Lebensdaten
1923 – 2010
Geburtsort
Budapest
Sterbeort
München
Beruf/Funktion
Ethnologe
Konfession
konfessionslos
Normdaten
GND: 118841076 | OGND | VIAF: 69057633
Namensvarianten
  • Vajda, László
  • vajda, laszló
  • Vajda, László
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Zitierweise

Vajda, László, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118841076.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Jenö (1898–1924), Dirigent in B.;
    M Vilma Molnár (Ps. Kata Molnár) (1900–65, 2] Rudolf Hoffmann, Geiger, Konzertmeister an d. Budapester Oper), Schriftst.;
    2 Halb-B (früh †);
    1) Budapest 1945 Edith Párkányi, 2) Budapest um 1951 (?) Judit Nyilasy, Schausp., 3) München 1959 Elisabeth (* 1932), Übers., T d. Heinz Schunck, Architekt, u. d. Grete N. N.;
    1 T Judith (* 1971), Kunsthist., Lektorin.

  • Biographie

    Aus einer musisch orientierten Familie stammend, maturierte V. 1941 an einem humanistischen Gymnasium der Piaristen in Budapest, studierte zunächst Zoologie in Budapest und wechselte aus Interesse an außereurop. Kulturen zur Volkskunde, gefördert von Gyula Ortutay (1910–78), dem späteren ungar. Kultusminister, und dem Ethnographen und Linguisten Károly Viski (1882–1945). Von prägendem Einfluß war der Altphilologe Károly Marót (1885–1963). Als Antifaschist entzog sich V. 1943 der Einberufung und war im Widerstand aktiv. In den Wirren der sowjet. Besetzung Ungarns entging er 1945 nur knapp einer Deportation nach Sibirien. 1947 wurde er im Fach Volkskunde mit einer Arbeit über rituelle Steinsetzungen in Afrika promoviert und war danach Kustos der außereurop. Sammlungen am Völkerkundemuseum in Budapest (bis 1956), 1948–56 lehrte er Ethnologie an der Universität. Zu seinen Schülern zählten u. a. Tibor Bodrogi (1924–86) und Lajos Boglár (1929–2004).

    V. stand ursprünglich dem Sozialismus positiv gegenüber, wandte sich aber unter dem Eindruck des Totalitarismus der Stalin-Ära vom Kommunismus ab und floh im Dez. 1956 nach der Niederschlagung des Ungarn-Aufstandes nach Frankfurt/M. Auf Vermittlung von Adolf E. Jensen (1899–1965), dem Leiter des Frobenius-Instituts, wurde V. 1957 Assistent des Afrikanisten Hermann Baumann (1902–72) am Institut für Völkerkunde der Univ. München. 1962 habilitierte er sich über Hirtenkulturen Nord-Eurasiens, 1964 folgte eine Dozentur, 1968 die Ernennung zum Wiss. Rat. 1978–88 hatte er eine Professur an der Univ. München inne.

    Außer unmittelbaren frühen Kontakten zu traditionellen ungar. Berghirten und zu Roma in Ostungarn konnte V. selbst keine längeren Feldforschungen durchführen. Seine wiss. Interessen konzentrierten sich auf Afrika und Nordasien, während seine thematischen, regional übergreifenden Schwerpunkte vielfältig und sehr weit gespannt waren (u. a. Aufsätze über den „Mittelpfahl“ des Hauses, Idole aus Ton im Kilimandscharogebiet, rituelle Steinhaufen, Rangzeichen, „Hackbau“ als Kulturtypus, Schamanismus, das „Paria“Problem, Bezeichnungen für Syphilis, Völkerwanderung als Topos, der Polyphem-Mythos, die Institution Ehe in Hochkulturen, Weisheitskampf in der german. Mythologie, das Motiv der „Einschuhigkeit“, die Scherengitterjurte, „Greuelmärchen“ im Fernhandel, in: Ethnologica, 1999).

    Generell standen für V. methodologische und konzeptionelle Fragen der Ethnologie, der Ethnogenese, des Kulturwandels und der vergleichenden Religionswissenschaft im Vordergrund. Er ging von der Voraussetzung aus, daß Gesellschaften und Kulturen nur als geschichtliche Phänomen zu begreifen seien. Um diese zu verstehen, sei es notwendig, alle verfügbaren Quellen und Methoden zu berücksichtigen. Ethnologie als eine historische Wissenschaft baue auf der Komparation verschiedener Disziplinen auf. Exemplarisch sind V.s „Untersuchungen zur Geschichte der Hirtenkulturen“ (1968), in denen er, basierend auf einer Fülle von Einzeluntersuchungen u. a. der Archäologie, Zoologie, Philologie, Ökonomie, Linguistik und Religionswissenschaften die etablierten ethnologischen Theorien und wiss. Denkmodelle kritisch hinterfragte. In der Essenz führt V. den Ursprung der Domestikation des Rentieres in Nordasien auf das komplexe Zusammenwirken von Jägern, seßhaften Ackerbauern und Viehzüchtern zurück, die über den Pelzhandel miteinander in Kontakt standen.

    V. war über Disziplinengrenzen hinweg vielen Kollegen im wiss. Dialog und als Freund verbunden wie dem Prähistoriker Georg Kossack (1923–2004), den Vorderasiatischen Archäologen Leo Trümpelmann (1931–89) und Peter Calmeyer (1930–95), der Wissenschaftshistorikerin Hertha v. Dechend (1915–2001), dem Afrikanisten Helmut Straube (1923–84), dem Jesuiten und Ethnologen Joseph Henninger (1906–91) sowie dem Musikethnologen Marius Schneider (1903–82). Seine umfassende Privatbibliothek schenkte V. dem Ethnographischen Museum Budapest. Seine über 60 Jahre aufgebaute wissenschaftshistorisch bedeutende Dokumentation von 900 000 Karteikarten mit Exzerpten und weiterführenden Belegen verwahrt das Frobenius-Institut in Frankfurt/M.

  • Auszeichnungen

    A Mitgl. d. Gründungskomitees d. Freundes- u. Förderkreises d. Mus. f. Völkerkde. München (Ehrenmitgl. 2000) u. d. Vorstands d. Förderkeises (1997–2000);
    Ehrenmitgl. d. Ethnograph. Ver. Budapest;
    Offz. d. Verdienstordens d. Ungar. Rep. (2008).

  • Werke

    Weitere W u. a. Ethnologica, Ausgew. Aufss., 1999 (W-Verz.);
    Wir-Gruppen u. Fremdgruppen, in: Ziemer zu vermithen, Von Berchtesgaden bis Zillertal, Aspekte d. tourist. Entwicklung v. 1850–1960, hg. v. Fr. Lobenhofer-Hirschbold u. A. Weidlich 1999, S. 18–31;
    Affen in Lappland, in: Folklore in 2000, FS f. Vilmos Voigt, hg. v. I. Nagy u. K. Verebélyi, 2000, S. 272–80;
    Reflexionen zu Roger Sandalls Buch gegen d. romant. Anthropologie, in: Anthropos 99, 2004, S. 222–30;
    Wendehals u. Liebeszauber, in: Acta Antiqua Academiae Scientiarum Hungariae 44, 2004, S. 185–98;
    Die Adonisgärtchen u. d. Wunder d. Keimung, in: Münchner Btrr. z. Völkerkde. 12, 2008, S. 7–23.

  • Literatur

    L F. Kußmaul, in: Tribus 19, 1970, S. 139–46;
    J. Henninger, in: Anthropos 66, 1971, S. 249–56;
    L. V. z. 65. Geb.tag, in: Münchner Btrr. z. Völkerkde. 1, 1988 (W-Verz., P);
    B. J. Richtsfeld, ebd. 14, 2010/11, S. 7–15 (W-Verz., P); FS L. V. z. 85. Geb.tag, hg. v. Mus. f. Völkerkde. München, 2008;
    R. W. Kory, in: Paideuma 58, 2012, S. 317–21 (P).

  • Autor/in

    Claudius Müller
  • Zitierweise

    Müller, Claudius, "Vajda, László" in: Neue Deutsche Biographie 26 (2016), S. 693-694 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118841076.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA