Lebensdaten
1886 – 1953
Geburtsort
Beckingen-Saar
Sterbeort
Beckingen-Saar
Beruf/Funktion
Schraubenfabrikant
Konfession
evangelisch?
Normdaten
GND: 137713649 | OGND | VIAF: 81861885
Namensvarianten
  • Karcher, Bodo
  • Carcher, Bodo

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Zitierweise

Karcher, Bodo, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd137713649.html [24.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Fritz (1845–1925), Kleineisenfabrikant in B., GKR, S d. Landger.präs. Philipp Gustav (1813–1901) u. d. Melinka Böcking;
    M Anna (1854–1918), T d. Robert Schmidtborn (1824–93), Glasfabr. in Friedrichsthal-Saar. u. d. Caroline Korn;
    Ur-Groß-Ov Heinrich Böcking ( 1862), Industrieller u. Politiker (s. NDB II);
    Ov Guido (1844–1905), Admiral, zuletzt bis 1899 Chef d. Nordseeflotte (s. L);
    Schw Elisabeth (1875–1961, Gen.oberst Wilhelm Heye, 1947, s. NDB IX);
    - Anna Kayser;
    2 S (⚔), 2 T;
    N Fritz-Henning (* 1911), Dr., Geschäftsführer d. Karcher Schraubenwerke GmbH, in B. 1948–75.

  • Biographie

    Nach dem Studium des Maschinenbaus in München und Abschluß als Diplom-Ingenieur wurde K. 1913 Geschäftsführer der von seinem Vater geleiteten Schraubenwerke Fr. Karcher, C. Roth & Cie m. b. H. in Beckingen-Saar. Die Firma war aus einer 1869 gegründeten Fabrik für Kleineisenwaren (Hetzler & Kolb) hervorgegangen. K.s Vater hatte sie 1885 mit der finanziellen Hilfe seines Schwiegervaters Schmidtborn und seines Vetters Carl Ferdinand Stumm von den Gründern erworben und dann zwei Jugendfreunde, die in Saarbrücken unter der Firma Roth & Schüler ein ähnliches Unternehmen betrieben, beteiligt. Das Beckinger Werk, das seit der Jahrhundertwende mit etwa 1 000 Beschäftigten Handelsschrauben und Sonderartikel für den Bau von Landwirtschaftsmaschinen erzeugte, bildete einen auch durch seine sozialen Leistungen bemerkenswerten wirtschaftlichen Schwerpunkt in einem früheren ländlichen Notstandsgebiet.

    K. kehrte 1917 aus dem Kriege zurück und übernahm 1918 die alleinige Geschäftsführung der Firma. Bald danach sah er sich grundlegenden Veränderungen der Lebensbedingungen des Werkes gegenüber, bedingt durch die Unterstellung des Saargebiets unter die Verwaltung des Völkerbunds und die Verbindung mit dem französischen Zoll- und Währungsgebiet (Saar-Statut im Vertrag von Versailles). Der für 1925 vorgesehenen Abtrennung des Saargebiets vom deutschen Zollgebiet begegnete K. durch die Errichtung (1921–23) eines Tochterwerks, der Süddeutschen Schraubenwerke GmbH, in Waiblingen (Württemberg). Das mit rund 600 Beschäftigten arbeitende Werk wurde führend in der technischen Entwicklung und nahm 1935 die Fertigung hochfester Schrauben unter Verwendung von Spezialstählen auf. An der Saar galt es, die drohende französische Kapital-Überfremdung zu vermeiden; es gelang K., den Druck durch Einräumung einer 40prozentigen Beteiligung an die freundschaftlich verbundene Gebrüder Stumm GmbH. abzuwehren, die allerdings ihrerseits für einige Jahre eine französische Beteiligung aufnehmen mußte. Der 2. Weltkrieg brachte für das Werk in Beckingen, das unmittelbar im Gelände des Westwalls lag, die zweimalige Evakuierung der Maschinen-Einrichtung nach Waiblingen und endete mit der nahezu völligen Zerstörung der Anlagen. Der von K. betriebene Wiederaufbau mußte der abermaligen Veränderung in der wirtschaftlichen Stellung des Saarlandes – Eingliederung in die französische Wirtschafts- und Währungsunion – Rechnung tragen. Beckingen belieferte den örtlichen und den französischen, Waiblingen den deutschen Markt. Die Entwicklung immer höherer Qualitäten nahm ihren Fortgang, vor allem für den Schrauben-Bedarf der Automobilindustrie („Karro-Schraube“).

    Während der Völkerbundsverwaltung gehörte K. der Handelskammer zu Saarbrücken an, als deren Präsident (1933–37) er Eingriffe der Regierungskommission des Völkerbunds in die vom Saar-Statut garantierte Selbstverwaltung abzuwehren hatte. In die Zeit seines Vorsitzes fielen die wesentlichen Vorarbeiten der Handelskammer für die wirtschaftliche Rückgliederung des Saargebiets 1935. Trotzdem wurde K. von dem Reichskommissar für die Rückgliederung des|Saarlandes Ende 1937 seines Amtes enthoben. In seinen letzten, von schweren körperlichen Leiden gezeichneten Lebensjahren war er im frankophilen Saarstaat politisch nachtlos, blieb aber als einer der „Stillen im Lande“ ein oft um Rat gefragter Hüter der deutschen Sache.

    Unter der Leitung von K.s Neffen Fritz-Henning Karcher meisterte die Firma die erneute Umstellung bei der politischen und wirtschaftlichen Angliederung des Saarlands an die Bundesrepublik Deutschland, (1957, beziehungsweise 1959), geriet aber durch die Ende der 50er Jahre zur Mehrheit aufgestockte Beteiligung der Gebrüder Stumm GmbH. 1974/75 in den Strudel der Schwierigkeiten des Stumm-Konzerns, der das Unternehmen 1975 an den luxemburger Arbed-Konzern verkaufte, womit auch die Familie Karcher aus dem Kreis der Gesellschafter und aus der Geschäftsführung ausschied.

  • Literatur

    Die Dt. Industrie, Festgabe z. 25j. Regierungsjubiläum Wilhelms II., 1913, I, 4, S. 24;
    Karcher, Roth & Cie., in: W. Bredehorn, Handel u. Industrie im Saargebiet, 1924, S. 276 f.;
    H. Kell, Gesch. d. Kr. Merzig, 1925, S. 311 ff.;
    F. Hellwig, Die Saarwirtsch. u. ihre Organisationen seit d. Errichtung d. IHK zu Saarbrücken 1863/64, 1939;
    H. Rehm, Tradition verpflichtet, Das Saarland, 1954, S. 242-47;
    F.-H. Karcher (N), 100 J. Karcher Schraubenwerke GmbH, 1969;
    Rhdb. - Zu Ov Guido:
    Norddt. Allg. Ztg., 1905, Nr. 305.

  • Porträts

    Ölgem. v. J. Schütz, um 1935 (Beckingen, Fam.-bes.).

  • Autor/in

    Fritz Hellwig
  • Zitierweise

    Hellwig, Fritz, "Karcher, Bodo" in: Neue Deutsche Biographie 11 (1977), S. 143-144 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd137713649.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA