Lebensdaten
1846 – 1921
Geburtsort
Salbke bei Magdeburg
Sterbeort
München
Beruf/Funktion
Sprachwissenschaftler
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118789902 | OGND | VIAF: 49265065
Namensvarianten
  • Paul, Hermann Otto Theodor
  • Paul, Hermann
  • Paul, Hermann Otto Theodor
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Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Paul, Hermann, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118789902.html [19.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Peter Jakob, Maurermeister, Kesselflicker, Materialwarenhändler;
    M N. N.;
    1905 Wilhelmine Peter; kinderlos.

  • Biographie

    Nach dem Besuch des Gymnasiums zum Kloster Unser Lieben Frauen in Magdeburg studierte P. Philologie, zunächst seit 1866 in Berlin (u. a. bei Heymann Steinthal), dann seit 1867 in Leipzig (u. a. bei Friedrich Zarncke, Georg Curtius, Adolf Leskien), wo er 1870 bei Zarncke promoviert wurde (Über d. ursprüngl. anordnung von Freidanks Bescheidenheit) und sich 1872 habilitierte (Zur kritik u. erklärung von Gottfrieds Tristan). Nach zweijähriger Dozentur für „Germanische Sprachen und Litteraturen“ in Leipzig erhielt er eine ao. (nach 1877 o.) Professur an der Univ. Freiburg (Br.). Von 1893 bis zur gesundheitsbedingten Emeritierung 1916 war P. o. Professor für Deutsche Philologie an der Univ. München und erster Vorstand des Deutschen Seminars, 1907/08 Prodekan, 1898/99 und 1906/07 Dekan sowie 1909/10 Rektor. Ein in frühen Lebensjahren erworbenes Augenleiden ließ ihn seit der Emeritierung allmählich erblinden, so daß er seine letzten Werke nur mit fremder Hilfe zu Papier bringen konnte.

    P. gilt als Begründer und Kopf der sog. junggrammatischen Schule, die die deutsche bzw. germanische Sprachwissenschaft systematisierte und der Beschäftigung mit der Gegenwartssprache (Mundarten) näherbrachte. Zusammen mit Wilhelm Braune (1850–1926) gründete er 1874 die Zeitschrift „Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur“. In Forschung und Lehre befaßte sich P. mit althochdeutscher und mittelhochdeutscher Sprache und Literatur (Texteditionen), zeitweise auch mit der Literatur des 18. Jh. und mit historischer Grammatik. Er weitete den Gegenstandsbezug der Sprachwissenschaft über Laut-, Flexions- und Satzlehre auf (Strukturen in) Wortschatz und Semantik aus, wobei der Einfluß der Naturwissenschaften (Evolutionsgedanke) und der Psychologie eine Rolle spielte. P.s Tätigkeit umfaßte nicht nur verschiedene Forschungsfelder und Epochen, sondern auch strenge Theoriebildung (Prinzipien d. Sprachgesch., 2., erw. Aufl. 1886, 101995, engl. 1888, japan. 1965, u. in dem von ihm hg. „Grundriss d. German. Philol.“, 2 Bde., 1891–93, 2., erw. Aufl. 1901–05) und praktische Umsetzung (Mittelhochdt. Grammatik, 1881, 241998; Dt. Grammatik, 5 Bde., 1916–20, Nachdr. 1968; Dt. Wörterbuch, 1897, 9. vollst, neu bearb. Aufl. 1992), Orientierung für die Fachgemeinschaft (im „Grundriss“) und die Öffentlichkeit (z. B. in Reden wie „Über Sprachunterricht“, 1921, u. Artikeln wie „Zur orthograph. Frage“, 1880). Trotz der theoretischmethodologischen Innovationskraft P.s gilt der Schweizer Ferdinand de Saussure (1858–1913) als Begründer der ‚modernen' Sprachwissenschaft, wohl weil diesem das Postulat einer synchronen, d. h. exklusiv gegenwartsbezogenen Sprachbetrachtung zugeschrieben wurde. Hingegen betonte P. als Vertreter der historischen Ausrichtung der Sprachwissenschaft die Notwendigkeit, den aktuellen Sprachzustand durch eine Erforschung seiner Genese zu verstehen. Die Rezeption von P.s Werk hat sich bisher mehr auf die grammatische Seite als auf Wortschatz und Bedeutung bezogen, so daß sich noch neue Anlässe für eine Auseinandersetzung mit diesem Werk ergeben könnten.|

  • Auszeichnungen

    o. Mitgl. d. Bayer. Ak d. Wiss. (1893);
    korr. Mitgl. d. Ak. d. Wiss. Wien (1919);
    ausw. Mitgl. d. Ak. d. Wiss. in Uppsala (1906) u. Budapest;
    Maximilians-Orden f. Wiss. u. Kunst (1907).

  • Werke

    Weitere W u. a. Die Gedichte Walthers v. d. Vogelweide, 1881;
    Hartmann v. Aue, Gregorius, Krit. Ausg. 1882;
    Der arme Heinrich v. Hartmann v. Aue, 1882;
    Begriff u. Aufgabe d. german. Philol., Gesch. d. german. Philol., Methodenlehre, Dt. Metrik, alle in: Grundriss d. German. Philol. 1891-93;
    Ueber d. Aufgaben d. wiss. Lexikographie mit bes. Rücksicht auf d. dt. Wb., 1894;
    Ueber d. Aufgaben d. Wortbildungslehre, 1897;
    Über Kontamination auf syntakt. Gebiete, 1919;
    Mein Leben, in: PBB 1922 (W-Verz.). - Aufss. u. a. in: Germania, 1872;
    PBB, 1874-1922;
    ZDP, 1879;
    Indogerman. Forsch., 1903;
    Zs. f. dt. Wortforsch., 1909-10;
    Süddt. Mhh., 1910;
    Zs. f. dt. Altertum, 1917.

  • Literatur

    W. Braune, in: PBB 46, 1922, S. 501-03;
    M. Reis, ebd. 100, 1978, S. 159-204;
    W. Huber, H. P. u. d. Kasusgrammatik, in: Zs. z. Gesch. d. dt. Lit. u. Sprache 100, 1978, S. 86-109;
    M. H. Jellinek, in: Alm. d. Österr. Ak. d. Wiss. f. 1922, 1923, S. 261-67;
    C. v. Kraus, in: Jb. d. Bayer. Ak. d. Wiss. f. 1921, 1922, S. 27-35;
    W. Streitberg, in: Indogerman. Jb. 9, 1922/23, S. 280-85;
    H. E. Wiegand, Zur Gesch. d. Dt. Wb. v. H. P., in: Zs. f. german. Linguistik 11, 1983, S. 301-20;
    H. Henne u. a., Das Wb. im Visier, H. P.s systemat. Arbeit. 100 J. Dt. Wb. (1897–1997), ebd. 25, 1997, S. 167-99;
    E. Einhauser, Die Junggrammatiker, 1989;
    M. Bonk, Dt. Philol. in München, 1995;
    H. Henne u. J. Kilian (Hg.), H. P, Sprachtheorie, Sprachgesch., Philol., Reden, Abhh. u. Biogr., 1998;
    DBJ III, 1921, S. 206 ff.;
    Hinrichsen;
    Killy;
    Kosch, Lit.Lex.³;
    W. Neumann, in: H. Stammerjohann (Hg.), Lex. Grammaticorum, 1996;
    U. Haß-Zumkehr, in: Wiss.gesch. d. Germanistik in Porträts, hg. v. C. König u. a., 2000;
    Germanistenlex. (in Vorbereitung).|

  • Quellen

    Qu Univ.archive Leipzig, Freiburg (Br.) u. München; Univ.bibl. München; Staatsbibl. Preuß. Kulturbes., Berlin.

  • Porträts

    P Foto in: Geist u. Gestalt III, Nr. 170, u. in: F. Behrend, Gesch. d. dt. Philol. in Bildern, 1927, S. 48.

  • Autor/in

    Ulrike Haß-Zumkehr
  • Zitierweise

    Hass-Zumkehr, Ulrike, "Paul, Hermann" in: Neue Deutsche Biographie 20 (2001), S. 115-116 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118789902.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA