Lebensdaten
unbekannt
Beruf/Funktion
Kaufleute ; Industrielle ; Familie aus Nassau-Saarbrücken
Konfession
evangelisch?
Normdaten
GND: 13984533X | OGND | VIAF: 102685332
Namensvarianten
  • Karcher
  • Carcher

Verknüpfungen

Von der Person ausgehende Verknüpfungen

Verknüpfungen zu anderen Personen wurden aus den Registerangaben von NDB und ADB übernommen und durch computerlinguistische Analyse und Identifikation gewonnen. Soweit möglich wird auf Artikel verwiesen, andernfalls auf das Digitalisat.

Orte

Symbole auf der Karte
Marker Geburtsort Geburtsort
Marker Wirkungsort Wirkungsort
Marker Sterbeort Sterbeort
Marker Begräbnisort Begräbnisort

Auf der Karte werden im Anfangszustand bereits alle zu der Person lokalisierten Orte eingetragen und bei Überlagerung je nach Zoomstufe zusammengefaßt. Der Schatten des Symbols ist etwas stärker und es kann durch Klick aufgefaltet werden. Jeder Ort bietet bei Klick oder Mouseover einen Infokasten. Über den Ortsnamen kann eine Suche im Datenbestand ausgelöst werden.

Zitierweise

Karcher, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd13984533X.html [28.03.2024].

CC0

  • Biographie

    Die Karcher (ursprünglich Berufsbezeichnung: Karcher = Fuhrmann) sind eine weitverzweigte Familie aus der früheren Grafschaft Nassau-Saarbrücken. Als Stammvater gilt Mathias ( zwischen 1602/07), Meier in Malstatt (heute Saarbrücken), dessen Sohn Paulus ( vor 1635), herrschaftlicher Jäger und Metzger, sich aus der Leibeigenschaft freikaufte, 1607 Bürgerrecht in Sankt Johann (heute Saarbrücken) erwarb und dort Bürgermeister wurde. Auf dessen Sohn Johann Nikolaus (1611–85), Metzger, Gastwirt und Gerichtsschöffe zu Sankt Johann, gehen die Stämme im Saarland und in der Pfalz zurück; von einem weiteren Sohn Hans Jacob, Hofmetzger in Dillenburg, stammen die Karcher in (Saar-) Bockenheim in der früheren Grafschaft Nassau-Saarwerden (heute Saar-Union) ab. – Die Familie verbreitete sich auch im Elsaß, in Lothringen und in der Schweiz.

    Neben Juristen, Theologen und Medizinern ist aus diesen Stämmen eine bemerkenswerte Zahl von Unternehmern im Kaufhandel, im Speditionsgeschäft und in der Industrie hervorgegangen. Die Grundlage der zu weiterer Betätigung im Fernhandel, im Geldgeschäft und in industriellen Beteiligungen führenden Vermögen wurde durchweg im Metzgergewerbe gelegt, das auch in den Saarstädten eine herausgehobene Stellung innehatte und Privilegien genoß, die dem gleichzeitig betriebenen Gastwirtsgewerbe, der Schafhaltung und dem Fuhrgeschäft zugute kamen. Die mehrfache Versippung mit führenden Unternehmer-Familien wie Böcking, Firmond, Haldy, Korn, Krämer, Mühlhaus, Quien, Rettig, Röchling, Schmidtborn, Villeroy dehnte zwar den Fächer industrieller Interessen weiter aus (unter anderem Textilien, Leder und Häute, Farbwaren, Alaun und Bittersalz, Glas, Kristallwaren und Keramik, Tabak, Bierbrauerei, Zucker, Eisen- und Stahlgewinnung, Eisen- und Stahlgießerei, Kokerei, Draht, Nägel, Kleineisenwaren, Schrauben), barg aber letztlich die Gefahr einer Zersplitterung der Kräfte, an der es wohl auch lag, daß die finanzielle Kraft für den Durchbruch auf die Ebene der industriellen Großunternehmen bei wachsendem Kapitalbedarf fehlte. Dabei wirkten allerdings auch Nachwuchsverluste in den Kriegen, Vermögensverluste durch Kriegsschäden und die nachteiligen Folgen der wiederholten Grenzverschiebungen mit. Insoweit spiegelt sich in den Schicksalen der Familie und ihrer wirtschaftlichen Unternehmungen diesseits und jenseits der Landesgrenze die politisch-militärische Auseinandersetzung im deutsch-französischen Grenzraum.

    Die wirtschaftliche Entwicklung der Karcher in (Saar-) Bockenheim führte von Metzgerei und Viehhandel zum Fuhrgeschäft, zum Wollhandel und zur Tuchmacherei. Hierher gehören der „Clubist“ Werner (1734–1815), der d. Anschluß von Saarwerden u. Bockenheim an Frankreich betrieb, der Deputierte Heinrich (1748–1811), der nach glänzender Offizierslaufbahn seit 1793 der Französischen Nationalversammlung und anschließend dem Konvent angehörte, 1800 aber nach dem Sturz des Direktoriums als überzeugter Republikaner ausgeschlossen wurde und sich in seine Heimat zurückzog. Der Familie in Saar-Union entstammt ferner der republikanische Publizist und Staatsrechtslehrer Theodor (1821–94), der 1848/49 in Verdun als Redakteur hervortrat, 1850 nach England emigrieren mußte und dort eine fruchtbare publizistische und akademische Tätigkeit an der Militärakademie Woolwich und an der Universität London entfaltete. 1874 nach Frankreich zurückgekehrt, wurde er Mitarbeiter von Gambetta, verfehlte aber das Ziel, in die Deputiertenkammer gewählt zu werden (s. Literatur).

    In Saarbrücken erfolgte die Ausdehnung der geschäftlichen Tätigkeiten über das traditionelle Metzger- und Gastwirtsgewerbe hinaus um die Mitte des 18. Jahrhunderts Die „Karcherische Landkutsche“ nahm neben und trotz der Reichspost um 1750 eine führende Stellung für Spedition und Personenverkehr der Saarstädte ein (Wahlspruch: „Mit Gottes Geleit und durch Karchers Fuhre!“). Heinrich ( 1775) gründete 1760 zusammen mit Philipp Heinrich Burggraf eine Spezerei-, Kommissions- und Speditionshandlung. Von der im gleichen Jahr gegründeten Saarbrücker Kranengesellschaft, einem privilegierten Gemeinschaftsunternehmen der Kaufleute zum Betrieb der Verladeeinrichtungen für die Saarschiffahrt, stellten die Karcher rund ein Sechstel der Mitglieder. Das Handelshaus von Heinrich wurde führend in dem Absatzkartell, dem die Bergverwaltung den Saarkohlen-Vertrieb außerhalb der nassau-saarbrück. Lande übertragen hatte. Der Partner in Kurtrier war dabei Adolf Böcking, der 1796 auch als tätiger Teilhaber in die Saarbrücker Firma eintrat. Zu den Vettern und Konsorten von Heinrich gehörten Caspar (siehe Genealogie 2) und Christian (1735–86). Dessen Sohn Heinrich Thomas von K. (1773-1824) war Gesandter des Großherzog Ferdinand von Toscana (Salzburg, Würzburg) in Paris. Er hinterließ eine bedeutende Sammlung alter Graphik und illustrierter Bücher, die 1825 versteigert wurde (s. Dipl. Vertr. III).

  • Literatur

    Mitt. d. Westdt. Ges. f. Fam.kde. 6, 1929, H. 2-4 (Saar-Sonder-H.);
    B. Karcher, Aus d. Gesch. e. alten Saarbrücker Fam., ebd., H. 6;
    Ph. A. Fürst, Dt. Industriekapitäne an d. Saar u. ihre Versippung, ebd. 8, 1935, H. 8;
    L. Luckenbill, Die Einwohner d. ehem. Gfsch. Saarbrücken vor 1700, in: Saarländ. Fam.kde., 1. Sonderbd., 1969;
    F. W. Euler, Die Fam. Schmidtborn, in: Zs. f. d. Gesch. d. Saargegend 19, 1971, S. 478-96;
    Forschungsergebnisse v. G. A. Bergmann, Ph. A. Fürst, H. Merling u. G. Senftner (Ms. in Fam.bes. in Saarbrücken). - zu Karcher in Bockenheim:
    G. Mathis, Die Leiden d. Evangelischen in d. Gfsch. Saarwerden, 1888;
    ders., Bilder aus d. Kirchen- u. Dörfergesch. d. Gfsch. Saarwerden, 1894;
    ders., Wie d. Gfsch. Saarwerden französisch geworden ist, in: Mitt. d. Hist. Ver. f. d. Saargegend 8, 1901, S. 98-108;
    J. Levy, Gesch. d. Stadt Saarunion, 1898;
    Sitzmann;
    - zu Theodor: Larousse, Grand Dict. Universel, 1865 ff., IX, S. 1164, Suppl. I, S. 1019. – Zur Gesamtfam.:
    F. W. Euler, Ahnen u. Enkel I, 1959.

  • Autor/in

    Fritz Hellwig
  • Familienmitglieder

  • Zitierweise

    Hellwig, Fritz, "Karcher" in: Neue Deutsche Biographie 11 (1977), S. 142-143 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd13984533X.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA