Lebensdaten
1811 – 1889
Geburtsort
Dessau
Sterbeort
Bonn
Beruf/Funktion
Zeitungsherausgeber ; Schriftsteller ; Rabbiner ; jüdischer Theologe
Konfession
jüdisch
Normdaten
GND: 116176288 | OGND | VIAF: 39529223
Namensvarianten
  • Philippson, Ludwig
  • Filipson, L.
  • Filipson, Yehudah Ludṿig ben Mosheh
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Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Philippson, Ludwig, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd116176288.html [19.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Moses (1775–1814), aus Sandersleben, Päd., Schriftst, u. Verl.;
    M Marianne Levi-Wust (1785–1849), aus D.; B Phöbus Moritz (1807–70), Dr. med., Arzt in Klötze;
    1) Juliane (Jula) Wolffstein (1815–43), aus Osterburg, 2) Mathilde (1822–91), aus Halberstadt, T d. Moses Hirsch (1787–1850), u. d. Fanny Magnus (1795/97-1869);
    5 S u. a. Martin (s. 2), Alfred (s. 3), Joseph (1849–79), Franz (1851–1929), Bankier in Brüssel (s. Fam.art.),|4 T u. a. Johanna Rahel (1837–1922, Dr. Tobias Cohn, 1820-1902 oder 1826-1904, Rabbiner in Potsdam), Bertha (1839–1931, Dr. Meyer Kayserling, 1829–1905, Rabbiner in Budapest, Hist., s. NDB XI), Rosalie (1840–63, Louis Wiesenthal, 1901).

  • Biographie

    P. wuchs in Dessau auf, besuchte das Gymnasium in Halle und absolvierte seit 1829 ein Studium an der Univ. Berlin, wo er u. a. die Vorlesungen von Boeckh, Hegel und Savigny hörte. In Jena promoviert, wurde er 1833 als Lehrer und Prediger der jüd. Gemeinde Magdeburg berufen, die ihn 1839 zu ihrem Rabbiner ernannte. Während seiner fast drei Jahrzehnte dauernden Dienstzeit setzte sich P. für eine gemäßigte Reform der religiösen Institutionen ein, bis ihn 1862 ein Augenleiden zwang, sein Gemeindeamt niederzulegen. Seinen Lebensabend verbrachte er in Bonn.

    P. gehörte zu einer neuen, akademisch gebildeten Rabbinergeneration, deren Engagement für die Interessen der konfessionellen Gemeinschaft häufig weit über die Grenzen des eigenen Sprengels hinausreichte. Er war ein Vielschreiber, der nicht nur die jüd. Theologie, Religionsgeschichte, Apologetik, Katechetik, Liturgie und Homiletik zum Thema zahlreicher Veröffentlichungen machte, sondern sich nebenher auch als Poet, Schauspieldichter und Romanschriftsteller versuchte. Überdies gab P. mehrere Periodika heraus, unter denen sich die 1837 begründete „Allgemeine Zeitung des Judenthums“ den Rang als einflußreichste deutsch-jüd. Zeitschrift erwarb. 1854 initiierte er das „Institut zur Förderung der israelit. Literatur“, das fast zwei Jahrzehnte bestand und während dieser Zeit die Publikation zahlreicher wissenschaftlicher und belletristischer Werke ermöglichte. P. trat außerdem als Übersetzer und Kommentator der Bibel hervor. 1862 rief er die „Israelitische Bibelanstalt“ ins Leben, deren preiswerte Ausgaben der Heiligen Schrift unter den deutschen Juden weite Verbreitung fanden.

    P. zählte nicht zu den großen jüd. Gelehrten seiner Zeit, doch besaß er die Fähigkeit zu populärer Darstellung. Obendrein bewies er außerordentliches organisatorisches Geschick, das er nicht nur bei seinen literarischen Unternehmungen zu nutzen wußte, sondern auch einsetzte, um überregional einer Modernisierung des Judentums den Weg zu bahnen. Seine Leistungen auf diesem Gebiet riefen immer wieder konservative Kritiker auf den Plan, die aber anerkennen mußten, daß sich P. politisch um die Emanzipation der preuß. Juden verdient machte.

  • Werke

    Die Entwicklung d. rel. Idee im Judenthume, Christenthume u. Islam, 1847;
    Die israelit. Bibel mit dt. Kommentar, 1839-54;
    Die israelit. Rel.lehre, 3 Bde., 1860-65;
    Ges. Abhh., 2 Bde., 1911.

  • Literatur

    ADB 53;
    M. Kayserling, L. P., Eine Biogr., 1898 (P): M. Philippson, in: Jb. f. jüd. Gesch. u. Lit. 14, 1911, S. 84-108;
    J. Feiner, L. P., Sein Leben u. sein Werk, 1912 (P);
    J. Philippson, L. P. u. d. Allg. Ztg. d. Judentums, in: H. Liebeschütz u. A. Paucker (Hg.), Das Judentum in d. dt. Umwelt, 1977, S. 243-91;
    H. O. Horch, „Auf der Zinne d. Zeit“, L. P. (1811-1889), der „Journalist“ d. Reformjudentums, in: Bull. d. Leo Baeck Inst. 86, 1990, S. 5-21;
    N. D. Shargel, L. R, The Rabbi as Journalist, Diss. New York (Jewish Theological Seminary) 1990;
    K. Gutzmer (Hg.), Die Philippsons in Bonn, 1991 (P);
    Ch. D. Lippe's bibliogr. Lex. d. gesammten jüd. Lit. d. Gegenwart, 1881, S. 362-65 (W-Verz.).

  • Autor/in

    Andreas Brämer
  • Zitierweise

    Brämer, Andreas, "Philippson, Ludwig" in: Neue Deutsche Biographie 20 (2001), S. 397-398 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd116176288.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Philippson: Ludwig Ph., Dr., hervorragender Theologe und Publicist, geboren am 28. December 1811 zu Dessau, am 29. December 1889 in Bonn. Ph., der frühzeitig schon seinen gelehrten Vater Moses (geboren am 9. Mai 1775 in Sundersleben, am 20. April 1814 in Dessau) verlor, bezog nach Absolvirung der Gymnasialstudien in seiner Vaterstadt die Universitäten Halle und Berlin. 1830 erlangte er in Berlin auf Grund seiner Dissertation: „De internarum humani corporis partium cognitione Aristotelis cum Platonis sententia comparata“ die philosophische Doctorwürde. Dieser Arbeit folgte bald als zweiter Theil: „Philosophorum veterum usque ad Theophrastum doctrina de sensu“. Schon früher erschienen von ihm (bei J. A. Liszt): Ezechiels', des jüdischen Trauerspieldichters „Auszug aus Aegypten“ und Philo des Aelteren „Jerusalem“ nach ihren Fragmenten herausgegeben, übersetzt und erklärt, denen sich dann (Berlin 1832): „Podalirius, oder über Aristoteles als Naturforscher und Arzt“ und: „Benedict Spinoza's Leben und Charakter“ anreihten. Reiches historisches Wissen bekundete Ph. in seinem 1832 erschienenem Buche: „Wie verloren die Juden das Bürgerrecht in Ost- und Weströmischen Reiche“. 1833 erhielt Ph. einen Ruf als Lehrer und Prediger an die Synagogengemeinde nach Magdeburg, der er dann bis zu seinem Abgange nach Bonn 1862 als Rabbiner vorstand. Philippson's Auftreten als moderner jüdischer Theolge und Publicist fällt in eine für die Geschichte der Juden nach innen und außen reichbewegte Zeit und entfaltete er, durch seine Thätigkeit als eifriger Wortführer für die Rechte der Juden und für den Fortschritt im Judenthum, eine reichgesegnete Wirksamkeit. 1837 begründete Ph. die noch heute bestehende „Allgemeine Zeitung des Judenthums“, in welcher besonders die Einheit der Israeliten in ihrem Kampfe für bürgerliche und gesellschaftliche Gleichstellung zu Ausdruck kam und für Bildung und Aufklärung der Juden Großes geleistet wurde. Ph. trat mit Eifer und Schlagfertigkeit besonders für die Emancipation der Juden in Preußen und Deutschland ein. Auf seine Anregung haben Vertreter der jüdischen Gemeinden, durch persönliche Vorstellung beim Könige Friedrich Wilhelm IV. (1842) es bewirkt, daß von der damals beabsichtigten Ausschließung der Juden von der allgemeinen Wehrpflicht Abstand genommen wurde und auch andere in Aussicht genommene Beschränkungen unterblieben. 1856 (vgl. Der Kampf der Preußischen Juden für die Sache der Gewissensfreiheit) bewirkte Ph., daß 270 Gemeinden Verwahrung gegen den vom Abgeordneten Wagner im Landtage eingebrachten Antrag auf Streichung des Paragraphen 5 der Verfassung, nach welchem die Ausübung staatsbürgerlicher Rechte vom Glaubensbekenntniß unabhängig ist, mit Erfolg einlegten. 1862 richtete Ph. ein Sendschreiben als Widerlegung an den damaligen Unterrichtsminister in Preußen, Bethmann-Hollweg, der in offener Sitzung gegen die Juden den Vorwurf erhob, daß sie verfolgungssüchtig seien. Aber auch für die Rechte der Juden im Auslande trat Ph. mit Eifer ein. So verwandte er sich beim Pariser Congresse für die Gleichstellung der Juden im Türkischen Reiche, welche durch einen Ferman vom 21. Februar 1855 ausgesprochen wurde, und trat für die Cultusfreiheit der in Spanien wieder aufgenommenen Israeliten bei den Cortes ein, welche theilweise durch Beschluß vom 28. Februar 1855 gewährt wurde. In diese Kategorie seiner Wirksamkeit gehören auch seine Schriften: „Die Juden, ihre Bestrebungen und ihre Denuncianten“ (Magdeburg 1838) und: „Wie sich der Statistiker Staatsrath Hofmann verrechnet hat“ (1847); „Ansprache an die isr. Gemeinden Preußens“ (1847), „Zeitstimmen und Zeitstimmungen“ (1849).

    Ph. huldigte in den Frühjahren seiner theologischen Wirksamkeit der radicalen Richtung innerhalb der Reformbewegungen im Judenthum. So hat er den ersten Gottesdienst der Genossenschaft für Reform des Judenthums in Berlin, der später Hobelheim als Prediger angehörte, geleitet ("Predigten, gehalten beim ersten Gottesdienste der Genossenschaft für Reform des Judenthums zu Berlin"; „Drei Reden, nebst der Einleitungsrede zum Gottesdienste, gehalten von Dr. S. Stern“, Berlin 1895). An den von ihm angeregten Rabbinerversammlungen in Braunschweig, Frankfurt a. M. und Breslau (1844—1846) nahm er hervorragenden Antheil, an der Rabbinerversammlung in Kassel (1866) und an der Synode in Leipzig ("Zur Charakteristik der ersten jüdischen Synode“, Berlin 1849). Besonders eifrig trat er in Wort und Schrift für Veredlung des Gottesdienstes und für Hebung des jüdischen Religionsunterrichtes ein. Schon in den ersten Jahren seiner Wirkkamkeit trat Ph. für die Gründung einer jüdischen Hochschule ein und hatte er diesen von ihm angeregten Gedanken erst verwirklicht gesehen, als er bei Eröffnung der Lehranstalt für die Wissenschaft des Judenthums in Berlin (2. Mai 1872) die Festrede hielt. Ph. gründete eine Bibelanstalt und ein Institut zur Förderung der jüdischen Litteratur (1855), das er achtzehn Jahre im Vereine mit anderen hervorragenden Gelehrten leitete und dem wir die Veröffentlichung vieler werthvoller Schriften über Juden und Judenthum verdanken. Auch als Prediger und pädagogischer Schriftsteller entwickelte er eine große Thätigkeit und wirkte dadurch anregend und belehrend auf weite Kreise. Er gab ein: „Israelitisches Predigt- und Schulmagazin“ (3 Bände, Magdeburg 1834—1836; 2. Auflage Leipzig 1854) heraus; „Reden wider den Unglauben“ (Leipzig 1856); „Siloah“, eine Auswahl von Predigten (Leipzig 1844—1855); „Kleiner Katechismus der isr. Religion" (1845); „Kleiner Katechismus der isr. Geschichte und Liturgie“ (1846); „Israelitisches Gesangbuch, enthaltend deutsche Lieder und Melodien“ (Leipzig 1855); „Die israelitische Religionslehre ausführlich dargestellt" (3 Bände, 1860—1865); „Sechs Vorlesungen über die Resultate in der Weltgeschichte" (1860); „Neues israelitisches Gebetbuch" (1864): „Haben die Juden wirklich Jesum gekreuzigt?" (1865); „Die Religion der Gesellschaft und die Entwicklung der Menschheit zu ihr" (1866); „Weltbewegende Fragen“, erster Band: Politik, zweiter Band: Religion (1864, 1869); „Der Rath des Heils, eine Mitgabe für das ganze Leben an den isr. Confirmanden und an die isr. Confirmandin“ (Leipzig 1870); „Die Entwicklung der religiösen Idee im Judenthum, Christenthum und Islam“ (1878); „Die isr. Religionslehre, Lehrbuch für die oberen Classen der Mittelschulen und Gymnasien“ (1878).

    Besonders hervorzuheben wären noch seine Dramen und Novellen: „Die Entthronten“, Trauerspiel (1866); „Saron“ (6 Bände, Leipzig 1844—1855); „Sepphoris und Rom, historischer Roman aus dem vierten Jahrhundert" (1866); „Jacob Tirado, Roman aus dem 16. Jahrhundert“ (1867); „An den Strömen von Jahrtausenden, Erzählungen“ (1872, 1873). Weithin bekannt und populär wurde Ph. durch sein weitverbreitetes Werk: „Die israelitische Bibel, Urtext, deutsche Uebersetzung und Erläuterung mit mehr als 500 Holzschnitten und Einleitungen in die einzelnen Bücher“ (1839—1847), der dann viele Einzelausgaben für Synagoge, Schule und Haus folgten. Im J. 1871 veröffentlichte er ein „Gedenkbuch an den deutsch-französischen Krieg von 1870/71 für die deutschen Israeliten“. Aus seinem Nachlasse veröffentlichte sein inzwischen verstorbener Schwiegersohn, der gelehrte Dr. M. Kayserling, Rabbiner in Budapest, „Siloah“ (Neue Folge). Eine Auswahl von „Predigten von Dr. Ludwig Philippson. Aus dessen handschriftlichem Nachlasse (Leipzig, M. W. Kaufmann).

  • Autor/in

    Adolf Brüll.
  • Zitierweise

    Brüll, Adolf, "Philippson, Ludwig" in: Allgemeine Deutsche Biographie 53 (1907), S. 56-57 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd116176288.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA