Lebensdaten
1878 – 1948
Geburtsort
Stuttgart
Sterbeort
Los Angeles (USA)
Beruf/Funktion
Lyriker ; Dramatiker ; Drehbuchautor ; Übersetzer ; Archäologe ; Auto- und Flugzeugkonstrukteur ; Rennfahrer ; Pilot
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118805681 | OGND | VIAF: 24746271
Namensvarianten
  • Vollmöller, Karl (bis 1903)
  • Vollmöller, Karl Gustav
  • Vollmoeller, Carl Gustav
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Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Vollmoeller, Carl Gustav, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118805681.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Robert (s. 1);
    M Emilie Behr;
    Stuttgart 1904 zw. 1916 u. 1920 Norina (Ps. Maria Carmi) (1880–1957, 2] Prinz Georges V. Matchabelli, 1885–1935, aus Tiflis, Ing., emigrierte 1921 in d. USA, Mitgründer d. Komitees f. e. unabhängiges Georgien, Dipl., Parfümeur), aus Florenz, Theater- u. Filmschausp., T d. Luigi Gilli (* 1836), Konditor in Florenz, u. d. Emma Troll (* 1840), aus Winterthur;
    kinderlos.

  • Biographie

    V. wuchs in Stuttgart auf. Zunächst privat u. a. von Karl Bauer (1868–1942) unterrichtet, besuchte er das altsprachliche Karls-Gymnasium. Seit 1896 studierte er Archäologie und Klassische Philologie in Paris, Berlin und Bonn, wo er 1901 mit der Arbeit „Griech. Kammergräber mit Totenbetten“ bei Georg Loeschcke (1852–1915) zum Dr. phil. promoviert wurde. Bereits 1894 hatte V. begonnen, Gedichte zu schreiben. 1895 lernte er Stefan George kennen, der in ihm ein literarisches Genie sah, ihn in seinen Kreis aufnahm und zum Mitarbeiter der „Blätter für die Kunst“ machte. Während der Studienzeit schrieb V. neben Gedichten das Versdrama „Catherina, Gräfin von Armagnac“. Diese Arbeit machte ihn mit dem ebenfalls 1903 veröffentlichten Gedichtzyklus „Parcival, Die Frühen Gärten“ schlagartig berühmt. Seit 1902 war V. auch als Übersetzer tätig u. a. von Molière, Lope de Vega, Dostojewski, Vilhelm Jensen und Forzano. Seine Übersetzungen von d’Annunzios „Vielleicht, vielleicht auch nicht“ (1910) und „Francesca da Rimini“ gelten als kongenial, ebenso V.s Übertragungen der „Antigone“ von Sophokles (1906) und von „Die Orestie“ (1905) von Aischylos. Verdient machte sich V. zudem als Wiederentdecker und Übersetzer Carlo Gozzis, speziell von dessen „Turandot“ (1910).

    Seit 1905 arbeitete V. mit Max Reinhardt am Dt. Theater zusammen. Höhepunkt ihrer Zusammenarbeit war „Das Wunder/ The Miracle“, 1911 in London, 1924 in New York uraufgeführt. Das Stück feierte 1911–34 in ganz Europa (u. a. Eucharistischer Weltkongreß 1912, Salzburger Festspiele 1925) und 1924–30 in den USA Erfolge. V. ließ „Das Wunder/ The Miracle“ 1912 von Michel Carré verfilmen. Der Film (Weltpremiere in London am 21. 12. 1912) war handkoloriert, ein Orchester und Chor sorgten bei jeder Vorstellung für „Live“-Musik. Im 1. Weltkrieg betätigte sich V. als Presseagent für das Auswärtige Amt und als Kriegsberichterstatter der „Württembergischen Zeitung“. Er gründete 1915 gemeinsam mit Robert Bosch, Walther Rathenau und Richard Dehmel die „Dt. Gesellschaft 1914“. Seit Herbst 1916 lebte V. in der Schweiz und zeitweilig in Schweden. 1917 spionierte er die US-amerik. Rüstungsindustrie aus; sein Lagebericht ist in den Tagebüchern Harry Gf. Kesslers nachzulesen. 1918 versuchte er gemeinsam mit René Schickele vergeblich, einen Friedensvertrag zwischen Deutschland und Frankreich sowie allein zwischen Deutschland und England zu vermitteln. Eine offizielle Funktion bekleidete V. nicht. Er war mit vielen Entscheidern auf beiden Seiten persönlich befreundet, weshalb seine Meinung, sein Rat und seine internationalen Kontakte gefragt waren. Über diese bahnte er der dt. Politik einen Weg zu Geheimverhandlungen.

    1919–38 lebte V. überwiegend in Venedig und Hollywood, danach ganz in den USA (seit 1943 in New York). Er widmete sich dem internationalen Kulturaustausch und der Völkerversöhnung (Pan-Europa-Union), wirkte als Drehbuchautor, vermittelte dt. Künstlern Engagements in den USA und setzte sich für diskriminierte amerik. Künstler (Josephine Baker, Anna May Wong) in Europa ein. Zudem finanzierte er Künstler wie Stephen Vincent Benet persönlich. Silvester 1941 als angeblicher NS-Sympathisant verhaftet, litt V. bis zum Lebensende körperlich und seelisch an den Folgen der 13-monatigen Internierung. Er starb 1948 während Verhandlungen über die Verfilmung seines Romans „The Last Miracle“.

    Heute gilt V. als „repräsentativer Virtuose des Ästhetizismus der Jahrhundertwende, einer der wenigen Lyriker von Rang“ (K. G. Just). In Zusammenarbeit mit Max Reinhardt und Edward G. Craig förderte er die Entwicklung des modernen dt. und europ. Theaters. Zählte V. zu den führenden Dramatikern des Symbolismus, so wurden seine späten Theaterstücke kontrovers beurteilt, unter Umständen weil V. als einziger Autor von Rang versuchte, eine Synthese zwischen Literatur und Technik herzustellen: 1902–10 betätigte er sich als Rennfahrer (Gordon-Bennet-Rennen, Rennen um die Welt), Pilot und Konstrukteur von Rennwagen wie Flugzeugen. Als Autor verarbeitete er diese Erfahrungen in monumentalen Versen und Dramen mit technischer Perfektion. Für V. fiel der Zusammenbruch des Ästhetizismus und der technischen Welt mit dem Ausbruch des 1. Weltkriegs zusammen.

    Als international erfolgreicher Drehbuchautor engagierte sich V. für den hochwertigen Autoren- und Tonfilm. Dies verdeutlicht v. a. der Film „Der Blaue Engel“, für den V. 1929 als „General-Editor“ unter Zuarbeit von Carl Zuckmayer und Robert Liebmann das Drehbuch verfaßte und bei dem er auf die Besetzung der Hauptrolle mit Marlene Dietrich sowie auf die Wahl von Josef von Sternberg als Regisseur maßgeblichen Einfluß nahm. Als Schriftsteller, Kosmopolit, Philosoph, „Weltverbesserer“ und Utopist unternahm V. mit seinem Leben und Werk den Versuch, ein Gesamtkunstwerk im Sinne Richard Wagners zu schaffen.

  • Werke

    |Die Sturm- u. Drangperiode u. d. dt. Realismus, 1897;
    Assüs, Fitne u. Sumurud, 1904;
    Giulia, Die Amerikanerin, 1905;
    Die Orestie, 1905;
    Der dt. Gf., 1906;
    Antigone, 1906;
    Wieland, 1911;
    The Miracle, 1911;
    Das Wunder, 1912;
    Venezian. Abenteuer, 1912;
    E. F. G. H. Nachgelassene prosaische Schrr., 1912;
    Shotai (Die Geliebte), 1912;
    George Dandin, 1912;
    Turandot, Princess of China, 1913;
    Die Geliebte in Der Herr d. Lüfte, 1914;
    Die Brüder, 1915;
    Der Hermelinmantel, 1915;
    Drei Frauen in Einer, 1916;
    Madame d’Ora, 1917;
    Christinas Hochzeitsreise, 1917;
    Onkelchen hat geträumt, 1918;
    Die Paiva, 1921;
    Inge Larson, 1922;
    Die Schiessbude, 1924 / 25;
    Ulala, 1926 / 27;
    Sieben Mirakel d. Jungfrau Maria, 1927;
    Uncle’s Been Dream, 1927;
    Acht Mirakel d. Jungfrau Maria, 1928;
    Schmutziges Geld, 1928;
    The Palace, 1930;
    Hundert Tage, 1935;
    Zirkusluft, 1935;
    Das Geheimnis, 1936;
    Anastasia, 1937;
    The Younger Brother of Christ, 1945;
    Gedichte, 1960;
    Teilnachlaß: DLA Marbach.

  • Literatur

    |T. Klaiber, Die Schwaben in d. Lit. d. Gegenwart, 1905;
    R. F. Arnold, Das moderne Drama, 1908;
    A. Soergel, Dichtung u. Dichter d. Zeit, 1911 (P);
    L. Adelt, V. oder d. Flieger u. d. Dichtung, Stud. zu sechs Dichtern, 1917;
    A. Kerr, Ges. Schrr., Die Welt im Drama, Bd. 3, 1919;
    E. Jaime, Stefan George u. d. Weltlit., 1949;
    A. Bergstraesser, K. G. V.s späte Gedichte, 1957;
    I. R. Braver, K. G. V., Diss. New York Univ. 1961;
    R. Landshoff-Yorck, Klatsch, Ruhm u. kl. Feuer, 1963 (P);
    K. G. Just, Der Lyriker K. V., Übergänge, Probleme u. Gestalten d. Lit., 1966;
    H. Braulich, Max Reinhardt, Theater zw. Traum u. Wirklichkeit, 1966;
    T. Karst, „Der Tag wird kommen“, 1994;
    A. Bierl, Die Orestie d. Aischylos auf d. modernen Bühne, 1996;
    L. Dirscherl u. G. Nickel (Hg.), Der blaue Engel, Die Drehbuchentwürfe, 2000;
    F. D. Tunnat, K. V., Ein kosmopolit. Leben im Zeichen d. Mirakels, 2008;
    ders., K. V., Dichter u. Kulturmanager, Eine Biogr., 2008 (P);
    ders., Marlene Dietrich, V.s Blauer Engel, 2011;
    ders., Richard Wagner u. K. V., Leben als Gesamtkunstwerk, 2012 (P);
    Dt.sprachige Exillit. seit 1933;
    Killy;
    Württ. Biogrr. I;
    Kosch, Theater-Lex.;
    Kosch, Lit.-Lex.³ (W, L).

  • Porträts

    |Karikatur v. F. Jüttner, Abb. in: E. Fuhrich u. G. Prossnitz (Hg.), Max Reinhardt, Ein Theater, das den Menschen wieder Freude gibt, 1983, v. O. Gulbransson, in: Simplicissimus 19, Nr. 18 v. 3. 8. 1914, u. v. R. Großmann, ebd. 37, Nr. 25 v. 18. 9. 1932;
    Photogr. mit M. Dietrich u. R. Landshoff, in: Berliner Ill. Ztg. v. 16. 11. 1929;
    Photogr. v. N. Perscheid, 1912, in: A. Soergel, Dichtung u. Dichter d. Zeit, ⁶1919, S. 855;
    Photogr., in: C. Bleibtreu, Gesch. d. dt. Nat.lit., 1912, T. 2, S. 83 (falsches Geb.j.);
    Totenmaske (Privatbes. u. DLA Marbach).

  • Autor/in

    Frederik D. Tunnat
  • Zitierweise

    Tunnat, Frederik D., "Vollmoeller, Carl Gustav" in: Neue Deutsche Biographie 27 (2020), S. 104-105 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118805681.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA