62, Luitpold ( 1912), Prinzregent (s. NDB 15), Adalbert (1828–75), Mathilde (1813–62, Ghzg. Ludwig III. v. Hessen, 1877, s. NDB 15), Adelgunde (1823–1914, Erzhzg. Franz v. Österreich-Modena, 1819–75), Hildegard (1825–64, Erzhzg. Albrecht v. Österreich, 1895, FM, s. NDB I).

  • Biographie

    Durch die Franz. Revolution 1789 aus seinem Geburtsort vertrieben, wo sein Vater eine Stellung als Oberst des Regiments D'Alsace bekleidet hatte, wuchs L. in Schloß Rohrbach bei Heidelberg auf. Seit 1796 lag seine Erziehung in den Händen des Pfarrers von Herrnheim, Joseph Anton Sambuga, eines Vertreters der Kath. Aufklärung, der konfessionelle Toleranz predigte und eine Religion der Güte und Milde lehrte. Gleichzeitig war Sambuga aber auch ein vorbehaltloser Angänger der Lehre vom monarchischen Gottesgnadentum und erzog den Prinzen nicht nur zu strengem Pflichtgefühl, sondern förderte auch jenes übersteigerte Sendungsbewußtsein, das wohl am meisten zu den Schwierigkeiten mit Landtag und Ministern beitragen sollte, die L.s ganze Regierungszeit durchzogen. Aber auch der lebendige historische Sinn des Königs war größtenteils eine Frucht dieser Erziehung. Nicht weniger beeinflußten den Bildungsgang L.s seine akademischen Lehrer. In Landshut trat er 1803 in den Einflußbereich Joh. Michael Sailers, dessen Predigten er hörte und der ihm ein ganzes Semester hindurch ein Privatissimum über „Die Moral des Regenten in christlichen Maximen“ vortrug. Daneben wirkten auf ihn die bedeutenden Juristen Landshuts – Friedr. Carl v. Savigny, Nik. Th. Gönner, Anselm v. Feuerbach –, für welche der Staat ein rational geordnetes Kunstwerk war. Diese Auffassung wurde entscheidend vertieft während des zweisemestrigen Aufenthaltes 1803/04 an der Univ. Göttingen. Am tiefsten beeindruckte L. der Vortrag des berühmten Historikers und Staatswissenschaftlers Aug. Ludwig Schlözer, des Herausgebers des „Staatsanzeigers“, des wichtigsten Organs der frühliberalen Staatsauffassung in Deutschland. Die Bereitschaft L.s zur Übernahme freiheitlicher Elemente in seine Staatskonzeption wie sein entschiedener deutscher Patriotismus gehen zweifellos auf diese Göttinger Eindrücke zurück. Von ausnehmend prägender Kraft war schließlich auch seine Italienreise 1804, welche die Begegnung mit großen Kunstschöpfungen brachte und ihn der Welt des Schönen zuführte.

    Nach Abschluß seiner Studien wurde L., seit Jan. 1806 Kronprinz, seit 1810 verheiratet mit Therese von Sachsen-Hildburghausen, mit dem Aufgabenkreis eines künftigen Königs vertraut gemacht: Als Offizier führte er im April 1809 in der Schlacht bei Abensberg eine der beiden bayer. Divisionen; als Statthalter in Salzburg bemühte er sich, Tirol mit der bayer. Herrschaft zu versöhnen; ähnlich war sein Aufenthalt in Würzburg (seit 1815) dazu bestimmt, Franken für das neue Herrscherhaus zu gewinnen. Die Vorliebe des Königs für Bad Brückenau geht auf diese Jahre zurück. Aschaffenburg dankt ihm den Bau des Pompejanums durch F. v. Gärtner. In die eigentlichen Regierungsgeschäfte einzugreifen, war ihm durch den leitenden Minister, Montgelas, verwehrt, dessen franzosenfreundliche Politik ihn zu seinem unversöhnlichen Gegner machte. Im Febr. 1817 gelang ihm im Zusammenspiel mit Feldmarschall Wrede dessen Sturz, die Voraussetzung für das Zustandekommen der bayer. Verfassung von 1818, die der Kronprinz auch inhaltlich stark beeinflußt hat, wie er auch durchsetzte, daß die Karlsbader Beschlüsse in Bayern nur durchgeführt wurden, soweit nicht die Verfassungsbestimmungen dagegenstanden.

    Nach dem Tod seines Vaters am 12.10.1825 wurde L. König von Bayern. Er regierte nicht nur ohne leitenden Minister, sondern oft ohne oder gar gegen die Minister; die Selbstregierung des Monarchen, wie L. sie ausübte, wäre in dieser Grundsätzlichkeit und. in diesem Umfang selbst zur Blütezeit des Absolutismus ungewöhnlich gewesen. Seine “ Auffassung vom „monarchischen Prinzip“, wie es bereits der bayer. Verfassung zugrunde lag, wie es aber erst in der Wiener Schlußakte von 1820 formuliert wurde, war gefährlich überspitzt. 1847 drückte er dies einmal folgendermaßen aus: „Der König befiehlt, die Minister gehorchen.“ Schon in der Bezeichnung des Königs als Organ des Staates erblickte er eine Verletzung dieses Prinzips; die Worte „Staatsregierung“ oder „Staatsoberhaupt“ wollte er nicht hören. Dabei war bereits 1808 den Ministern ein Geschäftsbereich und damit ein Feld eigener Verantwortung zugewiesen worden; durch die Gegenzeichnung königl. Verordnungen durch den jeweiligen Ressortminister war diese Verantwortung auch ausdrücklich festgestellt. In Wirklichkeit fällte L., unterstützt durch seine beiden Kabinettssekretäre, nach Studium der Akten nicht selten seine Entscheidung ohne Beiziehung der Minister; auch verkehrte der König, der schwerhörig war, mit den Ministern in der Regel schriftlich, nahm ihre Anträge entgegen und verbeschied sie durch Signate. Diese Form der Regierung aus dem Kabinett war im Grunde mit dem konstitutionellen System nicht vereinbar: Der König begab sich dadurch selbst auf die Ebene ministerieller Verantwortlichkeit und unterstellte sich damit der Kontrolle durch den Landtag, gab also den verfassungsmäßigen Selbstschutz des Monarchen preis (Doeberl). Die heftigen Verfassungskämpfe in den Jahren bis 1848 richteten sich deshalb auch meist direkt gegen den König.

    Die Bedeutung L.s, der in vieler Hinsicht ein wahrhaft großer König war, wird bestimmt durch sein Wirken als der wohl bedeutendste Mäzen seiner Zeit, durch seine Förderung der religiösen Erneuerung Bayerns, durch seinen Anteil an der Bildung des Deutschen Zollvereins, aber auch durch andere handels-|und wirtschaftspolitische Initiativen, nicht zuletzt durch seine glänzendste staatspolitische Leistung: die seit 150 Jahren nie gemeisterte Sanierung der bayer. Staatsfinanzen.

    Das alles gelang ihm, obwohl er gleichzeitig die Bautätigkeit seiner Vorgänger weit in den Schatten stellte. Schon als Kronprinz verwandte er alle seine Ersparnisse für den Ankauf von Kunstwerken, besonders von Antiken, die ihm seine Agenten in Italien und Frankreich vermittelten. Als König war er entschlossen, München zu einem Zentrum europ. Kunstpflege zu machen. Dabei dachte er nicht nur an den eigenen Ruhm, sondern betrachtete Kunst in erster Linie als Erzieherin des Volkes. Daher baute er Museen: die Alte wie die Neue Pinakothek, die Glyptothek, das Kunst- und Industrie-Ausstellungsgebäude (die heutigen Staatlichen Antikensammlungen). Er baute Nationaldenkmäler – die Walhalla, die Ruhmeshalle, die Befreiungshalle, das Siegestor, die Feldherrnhalle – zur Ehrung der großen Deutschen, der großen Bayern und zur Erinnerung an nationale Großtaten. Die Finanzierung seiner Bauten, soweit sie nicht von Staats wegen erfolgte, was immer auf große Schwierigkeiten im Landtag stieß, zehrte fast 40 Jahre hindurch beinahe die gesamten Einkünfte der Zivilliste auf. Dabei blieb er stets im Rahmen seiner Möglichkeiten, obwohl etwa die Walhalla 2,5, die Befreiungshalle 2, der Königsbau der Residenz ebenfalls 2, deren Festsaalbau gar 3 Millionen Gulden kostete, die Glyptothek 1,5 Millionen. Es kommen noch viele Bauten dazu: der Königsplatz, das Benediktinerkloster St. Bonifaz zu München, Zuschüsse zur Fertigstellung der Dome zu Speyer, Bamberg, Regensburg und Köln. Die Baumeister und Künstler, die der König im Rahmen dieses Programmes förderte – die Architekten Leo v. Klenze, Friedrich v. Gärtner, Karl v. Fischer, Georg Friedrich Ziebland, die Bildhauer Roman Anton Boos und Ludwig Schwanthaler, die Maler Peter Cornelius, Wilhelm v. Kaulbach und Julius Schnorr v. Carolsfeld –, gehören zu den großen Namen der Kunst jener Jahre.

    L. war ein bedeutender Kunstsammler; die Alte wie die Neue Pinakothek danken ihm zahlreiche wertvolle Gemälde; die Glyptothek mit ihren Antiken ist ganz seine Schöpfung. Er hat auch die große musikalische Tradition der Wittelsbacher gepflegt. Für die Entwicklung der Wissenschaft hatte er weit mehr Verständnis als sein Vater. Ausgesprochene Neuerungen im Bereich von Schule und Wissenschaft sind unter L. weniger zu verzeichnen als eine konsequente Weiterführung der Ansätze des 18. Jh. und der Kulturpolitik unter Montgelas. So wurde die allgemeine Volksschulpflicht, bereits 1771 verordnet und 1802 noch einmal eingeschärft, jetzt wirklich durchgesetzt. In der höheren Schule kam es unter dem Einfluß des Philologen Friedrich Thiersch zum Sieg des Neuhumanismus, der in ersten Ansätzen bereits 1808 durch Friedrich Niethammer eingeführt worden war. Entscheidend und für die Entwicklung der Wissenschaft in Bayern von epochemachender Bedeutung war die schon 1826 verfügte Verlegung der Universität von Landshut nach München und ihre enge Verbindung mit der Akademie der Wissenschaften. Auch die Besetzung der Lehrstühle mit meist hervorragenden Gelehrten wie Schelling, Martius und Thiersch erfolgte ausnahmslos auf Initiative des Königs selbst.

    Ganz sein Werk war die Wiedererrichtung und Neuerrichtung von Klöstern in Bayern, nachdem er, der gerade aus der Tradition seine wichtigsten Antriebe empfing, vom Bruch von 1803 tief berührt worden war. Er förderte besonders den Benediktinerorden. Das erste Kloster, das er neu gründete, war das ehemalige karolingische Königskloster Metten. Es ging ihm dabei nicht um eine Erneuerung der alten benediktinischen Gelehrsamkeit, sondern um die Schaffung eines Klosters, das eine Erziehungsaufgabe im Programm der höheren Schulentwicklung übernehmen sollte. Auch St. Stephan in Augsburg, Scheyern und Schäftlarn hatten eine höhere Schule zu versehen. Ein großer Teil der neu gegründeten Frauenklöster diente ebenfalls pädagogischen Aufgaben. Andere Frauenklöster wurden errichtet, um der Krankenpflege zu dienen; besonders die Barmherzigen Schwestern mit ihrem Münchener Mutterhaus haben ihren ausgezeichneten Ruf bis heute bewahrt. Der Seelsorge dienten die neugegründeten Klöster der Franziskaner, Kapuziner und Karmeliten. Bereits 1831 waren 43 klösterliche Niederlassungen neu gegründet oder wiederbelebt worden, meist auf Initiative des Königs oder seines Ministers Schenk hin, größtenteils auch finanziert oder unterstützt vom König, so daß Doeberl mit Recht sagen kann, daß kein bayer. Fürst seit den Agilolfingern so viele Klöster gegründet habe wie L. Der von ihm außerordentlich geförderte Ludwigs-Missions-Verein diente nicht zuletzt auch der Pflege deutscher Kultur in Übersee.

    Da im Rahmen des Deutschen Bundes die außenpolitische Bewegungsfreiheit für die Mittelstaaten außerordentlich gering war, wiegen die wenigen großen Aktivitäten, die|von L. in der Außenpolitik und in der Deutschlandpolitik ausgegangen sind, um so schwerer. Bezeichnenderweise ergriff L., dem Machtgier als Antrieb zu politischem Handeln fremd war, außenpolitisch die Initiative nur in einem Bereich, der dem üblichen rationalen Kalkül der Interessen weit entrückt war: in der griechischen Frage. Schon als Kronprinz hatte er versucht, finanzielle Unterstützung für den Unabhängigkeitskampf Griechenlands zu organisieren; Friedrich Thiersch warb in einer Reihe von begeisternden Zeitungsartikeln für das Ringen der Griechen um ihre Freiheit; München war das Zentrum des Philhellenismus in Deutschland. Als König unterstützte L. die griech. Bewegung durch reiche Geldzuwendungen und beurlaubte Offiziere zur Teilnahme an den Kämpfen. Schließlich ließ er Thiersch freie Hand, als dieser versuchte, in Athen die Wahl von L.s zweitem Sohn zum griech. König zu erreichen. 1832 wurde tatsächlich Otto zum König von Griechenland gewählt; im Londoner Vertrag erkannten England, Rußland und Frankreich das Wittelsbachische Königtum in Griechenland an. Bayern hatte dafür allerdings lange Jahre hindurch erhebliche Lasten zu übernehmen, sowohl um den Schutz der griech. Unabhängigkeit zu gewährleisten wie auch für die wirtschaftliche und staatliche Entwicklung des Landes. Heute werden die bayer. Verdienste auf diesem Gebiet in jeder Hinsicht anerkannt, auch wenn König Otto 1862 abdanken mußte, weil es ihm weder gelungen war, die inneren Gegensätze auszugleichen, noch sich den Interessen der Großmächte gegenüber zu behaupten.

    L., der Romantiker auf dem Thron, war gleichzeitig auch einer der Urheber der wichtigsten realpolitischen Entscheidung in der Frühzeit des Deutschen Bundes; er gehörte zu den Vätern des Deutschen Zollvereins. Spezifisch wirtschaftspolitisches Verständnis hat L. zwar nicht besessen, doch war er unterrichtet genug, um die besondere wirtschaftliche Situation Bayerns zu begreifen und den auftretenden Erfordernissen gemäß zu handeln. Unter ihm kam es zur Gründung von Industrie- und Handelskammern. 1834 wurde der Bau des Ludwig-Donau-Main-Kanals beschlossen, polytechnische Schulen in Nürnberg, Augsburg und München wurden errichtet; gefördert wurden auch Industrieausstellungen; besonderer Nachdruck wurde auf das Gedeihen der Landwirtschaft gelegt. Für eine allgemeine Wirtschaftsblüte fehlte als unumgängliche Voraussetzung aber immer noch die Erschließung weiträumiger Wirtschaftsgebiete. Unter dem Einfluß des Nationalökonomen Friedrich List, aber auch in der Absicht, zu einem engeren Zusammenschluß der deutschen Staaten beizutragen, griff L. 1825 ältere Pläne auf und bildete, als Wilhelm I. von Württemberg 1826 seine Bereitschaft zur Zusammenarbeit zu erkennen gab, 1828 eine Zollunion mit Württemberg, die beispielgebend für weitere Verträge in Mittel- und Norddeutschland wurde. Gegen den Widerstand Frankreichs und Österreichs gelang es dem bayer. Außen- und Finanzminister Graf Armansperg, auch mit Preußen übereinzukommen und damit die Entstehung des Deutschen Zollvereins zu ermöglichen, dessen Satzung am 1.1.1834 in Kraft trat. Auch die nicht widerspruchsfreie Frankreichpolitik L.s wurde in erster Linie von wirtschaftspolitischen Erwägungen bestimmt.

    Von allen seinen staatsmännischen Leistungen hat L. selbst die finanzielle Sanierung Bayerns am höchsten eingeschätzt. Schon in seiner Kronprinzenzeit bereitete er sich systematisch auf diese Aufgabe durch das Studium der Volks- und Staatswirtschaft vor. Mit seltener Konsequenz setzte er dann die Pläne, die er entwickelt hatte, nach seinem Regierungsantritt in die Tat um. Er erreichte, daß erstmals seit 150 Jahren der bayer. Staatshaushalt wieder ins Gleichgewicht kam und daß die Schulden, die bei jährlichen Staatseinnahmen von ca. 30 Millionen die Höhe von 110 Millionen Gulden erreicht hatten, nach und nach getilgt wurden. Dieses Ziel erreichte er durch eine rigorose Einschränkung der Ausgaben, für die eine dreifache Kontrolle sorgte (bis hin zum Obersten Rechnungshof). Die Verordnung dafür erließ L. selbst; die wirksamste Kontrolle war indes sein eigenes unablässiges Studium der Akten. Daß am meisten bei den Ausgaben für die Armee gespart wurde, hing zusammen mit dem Vertrauen, das L. in die Stabilität des Deutschen Bundes setzte. Auch im Zivildienst zog der König alle ihm überflüssig erscheinenden Stellen ein, wobei er zum Teil mit außerordentlicher Härte vorging; die Ernennung aller Staatsbeamten bis hinunter zu den Mesnern der Dompfarreien behielt er sich selbst vor.

    Es wäre auch denkbar gewesen, den Haushalt durch drastische Steuererhöhungen ins Gleichgewicht zu bringen, doch dieses Mittel lehnte L. ab, sowohl aus Achtung vor den Eigentumsrechten seiner Untertanen wie aus begründeter Abneigung dagegen, von der Volksvertretung allzu abhängig zu werden. Je länger er nämlich regierte, desto gespannter wurde sein Verhältnis zur Zweiten Kammer, für deren Rechte er einst als Kronprinz eingetreten war. Dennoch sollte man die positiven Züge der Verfassungsentwicklung während seiner Regierungszeit nicht unterschätzen oder gar ignorieren: Sie vollzog sich in drei Phasen, die mit großen europ. Wendemarken zusammenfallen. Zu lenken versuchte L. die Entwicklung nur zu Beginn seiner Regierungszeit, in seiner sogenannten „liberalen“ Phase, als er bestrebt war, die Verfassung im Sinn der freiheitlichen Mitbestimmung der Staatsbürger weiterzubilden. So versuchte er, auf seinem ersten Landtag 1827/28 ein Reformprogramm von 25 Gesetzesvorlagen durchzusetzen, darunter solche, welche die Öffentlichkeit und Mündlichkeit der Rechtspflege, die Vereinfachung der Verwaltung und Justiz, die Neuregelung der Zollverhältnisse betrafen. Schließlich plante er die Übertragung der in der Pfalz aus der Zeit vor 1815 noch vorhandenen Einrichtung der Landräte auf ganz Bayern, um auch auf der Ebene der Regierungsbezirke den Vertretungsgedanken einzuführen und damit das bürgerliche Interesse am Staat zu vermehren. Entschiedene Opposition gegen diese Vorlagen ging von den Reichsräten aus, die für ihre eigene Rechtsstellung fürchteten, doch auf Widerstand stieß L. auch in der Zweiten Kammer, wo eine radikale Gruppierung die Vorlagen viel zu gemäßigt fand. So brachte dieser Landtag für den reformfreudigen König die erste Ernüchterung. Die wichtigsten Anstöße zur Änderung seiner Haltung gingen von der Pariser Julirevolution von 1830 aus und von dem Echo, das sie und die polnischen Ereignisse in Deutschland fanden. So überschätzte der König die Münchner Studentenkrawalle um Weihnachten 1830 so sehr, daß er die Universität schließen und die auswärtigen Studenten ausweisen ließ. Aus Furcht vor einer Revolution erließ er ferner am 28.1.1831 eine Verordnung, welche die Tagespresse, die sich mit der inneren Politik beschäftigte, wieder unter Zensur stellte. An dieser Verordnung entzündete sich der erste schwere Konflikt mit der Volksvertretung. Er endete (auf dem Landtag von 1831) nur deshalb nicht mit einer vollständigen Niederlage L.s, weil die Kammermehrheit, nachdem der König die Verordnung zurückgenommen und den damit belasteten Innenminister Schenk geopfert hatte, in doktrinärer Engstirnigkeit jeden Kompromiß mit der Regierung ablehnte, vor allem auf die volle Ministerverantwortlichkeit hinarbeitete und zudem durch die Ablehnung des Haushaltes die Niederlage L.s vollenden wollte. Der König entließ jetzt die Minister Armansperg und Zentner, die den bisherigen Kurs mitgetragen hatten. Ein Umschwung der öffentlichen Meinung setzte ein, der die Radikalen in der Kammer um ihre Mehrheit brachte und Rudhardt, dem Sprecher der Gemäßigten, einen Kompromiß erlaubte, der wenigstens die Annahme des Finanzgesetzes ermöglichte, das einzige positive Ergebnis dieses turbulenten Landtags.

    Der neue Innenminister, Fürst Ludwig v. Oettingen-Wallerstein, war zwar ein Mann des Ausgleichs, aber unter dem Druck der Ereignisse – des Hambacher Fests und der Verfassungsfeier auf dem Sonnenberg bei Gaibach 1832 mit ihren so bedrohlich klingenden Reden, des Sturms auf die Frankfurter Hauptwache 1833 – war auch er gezwungen, auf den verschärften Kurs einzuschwenken, den Metternich für das ganze Bundesgebiet durchsetzte und dem der König jetzt, anders als 1819, uneingeschränkt zustimmte. L. fühlte sich in seiner Forderung nach strengem Durchgreifen bestätigt, als der Landtag von 1834/35 mit einem vollen Sieg endete, nämlich mit der Verabschiedung der permanenten Zivilliste, die das Einkommen des Königs in Zukunft, anders als bisher, gehässigen Angriffen entzog. Allerdings lebte bereits 1837 die Gegnerschaft zwischen Landtag und Regierung wieder auf in der Frage nach dem grundsätzlichen Einfluß der Volksvertretung auf das Budget. Die Abgeordneten wollten, daß die Einsparungen, welche die Regierung an bereits bewilligten Ausgaben vorgenommen hatte, erneut in den Haushalt eingebracht würden, also noch einmal zur Bewilligung vorgelegt würden, während der König diese Forderung wie jede Bindung dieser sogenannten „Erübrigungen“ ablehnte. L. mußte wenigstens in diesem Punkt nachgeben; seinen Innenminister Oettingen-Wallerstein jedoch, der für die Forderung der Kammer eingetreten war, entließ er. Es begann ein halbabsolutistischer Regierungsstil, der auch nicht mehr nach außen hin verdeckt war.

    Trotz der Virtuosität, mit welcher der neue Innenminister Karl v. Abel alle Machtmittel des Staates zu handhaben wußte, ist es nicht angebracht, von einem „System Abel“ zu sprechen. Auch die entscheidenden Konfliktspunkte in der zehnjährigen Regierungszeit Abels gingen ausnahmslos auf den König selbst zurück: die sogenannte Kniebeugungsaffäre, der Klosterstreit und die sonstigen Beschwerden konfessionspolitischer Art. Seit dem Kölner Kirchenstreit gefiel sich L. geradezu als Schutzherr der deutschen Katholiken, doch das prononcierte Eintreten für|seine Konfession, unter anderem durch sein Verbot des Gustav-Adolf-Vereins für Bayern, führte zu einer Verbindung der königstreuen Konservativen mit der liberalen Opposition; die daraus erwachsenen Schwierigkeiten mit dem Landtag hielten bis zum Abgang Abels 1847 an. Ein wichtiges Ergebnis des Ringens dieser Jahre war das sogenannte Verfassungsverständnis von 1843, wobei L. auf den Kompromißvorschlag des Freiherrn Julius v. Rotenhan einging, der die „Erübrigungen“ in den neuen Haushalt einbrachte, ihre Verwendung aber an die Übereinkunft von Regierung und Landtag binden wollte. Die konfessionellen Streitpunkte wiederum wurden dadurch gemildert, daß L. 1846 die kirchlichen und schulischen Angelegenheiten dem Innenminister entzog und ein eigenes Kultusministerium bildete. Ohne daß es zum völligen Austrag der Differenzen zwischen Regierung und Landtag gekommen wäre, brach dann im Febr. 1847 eine persönliche Katastrophe über den König herein, der er nicht mehr zu steuern wußte.

    Der Stein des Anstoßes war primär nicht das Verhältnis L.s zu jener exotischen Tänzerin, die im Okt. 1846 in München erschien und im Sturm das Herz des Königs gewann, sondern die Absicht, diese Tänzerin zur Gräfin zu erheben. L. hatte schon wiederholt einzelne Damen besonders ausgezeichnet, ohne daß sich daran irgendwelche politischen Folgen geknüpft hätten. Lola Montez dagegen war die erste, die eine Rolle auch in der Öffentlichkeit spielen wollte, nachdem es ihr gelungen war, auf den König in einem Maße Einfluß zu gewinnen wie keine Frau vor ihr. Die von L. verlangte Erteilung des Indigenats für sie lehnte der Staatsrat ab. Das neue Ministerium beeilte sich, Lola Montez das Indigenat zu erteilen, so daß ihrer Erhebung zur Gräfin v. Landsfeld nichts mehr im Wege stand. Dieser Vorgang markierte den Beginn einer neuen Ära, in welcher der König alle seine Grundsätze über Bord geworfen zu haben schien. Das neue Ministerium zielte in der Tat auf einen völligen Systemwechsel, doch auch Georg Ludwig v. Maurer, der neue Innenminister, kam Ende des Jahres wegen seiner kritischen Einstellung gegenüber der Tänzerin zu Fall; sein Nachfolger wurde wieder Fürst v. Oettingen-Wallerstein. L. reagierte gegenüber allen, die seine Haltung zu kritisieren wagten, mit äußerster Schroffheit. Maßgebende Professoren der Universität setzte er ab; als Studenten immer wieder in Kundgebungen, die sich bis eu Gewalttätigkeiten steigerten, ihr Mißfallen äußerten, ließ er am 9.2.1848 die Münchener Garnison verstärken und die Universität schließen. Damit steigerte er aber die Erregung ins Ungemessene. Studenten und Bürger rotteten sich zusammen, und während der Münchener Bürgermeister erreichte, daß der König die Wiedereröffnung der Universität versprach, rief die Menge bereits zu den Waffen, der Pöbel versuchte das Haus zu stürmen, das die Gräfin Landsfeld in der Barerstraße bewohnte, die Landwehr bewaffnete sich bereits, Barrikaden wurden aufgetürmt. Es blieb dem König, wollte er das Schlimmste verhindern, nur noch die äußerste Demütigung: Er gab Lola Montez die Weisung, München zu verlassen. Eine Plünderung des Hauses in der Barerstraße verhinderte er, indem er persönlich der tobenden Menge entgegentrat und sie zum Einhalten brachte. Die Studenten gelobten, von weiteren Demonstrationen abzusehen, die Bürger ließen den König hochleben, die Angelegenheit schien bereinigt.

    In diesem Augenblick erreichten die ersten Wellen der allgemeinen revolutionären Bewegung des Jahres 1848 die bereits überhitzte Münchener Atmosphäre. Schon am 21. Febr., noch vor den Pariser Februarereignissen, wurde die Forderung nach Reformen laut erhoben. Nach dem Sturz des Bürgerkönigs Louis Philippe in Frankreich stieg auch in München schlagartig die Erregung wieder an; es kam zu einer Folge gewalttätiger Ausschreitungen. Noch am 2. März wurde die erste umfassende Adresse an den König mit den bekannten „Märzforderungen“ ausgearbeitet, am 3. März lag sie im Rathaus zur Unterschrift aus, an die zehntausend Bürger sollen sie unterschrieben haben, darunter auch die Reichsräte. Gefordert wurden u. a. Ministerverantwortlichkeit, Pressefreiheit, Öffentlichkeit des Gerichtsverfahrens, Volksvertretung im Bundestag, Vereidigung des Militärs auf die Verfassung, eine Revision des Polizeigesetzes und des Wahlgesetzes. Um einer Forderung der Bürgerschaft zu entsprechen, ordnete der König die Auflösung der Kammern und Neuwahlen an; die Gefahr einer bewaffneten Auseinandersetzung stieg trotzdem aufs höchste. Am 6. März schließlich, unter äußerstem Druck der Straße, bedrängt aber auch von seinen Beratern, gewährte der König schließlich alle „Märzforderungen“ und befahl die sofortige Vereidigung des Heeres auf die Verfassung. Doch bis er die letzte Konsequenz aus seiner Kapitulation zog, dauerte es noch einige Tage. Am 19. März 1848 legte L. seine Krone nieder, da ihm von den königl. Rechten nur noch der Name geblieben|sei. Diese Ansicht war, wie die Regierungszeit Maximilians II., seines Sohnes und Nachfolgers, zeigen sollte, falsch, der Entschluß war trotzdem von tiefer innerer Berechtigung. Nach der „Versündigung am Königtum“ (Spindler) in den vergangenen Monaten hätte L. nie mehr die innere Sicherheit aufgebracht, um mit jener Kraft und Entschiedenheit zu regieren, die er bis dahin bewiesen hatte.

    L. lebte noch zwei Jahrzehnte als Privatmann, nach wie vor ein großer Mäzen und Förderer der Kunst, der Bayern auch dann noch reich mit Kunstwerken beschenkte, nachdem es ihn enttäuscht hatte. Ein großer Teil der Bauten, die er als König begonnen hatte, wurde erst jetzt vollendet, finanziert aus seinem Privatvermögen; den Großteil seiner Sammlungen schenkte er ebenfalls seinem Land. In die Politik griff er hingegen nur selten und dann äußerst behutsam ein.

  • Werke

    Gedichte d. Königs, 1829;
    Gedichte d. Königs, 1839;
    Gedichte d. Königs, 1847;
    Walhallas Genossen, 1947;
    Der bayer. Schwan, Gedichte d. Kg. L. I. v. B., hrsg. v. L. Merkle, 1979.

  • Literatur

    ADB 19. - Persönlichkeit:
    K. Th. Heigel, L. I. Kg. v. Bayern, 1872, 1888;
    M. Spindler, Joseph Anton Sambuga u. d. Jugendentwicklung Kg. L.s I. v. B., Diss. München 1927;
    H. Thiersch, L. I. v. B. u. d. Georgia-Augusta, 1927;
    E. C. Conte Corti, L. I. v. B., Ein Ringen um Freiheit, Schönheit u. Liebe, 1937 (P);
    D. M. Messinesis, Kg. L. I. als Philhellene, Sein Btr. zu Griechenlands Aufstieg u. bes. z. Gründung d. Nat.bank v. Griechenland, 1966;
    M. Spindler, Erbe u. Verpflichtung, Aufsätze u. Vorträge z. bayer. Gesch., 1966;
    Briefwechsel zw. L. I. u. Eduard v. Schenk, 1823–41, hrsg. v. M. Spindler, 1930;
    W. Frühwald, Der König als Dichter, Zu Absicht u. Wirkung d. Gedichte L.s d. Ersten, Kg. v. Bayern, in: DVjS 50, 1976, S. 127-57;
    M. Dirrigl, L. I., Kg. v. B. 1825–48, 1980;
    Kg. L. v. B. u. Caroline v. Heygendorff in ihren Briefen (1830–48), hrsg. v. H. Tümmler, 1981. - Bayern, Allgemein:
    J. Rudhart, Über d. Zustand d. Kgr. Baiern nach amtl. Qu., 3 Bde., 1825/27;
    W. Zorn, Ges. u. Staat im Bayern d. Vormärz, in: Staat u. Ges. im Dt. Vormärz 1825–48, hrsg. v. W. Conze, 1962, S. 113-42;
    ders., Die wirtsch. Struktur Bayerns um 1820, in: Festschr. M. Spindler, 1969, S. 611-31;
    E. Schremmer, Die Wirtsch. Bayerns, Vom Hohen MA b. z. Beginn d. Industrialisierung, Bergbau, Gewerbe, Handel, 1970;
    W. D. Gruner, Das Bayer. Heer 1825 bis 1864, 1972;
    M. Spindler, Hdb. d. bayer. Gesch. IV/1 u. 2: Das neue Bayern 1800-1970, 1974 f. (L);
    H. Dickerhof, Bildung u. Ausbildung im Progr. d. bayer. Universitäten im 19. Jh., in: HJb. 95, 1975, S. 142-269;
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    F. Koeppel, Ignaz v. Rudhart, Ein Staatsmann des Liberalismus, 1932;
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  • Porträts

    Gem. v. J. Stieler, 1816, Abb. in: E. C. Conte Corti, L. I., 1937;
    Gem. (im Krönungsornat) v. dems. (München, Bayer. Staatsgem.slgg.), Abb. in: U. v. Hase, Joseph Stieler 1781-1858, 1971 (hier auch Nachweis weiterer Bildnisse);
    Gem. v. F. v. Lenbach, Abb. in: C. Conte Corti, L. I., 1937;
    Zeichnung v. W. v. Kaulbach, 1843 (München, Staatsgem.slgg.), Abb. in: Geist u. Gestalt, Biogr. Btrr. z. Gesch. d. Bayer. Ak. d. Wiss., III, 1959, u. b. Rave;
    Büsten v. A. Heß (München, Ruhmeshalle u. Residenzmus.), v. B. Thorvaldsen (ebd., Lenbachhaus), Abb. in: Die Gr. Deutschen im Bild, 1937;
    Reiterstandbild v. L. Schwanthaler u. M. Widnmann (ebd., Odeonsplatz);
    Standbild v. L. Schwanthaler (München, Bayer. Staatsbibl.).

  • Autor/in

    Andreas Kraus
  • Zitierweise

    Kraus, Andreas, "Ludwig I." in: Neue Deutsche Biographie 15 (1987), S. 367-374 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118574884.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Ludwig I., König von Baiern, geb. zu Straßburg am 25. August 1786, zu Nizza am 29. Febr. 1868. Der Vater, Max Joseph, Prinz von Zweibrücken, stand zur Zeit, da ihm seine Gemahlin Augusta, Prinzessin von Hessen-Darmstadt, diesen ersten Sohn schenkte, als Oberst des französischen Regiments d'Alsace in Straßburg, und König Ludwig XVI. legte auch dem Neugeborenen ein Oberstpatent als Pathengeschenk in die Wiege. Die nach Ausbruch der Revolution von den Jacobinern in Straßburg angestifteten Unruhen nöthigten die herzogliche Familie zur Uebersiedelung nach Mannheim; hier und im benachbarten Schwetzingen verlebte L. seine Knabenjahre. Der Einfall der Franzosen in die Pfalz zwang abermals zur Flucht. Max Joseph, seit dem Ableben seines älteren Bruders Karl August (1795) regierender Herzog des vorerst freilich von den Franzosen occupirten Ländchens Zweibrücken, nahm in dem freundlichen Rohrbach an der Bergstraße Aufenthalt, bis ihn der Tod des Kurfürsten Karl Theodor von Pfalz-Baiern als dessen Nachfolger nach München rief. Am 6. März 1799 hielt Kronprinz Ludwig mit seinen Geschwistern Einzug in die Stadt, die ihm so glänzenden Aufschwung verdanken sollte. 1803 bezog er, von seinem Religionslehrer Sambuga begleitet, die Landesuniversität Landshut. Hier gewann der Professor für Moralphilosophie, Sailer, ein Priester von wahrhaft evangelischer Herzensgüte, aber unklar und schwankend in seinen Ansichten über Wesen und Aufgaben des Christenthums, den nachhaltigsten Einfluß auf die geistige Entwicklung des Prinzen. Im folgenden Wintersemester besuchte dieser die Universität Göttingen; hier wie in Landshut oblag er eifrig dem Studium und legte den Grund zu der vielseitigen Bildung, die später dem Regenten ermöglichte, auf den verschiedensten Gebieten, wie viele Tausend sachliche Signate in den Ministerialakten beweisen, selbstthätig zu wirken. Begeisterte Verehrung widmete der Prinz dem Geschichtschreiber Johannes Müller, und der Verkehr mit diesem Denker und Dichter trug wohl am Meisten dazu bei, im Sohne des ersten Rheinbundfürsten einen zwar — wie es in jener Zeit nicht anders möglich war — über die letzten Ziele unklaren, aber nichts desto minder aufrichtigen Patriotismus, ja eine wahrhaft enthusiastische Verehrung der deutschnationalen Idee wachzurufen. Mit Unrecht hat man die Abneigung Ludwigs gegen Napoleon auf persönliche Motive zurückführen wollen; schon in den Gedichten aus den frühesten Jugendtagen des Prinzen ist mit überraschender Heftigkeit dem Unwillen über den „Erbfeind der deutschen Nation“ Ausdruck verliehen. Ein Besuch der Kunstmetropolen Italiens im Herbst 1804 weckte in dem Achtzehnjährigen den Sinn für die Kunst. Schon damals trat er in Rom mit hervorragenden Meistern in freundschaftliche Beziehung. Hier machte er auch die Bekanntschaft des Würzburgers Martin Wagner, dessen unermüdlichem Sammeleifer er in der Folge den Erwerb der herrlichen in der Glyptothek vereinigten Schätze verdankte. Im Feldzug gegen Preußen und Rußland 1806—1807 mußte L. den ersten Kriegsdienst leisten. Es darf wol als einer der schönsten Züge in der Geschichte des Fürsten hervorgehoben werden, daß er gerade in Berlin, wo er im Gefolge der französischen Marschälle in Berlin eingezogen war, in jenen Tagen der tiefsten Erniedrigung Deutschlands den Gedanken faßte, dem deutschen Genius einen Ehrentempel, die Walhalla, zu bauen. Während sich in der Hauptstadt Preußens Alles vor dem überlegenen Genius des Siegers beugte, galt der erste Gang des bairischen Prinzen einem Besuch des Bildhauers Schadow, um eine Büste Friedrichs des Großen zu bestellen. Die Abneigung gegen den „Korsen, der den Teutschen Sklavenketten schmiedet“, wandelte sich allmählich in den bittersten Haß; weder Rücksicht auf die eigene Stellung, noch der Gewinn, der für Baiern aus dem Bunde mit Napoleon erwuchs, vermochten ihn abzuhalten, allen Gegnern Frankreichs seine Sympathie zu bezeigen. Aus den jüngst veröffentlichten Berichten|des Grafen Stadion aus München erhellt, daß der Kronprinz dem Vertreter Oesterreichs eine förmliche Aufforderung zugehen ließ, der Wiener Hof möge doch ja aus der durch den spanischen Ausstand für Napoleon geschaffenen Verlegenheit Nutzen ziehen. Als immer deutlicher hervortrat, daß der Ausbruch des Krieges nur noch eine Frage der Zeit, äußerte der Prinz zu dem Fürsten Paul Esterháczy, vorerst werde sich Baiern wohl noch ruhig verhalten und Napoleons Befehlen gehorchen müssen; sobald aber den Oesterreichern ein erster Schlag geglückt sein werde, dürfe Kaiser Franz auf seine offene Mitwirkung zu Gunsten der gerechten Sache mit Bestimmtheit zählen. Als der Feldzug im Frühjahr 1809 mit der Besetzung Baierns durch die Oesterreicher anhob, erhielt der Thronfolger das Kommando der ersten baierischen Division. Er nahm an den Treffen am rechten Donauufer Theil und konnte am 26. April mit zahlreichen Gefangenen und eroberten Kanonen in die befreite Hauptstadt einziehen. Darauf wurde die Division des Kronprinzen dem mit Unterwerfung der Tiroler Insurgenten betrauten französischen Corps beigegeben. L. überwarf sich bald mit dem Marschall Lefevbre, der nur durch Strenge wirken wollte, während der Prinz aus der Sympathie für das heldenmüthig kämpfende Volk gar kein Hehl machte. Die Meldungen aus Tirol über die Niederlagen seiner sieggewohnten Truppen und das zweideutige Verhalten des bairischen Kronprinzen versetzten den Kaiser in zornige Aufregung. Er richtete an Wrede einen Brief voll heftiger Klagen über die bairischen Truppen und ihren Führer. Zu General Bubna äußerte er: „Dieser Prinz wird nie auf den Thron steigen!“ ja als General Stengel von der Division des Kronprinzen angeblich auf Weisung seines Divisionärs im Luegpaß zurückwich, rief Napoleon: „Wer hindert mich, diesen Prinzen erschießen zu lassen? „ Den heimlich betriebenen Plan einer Vermählung mit der russischen Großfürstin Katharina vereitelte der Leiter des bairischen Cabinets, aber gegen die in den Tuilerien vorgeschlagenen Eheprojekte verhielt sich der Prinz ablehnend. Nach eigener Wahl vermählte er sich am 12. Octbr. 1810 mit Therese, Prinzessin von Sachsen-Hildburghausen. Vom Vater zum Gouverneur des Inn- und Salzachkreises ernannt, residirte er abwechselnd in Innsbruck und Salzburg. Es galt als öffentliches Geheimniß, daß er das Oberhaupt einer immer stärker anwachsenden Partei in Baiern war, die in der Abhängigkeit vom übermüthigen Zwingherrn eine Schmach erblickte, und mit Gesinnungsgenossen aus allen Gauen Deutschlands in Briefwechsel stand. Höhnisch erzählt Montgelas in seinen Memoiren, im Sommer 1811 habe der Kronprinz nächtlicher Weile am Mondsee mit Marschall Wrede und dem Diplomaten Hans Gagern einen Bund, ähnlich jenem der schweizerischen Eidgenossen auf dem Rütli, geschlossen; wenn man erwägt, daß der Prinz, ein Jüngling von cholerischem Temperament, auch vor extravaganten Schritten nicht zurückscheute, braucht die Thatsache, in den Augen eines Montgelas natürlich nur eine Posse, nicht in Zweifel gezogen zu werden. Als endlich der Befreiungskrieg ausbrach, gab L. seine Ungeduld über die Zauderpolitik des bairischen Cabinets so demonstrativ zu erkennen, daß ihn der Vater ernstlich warnte. Nach Abschluß des Rieder Tractats vom 8. Octbr. 1813, wodurch der grüßte Rheinbundstaat in die Reihe der gegen Napoleon verbündeten Mächte eintrat, erließ L., zum Obercommandanten der Landesbewaffnung ernannt, begeisterte Tagesbefehle, die zu den vorsichtigen Aeußerungen der baierischen Regierung den schärfsten Gegensatz bildeten. Unmuthig beklagte er, daß ihm versagt blieb, am Feldzug Theil zu nehmen; dagegen mußte er den Vater zum Fürstencongreß nach Wien begleiten. Der lebhaft gestikulirende und in Folge seiner Schwerhörigkeit sehr laut sprechende Prinz, der überdies mit Künstlern und Antiquaren in cordialsten Verkehr trat und für|alte Gemälde und griechische „Scherben“ sein Geld ausgab, galt in Wien als excentrisches Original. „Er ist ein Narr, aber ein geistvoller!“ äußerte Talleyrand. „Seine Stimme“, schreibt Bettina Brentano, die ihn 1809 kennen lernte, „seine Sprache und seine Gebärden haben etwas Angestrengtes, wie ein Mensch, der sich mit großem Aufwand von Kräften an glatten Felswänden hinaufhalf, eine zitternde Bewegung in den noch nicht geruhten Gliedern hat.“ Von den Partikularisten und Kosmopoliten wurde die „brausende Deutschthümelei“ des Prinzen verspottet, während Stein und Bunsen darin nur verkappten Partikularismus witterten. Ebenso von praktischem, wie von patriotischem Sinn des Prinzen zeugt jedoch die Thatsache, daß er der eifrigste Anwalt des dem Kongreß unterbreiteten Antrags auf Rückgabe von Elsaß und Lothringen war, und das damals von ihm gedichtete Epigramm: „Trauriges Bild des Reiches der Deutschen: Zweiköpfiger Adler! Wo zwei Köpfe besteh'n, ach! da gebricht es an Kopf!“ beweist, daß er die Wurzel des deutschen Mißgeschickes richtig erkannte. Als Napoleons Rückkehr nach Frankreich zur Wiederaufnahme des Feldzugs nöthigte, rückte L. an der Spitze der bairischen Truppen über den Rhein, jedoch war inzwischen schon die Entscheidung bei Waterloo gefallen, und die Baiern hatten nur noch unbedeutende Gefechte zu bestehen. Nach dem Einzug in Paris verwendete er sich eifrig für Rückgabe der von den französischen Armeen aus Deutschland entführten Kunstschätze. Da der Wiener Friede Baiern die Abtretung von Salzburg und Tirol an Oesterreich auferlegte, wohnte L. seitdem abwechselnd in Würzburg und Aschaffenburg. Der Mahnung der Aerzte und der eigenen Neigung folgend nahm er auch wiederholt längeren Aufenthalt in Rom, und diese friedlichen „Römerzüge“ des bairischen Kronprinzen sollten für die neuerwachte deutsche Kunst hohe Bedeutung erlangen. Die jüngst veröffentlichten Denkwürdigkeiten des Gelehrten Ringseis, der als Arzt den Prinzen und nachmaligen König fast auf allen italienischen Reisen begleitete, bieten lebensvolle Bilder aus jenen Tagen; das für jede Anregung empfängliche, enthusiastische Wesen des Fürsten war ja gerade auf Reisen, wenn alle Vorschriften der Etikette außer Geltung gesetzt waren, vor den Begleitern wie ein offenes Buch aufgeschlagen. Trotz mancher Unterschiede fühlte sich Ringseis namentlich durch einen den beiden Fürsten gemeinsamen Charakterzug, eine merkwürdige Zähigkeit in Ausführung der gefaßten Beschlüsse, gedrungen, seinen Gönner mit dem berühmten zweibrückischen Stammverwandten Karl XII. von Schweden in Parallele zu setzen. Im Winter 1817 knüpfte L. mit Cornelius, Thorwaldsen, Overbeck, Schnorr u. A. jene innigen Beziehungen an, die eine Bewegung auf künstlerischem Gebiete, vergleichbar mit dem Aufschwung auf litterarischem Gebiete, der sich im vorigen Jahrhundert fast ausschließlich auf den protestantischen Norden erstreckt hatte, hervorriefen. Die Mitglieder des römischen Künstlerkreises behandelte der Prinz wie gute Kameraden, aller Zwang ward über Bord geworfen, schwärmerische Begeisterung für das Deutschthum in der Kunst war das alle „guten Geister" umschlingende Band, und wenn sich etwa Zwist erhob zwischen dem „eingefleischten Hellenisten“ Klenze und dem christlichen Romantiker Cornelius, wußte der Prinz, christlich und national gesinnt, aber „in schöngeistiger Beziehung von einer vorwiegend hellenisirenden Bildung“, immer wieder die Parteien zu versöhnen. Noch war es nicht möglich, die Freunde nach München zu führen; so wurde denn einstweilen mit Erwerbung edler Kunstwerke rüstig begonnen. Martin Wagner kaufte auf Rechnung des Prinzen in Italien, Haller von Hallerstein veranstaltete auf griechischem Boden Ausgrabungen, auch in Paris und London waren Agenten thätig. Für Alle galt als erstes Gebot: Nur das Beste ist gut genug! In vielen tausend noch erhaltenen Briefen gab L. selbst für Alles und Jedes genaue Anweisung, die Briefe an Wagner, deren er wöchentlich zwei|zu schreiben pflegte, enthalten häufig zwanzig bis dreißig Frage- und Antwortpunkte. Aus der Correspondenz mit Haller geht hervor, daß schon L. die nämlichen Plätze ins Auge faßte, wo später unter günstigeren Umständen und mit glücklicherem Erfolg Schliemann seine Ausgrabungen ins Werk setzte. Eine der erworbenen Meisterwerke der Antike würdige Halle im griechischen Stil, die Glyptothek, war das erste größere Bauunternehmen Ludwigs. Den eigentlichen Regierungsgeschäften schien er fern zu stehen; aus den Briefen des Prinzen und aus Mittheilungen eingeweihter Zeitgenossen erhellt jedoch, daß er schon vor der Thronbesteigung gerade in wichtigen Fällen entscheidenden Einfluß übte. Sein Werk war der Sturz des bisher schrankenlos schaltenden Ministers Montgelas; ein Brief des Thronfolgers, der über die undeutsche Leitung der öffentlichen Angelegenheiten Baierns Klage führte und zugleich dem Bedauern Ausdruck lieh, daß sich gewisse Diener in eitler Selbstsucht zwischen Vater und Sohn zu drängen suchten, hatte die Entlassung des Ministers zur Folge. In der Concordatsfrage stand L. insofern auf Seite der Curie, als er den Frieden zwischen Staat und Kirche für möglich hielt und wünschte und für das Zustandekommen eines Vergleichs wirkte; dagegen ist er für Häffelin's eigenmächtiges Vorgehen in Rom nicht verantwortlich zu machen. An den Bestimmungen des Religionsediktes wurde sogar unter dem Ministerium Abel festgehalten; bitter klagt vom klerikalen Standpunkt Strodl in der Geschichte jenes Ministeriums über „den alten Geist der absoluten Gewalt“, der „auch in jener Zeit als der böse Dämon umging, um die Kirche zu fesseln nach Willkür“. Bedeutsam war die Mitwirkung des Prinzen am bairischen Verfassungswerk. Schon unter Montgelas hatte eine aus hohen Staats- und Hofbeamten gebildete Commission einen Entwurf ausgearbeitet, der jedoch gerade die Negation alles dessen, was eine Verfassung bezwecken soll, enthielt. Da unterzog L. in einem ausführlichen Memorandum die einzelnen Artikel strenger Prüfung und formulirte fast durchaus nach einer den Volkswünschen günstigen Auffassung neue Anträge. Dieses Memorandum diente, als nach Montgelas' Sturz mit der Einführung „englischer Prinzipien“ Ernst gemacht wurde, bei den Schlußverhandlungen als Grundlage. Die Veröffentlichung der Constitution wurde überraschend schnell in Scene gesetzt, um eine vom Kronprinzen beabsichtigte Reise von Italien nach Griechenland, wo schon der Befreiungskampf begonnen hatte, zu verhindern. L. mußte zur Unterzeichnung der Urkunde nach München zurückkehren und leistete am 27. Mai 1818 als der Erste den Eid auf die Verfassung. Als in den nächsten Jahren zu Karlsbad, Frankfurt und Wien von den tonangebenden Staatsmännern der beiden deutschen Großmächte ein förmlicher Sturmlauf gegen den süddeutschen Constitutionalismus unternommen wurde, bewährte sich L., wie sich aus der jüngst veröffentlichten Correspondenz des Prinzen mit dem Finanzmister Lerchenfeld ersehen läßt, geradezu als Retter der Verfassung. Nach den Karlsbader Conferenzen schrieb er (1. Octbr. 1819) an den Vater: „Sie haben aus edlem, freiem Antriebe Baiern das wohlthätige Geschenk einer Verfassung für alle Zeiten gegeben, und wir haben sie beschworen, wovon uns Niemand entbinden kann. Sie können nicht wollen, daß eine Verletzung derselben, also ein Eidbruch geschehe.“ Hauptsächlich diese feierliche Erklärung des Thronfolgers bewog den König zum Widerstand gegen Metternich. Als L. im Juni 1822 mit der Schließung des zweiten Landtags betraut wurde, sprach er nach Verlesung des Landtagsabschieds die in jenen Tagen bedeutungsvollen, in ganz Deutschland Aufsehen erregenden Worte: „Und nun sei mir gestattet, da ich das Erstemal die Ehre habe, unsern allerinnigst verehrten König und Vater in dieser Versammlung zu vertreten, daß ich laut meine Anhänglichkeit ausspreche an unsere Verfassung, die wir seiner Liebe und seiner Weisheit verdanken.“ Neue Beweise dieser Anhänglichkeit gab er, als Metternich auf der Rückreise vom Congreß zu Verona nach München kam, um persönlich auf König und Minister zu Gunsten der in Verona gefaßten reaktionären Beschlüsse einzuwirken. Auch damals verwahrte sich der Kronprinz gegen jede weitere Beschränkung der Preßfreiheit, Aufhebung der Oeffentlichkeit der ständischen Verhandlungen und ähnliche Forderungen und half die Stellung des von den Gegnern der Verfassung heftig angegriffenen Marschall Wrede wieder befestigen. In der äußeren Politik beschäftigte ihn vor Allem die Wiedererwerbung des alten Pfälzer Gebietes für Baiern. Aus den Mittheilungen Varnhagen's erhellt, wie eifrig L. bei den Großmächten gegen Anerkennung des neuen badischen Hausgesetzes agitirte, sogar auf Metternich suchte er in diesem Sinne einzuwirken, aber dieser war wenig geneigt, dem „turbulent liberalen“ Prinzen Dienste zu erweisen. Trug ja doch L. nicht Bedenken, seinen Sympathien für die Erhebung des Hellenenvolkes offen Ausdruck zu geben und verhältnißmäßig großartige Spenden nach Griechenland zu schicken. Der Tod des Vaters (12. Octbr. 1825) berief L. auf den Thron. Alle Welt war darüber einig, daß der neue König in Bezug auf Geistesgaben, Kenntnisse und Eifer den meisten Fürsten seiner Zeit überlegen sei; nur die stark ausgeprägte Anhänglichkeit an katholisches Kirchenthum rief schon damals in der protestantischen Bevölkerung Besorgnisse wach, die jedoch durch die Haltung der Regierung bald zerstreut wurden. Denn es kam zwar den Bestimmungen des Concordats gemäß zur Wiederaufrichtung einiger Klöster, öffentliche Prozessionen wurden wieder gestattet, andere kirchenpolizeiliche Verbote des Ministeriums Montgelas abgeschafft, aber den Protestanten war vorerst kein Anlaß zu Klagen geboten. Der König selbst betonte wiederholt, daß er zwar eine Wiedererstarkung des christlichen Lebens wünsche, aber jeden Zelotismus verachte. Gegen alle Rathschläge und Bitten, die Jesuiten nach Baiern zurückzuführen, verhielt er sich ablehnend. „Seine politischen Umtriebe habe ich diesem Orden vorzuwerfen“, schrieb er an Fürst Wallerstein, „besorge auch, daß der Benediktiner werdenden Erziehungsanstalt (in Metten) sie Abbruch thun würden. Teutsche Gesinnung soll in die Jugend gelegt werden, aber dieser waren die Jesuiten in Deutschland immer fremd: wo immer sie waren und sind, ihres Ordens Zweck verfolgen sie, nur ihn, Nebensache das Vaterland“. Auch bei Berufung des Dichters des „Belisar“, Eduard von Schenk, zum Minister des Innern (1828) schrieb L.: „Eduard von Schenk berathe mit Gott und sey selbständig, gebe keinen congregationischen Einflüsterungen Gehör, fern sey aller Jesuitismus. Nie war ich für die Jesuiten, obgleich mein verehrter Religionslehrer Sambuga sich zu ihnen neigte; ich kenne die Geschichte dafür zu gut, und offen sind gegen alle Seiten meine Augen, bin wachsam.“ Das Hauptverdienst der Regierung Ludwigs beruht in der Energie, womit Ordnung in den Staatshaushalt gebracht und das Gleichgewicht zwischen Soll und Haben hergestellt wurde. Durch Vereinfachung des Mechanismus der Staatsverwaltung, die sich freilich nicht ohne harte Schädigung vieler Privatinteressen erzielen ließ, wurde ermöglicht, daß schon 1827 in der Kammer die Erklärung abgegeben werden konnte, Baiern habe zum Erstenmal seit langer Zeit kein Deficit aufzuweisen. Allerdings hatte das unter L. herrschende Sparsystem auch seine Schattenseiten. L. selbst mußte noch erleben, wie bitter es sich rächte, daß durch übermäßige Einschränkung des Militäretats die Vertheidigungskraft des Landes geschwächt war. Andrerseits darf nicht vergessen werden, daß damals Ersparungen gerade auf diesem Gebiete in allen Volkskreisen ungetheilten Beifall fanden. In ganz Deutschland erregte die Aufhebung des Censuredikts in Baiern (24. Novbr. 1825) Aufsehen. Als Metternich dem baierischen Gesandten in Wien über so unvorsichtiges Vorgehen seines Monarchen sein|Mißfallen ausdrückte, erwiderte L., er sei nur Gott und der beschworenen Konstitution verantwortlich; da nun Kaiser Franz nicht der liebe Gott und Metternich ganz gewiß nicht die Constitution sei, so möge der Herr Minister die Schlußfolgerung selbst ziehen. Ein andermal äußerte L.: „Ich lerne einsehen, daß die Zersplitterung Deutschlands in viele Staaten für die Nation doch noch nothwendig und vortheilhaft ist; unter den vielen Fürsten ist doch immer einer liberal und eine heilsame Opposition gegen Andere.“ Es läßt sich begreifen, welches Aufsehen solche Worte in einer Zeit, da fast an allen deutschen Höfen Gentz und Haller als Vertreter der wahren Staatsweisheit galten, hervorrufen mußten. Sogar Anselm Feuerbach, der auf die „Faselei und Pfafferei“ des Kronprinzen schlecht zu sprechen war, zollt dem Auftreten des Königs überschwänglichen Beifall. Auch die Zusammensetzung des Lehrkörpers der nach München versetzten Landeshochschule aus mittelalterlich-romantischen und freisinnigen Elementen erachtete der berühmte Jurist für glücklich: „Wasser und Feuer verträgt sich in der Natur auch nicht und doch grünt die Saat und keimt die Frucht.“ Schon während der italienischen Reise im J. 1818 hatte Ringseis die Frage aufgeworfen, ob nicht die in kleinlichen Verhältnissen vegetirende Universität in Landshut aufzulösen und eine mit reichen Mitteln ausgestattete Hochschule in der Hauptstadt des Landes zu errichten wäre. Der Gedanke war in L. haften geblieben, und bald nach seiner Thronbesteigung ging er an die Ausführung (Rescript vom 3. Octbr. 1826). Daß der für „Neubaiern“ bestimmten Anstalt ein rein katholischer Charakter aufgeprägt werde, glaubte sogar Ringseis, der bei Abfassung des Lehrplans und der Statuten eifrig mitarbeitete, nicht fordern zu dürfen, der König selbst gab als seinen Wunsch zu erkennen, daß der Anstalt „in großen Zügen der Stempel des rein Christlichen aufgeprägt werde“. Die Schranken wurden denn auch nicht allzueng gezogen, dies beweisen die Namen der Gelehrten, an welche die Einladung des Königs erging: Luden, Raumer, Tieck, Thibaut, Mittermaier, Oken, Görres, Schubert. Nur die drei Letztgenannten nahmen an, etwas später kam Schelling nach München und wurde gleichsam der Mittelpunkt der neuen Schöpfung. Bei der Eröffnungsfeier erklärte der König in einer Ansprache, er halte Unabhängigkeit der wissenschaftlichen Forschung, Freiheit des Wortes und der Mittheilung für die Grundpfeiler, auf welchen das Lehrgebäude aufgerichtet werden müsse. In diesem Geiste wurde auch der Lehrplan vom König selbst im Verein mit Thiersch und Schelling abgefaßt. Gleichzeitig vollzog sich ein frischer Aufschwung des Kunstlebens in München. Zwar gelang es nicht, Thorwaldsen zur Uebersiedelung zu bewegen, auch Overbeck weigerte sich, Rom zu verlassen, aber viele andere Künstler vereinigten sich um den Thron des königlichen Schutzherrn, Alle mehr oder minder von Cornelius, dem Großmeister der neuen Münchener Schule, beeinflußt. Stattliche Bauten wurden in der neu angelegten Ludwigsstraße aufgeführt, die Feldherrnhalle, das Odeon, die Ludwigskirche, das Universitätsgebäude, die Bibliothek, das Blindeninstitut, das Siegesthor. Zur Aufbewahrung des reichen Gemäldeschatzes der Wittelsbacher wurde die sogenannte alte, für Werke zeitgenössischer Künstler die neue Pinakothek gebaut. Auf der Theresienwiese, wo alljährlich im Monat October zum Andenken an Ludwigs Vermählung ein volksthümliches Fest veranstaltet wird, erhob sich die baierische Ruhmeshalle mit dem Kolossalerzbild der Bavaria. An die von Kurfürst Max I. erbaute Burg schlossen sich neue Flügel an. Das Westende der Stadt erhielt eine Basilika, die Vorstadt Au eine prächtige Kirche in gothischem Stil. Viele Plätze wurden mit Statuen verdienter Fürsten und Bürger geschmückt. Ueber den künstlerischen Werth der einzelnen Schöpfungen mögen die Ansichten auseinander gehen, aber längst ist der anfänglich von Einheimischen noch lauter|als von Fremden erhobene Vorwurf der „Zwecklosigkeit“ dieser Bemühungen und Geldopfer des Fürsten verstummt: am Abende seines Lebens konnte L. München, dessen Kunst Bischer noch 1844 als eine „exotische Pflanze für einige lorgnettirende Kenner“ verspottet hatte, die erste Kunststadt Deutschlands nennen. So segensreiches Schaffen auf idealen Gebieten wurde begünstigt durch den Frieden, dessen sich während der ganzen Dauer der Regierung Ludwigs das Land zu erfreuen hatte. Dagegen blieb die Ruhe im Innern nicht ungestört. Der Juli 1830 brachte die Revolution in Paris, Nachwirkungen auf Deutschland blieben nicht lange aus, auch in Baiern trat eine gewisse Gereiztheit in Kundgebungen der Presse und in den Landtagsverhandlungen des Jahres 1831 zu Tage. Der König hoffte, die Bewegung innerhalb der gesetzlichen Schranken halten zu können, indem er in der Thronrede daran erinnerte, wie wenig gerade er bisher auf Metternich’schen Bahnen gewandelt sei, und seine bürgerfreundliche Auffassung des Königthums in den Ausspruch zusammenfaßte: „Ich möchte nicht unumschränkter Herrscher sein“. Dennoch wurden in der Kammer der Abgeordneten nicht blos Anträge auf weitere Herabminderung des Militäretats, Herabsetzung der Civilliste, Beschränkung der Ausgaben für kostspielige Prunkbauten etc. gestellt, sondern auch in manche Reden Aeußerungen eingeflochten, die der Fürst als persönliche Beleidigung auffaßte. In solcher Stimmung sah er auch in einem unbedeutenden Studentenspektakel, der sich in München in der Christnacht 1830 entspann, ein beunruhigendes politisches Symptom, und so wuchs das Mißtrauen gegen die bisher von ihm selbst begünstigte liberale Richtung. Die Altbaiern waren vorwiegend konservativ, aber in Franken und in der Rheinpfalz griff eine Aufregung um sich, die sich in manchen Volkskreisen zu revolutionärem Umsturzgelüste steigerte und im Mai 1832 im Hambacher Feste ihren Höhepunkt erreichte. Nun wurde gegen Schuldige und Verdächtige mit drakonischer Strenge eingeschritten. Auch die Berufung des Ministeriums Wallerstein 1831 bedeutete thatsächlich eine Reaction zwar nicht auf kirchlichem, wohl aber auf politischem Gebiete. Gegenüber der konstitutionellen oder nach des Königs Auffassung demokratischen Agitation in den neuen Provinzen sollte das „altbairische Prinzip“ befestigt, die gefährdete Staatseinheit gerettet werden. Auch den Maßregeln, welche die zur Bekämpfung der Revolution vom Bundestag eingesetzte Centralbehörde für nothwendig erachtete, lieh seither die baierische Regierung willig ihre Unterstützung; insbesondere die Universitäten wurden durch Verlust tüchtiger Lehrkräfte und engherzige Bevormundung geschädigt. Dagegen lehnte L. alle Anerbietungen der Großmächte, die zur Beseitigung der baierischen Verfassung gern behilflich gewesen wären, ebenso entschieden ab, wie die Freundschaftsdienste des französischen Cabinets, das wiederholt eine Unterstütung der Triasidee in Aussicht stellte. Um die Gründung des deutschen Zollvereins (1833) erwarb sich der König, ein Anhänger der List’schen Theoreme, großes Verdienst. Freilich Hatten sich nicht alle wirthschaftlichen Unternehmungen jener Zeit günstigen Erfolges zu erfreuen; die hochgespannten Erwartungen, die man an die Anlage des Ludwigskanals, einer Verbindung zwischen Regnitz und Altmühl, mittelbar also zwischen Nordsee und mittelländischem Meer, geknüpft hatte, gingen nicht in Erfüllung. Die Entwicklung des Eisenbahnwesens in Baiern, vom König selbst als „notwendiges Uebel“ bezeichnet, ging nur langsam vor sich, was auf Handel und Industrie ungünstig einwirkte. Auch für das Eingreifen in die Neuordnung des hellenischen Staates erntete L. schlechten Dank. Hocherfreut gab er seine Einwilligung, als sich das griechische Volk den zweiten Sohn des „verdientesten Philhellenen“, Otto, zum Oberhaupt erbat und die Londoner Conferenz am 7. Mai 1832 dieser Wahl zustimmte. L. kargte nicht mit den Mitteln, die zur Befestigung des neuen|Thrones erforderlich schienen; das bairische Regiment in Griechenland wird an andrer Stelle (s. Otto, König von Griechenland) erörtert werden. Um sich über die Zustände des jungen Staates durch eigene Anschauung zu unterrichten und zugleich einem von Jugend an genährten Wunsche zu genügen, bereisete L. selbst im Winter 1835 Griechenland und suchte nach besten Kräften das Verhältniß zwischen einer wankelmüthigen Bevölkerung und dem ihr zum Herrscher gegebenen Fremden zu befestigen. Jedoch schon die Revolte von 1843 belehrte, daß Otto, dem es nicht blos an Macht, sondern auch an Kraft und Energie gebrach, der schwierigen Aufgabe nicht gewachsen war. L. äußerte schon damals in einem Briefe an den Philhellenen Eynard schmerzliche Besorgniß, daß bald eine Katastrophe hereinbrechen werde. „Aber die Zeit wird kommen, ich zweifle nicht daran, wo man der Reinheit meines Strebens und der kräftigen Hilfe, die ich zur Wiederherstellung der Unabhängigkeit Griechenlands brachte, Gerechtigkeit widerfahren lassen wird.“ Nach der Ansicht des Staatsraths Maurer, der während der Minderjährigkeit Otto's Mitglied der Regentschaft gewesen war, und andrer Politiker wäre es vortheilhaft gewesen, dem stürmisch geäußerten Verlangen des griechischen Volkes nach einer Verfassung zu willfahren, aber L. sah darin nur gesteigerte Gefahren. Die Opposition, die im bairischen Landtag gegen die Regierung laut geworden war, hatte in L., dem früheren Schuhherrn der konstitutionellen Idee, eine Umwandlung bewirkt, die ihn das Interesse der Freiheit nicht mehr mit der Gewalt des Monarchen, ja, mit der gesellschaftlichen Ordnung für vereinbar halten ließ. In diesem. Sinne erging (13. Febr. 1836) ein Verbot, daß in amtlichen Erlassen König und Staatsregierung neben einander gesetzt würden. „Jedes kann einzeln genannt werden“, schrieb er an Wallerstein, „nicht aber König und Regierung, welches so herauskommt, als wenn le roi règne et ne gouverne pas, was in Bayern der Fall nicht ist.“ Daß Wallerstein im Landtag 1837 in der sog. Erübrigungsfrage, d. h. im Streite über den Anspruch der Regierung auf unumschränkte Verwendung der im Staatshaushalt erübrigten Summen nach der Ansicht des Königs nicht energisch genug für das Recht der Krone eintrat, erschütterte das Vertrauen auf den Minister, und als dieser auch den leidenschaftlichen Angriffen der Linken auf die neuerdings beliebte Adoptirung klerikaler Lehrkräfte nur eine laue Vertheidigung entgegensetzte, erfolgte die Berufung Abel's zum Minister des Innern. Sie bedeutete den vollständigen Sieg jener Partei, die in Vaierns Monarchen den Schirmvogt des katholischen Princips in Deutschland und in der Stärkung des katholischen Geistes die einzige Rettung des Staates aus dem Wirrsal socialer Gefahren erblickte. „Man hatte vergessen,“, sagt Pözl, „daß das Baiern des 19. Jahrhunderts ein ganz anderes ist und daher auch eine ganz andere Leitung erfordert, als das des 16. und 17. Jahrhunderts.“ Zwar täuschten sich Jene, die aus konfessionellen Differenzen für ihre politischen Zwecke Kapital schlagen wollten. Als in Preußen wegen der Gefangennehmung des Erzbischofs von Köln der Kulturkampf ausbrach, verhehlte L. zwar nicht, daß er im Vorgehen der preußischen Regierung eine ungerechte Beeinträchtigung der Katholiken erblicke, aber die schon damals ausgestreuten und später auch noch von Sugenheim und anderen Historikern ernst genommenen Gerüchte von einer geheimen Liga der Ultramontanen in Rom, München und im Rheinland sind auf eitlen Klatsch zurückzuführen. Nur zu friedlicher Beilegung des Conflictes durch freiwilligen Rücktritt des abgesetzten Kirchenfürsten und zur Erhebung des Bischofs Geißel von Speier wirkte L. mit. Im eigenen Lande aber erhoben sich bald nach Abel's Berufung Klagen über Bedrückung der protestantischen Kirche. Sie bezogen sich namentlich auf die Ordre, die auch den protestantischen Soldaten vorschrieb, bei Kultusakten der Katholiken das Knie zu beugen, auf versassungswidrige Einschränkung der Kompetenz der Generalsynoden, Erschwerung der Bildung von neuen Kirchengemeinden und Nichtzulassung des Gustav-Adolf-Vereins in Baiern. Zugleich wurde, während jedes Streben und Schaffen auf künstlerischem Gebiet an L. einen Gönner und Schutzherrn fand, die freie wissenschaftliche Thätigkeit als Feindin von Thron und Altar beargwohnt, freisinnige Lehrer wurden entfernt oder doch in ihrem Wirken gehemmt, die Censur ward strenger denn je gehandhabt, das Vereinswesen ängstlich überwacht. Es unterliegt keinem f daß wirkliche Verletzungen der Parität nicht der Gesinnung und den Intentionen des Königs entsprachen; wiederholt erklärte er, daß er konfessionellen Zelotismus verabscheue und den Schutz der Protestanten ebenso als Regentenpflicht auffasse, wie die Förderung des katholischen Kirchenwesens. Daß dessenungeachtet der evangelischen Bevölkerung Anlaß zu Beschwerden geboten wurde, erklärt sich hauptsächlich aus politischen Erwägungen. Im Gustav-Adolfverein erblickte er ein neues corpus evangelicorum ("das alte" stellte Abel vor, „war ein Verein der Fürsten, das neue ist ein demokratischer Verein"), das einen ansehnlichen Theil des baierischen Volkes der Aufsicht und Einwirkung einer fremden Regierung unterstelle, und andere Proteste gegen Einmischung der Regierung in Religionssachen galten ihm als „unbefugtes Hereinziehen moderner Begriffe". Schon 1840 kam es in den Landtagsdebatten zu konfessionellen Zänkereien; der Konflikt verschärfte sich immer mehr, bis endlich 1845 und zwar überraschender Weise nicht in der Volkskammer, sondern im Reichsrath ein heftiger Angriff auf Abel's System erfolgte. Die Aufregung im Lande wuchs, Streitschriften von zelotischem Charakter schürten die schon erbitterten Gemüther, der König konnte sich nicht verhehlen, daß der Staat von einer ernsten Krisis bedroht und Abhilfe dringend geboten sei. „Mit Abel gehts nicht mehr“, äußerte er schon nach einer Sitzung der ersten Kammer im Herbste 1846, in welcher sich bezüglich der Klosterfrage sämmtliche weltliche Reichsräthe gegen den Minister erhoben hatten. Der Wechsel des Systems war nur noch eine Frage der Zeit; leider kam es aber im nächsten Jahre unter beklagenswerthen unwürdigen Umständen zur Katastrophe. Jeden, der die Geschichte Ludwigs verfolgt und damit die Ueberzeugung gewonnen hat, daß kaum ein anderer deutscher Fürst unsres Jahrhunderts so Großes und Königliches geschaffen und angestrebt hat, muß es schmerzlich berühren, daß die Verehrung und der Dank von Mit- und Nachwelt in einer schmutzigen Fluth versanken. „Obscurantismus im Kampf mit einer verworrenen Aufklärungssucht, politische Unmündigkeit auf der einen Seite, Feilheit und Egoismus auf der andern, der bisher vergötterte Fürst von einem unseligen Bann festgehalten und plötzlich auf das Maßloseste verlästert“. Dieses trübe Bild bieten die Münchner Ereignisse im Jahr 1847. Als die spanische Tänzerin Lola Montez, die im October 1846 als Gast auf der Münchner Bühne auftrat, rasch die Gunst des durch Frauenreiz leicht erregten Königs gewann, wurde auch dieses Verhältniß anfänglich in den herrschenden Kreisen nicht gar streng beurtheilt. Als jedoch ersichtlich ward, daß die Dame ihren Einfluß in antiklerikalem Sinne geltend machen wollte, begann der Sturmlauf gegen die „bairische Pompadour“. Die schon früher beschlossene, im December 1846 verfügte Trennung eines Ministeriums für Kultus und Unterricht vom Ressort des Ministers Abel bewies, daß das Vertrauen des Monarchen erschüttert war, bald kam es zu offenem Bruche. Den Anlaß gab der Wunsch des Königs, seinen Liebling in den Adelstand zu erheben. Als an die Minister die Aufforderung zur Gegenzeichnung der Nobilitirungsurkunde erging, weigerten sie sich; am 11. Februar 1847 überreichten sie ein Memorandum, worin sie ihre Haltung durch den Hinweis auf die im ganzen Lande herrschende Entrüstung über das Auftreten der Sennora Lola Montez zu|motiviren suchten. „Die Sache des Königthums steht auf dem Spiel.“ Wenn schon der Ton, in welchem das Schriftstück abgefaßt war, den selbstbewußten Fürsten aufs Empfindlichste verletzen mußte, so steigerte sich der Unwille, als das nur für den Monarchen bestimmte Schriftstück veröffentlicht und planmäßig verbreitet wurde, sodaß der Gedanke nicht abzuweisen war, es sei dabei auf Bloßstellung der Person des Monarchen abgesehen. Nur Aufregung und Zorn konnten den frommen und kirchenfreundlichen Fürsten bewegen, auf so brüske Weise mit dem bisher hochgehaltenen System zu brechen und gewissermaßen sein eigenes Regiment zu persifliren. „Alle meine Minister habe ich fortgejagt“, rief er am Abend des 13. Febr. 1847 im Salon der Tänzerin, „das Jesuitenregiment hat aufgehört in Baiern.“ Abel und seine Collegen wurden mit allen äußeren Zeichen der Ungnade entlassen, an ihre Stelle trat das Ministerium Zu Rhein, von den liberalen Blättern mit servilem Jubel als „Ministerium der Morgenröthe“ gefeiert. Zwar wurde von den neuen Kronräthen Begnadigung für einige seit Jahren in Haft gehaltene sogen. politische Verbrecher erwirkt, auch eine freisinnige Reform des Civil- und Strafrechts in Angriff genommen, aber schlecht stimmte zur Verheißung von Toleranz und Freiheit die strenge Maßregelung der Führer der katholischen Partei. Als das Ministerium im Landtag 1847 nach Auffassung des Königs nicht genügende Festigkeit bewies, mußte es den Platz räumen für die Wiederkehr Wallerstein's. Der neue Systemwechsel war von vorne herein unpopulär, weil auch Staatsrath Berks, ein gefügiger Diener der Spanierin, in den obersten Kronrath berufen wurde. Die Aufregung wuchs, insbesondere in Universitätskreisen, wo eine von Lola Montez — oder, wie sie jetzt hieß, Gräfin Landsfeld — begünstigte Studentenverbindung Anstoß erregte. Es kam zu öffentlichen Demonstrationen, und bald machte sich „sittliche Entrüstung“ auch durch Demolirung von öffentlichen und Privatgebäuden Luft. Den Vorstellungen der Minister nachgebend, ließ sich L. herbei, an die Gräfin den Befehl zu richten, sie habe München zu verlassen, aber der laute Jubel, den diese Nachgiebigkeit hervorrief, konnte den König nur verletzen. Da er den Führern der klerikalen Partei die Schuld beimaß, suchte er, sich selbst bezwingend, sich sogar mit Ideen zu befreunden, die mit seiner bisherigen Auffassung von Rechten und Pflichten des Königthums in Widerspruch standen. Während sich die Bewegung in München nur mit der Spanierin zu thun gemacht hatte, war in ernsteren Kreisen unter dem Eindrucke und der Rückwirkung der französischen Februarrevolution (1848) die deutsche Einheitsidee wieder aufgelebt. In Heidelberg und bald auch in Nürnberg erhoben Vertreter des Liberalismus die Forderung eines deutschen Parlaments als Bürgschaft einer kräftigen Centralgewalt, wie sie das gemeinsame Interesse aller Stämme erheische. In den ersten Märztagen veranlaßte das Gerücht, Gräfin Landsfeld sei zurückgekehrt, neue Straßenexcesse in der Hauptstadt. Am 4. März stand eben eine bewaffnete Volksschaar dem aufgebotenen Linienmilitär gegenüber, als Prinz Karl aus der Residenz kam und die Versicherung gab, der König wolle sich allen Wünschen des Volkes fügen und unverzüglich die Landstände berufen. Wirklich erschien am 6. März eine königliche Proklamation, welche die eifrigste Mitwirkung der baierischen Regierung im Sinne der Einheit und Freiheit Deutschlands in Aussicht stellte. Allein nur in der Erregtheit des Augenblicks hatte sich der König zu einer Nachgiebigkeit verstanden, die eine Aufopferung seiner Principien bedeutete; bei kühlerer Ueberlegung mußte er sich selbst gestehen, daß es ihm unmöglich sein werde, zu einem constitutionellen Regiment, wie es die neue Zeit verlangte, überzugehen. Diese Ueberzeugung, aber auch nicht minder der Unwille über die Schonungslosigkeit, womit man die Verirrung des früher so überschwänglich Gefeierten verlästerte|und verhöhnte, ließen in ihm den Entschluß reifen, dem Throne zu entsagen. Am 20. März legte er die Regierung zu Gunsten seines Sohnes, des Kronprinzen Maximilian, nieder, diesem die Ausführung der in der Proklamation vom 6. März versprochenen Reformen überlassend. Mit den Worten: „Habe immer gesagt, wirklich König sein oder die Krone niederlegen, und so Hab' ich nun gethan!“ motivirte er in einem Briefe an seinen getreuen Wagner den alle Welt überraschenden Schritt. „Was mich am meisten schmerzte“, fährt er fort, gewaltigen Kampf in mir verursachte, war, daß ich sehr beschränkt dadurch, für die Kunst zu thun, was ich vorhatte .... Dieses schmerzt mich sehr, nicht daß ich zu herrschen aufgehört. Bin vielleicht jetzt der Heiterste in München.“ L. hat denn auch den entscheidenden Schritt nie bereut. Weit entfernt, sich gleich anderen vom Throne herabgestiegenen Potentaten mit trüber Resignation in die Einsamkeit zurückzuziehen, blieb er fortwährend in freundlicher Berührung mit Personen aus allen Ständen. Die reichere Muße, sowie die ihm geblichenen Mittel verwerthete er fast ausschließlich im Dienste der Kunst. Auch als Privatmann fuhr er fort, monumentale Bauten auszuführen, die Staatssammlungen zu bereichern, die bairischen Städte mit malerischem oder plastischem Schmuck zu bedenken. Charakteristisch für seine Sinnesart ist die Thatsache, daß er am 20. März 1848 hauptsächlich in Folge der feindseligen Haltung der Münchener Bürgerschaft die Regierung niederlegte und doch schon am nächsten Tage, um dem schönsten Platz Münchens einen würdigen Abschluß zu schaffen, die zum Bau der Propyläen nöthigen Mittel decretirte. Häufiger konnte er jetzt seine bescheidene Behausung in Rom, die Villa Malta, aufsuchen, wo er im vertraulichsten Verkehr mit deutschen Künstlern lebte. Körperlich und geistig frisch wanderte der Achtzigjährige noch im Juli 1867 ganze Tage in der Pariser Ausstellung umher und gab auf Napoleons III. Anfrage, um welche Stunde ein Besuch genehm wäre, die Antwort: „Von 4 Uhr Morgens bis 4 Uhr Abends stehe ich zu Gebote.“ Erst unmittelbar vor dem Lebensende trat Abnahme der Kräfte ein. Er hoffte nochmals in Italien Genesung zu finden, allein nach kurzer Krankheit verschied er zu Nizza am 29. Febr. 1868. In einer einfachen Kapelle der von ihm erbauten Basilika zu München fand er die letzte Ruhestätte.

    • Literatur

      Ritter, Beiträge zur Regierung Ludwigs I., 1853. — Sepp, Ludwig Augustus, König von Bayern, 1869. — Heigel, Ludwig I., König von Bayern, 1872.

  • Autor/in

    Heigel.
  • Zitierweise

    Heigel, Karl Theodor von, "Ludwig I." in: Allgemeine Deutsche Biographie 19 (1884), S. 517-527 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118574884.html#adbcontent

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