Dates of Life
1858 – 1905
Place of birth
Linz
Place of death
Wien
Occupation
Kunsthistoriker
Religious Denomination
katholisch
Authority Data
GND: 118600818 | OGND | VIAF: 14775913
Alternate Names
  • Riegl, Alois
  • Riegl, Aloïs

Objekt/Werk(nachweise)

Places

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Citation

Riegl, Alois, Index entry in: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118600818.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogy

    V Johann ( 1873), Finanzbeamter in d. Tabakind., seit 1867 in Zablotow (Galizien);
    M Katharina (1830–97), T d. Joseph Mayr, Kassen-Offizial b. d. Zollgefällenverw. in L., u. d. Katharina Schilhuber, aus Gemering (Pfarro u. Herrschaft St. Florian) b. L.;
    2 B (1 früh †), 1 Schw.

  • Biographical Presentation

    R. besuchte nach der Versetzung des Vaters 1867 von Linz nach Zablotow in Galizien die Gymnasien im poln. Kolomea und Stanislau. Nach dem Tod des Vaters kehrte die Mutter mit den Kindern nach Linz zurück. Dem Abitur 1874 in Kremsmünster folgte auf Wunsch des Vormunds ein Jurastudium an der Univ. Wien. 1878 wechselte R. an die phil. Fakultät, um Philosophie und insbesondere Geschichte bei dem Universalhistoriker Max Büdinger (1828–1902) zu studieren. 1881 trat er in das Institut für österr. Geschichtsforschung ein, an dem Theodor Sickel (1826–1908) und die Kunsthistoriker Rudolf Eitelberger (1817–85) und Moritz Thausing (1838–84) lehrten, und vollzog mit einer Arbeit über „Die roman. Bauten Salzburgs bis zum Ausgang der hochroman. Periode und|die Entwicklung des roman. Stils in Bayern“ (verschollen) den Wechsel in das kunsthistorische Fach. Danach führte R. bis 1886 seine Forschungen über mittelalterliche Buchillustration am Institut weiter. 1886 wurde er Volontär, 1887 Kustosadjunkt und Referent der Textilabteilung (bis 1897) des „Österr. Museums für Kunst und Industrie“. 1889 habilitiert, wurde er 1895 ao. Professor, 1897 o. Professor an der Wiener Univ. Durch seine neue Methodik trug er dazu bei, die Kunstgeschichtsschreibung als Wissenschaft zu etablieren. 1902 wurde R. zum Generalkonservator der „Zentralkommission für Kunst- und historische Denkmale“ berufen.

    Schon in seiner ersten Veröffentlichung als Kustos für Textilkunst am Museum für Kunst und Industrie (Altoriental. Teppiche, 1891, Nachdr. 1979), die – für die Epoche des Jugendstils charakteristisch – die Entwicklung des abstrakten Ornaments behandelte, suchte R. eine rein ästhetisch wertende Kunstbetrachtung zu überwinden, die sich bis dato an einem überzeitlichen, antiken Schönheitsideal orientiert hatte. Ebenso wandte er sich gegen den vorherrschenden materialistischen Kunstbegriff Gottfried Sempers (1803–79), der das Kunstwerk „als ein mechanisches Produkt aus Gebrauchszweck, Rohstoff und Technik“ gesehen hatte. R. wertete nicht mehr den Gegenstand, sondern beschrieb ein kollektives „Kunstwollen“, das Kunstwerke hervorbringe, eine „reale Kraft“, deren Träger eine bestimmte Gruppe von Menschen sei. Dieses aus dem Unbewußten hervortretende Gestaltungsbedürfnis gründet – dem damaligen Stand der psychologischen Forschung verpflichtet – im Bereich menschlicher Triebe. In den „Stilfragen“ (1893, ²1923, Nachdrr. 1975, 1977 u. 1985, engl. 1993) formulierte R. einen modernen Stilbegriff, der nicht allein die individuelle, künstlerische „Handschrift“ bezeichnet, sondern auch analoge Gestaltungsprinzipien innerhalb der Kunstgattungen und deren gesetzmäßige Entwicklung. Damit wurde Kunstgeschichtsschreibung zur historisch-empirischen Disziplin. Aufgrund seines wertfreien Stilbegriffs konnte R. nun auch jene Epochen rehabilitieren („Spätröm. Kunstindustrie“, „Die Entstehung d. Barockkunst in Rom“), die man im 19. Jh., da vom klassischen Schönheitsideal abweichend, als Verfallszeiten beurteilt hatte.

    Absolute Objektivität sollte auch das primäre Ziel einer zeitgemäßen Denkmalpflege sein, wie es R. als Generalkonservator der obersten Denkmalbehörde 1903 in dem grundlegenden Text „Der moderne Denkmalkultus, sein Wesen und seine Entstehung“ postulierte. Darin wandte er sich gegen einen bis dahin üblichen historisierenden Stilpurismus und forderte, nicht nur den „Alterswert“, sondern auch den „Stimmungswert“ eines Denkmals zu beachten. Dem folgte die Neuorganisation der „Zentralkommission für Kunst- und historische Denkmale“ und schließlich 1905 der Entwurf eines österr. Denkmalschutzgesetzes (1923 verabschiedet). R. war einer der wesentlichen Begründer einer „Wiener Schule der Kunstgeschichte“, aus der so bedeutende Kunstwissenschaftler wie Max Dvořák (1874-1921), Otto Pächt (1902–88) und Ernst Gombrich (1909–2001) hervorgingen.|

  • Awards

    korr. Mitgl. d. Dt. Archäol. Inst. (1899) u. d. Österr. Ak. d. Wiss. (1902);
    Mitgl. d. Österr. Archäol. Inst. (1901).

  • Works

    u. a. Volkskunst, Hausfleiß, Hausind., 1894, Nachdr. 1978;
    Die spätröm. Kunstind. nach d. Funden in Österr.-Ungarn, 1901;
    Spätröm. Kunstind., ²1927, Nachdrr. 1964–92, Neudr. 2000, ital. u. d. T. Industria artistica tardoromana, 1953 u.1981, engl. u. d. T. Late Roman Art Industry, 1985;
    Das holländ. Gruppenporträt, in: Jb. d. kunsthist. Slgg. d. Allerhöchsten. Kaiserhauses XXIII, 1902, Nachdr. 1997, engl. 1999;
    Die Entstehung d. Barockkunst in Rom, hg. v. A. Burda u. M. Dvořák, 1908, ²1923, Nachdrr. 1977 u. 1987;
    Ges. Aufss., hg. v. K. M. Swoboda, 1929 (W-Verz.), Neudr. 1995 mit e. Nachwort v. W. Kemp;
    Hist. Grammatik d. Bildenden Künste, hg. v. K. M. Swoboda u. O. Pächt, 1966;
    Kunstwerk od. Denkmal?, A. R.s Schrr. z. Denkmalpflege, hg. v. E. Bacher, 1996.

  • Literature

    M. Dvořák, in: Mitt. d. k. k. Zentralkomm. f. Kunst- u. hist. Denkmale, IV, 1905, S. 255 ff.;
    Alm. d. Wiener Ak. d. Wiss. 56, 1906, S. 345 f.;
    E. Panofsky, Der Begriff d. Kunstwollens, in: Zs. f. Ästhetik u. Allg. Kunstwiss. 14, 1920, S. 321 ff.;
    H. Sedlmayr, Die Quintessenz d. Lehren R.s, in: R., Ges. Aufss. (s. W), S. XII ff.;
    J. v. Schlosser, Die Wiener Schule d. Kunstgesch., in: MIÖG 13/2, 1934, S. 145 ff.;
    O. Pächt, in: The Burlington Magazine 105, 1963, S. 188 ff.;
    H. Bauer, Kunsthistorik, Eine krit. Einf. in d. Studium d. Kunstgesch., 1976;
    W. Sauerländer, A. R. u. d. Entstehung d. autonomen Kunstgesch. am Fin de siècle, in: Fin de siècle, Zu Lit. u. Kunst d. Jh.wende, 1977, S. 125 ff.;
    H. B. Busse, Kunst u. Wiss., Unterss. z. Ästhetik u. Methodik d. Kunstwiss., 1981;
    M. Olin, A. R. and the Crisis of Representation in Art Theory, 1880–1905, Diss. Chicago 1982;
    Akten d. XXV. Internat. Kongresses f. Kunstgesch., I: Wien u. d. Entwicklung d. kunsthist. Methode, 1984;
    S. Scarocchia, Studi su A. R., 1986;
    Konservieren, nicht restaurieren, Streitschrr. z. Denkmalpflege um 1900, hg. v. M. Wohlleben, 1988;
    H. J. Sproß, Die Naturauffassung b. A. R. u. J. Strzygowski, Diss. Saarbrücken 1989;
    BJ X, S. 110-12 u. Tl.;
    NÖB VIII, 1935, S. 142-48 (L, P);
    ÖBL;
    W. Kemp, in: H. Dilly (Hg.), Altmeister d. modernen Kunstgesch., 1990, S. 37-60 (L, P);
    Killy;
    Dict. of Art;
    Metzler Kunsthistoriker Lex. (W, L).

  • Author

    Ulrike Krone-Balcke
  • Citation

    Krone-Balcke, Ulrike, "Riegl, Alois" in: Neue Deutsche Biographie 21 (2003), S. 583-584 [online version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118600818.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA