Wittig, Joseph
- Dates of Life
- 1879 – 1949
- Place of birth
- Neusorge bei Schlegel (Schlesien, Gfsch. Glatz, heute Nowa Ruda, Polen)
- Place of death
- Göhrde-Forst
- Occupation
- katholischer Theologe ; Publizist ; religiöser Volksschriftsteller ; Schriftsteller ; Kirchenhistoriker
- Religious Denomination
- katholisch
- Authority Data
- GND: 118634348 | OGND | VIAF: 8180743
- Alternate Names
-
- Wittig, Joseph
- Wittig, Josef
- Wittig, Józef
- Wittig, Józeph
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Wittig, Joseph
| katholischer Kirchenhistoriker, religiöser Volksschriftsteller, * 22.1.1879 Neusorge bei Schlegel (Schlesien, Gfsch. Glatz, heute Nowa Ruda, Polen), † 22.8.1949 Göhrde-Forst, ⚰Meschede (Westfalen).
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Genealogy
V →Eduard (1837–1901), aus Sch., Zimmermann, Fabr.arb. in Walditz (Włodowice, Nowa Ruda);
M Johanna (1844–1920/21), aus Sch., T d. Josef Joachim Strangfeld (1803–1861), aus Sch., u. d. Anna Maria Johanna Kintscher (1800–1881), aus Sch.;
1 älterer B, 4 ältere Schw; - ⚭ Schlegel 1927 →Bianca (Anca) (1899–1998, s. BBKL 15; L), T d. →Hugo Geisler († 1936?), aus Heinzendorf (Kr. Wohlau, Schlesien), Referendar in Berlin, 1896–1932 Bgm. v. Habelschwerdt;
3 S (1 früh †) →Johannes Raphael (1929–2001), Dr. med., Internist in Mainz, →Christoph Michael († 1937), Dr. rer. nat., Prof. an d. TH Darmstadt, 1 T Bianca Maria Schnee (* 1931, ⚭ →Adolf Prinz, Dr. med., in Soest). -
Biography
W. besuchte seit 1893 das St.-Matthias-Gymnasium in Breslau. Im Anschluß an das Abitur 1899 studierte er hier kath. Theologie, wurde 1903 zum Dr. theol. promoviert und zum Priester geweiht. Nach kurzem Einsatz als Kaplan in Lauban verbrachte er einen zweijährigen Forschungsaufenthalt als ksl. Stipendiat am Campo Santo Teutonico in Rom, habilitierte sich 1909 in Breslau für Kirchengeschichte und wurde hier zum Extraordinarius, 1915 als Nachfolger seines Lehrers und Förderers →Max Sdralek (1855–1913) zum Ordinarius für Kirchengeschichte, Patrologie und kirchliche Kunst ernannt.
Neben fachwissenschaftlichen Arbeiten publizierte W. (populär-)religiöse, z. T. bis heute neuaufgelegte Beiträge, in denen er seiner Leserschaft in Erlebnisschilderungen narrativ, aber theologisch fundiert, Wahrheiten des Glaubens zu erschließen suchte. In seinem Aufsatz „Die Erlösten“, der 1922 in →Carl Muths (1867–1944) des „Modernismus“ verdächtigten Zeitschrift „Hochland“ erschien (19, H. 2, S. 1–26), trat er für ein österliches, frohes Christentum ein, das im Vertrauen auf die göttliche Gnade Überbetonung der Sündenangst und skrupulöse Beicht- und Bußpraxis überwindet. Von der „Hochland-Gemeinde“ begeistert aufgenommen, riefen die Ausführungen massive Kritik neuscholastischintransingenter Kreise hervor, die W. verdeckt bei seinem Bischof und in Rom denunzierten. W.s Gegner waren v. a. der Münchner Nuntius →Eugenio Pacelli (1876–1958), der W. in einem Bericht an den Kardinalstaatsekretär einen prot. Kirchenbegriff unterstellte, und der Churer Bf. →Georg Schmid v. Grüneck (1851–1932), der dem Breslauer Fürstbf. →Adolf Kard. Bertram (1859–1945) nahelegte, W. die venia legendi zu entziehen, d. h. ihm die akademische Lehrtätigkeit zu verbieten. 1923 lieferte W. zwei bereits anderweitig publizierte, kirchlich unbeanstandet gebliebene Beiträge für das in einem ev. Verlag erscheinende Sammelwerk „Kirche und Wirklichkeit, Ein katholisches Zeitbuch“ des kath. Journalisten →Ernst Michel (1889–1964), in denen er u. a. über „Das allgemeine Priestertum [der Laien]“ handelte. Auf Anzeige von Pacelli wies Kardinalstaatssekretär Pietro Gasparri – im Mißverständnis, der ganze Band stamme von W. – per Reskript vom 17.10.1923 Kard. Bertram an, dem Verfasser eine „grave ammonitione“ zu erteilen, weil dieses Werk bei einem „editore protestante“ und ohne kirchliche Druckerlaubnis (Nihil obstat)|erschienen sei. Die Affäre erregte großes öffentliches Aufsehen, so daß W.s Vorlesungen starken Zulauf erhielten, allerdings kath. Verlage W.s Schriften nicht mehr verlegten, um keine Konflikte mit kirchlichen Zensurbehörden zu riskieren.
Ende Nov. 1924 zeigte der von Kard. Bertram abgewiesene Schmid v. Grüneck W. bei →Pius XI. persönlich an und forderte dessen Zensurierung; der Jesuitengeneral →Wladimir Ledóchowski zog mit entsprechenden Anklagen nach. Das Sanctum Officium setzte daraufhin W.s „opera et scripta religiosobelletristica“ auf den Index der verbotenen Bücher, untersagte ihm weiteres Publizieren und verpflichtete ihn zur erneuten Ablegung des Tridentinischen Glaubensbekenntnisses und des Antimodernisteneids. W., seit dem Wintersemester 1925/26 auf eigenen Antrag beurlaubt, ließ sich auf Drängen Kard. Bertrams mit Wirkung vom 1.4.1926 als Professor emeritieren. Da er sich weigerte, die genannten Eide zu wiederholen und sich der pauschalen Verurteilung seiner erzählerischen Schriften zu unterwerfen, verfiel er mit Wirkung vom 1.6.1926 der Exkommunikation.
W. zog sich in seine Glatzer Heimat zurück, baute auf väterlichem Grund in Neusorge bei Schlegel ein Haus und heiratete. Während viele Freunde diesen Schritt mißbilligten, hielten ihm Muth, Michel und der ev. Rechtshistoriker →Eugen Rosenstock-Huessy (1888–1963), der ihm 1926 die Apologie „Religio depopulata, Zu Josef Wittigs Ächtung“ gewidmet hatte, die Treue. Neue Freunde wie die liberal-prot. Theologen →Martin Rade (1857–1940) und →Hermann Mulert (1879–1950) sowie der jüd. Denker Martin Buber (1878–1965) bestärkten W. in seinem literarischen Schaffen.
Als Reaktion auf den Tod seines erstgeborenen Sohns wenige Tage nach der Geburt verfaßte W. 1929 das Werk „Höregott, ein Buch vom Geiste und vom Glauben“. In der persönlichen Bekenntnisschrift legte er Rechenschaft über sein Leben ab und rechnete mit seinen Gegnern und ihrer neuscholastisch verengten Position ab. Seine Schriften, die zunehmend im Sinne der Una-Sancta-Bewegung ökumenisches Profil gewannen, publizierte er fortan in prot. Blättern und Verlagen.
Einladungen religiöser Gemeinschaften zum Übertritt lehnte er ab. Seit 1937 hielt er auf Einladung ev. Freunde Dichterlesungen in Leipzig, Berlin, Stettin und Schwerin. Anfangs noch mit dem NS-Regime und dessen völkischer Heilsmythologie sympathisierend, die er, politisch naiv, mit seinem an den Evangelien orientierten „bodenständigen“ Verständnis von Theologie verbinden zu können glaubte (Chron. d. Stadt Neurode, 1937; Toll-Annele will n. Albendorf u. andere Geschichten, 1938), wurde sich W. seines verhängnisvollen Irrtums bewußt und distanzierte sich völlig. 1940, endgültig 1942 wurde er mit Publikationsverbot belegt.
Seit 1943 gesundheitlich angeschlagen, richtete W. 1944 und Anfang 1945 Rekonziliationsgesuche an Kard. Bertram. Dessen Vorbedingung, Haus, Frau und Kinder zu verlassen, lehnte er ab. Gleichwohl wurde er in den Wirren nach Kriegsende vom poln. Bistumsverweser →Augustyn Kard. Hlond (1881–1948) unter mysteriösen Umständen (per Telegramm) von der Exkommunikation befreit und am 9.3.1946 zusammen mit seiner Frau rekonziliiert. Kurz darauf mußte W. mit seiner Familie Schlesien verlassen. Es verschlug ihn nach Altena (Westf.), dann weiter nach Göhrde (Lüneburger Heide). Hier vollendete er sein letztes Werk, seine zweite Bekenntnisschrift „Roman mit Gott, Tagebuchblätter der Anfechtung“ (postum 1950) mit Rückblicken auf sein Leben, durchsetzt von theologischen Reflexionen, voll Groll gegen Kard. Bertram und mit Verehrung für Papst Pius XII., dessen verdeckte Gegnerschaft als Nuntius W. unbekannt geblieben war.
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Awards
|J.-W.-Haus, Neusorge (seit 1997 Gedenkstätte u. Mus.).
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Works
|Papst Damasus I., Qu.krit. Stud. zu seiner Gesch. u. Charakteristik, 1902;
Die altchristl. Skulpturen im Mus. d. dt. Nat.stiftung am Campo Santo in Rom, 1906;
Das Papsttum, Seine weltgeschichtl. Entwicklung u. Bedeutung in Wort u. Bild dargest., 1913;
G. Rauschen, Grundriß d. Patrol. mit bes. Berücksichtigung d. Lehrgehalts d. Väterschrr., neu bearb. v. J. W., 6/7 1921;
Das Alter d. Kirche, Kap. u. Akten, 3 Bde., 1927, Nachdr. neu hg. v. F. Herrenbrück u. M. Gormann-Thelen, 1998 (mit E. Rosenstock-Huessy;
in Bd. III: Akten u. Gutachten z. „Fall W.“);
G. Pachnicke (Hg.), J. W., Kraft in d. Schwachheit, Briefe an Freunde, 1993;
– Bibliogr.: H.-L. Abmeier, Verz. d. Veröff. v. J. W. († 1949), in: Archiv f. schles. KGesch. 34, 1976, S. 93–122;
– lit. Nachlaß: J.-W.-Archiv in d. Gemeinsamen Bibl. d. Fachbereiche Ev. u. Kath. Theol. d. Univ. Frankfurt/M. -
Literature
|L. Wolf (Hg.), J. W., Sein Leben, Wesen u. Wirken, 1925, v. a. S. 7–61 u. S. 227–93;
Th. Kampmann u. R. Padberg, Der Fall J. W. fünfzig J. danach, 1975;
J. Köhler (Hg.), J. W.-Briefe, in: Archiv f. schles. KGesch. 37, 1979, S. 65–105;
ders. (Hg.), J. W., Hist., Theol., Dichter, 1980;
C.-P. Klusmann u. N. Keller (Hg.), J. W., Die Erlösten, Text u. Dok., ²1980;
Anca Wittig, Nach schweren Zeiten wieder Freude u. Geborgenheit in d. Kirche (Lebensber.), in: Diakonia, Internat. Zs. f. d. Praxis d. Kirche 18, H. 1, Jan. 1987,|S. 37–40;
O. Weiß, Der Modernismus in Dtld., Ein Btr. z. Theol.gesch., 1995, v. a. S. 514–42;
H. Wolf (Hg.), Antimodernismus u. Modernismus in d. kath. Kirche, 1998, v. a. S. 299–322;
J. Hainz (Hg.), Abschied v. Gott d. Theologen, Zum Gedenken an J. W. (1879–1949), fünfzig J. n. seinem Tod, Dok., 2000, v. a. S. 34–60;
S. Kleymann, „… u. lerne, v. dir selbst im Glauben zu reden.“, Die autobiogr. Theol. J. W.s (1879–1949), 2000;
M. Weitlauff, Kirche zw. Aufbruch u. Verweigerung, hg. v. F. X. Bischof u. M. Ries, 2001, v. a. S. 388–460 u. S. 498–544;
ders., in: BBKL 41 (W, L);
H. Wolf u. C. Arnold (Hg.), Der Rhein. Reformkr., 2 Bde., 2001, v. a. Bd. 2, S. 173–87 (Briefe v. u. an W.);
H. Wolf u. K. Unterburger (Bearb.), Eugenio Pacelli, Die Lage d. Kirche in Dtld. 1929, 2006;
J. Köhler, in: Schles. Kirche in Lb. VII, 2006, S. 375–81 (P);
K. Unterburger, Gefahren, d. der Kirche drohen, Eine Denkschr. d. Jesuiten Augustinus Bea aus d. J. 1926 über d. dt. Katholizismus, 2011;
ders., Roman mit Gott? Die Verurteilung u. Exkommunikation d. schles. Kirchenhist. u. Schriftst. J. W. (1879–1949) im Licht d. neu zugängl. vatikan. Qu., in: Archiv f. schles. KGesch. 70, 2012, S. 199–224;
J. Hainz (Hg.), W. u. Michel in d. Zeit d. NS, 2013, v. a. S. 49–73;
Schles. Lb. VIII;
Personenlex. Christl. Archäol. (W, L, P);
LThK2+3;
RGG⁴;
Killy;
Kosch, Lit.-Lex.³ (W, L) BBKL 42 (W, L). -
Author
Manfred Weitlauff -
Citation
Weitlauff, Manfred, "Wittig, Joseph" in: Neue Deutsche Biographie 28 (2024), S. 346-348 [online version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118634348.html#ndbcontent