Lebensdaten
1758 – 1827
Geburtsort
Ortenburg (Niederbayern)
Sterbeort
Sulzbach (Oberpfalz)
Beruf/Funktion
Drucker ; Verleger ; Buchhändler
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 117469408 | OGND | VIAF: 42615940
Namensvarianten
  • Seidel, Johann Esaias
  • Seidel von Rosenthal, Johann Esaias (seit 1821)
  • seidel von rosenthal, johann esaias
  • mehr

Verknüpfungen

Verknüpfungen zu anderen Personen wurden aus den Registerangaben von NDB und ADB übernommen und durch computerlinguistische Analyse und Identifikation gewonnen. Soweit möglich wird auf Artikel verwiesen, andernfalls auf das Digitalisat.

Orte

Symbole auf der Karte
Marker Geburtsort Geburtsort
Marker Wirkungsort Wirkungsort
Marker Sterbeort Sterbeort
Marker Begräbnisort Begräbnisort

Auf der Karte werden im Anfangszustand bereits alle zu der Person lokalisierten Orte eingetragen und bei Überlagerung je nach Zoomstufe zusammengefaßt. Der Schatten des Symbols ist etwas stärker und es kann durch Klick aufgefaltet werden. Jeder Ort bietet bei Klick oder Mouseover einen Infokasten. Über den Ortsnamen kann eine Suche im Datenbestand ausgelöst werden.

Zitierweise

Seidel von Rosenthal, Johann Esaias (seit 1821), Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd117469408.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus oberfränk. oder thür. Fam., d. ihre Herkunft v. Paul S. v. R. (1562–1632) herleitet u. deren sichere Stammreihe mit Paul S. (1597–1664), Handelsmann in Neustadt/Orla, dann mgfl. brandenburgbayreuth. Verw. in Thierbach b. Steben, beginnt;
    V Georg S. (1726–71), Oberpfarrer d. Gfsch. Ortenburg, S d. Andreas (1672–1741), 1700 Pfarrer in Rosenberg, 1704 in Illschwang b. S. (s. P), u. d. Maria Liedvogel (1690–1748);
    M Anna Margaretha (1724–99), T d. Johann Georg Faust, gfl. Hofbäcker u. Hausvogt in O., u. d. Anna Margaretha Reisinger, Hofjägers-T;
    Tante-v Anna S. (1719–1802, Georg Abraham Lichtenthaler, 1711–80, Hofbuchdrucker in S., s. NDB 14*);
    7 Geschw;
    Creussen 1790 Rosina Friederike (1770–1826), T d. Johann Friedrich Hartwig, brandenburg. Geh. Kanzleirat in Bayreuth, u. d. Maria Dorothea Florin, Pfarrers-T aus Ipsheim;
    2 S Alexander (1791–1848, Friederike Albertine Rosalie Reinhart, 1794–1827), Dr. phil., Buchhändler, Buchdruckereibes. in S., Adolph (1799–1880), Buchhändler, Buchdruckereibes. in S., zog 1850 mit d. Redaktion d. „Sulzbacher Kal.n. München um (s. W), 2 T u. a. Emilie (1793–1862, Georg Christoph Gack, 1793–1867, Dr. theol., 1818–30 ev. Stadtprediger bzw. -pfarrer, Dekan u. Distriktsschulinsp. in S., s. Hamberger-Meusel).

  • Biographie

    S. kam um 1765/66 nach Sulzbach, wo sein Onkel Georg Abraham Lichtenthaler eine Druckerei betrieb. Nach Schul- und Lehrjahren hier und in Regensburg, wo er die Lateinschule und das Gymnasium besuchte und danach bei den Firmen Lichtenthaler und Rotermundt in die Lehre ging, übernahm er 1780 nach dem Tod des Onkels die Geschäftsführung in Sulzbach. 1785 kaufte er die Firma und 1790/97 zwei weitere Sulzbacher Druckereien (Holst, Gallwitz). Trotz vieler Widrigkeiten gelang es S., den seit 1664 in der Stadt etablierten, im späten 18. Jh. aber darniederliegenden Buchdruck zu neuer Blüte zu bringen. Er baute weitgespannte Beziehungen auf, auch zu Kg. Max I. Joseph, Kg. Ludwig I. und Maximilian Gf. v. Montgelas, und erfuhr von diesen vielfache Förderung. Dennoch scheiterten seine Pläne für eine zentrale Druck- und Verlagsanstalt in München sowie für eine dritte dt. Buchmesse in Nürnberg.

    1800 gründete S. in Amberg die erste Kunstund Buchhandlung der Oberpfalz, 1801/03 übernahm er ebensolche Geschäfte in München bzw. Nürnberg. 1807 vereinigte er alle Teilbetriebe im Sulzbacher Schloß zu einer großen, repräsentativen Anstalt. Sie wurde seit 1827 von den Söhnen, seit 1854 durch Friedrich Pustet (1798–1882), der sie 1862 in kleinere Räume am Marktplatz verlegte, und seit 1877 von Dietrich Wotschack und seinem Sohn Hans fortgeführt. Nach dessen Tod führte die Familie Wotschack das Unternehmen bis 2006 weiter.

    S. galt im frühen 19. Jh. als bedeutendster Verleger Bayerns; der überzeugte Ireniker agierte als Brückenbauer zwischen Aufklärung und Romantik, Protestanten und Katholiken, Nord- und Süddeutschland. Vehement trat er für eine Modernisierung des bayer. Buchgewerbes ein, v. a. für Zensur- und Handelserleichterungen, Nachdruckschutz, Professionalierung und regionale Neustrukturierung. In seinem vielseitigen Verlagsprogramm dominierte religiöse Literatur aller Art: 1810 erschien in S.s interkonfessioneller Bibelanstalt der Prototyp einer „ökumenischen“ Bibeledition, ein Jahr darauf erhielt er den Druckauftrag für das erste prot. Einheitsgesangbuch Bayerns. Zu S.s wichtigsten Autoren zählten Johann Christoph und Johann Georg v. Aretin, Franz und Klemens Alois v. Baader, Bernhard Bolzano, Clemens Brentano, Melchior Diepenbrock, Leander van Eß, Johann Gottlieb und Immanuel Hermann Fichte, Franz Volkmar Reinhard, Johann Michael Sailer und Johann Heinrich Wilhelm Witschel (dessen „Morgen- und Abendopfer“, 1803 ff., das bis um 1925 meistgelesene dt. ev. Andachtsbuch war). Für die Bayer. Hof- und Staatsbibliothek sowie für die Bayer. Akademie der Wissenschaften druckte S. Kataloge und Schriften. 1822 half er nach einem Stadtbrand der jüd. Druckerei Sulzbachs aus, weshalb der Druck von Schmellers „Bayer. Wörterbuch“ kapazitätsbedingt abgelehnt werden mußte. Nach S.s Tod erreichten insbesondere die „Sulzbacher Kalender“ (ersch. 1838–1932) mit bis zu 24 verschiedenen Ausgaben weite Verbreitung.

  • Auszeichnungen

    bayer. KR (1790);
    Zivilverdienstorden d. bayer. Krone (1822/23?);
    bayer. goldene Zivilverdienstmedaille (1823?).

  • Werke

    Frohe Gefühle bey der höchst beglückten Rückkehr Maximilian Josephs [ . . . ], 1801;
    Rechnung über d. f. Sulzbachs Abgebrannte [ . . . ] eingesammelten milden Beiträge, 1825;
    zu Adolph:
    Kalenderprogr. u. a. Gemeinnütziger Hauskal. (erreichte 1866 e. Aufl. v. 60 000 Stück);
    Münchener Haus-Kal. (erreichte 1880 e. Aufl. v. 18 500 Stück);
    Kal. f. kath. Christen (erreichte 1860 e. Aufl. v. 14 000 Stück);
    Nachlaß:
    zahlr. Briefe (1813–27) u. weitere Texte (u. a. Entwürfe z. Neuorganisation d. bayer. Buchwesens) im Verlagsarchiv Seidel, Sulzbach-Rosenberg.

  • Literatur

    W. Wühr, Aufklärung u. Romantik im Spiegel e. bayer. Verlags, 1927 (P);
    E. R. Hauschka, Leben u. Werk d. Sulzbacher Verlegers J. E. v. S., in: Der Zwiebelturm 23, 1968, S. 141–48;
    K. G. Steck, Kommerz u. Konfession, Zum Progr. d. Sulzbacher Verlegers J. E. v. S. 1758–1827, in: G. Schwaiger (Hg.), Zwischen Polemik u. Irenik, 1977, S. 124–47;
    E. Vogl, Das Pantheon d. J. E. v. S., eine Sulzbacher Walhalla, in: Arx, Burgen u. Schlösser in Bayern, Österr. u. Südtirol 29, 2007, S. 22–28;
    M. Lommer (Hg.), J. E. v. S. (1758–1827), Zum 250. Geb.tag e. bayer. Verlegers, 2008 (Verlagsbibliogr., L, P);
    NND V, 1829;
    LGB²;
    BBKL 30 (L);
    – zur Fam.: H. Bauer, Die bayer. Ahnen d. J. E. v. S., in: Bll. f. fränk. Fam.kunde 7, 1957, S. 79–83;
    GHdA Bayern 15, 1984, S. 739 f.;
    GHdA 128, Adelslex. 13.

  • Porträts

    Porträtbüste v. J. Kirchmayer (?), wohl vor 1827, Abb. in: Wühr (s. L), S. 6, u. in: Lommer (s. L), S. 3;
    drei Porträtstiche v. [A.?] Spieß, C. Mayer u. J. M. Schramm, 1826/27 (alle Verlagsarchiv Seidel, Sulzbach-Rosenberg), Abb. in: Lommer (s. L), S. 6, 8, 64 u. 68;
    zu Andreas:
    Kupf., anonym, wohl 1741 od. kurz danach (StadtA Sulzbach-Rosenberg), Abb. in: Lommer (s. L), S. 22;
    zu Adolph:
    Lith. v. C. Helmsauer, 1848 (Verlagsarchiv Seidel, Sulzbach-Rosenberg), Abb. in: V. Wappmann, Sulzbach als Druck- u. Verlagsort, in: Eisenerz u. Morgenglanz, Gesch. d. Stadt Sulzbach-Rosenberg 1999, S. 665, Abb. 207.

  • Autor/in

    Markus Lommer
  • Zitierweise

    Lommer, Markus, "Seidel von Rosenthal, Johann Esaias" in: Neue Deutsche Biographie 24 (2010), S. 174-175 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117469408.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA