Lebensdaten
1818 – 1895
Geburtsort
Sankt Johann-Saarbrücken
Sterbeort
Saarbrücken
Beruf/Funktion
Industrieller ; Politiker
Konfession
evangelisch?
Normdaten
GND: 137713681 | OGND | VIAF: 81861925
Namensvarianten
  • Karcher, Eduard
  • Carcher, Eduard

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Zitierweise

Karcher, Eduard, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd137713681.html [26.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Philipp Heinrich (1776–1850), Kaufm. u. Fabr. in St. J.-S., S d. Caspar ( 1826), KR, Kaufm. u. Fabr. in St. J.-S., betrieb seit 1776 d. Glashütte in Merchweiler, u. d. Sophie Elisabeth Karcher;
    M Carol. Maria (1790–1842), T d. Weinkaufm. Ludwig Böcking ( 1829) u. d. Dorothea Elisabeth Niessen;
    Vt d. M Heinrich Böcking ( 1862), Oberbergrat, Politiker (s. NDB II);
    B Philipp Heinrich (1824–81), Eisenhüttenbes. in Ars/Mosel;
    - 1) 1845 Natalie Elise (1827–51), T d. Georg Philipp Korn ( 1853), Großkaufm., Bankier u. Fabr. in Saarbrücken, 2) 1856 Lina ( 1904), T d. Franz Daniel Hölterhoff ( 1842), Wildhäuteimporteur u. Wirtsch.politiker (s. NDB IX);
    1 S, 3 T aus 1), u. a. Paul (1846–1912), Nachf. K.s, 1 T aus 2);
    N Heinrich (1849–1915).

  • Biographie

    K. war frühzeitig an der Erweiterung der von Großvater, Vater und Schwiegervater begründeten industriellen Interessen beteiligt, so an der Gründung der Kristallfabrik in Wadgassen (1843) zusammen mit dem über die Familie Böcking verschwägerten Nicolas Villeroy (1759–1843) und Johann Franz N. Boch-Buschmann. In die Eisenindustrie führte die erfolgreiche Entwicklung einer Beteiligung in Metz, wo die Farbwarenfirma Karcher & Westermann 1847 eine Blechwarenfabrik in dem nahe gelegenen Ars/Mosel gründete, die seit 1853 zu einer Eisenhütte mit eigenen Erzgruben, einem Puddelstahlwerk, Eisengießerei und Drahtzieherei ausgebaut wurde. Mit der Änderung der politischen Grenzen 1871 begann der Niedergang des Werkes, das sich jetzt in hoffnungsloser Randlage im reichsdeutschen Markt befand. Die Einführung des Thomas-Verfahrens, welches die Gewinnung von Massenstahl aus dem phosphorhaltigen lothringischen Minette-Erz gestattete und damit den Fortbestand anderer lothringischer Eisenwerke sicherte, war Karcher & Westermann nicht möglich, da die Eisen- und Stahlwerke von de Wendel in Hayingen sich die alleinige Anwendung des neuen Verfahrens für Lothringen gesichert hatten. Auch wenn K. die Leitung von Ars offenbar zunehmend seinem Sohn Paul, seinem Bruder Philipp Heinrich und dessen Sohn Heinrich überließ, so scheint er doch auch durch den 1883 einsetzenden unaufhaltsamen Niedergang von Ars finanziell stark in Mitleidenschaft gezogen worden zu sein; er meldete 1888 Konkurs an.

    Wie in seinen wirtschaftlichen Unternehmungen ist K. auch in seiner politischen Wirksamkeit kein dauerhafter Erfolg beschieden gewesen. Als einer der Wortführer der linksliberalen Bewegung war er 1848/49 Kommandant eines Bürgerwehr-Bataillons in Saarbrücken. Nach den Jahren erzwungener Zurückhaltung war er seit 1859 politisch wieder aktiv, wirkte an der Gründung des Nationalvereins in Saarbrücken mit und wurde im gleichen Jahr im Kreis Ottweiler für die Fortschrittspartei in das Preußische Abgeordnetenhaus gewählt, legte das Mandat aber kurz danach nieder. 1862/63 war er die treibende Kraft bei der Errichtung der Handelskammer zu Saarbrücken; 1864 zu deren erstem Präsidenten gewählt, lehnte er „aus Zeitmangel“ ab, wobei seine oppositonelle politische Einstellung gegenüber der preußischen Regierung mitgespielt haben mag. K. hat stets seine liberalen politischen Überzeugungen – vor allem gegen die Regierung Bismarck – vertreten, war unter anderem einer der eifrigsten Parteigänger der von Saarbrücken in das Preußische Abgeordnetenhaus entsandten Bismarck-Gegner Franz Duncker und Rudolf Virchow. Als Mitverfasser von Eingaben, die 1866 bei der preußisch Regierung gegen einen etwaigen Verkauf der Preußischen Staatsbergwerke im Saarrevier vorstellig wurden, setzte er sich für die Aufrechterhaltung des Staatsbergbaus im gefährdeten Grenzland ein. Als bei Ausbruch des Krieges 1866 die Furcht vor französischen Annexionsabsichten im Saarland allgemein wurde, betrieb er die Annahme eines „Manifestes an die französische Nation“, das allen Spekulationen auf nationale Unzuverlässigkeit der Saarbevölkerung entgegentrat. Nach 1866 klang die oppositionelle Welle ab; unter dem Einfluß des jüngeren, entfernt verwandten Carl Ferdinand Stumm gewannen die Freikonservativen an Boden. Nach der Reichsgründung zog sich K. mehr und mehr zurück. Er schied 1871 aus der Handelskammer aus, legte 1875 den Vorsitz der Freimaurerloge „Zur Stärke und Schönheit“ in Saarbrücken nieder und lebte später meist auf seinem Forbacher Hof bei Neunkirchen-Saar.

  • Literatur

    Protokolle üb. d. Vernehmungen d. Sachverständigen durch d. Eisen-Enquête Komm. 1878, 1879;
    R. Noack, Die Rev.bewegung v. 1848/49 in d. Saargegend, in: Mitt. d. Hist. Ver. f. d. Saargegend 18/II, 1929;
    A. Ruppersberg, Die Kranenges. in Saarbrücken, in: Mitt. d. Westdt. Ges. f. Fam.kde. 6, Saar-Sonder-H., 1929, Sp. 66 ff.;
    F. Hellwig, Der Kampf um d. Saar 1860–70, 1934;
    ders., Die Saarwirtsch. u. ihre Organisation seit d. Errichtung d. IHK z. Saarbrücken 1863/64, 1939;
    H. C. Scheibler u. K. Wülfrath, Westdt. Ahnentafeln I, 1939;
    J. Bellot, 100 J. pol. Leben an d. Saar unter preuß. Herrschaft (1815–1918), 1964;
    E. Gruner, Ein Streifzug durch d. alte Cristallerie Wadgassen, in: Keramos, Werkzs. v. Villeroy & Boch (Mettlach) 3, 1968, S. 8-12;
    H. Klein, Ein Verz. d. Industrie-, Gewerbe- u. Handelsbetriebe … d. Handelskammerbez. Saarbrücken v. J. 1871, in: Zs. f. d. Gesch. d. Saargegend 21, 1973, S. 93 ff.

  • Porträts

    Ölgem., 1860 (vormals Saarbrücken, Hist. Ver. f. d. Saargegend).

  • Autor/in

    Fritz Hellwig
  • Zitierweise

    Hellwig, Fritz, "Karcher, Eduard" in: Neue Deutsche Biographie 11 (1977), S. 144-145 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd137713681.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA