Wittke, Wilhelm
- Lebensdaten
- 1884 – 1943
- Geburtsort
- Saarlouis
- Sterbeort
- Dillingen/Saar
- Beruf/Funktion
- Industrieller ; Verbandsvorsitzender
- Konfession
- evangelisch
- Namensvarianten
-
- Wittke, Carl Wilhelm Adolf
- Wittke, Wilhelm
- Wittke, Carl Wilhelm Adolf
- Wittke, Carl Wilhelm Adolph
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Wittke, Carl Wilhelm Adolf
| Industrieller, Verbandsvorsitzender, * 24.12.1884 Saarlouis, † 3.1.1943 Dillingen/Saar, ⚰ Dillingen/Saar (aufgelöst). (evangelisch)
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Genealogie
V →Friedrich Wilhelm (* 1858), Sergeant im 4. rhein. Inf.rgt. in S., Eisenbahnassistent, S d. →Carl Wilhelm († v. 1882), Stellenbes. u. Schuhmacher in Kamöse (Schlesien), u. d. Anna Rosine Frit(z)sche († n. 1882);
M Anna (* 1858), T d. →Friedrich Praneuf († v. 1882), Friseur in Köln, u. d. Helene Det(t)mer († n. 1882);
Ov →Carl Wilhelm (1843–1914), zuletzt in Elmdale, Morrison (Minnesota, USA);
B Friedrich Wilhelm Julius (* 1882), Friedrich Wilhelm Karl (* 1887);
– ⚭ Annemarie (1893–1942), T d. →Karl Bamberg (1848–1915), Dr. med., sächs. Sanitätsrat, Heimatforscher in Lockwitz (Sachsen), Mitgl. d. Gde.rats ebd., u. d. Anna Zietzschmann (1858–1931);
mind. 2 S →Wilhelm (1917–82), Kaufm., Rudolf (1921–42);
Schwager →Karl Franz Bamberg (1881–1966), Dr. med., sächs. Sanitätsrat, Schwägerin Anna Katharina Bamberg (* 1884, ⚭ →Carl Schmeil, 1881–1960, Dir., Dr. h. c., s. H. Maier, Chemiker im „Dritten Reich“, 2015). -
Biographie
W. begann nach der Schulzeit seine berufliche Laufbahn 1908 als Buchhalter im „Sachsenwerk, Licht- und Kraft-AG“ in Niedersedlitz. Nach dreijähriger Unterbrechung wegen des überwiegend hinter der Front geleisteten Kriegsdiensts setzte er 1917 seine Tätigkeit für das Sachsenwerk fort. 1918 wurde er Prokurist, 1920 stellv. Direktor, 1924 stellv. und 1928 o. Vorstandsmitglied des Unternehmens, 1931 stellv. Mitglied des Aufsichtsrats.
Seit 1924 engagierte sich W. im mittelständisch strukturierten „Verband Sächsischer Industrieller“ (VSI) als Vorsitzender des Sozialpolitischen Ausschusses, ab 1925 auch als steuerpolitischer Sprecher. 1926 übernahm er den Vorsitz des Landesausschusses sächs. Arbeitgeberverbände. Er setzte sich kompromißlos ein für steuer- und sozialpolitische Entlastungen zugunsten der Unternehmerschaft und wurde 1928 zum Vorsitzenden des VSI gewählt, dem mit über 4000 Mitgliedern einflußreichsten Unternehmerverband Sachsens.
In seinem neuen Amt hielt W. an seinen autoritären wirtschafts- und sozialpolitischen Positionen und seiner radikalen Rhetorik fest.
Auf der finanz- und steuerpolitischen Fragen gewidmeten außerordentlichen Mitgliederversammlung des „Reichsverbands der Deutschen Industrie“ (RDI) im Dez. 1929 forderte er ein „Ermächtigungsgesetz“, falls das Parlament den Erwartungen aus der Wirtschaft nicht gerecht werde, die Unternehmen steuerlich zu entlasten. 1930 opponierte er innerhalb des RDI mit Vertretern der Schwerindustrie gegen Gespräche mit den Gewerkschaften, die von Teilen der RDI-Spitze mit dem Ziel der Lösung der wirtschaftspolitischen Probleme auf parlamentarisch-demokratischem Weg befürwortet wurden. 1931 wurde W. in den Wirtschaftsbeirat der Reichsregierung berufen, spielte dort allerdings keine aktive Rolle. Kontakte zur NSDAP hielt er ab 1930 für richtig, blieb persönlich aber auf Distanz, weil er die seiner Meinung nach sozialistisch-kollektivistischen und staatsinterventionistischen Positionen der Partei ablehnte; 1933 zog er wegen dieser reservierten Haltung die Kritik der NSDAP-Anhänger im VSI auf sich. 1934 aufgrund angeblicher finanzieller Unregelmäßigkeiten verhaftet, wurde W. nach fünf Monaten ohne Anklage entlassen; sein Amt als VSI-Vorsitzender erhielt er jedoch nicht zurück. Für die Haftzeit wurde er 1936 entschädigt und dank einer Intervention →Hjalmar Schachts (1877–1970) vorübergehend bei der Reichsbank beschäftigt.
In sächs. Wirtschaftskreisen ohne kollegialen Rückhalt und berufliche Perspektive, wechselte W. 1937 als Generaldirektor und Vorstandsvorsitzender zur „Dillinger Hütte“ ins Saargebiet. Weitere Posten kamen hinzu, u. a. der Aufsichtsratsvorsitz bei der „Deutschen Effecten- und Wechselbank“, der „Doggererz AG“ (1939–1942) und der „H. Fuchs Waggonfabrik“; er wurde auch stellv. Vorsitzender der Bezirksgruppe Südwest der Wirtschaftsgruppe Eisen schaffende Industrie.
Als scharfer Kritiker der Weimarer Demokratie erlangte W. reichsweite Bekanntheit. Er repräsentierte jene Kräfte in der dt. Industrie und Verbandslandschaft, die als mittelständische Unternehmer fürchteten, zwischen Großindustrie und Arbeiterbewegung zerrieben zu werden, und die überzeugt waren, ihre wirtschaftlichen Interessen nur in Konfrontation gegen die Gewerkschaften und mit Hilfe eines autoritären, gleichwohl die privatwirtschaftliche Sphäre respektierenden Staates durchsetzen zu können.
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Werke
|Pol. d. Arb.losigkeit, Vortr. auf d. Tagung d. Landesausschusses Sächs. Arb.geberverbände, Dresden, 17.10.1929;
Treu u. Glauben in d. Krise, 1932. -
Literatur
|Dt. Bergwerks-Ztg. Nr. 6 v. 8.1.1943, S. 2 (Nekrolog);
R. Neebe, Großind., Staat u. NSDAP 1930–1933, 1981;
J. Adolph, Der VSI-Vors. W. W., in: U. Heß u. M. Schävsifer (Hg.), Untern. in Sachsen, 1998, S. 181–92;
C.-Ch. Szejnmann, Sächs. Untern. u. d. Weimarer Demokratie, ebd., S. 165–79;
325 J. Dillinger Hütte, Bd. Menschen, 2010, S. 63–65 (P);
W.-I. Seidelmann, „Eisen schaffen f. d. kämpfende Heer!“, 2016;
– Internet: Saarland Biogrr. -
Autor/in
Werner Bührer -
Zitierweise
Bührer, Werner, "Wittke, Carl Wilhelm Adolf" in: Neue Deutsche Biographie 28 (2024), S. 348-349 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/sfz142921.html#ndbcontent