Lebensdaten
1888 – 1985
Geburtsort
Altdorf bei Nürnberg
Sterbeort
München
Beruf/Funktion
Mathematiker ; Mathematikhistoriker
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118627449 | OGND | VIAF: 34468774
Namensvarianten
  • Vogel, Hermann Kurt
  • Vogel, Hermann Kurt
  • Vogel, Kurt
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Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Vogel, Kurt, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118627449.html [26.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Johann Georg (1853–1916), aus Marktsteft/Main b. Kitzingen, Seminarlehrer in A., Oberstudiendir. am Lehrerseminar in Kaiserslautern;
    M Anna Maria Krug (1861–1930), aus Sommerhausen/ Main;
    Kaiserslautern 1919 Hedwig (1894–1981), T d. Carl Albert Munzinger (1864–96), Fabrikbes. in Kaiserslautern, u. d. Carolina Petronella Hoffmann (1871–1933);
    kinderlos.

  • Biographie

    V. besuchte 1894–98 die Volksschule in Altdorf und danach die Gymnasien in Bayreuth, Schwabach und Ansbach. Nach dem Abitur 1907 studierte er an der Univ. Erlangen Mathematik und Physik, u. a. bei Paul Gordan (1837–1912), Max Noether (1844–1921), Erhard Schmidt (1876–1959) und Emil Hilb (1882–1929). 1909 / 10 hörte er in Göttingen Vorlesungen bei David Hilbert (1862–1943), Felix Klein (1849–1925), Edmund Landau (1877–1929), Otto Toeplitz (1881–1940) und Ludwig Prandtl (1875–1953). In Erlangen legte V. 1909 und 1911 den 1. und 2. Abschnitt seiner Lehramtsprüfung für Mathematik und Physik ab. Das praktische Jahr seiner Ausbildung absolvierte er 1912 / 13 am Theresiengymnasium in München. Nach dem Militärdienst 1913–20 wirkte er als Studienassessor bzw. Studienrat an der Ludwigsrealschule, seit 1927 als Studienrat am Maximiliansgymnasium in München (Ruhestand 1954). Zu seinen Schülern gehörte Franz Josef Strauß (1915–88), mit dem V. bis zu seinem Tod in Kontakt stand.

    Aus Interesse an der Mathematik der Ägypter begann V. 1926, an der Univ. München Ägyptologie zu studieren, wo er 1929 mit „Die Grundlagen der ägyptischen Arithmetik in ihrem Zusammenhang mit der 2:n-Tabelle des Papyrus Rhind“ bei dem Ägyptologen Wilhelm Spiegelberg (1870–1930) und dem Mathematiker Oskar Perron (1880–1975) zum Dr. phil. promoviert wurde. In seiner Dissertation deutete er die Entstehung dieser für die ägypt. Mathematik grundlegenden Tabelle neu. Durch den Mathematikhistoriker Heinrich Wieleitner (1874–1931) kam V. in Kontakt zu Johannes Tropfke (1866–1939), Julius Ruska (1867–1949), Aldo Mieli (1879– 1950), Louis Charles Karpinski (1878–1956) und anderen Wissenschaftshistorikern. Auch die praktische Mathematik der Griechen, die „Logistik“, interessierte V.; seine Beschäftigung mit den griech. und byzantin. Texten zu diesem Thema führte zu der Arbeit „Beiträge zur Geschichte der griech. Logistik“, mit der er sich 1933 in München für Geschichte der Mathematik habilitierte. Im selben Jahr zum Privatdozenten ernannt, hielt V. bis in die 1970er Jahre – nur durch Krieg und Nachkriegszeit unterbrochen (kein Mitgl. d. NSDAP) – regelmäßig mathematikgeschichtliche Vorlesungen (1940 apl. Prof.). Schon 1937 wurde durch sein Engagement an der Univ. München eine Abteilung für Geschichte der Mathematik geschaffen. Seine intensiven Bemühungen, die Wissenschaftsgeschichte zu institutionalisieren, führten 1963 zur Einrichtung des Instituts für Geschichte der Naturwissenschaften an der Univ. München.

    V.s Arbeiten sind geprägt durch die Erkenntnis, daß es math. Probleme gibt, die sich in ähnlicher Form in verschiedenen Kulturen finden: bei den Ägyptern, Babyloniern, Chinesen, Indern, Arabern, in Griechenland, Byzanz und im Abendland. Er versuchte, die|Wege dieser Überlieferung aufzuzeigen, und schuf durch Editionen einschlägiger Texte eine Basis für derartige Untersuchungen. Seine außergewöhnlichen Sprachkenntnisse befähigten ihn zu diesen Forschungen. In den 1930er Jahren leistete V. Pionierarbeit in der Deutung ägypt. und babylon. math. Texte und veröffentlichte 1958 / 59 eine zusammenfassende Darstellung (Vorgriech. Math., 2 T.). 1963 und 1968 edierte er zwei byzant. Rechenbücher. Noch im Alter von 70 Jahren erlernte er die chin. Sprache und übersetzte und kommentierte die älteste chin. math. Schrift (Chiu Chang Suan Shu, Neun Bücher arithmet. Technik, 1968). Besonders viele Editionen betreffen westliche math. Werke aus dem 14. bis 16. Jh., beispielsweise die „Practica des Algorismus Ratisbonensis“ (1954), das „Bamberger Rechenbuch“ von 1482 (1950) und die „Deutsche Algebra“ in der Dresdner Handschrift C 80 (1981). Die Ergebnisse seiner Forschungen gingen in die Neuauflage von Tropfkes „Geschichte der Elementarmathematik“ ein, in der die Mathematikgeschichte in systematischer Anordnung nach Teilgebieten, Sachverhalten und Sätzen dargestellt worden war. V. hatte bereits 1940 nach Tropfkes Tod die 3. Auflage des Bandes „Geometrie“ zum Druck gebracht und sorgte dafür, daß 1980 eine 4. Auflage der Bände über Arithmetik und Algebra erschien (J. Tropfke, Gesch. d. Elementarmath., Bd. 1: Arithmetik u. Algebra, vollst. neu bearb. v. K. Vogel, K. Reich u. H. Gericke, 1980). Besonders bemerkenswert ist der von V. stammende, 150 Seiten umfassende Abschnitt „Das angewandte Rechnen“. Er enthält eine nach Problemen geordnete historische Darstellung von Aufgaben aus dem täglichen Leben und aus der Unterhaltungsmathematik, die man in den verschiedenen Kulturen und Zeiten findet, und liefert die Grundlage für eine umfassende Geschichte der Rechenaufgaben.

  • Auszeichnungen

    |korr. Mitgl. d. Ac. Internat. d’histoire des sciences (1931, effektives Mitgl. 1961, Vizepräs. 1977–81);
    Mitgl. d. Dt. Math.-Vereinigung (1931) u. d. Leopoldina (1957);
    Bayer. Verdienstorden (1964);
    Sarton-Medaille d. Hist. of Science Soc. (1969);
    Ehrenmitgl. d. Dt. Ges. f. Gesch. d. Med., Naturwiss. u. Technik (1977).

  • Werke

    |Trienter Algorismus, 1963;
    Columbia Algorismus, 1977;
    Bamberger Blockbuch, 1980;
    Kleinere Schrr. z. Gesch. d. Math., hg. v. M. Folkerts, 2 Bde., 1988 (Nachdr. fast aller nicht als Buch erschienener Arbb., Biogr., Liste d. Veröff., Vortrr., Lehrveranstaltungen);
    Autobiogr.: Rückschau auf 40 J. Math.gesch.forsch., in: B. Sticker u. F. Klemm (Hg.), Wege z. Wiss.gesch., 1969, S. 145–53 (P);
    Nachlaß: Archiv d. Dt. Mus. München.

  • Literatur

    L I. Schneider, Ein Leben f. d. Wiss.gesch., K. V., in: Btrr. z. Gesch. d. Arithmetik v. K. V., 1978, S. 7–18 (P);

    ders. u. M. S. Mahoney, in: Isis 77, 1986, S. 667–69 (P);

    M. Folkerts, K. V., Biogr. u. Bibliogr., in: Historia Mathematica 10, 1983, S. 261–73 (W-Verz.);

    ders., ebd. 13, 1986, S. 224–28 (W-Verz.);

    ders., M. Rožanskaja u. I. Luther (Hg.), Math.gesch. ohne Grenzen, Die Korr. zw. K. V. u. A. P. Juschkewitsch, 1997 (P);

    Pogg. VI u. VII a;

    Tobies, Biogr. Lex. Math.

  • Porträts

    |Photogrr. (Archiv d. Dt. Mus. München).

  • Autor/in

    Menso Folkerts
  • Zitierweise

    Folkerts, Menso, "Vogel, Kurt" in: Neue Deutsche Biographie 27 (2020), S. 27-28 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118627449.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA