Lebensdaten
1913 – 1996
Geburtsort
Emden (Ostfriesland)
Sterbeort
Hannover
Beruf/Funktion
Journalist ; Publizist ; Chefredakteur ; Verleger ; Kunstsammler ; Redakteur ; Sprecher ; Kriegsberichterstatter
Konfession
evangelisch-lutherisch
Normdaten
GND: 11858636X | OGND | VIAF: 267830419
Namensvarianten
  • Nannen, Henri Franz Theodor Max
  • Nannen, Henri
  • Nannen, Henri Franz Theodor Max

Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Nannen, Henri, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd11858636X.html [27.04.2024].

CC0

  • Henri Nannen war einer der prägenden und einflussreichsten deutschen Publizisten der 1950er bis 1970er Jahre. Das 1948 von ihm gegründete und bis 1980 geleitete Magazin „Stern“ formte er zur bedeutendsten Illustrierten der Bundesrepublik. Seine Sammlung expressionistischer Kunst bildet den Kernbestand der 1986 eröffneten Kunsthalle Emden. Nannens Rolle als Kriegspropagandist im Zweiten Weltkrieg führte 2022 zu einer öffentlichen Debatte.

    Lebensdaten

    Geboren am 25. Dezember 1913 in Emden (Ostfriesland)
    Gestorben am 13. Oktober 1996 in Hannover
    Grabstätte Friedhof in Emden-Tholenswehr
    Konfession evangelisch-lutherisch
    Henri Nannen, BSB / Bildarchiv / Fotoarchiv Timpe (InC)
    Henri Nannen, BSB / Bildarchiv / Fotoarchiv Timpe (InC)
  • Lebenslauf

    25. Dezember 1913 - Emden (Ostfriesland)

    1924 - März 1933 - Emden (Ostfriesland)

    Schulbesuch (Abschluss: Abitur)

    Wilhelmsgymnasium (humanistisch)

    15.6.1933 - 30.9.1933 - Osnabrück; Norderney (Ostfriesland)

    Buchhändlerlehre (abgebrochen)

    Buchhandlung Bruno Hanckel

    1.10.1933 - 30.9.1937 - München

    Studium der Kunstgeschichte (ohne Abschluss)

    Universität

    1934 - 1937 - München

    gelegentlicher Radioberichterstatter

    Reichssender München

    1934 - 1937 - u. a. München

    Vortragstätigkeit

    u. a. Nationalsozialistischer Deutscher Studentenbund; Nationalsozialistische Kulturgemeinde

    1937 - 6.8.1939 - München

    Redakteur (Schriftleiter)

    Die Kunst im Dritten Reich (Zeitschrift); Die Kunst (Zeitschrift)

    1.2.1939 - 30.4.1939 - Augsburg

    Grundausbildung als Funker

    I. Luftnachrichten-Regiment 9/7

    7.8.1939 - Juli 1940 - Westfront

    Dolmetscher für Niederländisch und Englisch; v. a. Abhören ausländischer Rundfunknachrichten

    Luftnachrichten-Regiment 3; Abteilung I c Presse des Luftflotten-Kommandos III

    Juli 1940 - November 1940 - Kolberg (Westpommern, heute Kołobrzeg, Polen)

    Technischer Schreiber; Ausbildung zum Bordschützen

    I. Stukageschwader 3

    November 1940 - März 1944 - u. a. Berlin; Jugoslawien; Ostfront; Italien

    Kriegsberichterstatter (November 1942–April 1943 Fronturlaub; 1.10.1943 Leutnant der Reserve)

    Luftwaffen-Kriegsberichter-Einsatzkompagnien

    März 1944 - 3.5.1945 - Italien

    Zugführer und Propaganda-Verbindungsoffizier

    Armee-Oberkommando 10; Propaganda-Abteilung „Südstern“ der SS-Standarte „Kurt Eggers“

    4.5.1945 - 26.6.1945 - Kufstein; Bad Aibling; Rosenheim

    US-amerikanische Kriegsgefangenschaft

    Internierungslager; Lazarett

    3.7.1946 - 5.2.1947 - Hannover

    Lizenznehmer

    Hannoversche Neueste Nachrichten

    6.2.1947 - 3.10.1948 - Hannover

    Lizenznehmer; Redakteur

    Hannoversche Abendpost

    Juni 1947 - Mai 1948 - Hannover

    Mitglied

    FDP

    28.4.1948 - 30.7.1948 - Hannover

    Lizenznehmer; Herausgeber

    Zick-Zack (Jugendzeitschrift)

    3.6.1948 - Oktober 1951 - Hannover; 1949 Duisburg; seit 1950 Hamburg

    Verleger; seit 1949 Verkauf der Anteile an Gerd Bucerius (1906–1995) und Richard Gruner (1925–2010)

    Verlag Henri Nannen GmbH

    1.8.1948 - 25.12.1983 - Hannover; seit 1.8.1949 Hamburg

    Herausgeber

    Stern (Wochenmagazin)

    1.7.1949 - 31.12.1980 - Hamburg

    Chefredakteur

    Stern

    1965

    Initiator des jährlich stattfindenden Wettbewerbs „Jugend forscht“

    25.12.1983 - 13.10.1996 - Emden

    Stifter; Mitglied im Stiftungsrat

    Stiftung Henri Nannen

    13. Oktober 1996 - Hannover
  • Genealogie

    Vater Klaas Eiben Nannen 1884-2.1.1956 aus Tjüche (Ostfriesland); evangelisch-lutherisch; gelernter Schlosser; Heizer bei der kaiserlichen Marine; Polizeibeamter, seit 1927 Polizeikommissar (im März 1934 mit halbierter Pension entlassen); 1918–1931 Mitglied der SPD
    Großvater väterlicherseits Franz Klaasen Nannen Müllergeselle; Eisenbahnarbeiter
    Mutter Elise Marie Nannen, geb. Buitenduif gest. 1955 aus Emden (Ostfriesland); evangelisch-reformiert; Hausfrau
    Großvater mütterlicherseits Hermanus Buitenduif Sattler und Tapezierer in Emden
    Großmutter mütterlicherseits Hinderika Buitenduif, geb. Janssen Hebamme in Emden
    Bruder Erich Nannen ca. 1917–1945 als Leutnant der Reserve kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs gefallen
    1. Heirat 29.8.1940 in München
    Ehefrau Editha (Monika) Nannen, geb. Zedlitz, gesch. Bischof 1902–1984 aus Magdeburg; Schneidermeisterin; in 1. Ehe verh. mit Heinz Bischof
    Schwiegermutter Else Zedlitz gest. nach 1945
    Sohn Christian Nannen geb. 23.1.1946 Unternehmer und Manager in Hamburg
    Scheidung 4.12.1946 in München
    2. Heirat Anfang 1948 in Hannover
    Ehefrau Martha Nannen, geb. Kimm 1921–1990
    Schwiegermutter Elsa Kimm,geb. Streitferdt gest. 1985
    3. Heirat 5.10.1990 in Emden
    Ehefrau Eske Nannen , geb. Nagel, gesch. Ebert geb. 4.1.1942 Kunstsammlerin, Stifterin, Geschäftsführerin (Kunsthalle Emden); in 1. Ehe verh. mit Bernd Ebert
    Schwiegervater Rudi Nagel gest. 1982 Schulfreund Henri Nannens; Fassfabrikant in Emden
    Enkelin Stephanie Nannen Autorin und Journalistin in Hamburg
    Diese Grafik wurde automatisch erzeugt und bietet nur einen Ausschnitt der Angaben zur Genealogie.

    Nannen, Henri (1913 – 1996)

    • Vater

      Klaas Nannen

      1884-2.1.1956

      aus Tjüche (Ostfriesland); evangelisch-lutherisch; gelernter Schlosser; Heizer bei der kaiserlichen Marine; Polizeibeamter, seit 1927 Polizeikommissar (im März 1934 mit halbierter Pension entlassen); 1918–1931 Mitglied der SPD

      • Großvater väterlicherseits

        Franz Nannen

        Müllergeselle; Eisenbahnarbeiter

      • Großmutter väterlicherseits

    • Mutter

      Elise Marie Nannen

      gest. 1955

      aus Emden (Ostfriesland); evangelisch-reformiert; Hausfrau

      • Großvater mütterlicherseits

        Hermanus Buitenduif

        Sattler und Tapezierer in Emden

      • Großmutter mütterlicherseits

        Hinderika Buitenduif

        Hebamme in Emden

    • Bruder

      Erich Nannen

      ca. 1917–1945

      als Leutnant der Reserve kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs gefallen

    • 1.·Heirat

      in

      München

      • Ehefrau

        Monika Nannen

        1902–1984

        aus Magdeburg; Schneidermeisterin; in 1.·Ehe verh. mit Heinz Bischof

    • 2.·Heirat

      in

      Hannover

      • Ehefrau

        Monika Nannen

        1902–1984

        aus Magdeburg; Schneidermeisterin; in 1.·Ehe verh. mit Heinz Bischof

    • 3.·Heirat

      in

      Emden

      • Ehefrau

        Monika Nannen

        1902–1984

        aus Magdeburg; Schneidermeisterin; in 1.·Ehe verh. mit Heinz Bischof

  • Biografie

    alternativer text
    Henri Nannen (links), Imago Images (InC)

    Karriere bis 1939

    Aufgewachsen in kleinbürgerlichen Verhältnissen in Emden (Ostfriesland), besuchte Nannen als Erster in seiner Familie ein Gymnasium. Eine nach dem Abitur im März 1933 angetretene Buchhandelslehre gab er nach kurzer Zeit auf, um Kunstgeschichte an der Universität München zu studieren, wo ihn u. a. Wilhelm Pinder (1878–1947) und der Theaterwissenschaftler Artur Kutscher (1878–1960) beeinflussten. Neben seinem Studium, das er ohne großen Ehrgeiz betrieb, war Nannen seit 1934 als Radioreporter für den gleichgeschalteten Reichssender München tätig und hielt Vorträge über v. a. künstlerische Themen für NS-Jugendorganisationen.

    Im September 1937 beendete Nannen sein Studium ohne Abschluss und arbeitete nach kurzer Tätigkeit für die Zeitschrift „Die Kunst im Dritten Reich“ als Redakteur der von Hugo Bruckmann (1863–1941) herausgegebenen Zeitschrift „Die Kunst“. Für diese und weitere Periodika verfasste Nannen Artikel, in denen er der nationalsozialistischen Kunstpolitik huldigte und sich dem Führerkult um Adolf Hitler (1889–1945) anschloss. Nannen, der im „Dritten Reich“ lange Kontakt zu seiner Jugendliebe Cilly Windmüller (1913–1995), einer Jüdin, hielt, arrangierte sich in allen Phasen mit dem NS-Regime und verstand es, einflussreiche Personen wie den Verleger Bruckmann und die Regisseurin Leni Riefenstahl (1902–2003) für sich einzunehmen. In „Fest der Völker“, dem ersten Teil von Riefenstahls 1938 uraufgeführten Olympia-Film, hat Nannen einen Kurzauftritt am Mikrofon bei der Eröffnungsfeier, doch wurde die Szene nachträglich gedreht; entgegen anderslautender Behauptungen war er nicht Stadionsprecher bei den Olympischen Spielen 1936.

    Werdegang im Zweiten Weltkrieg

    Im Frühjahr 1939 als Funker bei der Luftwaffe ausgebildet, wurde Nannen im Zweiten Weltkrieg zunächst als Dolmetscher für Niederländisch und Englisch verwendet, diente seit Juli 1940 kurzzeitig als Technischer Schreiber eines Stukageschwaders und war seit November 1940 als Kriegsberichter der Luftwaffe eingesetzt. Seine Propagandaberichte etwa über das Kampfgeschehen an der Ostfront wurden v. a. im Rundfunk ausgestrahlt, teilweise aber auch im „Völkischen Beobachter“ gedruckt. 1943 veröffentlichte Nannen in der 1939 von Baldur von Schirach (1907–1974) gegründeten „Kriegsbücherei der deutschen Jugend“ den Landserroman „Störungsfeuer von ‚M 17‘. Ein Flaksoldat besteht seine Feuerprobe“.

    Seit Oktober 1943 Leutnant der Reserve, wurde Nannen im März 1944 Zugführer eines „Aktivpropagandazugs“ und Verbindungsoffizier beim Armee-Oberkommando 10 in Italien. Seit spätestens Juni 1944 gehörte er der von Hans Weidemann (1904–1975) geführten Propaganda-Abteilung „Südstern“ der SS-Standarte „Kurt Eggers“ an, die u. a. durch Flugblattpropaganda – darunter radikal antisemische Hetzblätter – die Kampfmoral der alliierten Soldaten schwächen sollte. Ob Nannen selbst Flugblätter verfasste, ist unklar. Obwohl die meisten dieser Fakten bekannt waren – Nannen hatte sie z. T. bereits 1975 in einem Interview der Zeitschrift „Pardon“ eingeräumt, ehe der Nannen-Biograf Hermann Schreiber (1929–2020) sie 1999 akribisch zusammentrug –, führte ein Fernsehbericht des ARD-Onlineportals „Funk“ über Nannens Rolle in der NS-Kriegspropaganda im Mai 2022 zu einer intensiven öffentlichen Debatte. In deren Folge wurde der renommierte Nannen-Preis (bis 2012 Henri-Nannen-Preis) für herausragende publizistische Leistungen als „Stern-Preis“ vergeben.

    Journalistische und publizistische Karriere nach 1945

    Nach kurzer US-amerikanischer Kriegsgefangenschaft im Mai/Juni 1945 wurde Nannen im Juli 1946 auf Veranlassung des britischen Presseoffiziers und deutschen Emigranten Henry Ormond (1901–1973) einer der Lizenznehmer der „Hannoverschen Neuesten Nachrichten“, im Februar 1947 dann Lizenznehmer und Redakteur der FDP-nahen „Hannoverschen Abendpost“. Im selben Jahr wurde er bei seinem Spruchkammer-Verfahren in Hannover als „Mitläufer“ eingestuft und zu 50 Reichsmark Sühne verurteilt; 1948 wurde der Bescheid aufgehoben. 1947/48 war Nannen kurzzeitig Mitglied der FDP, für die er erfolglos bei den Wahlen zum niedersächsischen Landtag im Wahlkreis Lingen kandidierte.

    Seit Ende April 1948 Herausgeber der Jugendzeitschrift „Zick-Zack“, wandelte Nannen diese kurz darauf zur Illustrierten „Stern“ um, die am 1. August 1948 erstmals erschien und 1949 nach Hamburg umsiedelte. Titel und Logo erinnern an die 1938/39 veröffentlichte NS-Illustrierte „Der Stern“, die ähnlich konzipiert war und von Kurt Zentner (1903–1974) geleitet wurde, der in den 1950er Jahren Mitarbeiter von Nannens „Stern“ war.

    Als Chefredakteur, Herausgeber und Miteigentümer (bis 1951) war Nannen die zentrale Figur des „Stern“ und avancierte rasch zu einem der einflussreichsten Publizisten der Bundesrepublik. Unter seiner Führung wurde der „Stern“ zur erfolgreichsten deutschsprachigen Illustrierten (Auflage 1949: 248 000, 1950: 498 000, 1967: 1,9 Millionen, 1980: 1,7 Millionen), die mit langen Fotostrecken bedeutender Fotografen, Kultur- und v. a. Filmthemen, Prominentenklatsch, Reportagen und zunehmend auch Politik zahlreiche Leserinnen und Leser ansprach.

    Unterstützt von einer großen, auf ihn eingeschworenen Redaktion, der u. a. Manfred Bissinger (geb. 1940), Rolf Gillhausen (1922–2004) und Peter Koch (1938–1989) angehörten, initiierte Nannen aufsehenerregende und werbewirksame Aktionen, darunter 1962 die Wiederbeschaffung einer gestohlenen Madonna des Bildhauers Tilman Riemenschneider (gest. 1531) durch die Auslobung eines „Lösegelds“. Sehr große gesellschaftliche Wirkung entfaltete die „Stern“-Ausgabe vom 6. Juni 1971, in der sich 374 Frauen unter der Titelschlagzeile „Wir haben abgetrieben!“ zum illegalen Schwangerschaftsabbruch bekannten und für eine Liberalisierung von § 218 des Strafgesetzbuchs warben. Im Juni 1978 verklagten hingegen die Initiatorin dieser Aktion, Alice Schwarzer (geb. 1942), und weitere Frauen Nannen und den „Stern“ erfolglos wegen „Ehrverletzung“ auf Unterlassung, um gegen die als sexistisch empfundenen Titelfotografien von Frauen zu protestieren.

    Nannen, der 1955 Bundeskanzler Konrad Adenauer (1876–1967) auf einer Moskaureise begleitet hatte, unterstützte seit Ende der 1960er Jahre publizistisch die Neue Ostpolitik Willy Brandts (1913–1992) und Egon Bahrs (1922–2015), lehnte die versuchte Marxismus-Renaissance der deutschen Studentenbewegung jedoch ab. 1973 interviewte er als erster westdeutscher Journalist den sowjetischen Präsidenten Leonid I. Breschnew (1906–1982) im Kreml.

    Rückzug vom „Stern“

    1969 setzte Nannen gegenüber dem Verlagshaus Gruner + Jahr ein Redaktionsstatut durch, das u. a. seine Stellung als Chefredakteur wesentlich stärkte, woraufhin Richard Gruner (1925–2010) seine Anteile an dem von ihm mitgegründeten Verlag verkaufte. Im selben Jahr rückte Nannen in den Vorstand des Verlags ein, verstand sich jedoch weiterhin v. a. als „Blattmacher“. In der Redaktion stieß die Doppelrolle Nannens als Chefredakteur und Verlagsmitverantwortlicher auf Kritik. Anstoß erregte zudem seine bisweilen autokratische, als autoritär empfundene Amtsführung, v. a. bei jüngeren Redakteuren der „68er-Generation“, die mehr Mitbestimmung einforderten und Nannens Rolle in der NS-Zeit kritisch hinterfragten. Als Nannen 1978 das Redaktionsstatut kündigte und die Mitwirkungsmöglichkeiten der Redakteure massiv einschränkte, war sein Verhältnis zur Redaktion schwer beschädigt; Nannen zog sich in der Folgezeit sukzessive aus dem Tagesgeschäft zurück und legte zum 31. Dezember 1980 die Chefredaktion des „Stern“ nieder.

    Im Dezember 1983 trat Nannen auch als Herausgeber zurück – unter dem Eindruck der größten Krise des „Stern“: dem Kauf und Abdruck gefälschter „Hitler-Tagebücher“ im April 1983. Nannen war zunächst nicht informiert worden, dass der Verlag den Reporter Gerd Heidemann (geb. 1931) ermächtigt hatte, die vermeintlichen Tagebücher zu beschaffen, stimmte aber im Glauben an die Echtheit der Manuskripte der Veröffentlichung letztlich zu. Seit 1983 zog sich Nannen mehr und mehr in seine Geburtsstadt Emden zurück, wo er sich v. a. der zu seinem 70. Geburtstag gegründeten Henri Nannen Stiftung (heute Stiftung Henri und Eske Nannen) widmete. Diese finanzierte die im Oktober 1986 eröffnete Kunsthalle Emden, ein heute international renommiertes Museum moderner Kunst, in das Nannen seine große Sammlung v. a. expressionistischer Gemälde, Grafiken und Skulpturen einbrachte.

  • Auszeichnungen

    1941 Eisernes Kreuz 2. Klasse
    1963 Ehrenbürger der Stadt Volkach bei Würzburg
    1975 Verdienstkreuz 1. Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland
    1983 Henri-Nannen-Schule, Hamburg (zuvor seit 1979 Hamburger Journalistenschule)
    1989 Großes Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland
    1989 Ehrenbürger der Stadt Emden (Ostfriesland)
    1991 Niedersachsenpreis für Kultur
    1995 Maecenas-Ehrung des Arbeitskreises selbständiger Kultur-Institute e. V.
    2005 Henri-Nannen-Preis (seit 2012: Nannen-Preis, 2022 nach öffentlicher Debatte um die NS-Vergangenheit Nannens umbenannt in Stern-Preis)
    2013 Henri-Nannen-Platz, Emden
  • Quellen

    Nachlass:

    nicht bekannt.

    Weitere Archivmaterialien:

    ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius, Nachlass Gerd Bucerius, Nr. 571. (Bestand Verlag Henri Nannen) (weiterführende Informationen)

    Archive des Druck- und Verlagshauses Gruner + Jahr AB & Co., Hamburg.

    Bundesarchiv-Militärarchiv, Freiburg im Breisgau. (Propagandakompanie-Berichte Nannens)

  • Werke

    Monografien, Herausgeberschaften und Artikel (bis 1945):

    Von der Notwendigkeit künstlerischer Volkserziehung, in: Die Kunst für alle 49 (1933/34), H. 7, S. 189 f. (Onlineressource)

    Die Eröffnungsausstellung im „Haus der Deutschen Kunst“. II. Die Malerei, in: Die Kunst für alle 53 (1937/38), H. 1, S. 19–24. (Onlineressource)

    Über das künstlerische Plakat, in: Die Kunst für alle 53 (1937/38), H. 8, S. 169–175. (Onlineressource)

    Totenmal des großen Krieges, in: Die Kunst für alle 54 (1938/39), H. 2, S. 62–64. (Onlineressource)

    Heroisches Italien, in: Die Kunst für alle 54 (1938/39), H. 3, S. 92 f. (Onlineressource)

    Maske und Gesicht der sowjetischen Kunst, in: Die Kunst 85 (1942), S. 44–48.

    Malerei in Danzig, in: Die Kunst für alle 58 (1942/43), H. 3, S. 55–60. (Onlineressource)

    Junge Kunst im Deutschen Reich. Zu einer vom Reichsstatthalter in Wien, Reichsleiter Baldur von Schirach veranstalteten Ausstellung im Künstlerhaus zu Wien, in: Die Kunst für alle 58 (1942/43), H. 7, S. 137–150. (Onlineressource)

    Störungsfeuer von „M 17“. Ein Flaksoldat besteht seine Feuerprobe, 1943.

    Kleines Musikbrevier. Ein Buch der Bilder aus acht Jahrhunderten abendländischer Kunst, 1943. (Onlineressource)

    Glanz von innen. Dichter über Bildwerke, die sie lieben, 1943. (Hg.)

    Monografien, Herausgeberschaften und Artikel (nach 1945):

    Peter Koch/Reimar Oltmanns, Die Würde des Menschen. Folter in unserer Zeit, 1978. (Hg.)

    Schreib das auf! Beste deutsche Reportagen, 1979. (Hg.)

    Die himmlischen Verführer. Sekten in Deutschland, 1979. (Hg.)

    Emanuel Eckardt/Sebastian Knauer, Kein schöner Land..., 1979. (Hg.)

    Paula Almqvist, Eine Klasse für sich. Adel in Deutschland, 1979. (Hg.)

    Kurt Breme/Werner P. D'hein, Parteien, Wähler, Parlamente, 1980. (Hg.)

    Ingrid Kolb, Das Kreuz mit der Liebe. Der Mythos von der sexuellen Befreiung, 1980. (Hg.)

    Paul-Heinz Koesters, Deutschland deine Denker. Geschichten von Philosophen und Ideen, die unsere Welt bewegen, 1980. (Hg.)

    Henri Nannen/Thomas Levy (Hg.), Russische Malerei heute. Bilder, Gouachen, Grafik, 1982.

    Lieber Sternleser! Briefe an die Leser 1958–1983, 1984.

    Die Gründungsgeschichte, in: 40 Jahre Stern. Sonderausgabe v. 22.8.1988.

    Gerhard  Finckh/Henri Nannen, Glasnost. Die neue Freiheit der sowjetischen Maler. Eine Ausstellung der Ludolf-Backhuysen-Gesellschaft, 1988.

    Mein Ostfriesland, 1989.

  • Literatur

    Hermann Schreiber, Henri Nannen. Drei Leben, 1999. (P)

    Hermann Schreiber, Art. „Nannen, Henri“, in: Ostfriesische Landschaft. Biographisches Lexikon für Ostfriesland, [2000]. (P) (Onlineressource)

    Juliane von Schwerin, Henri Nannen, der Stern und die Ostpolitik der sozial-liberalen Koalition, 2000.

    Nils Minkmar, Die doppelte Wundertüte. Wie Henri Nannen den "Stern" erfand, in: Lutz Hachmeister/Friedemann Siering (Hg.), Die Herren Journalisten. Die Elite der deutschen Presse nach 1945, 2002, S. 185–195.

    Dieter Baukloh/Carsten Wittmaack, Henri Nannen. Der Mann, der den Stern aufgehen ließ, in: dies., Medienmogule und Meinungsmacher, 2003, S. 81–109.

    Stephanie Nannen, Henri Nannen. Ein Stern und sein Kosmos, 2013.

    100 Jahre Henri Nannen. Der Mann, der den Stern erfand, hg. v. Gruner & Jahr, 2013.

    Festschrift:

    Werner Funk (Hg.), Henri Nannen. 1913–1996, 1996.

  • Onlineressourcen

  • Porträts

    Bronzebüste v. Peter Großbach (1934–1988), 1985, Kunsthalle Emden. Stiftung Henri und Eske Nannen.

    Gemälde (Öl/Leinwand) v. Bernhard Heisig (1925–2011), 1989, Kunsthalle Emden. Stiftung Henri und Eske Nannen.

    Fotografien, 1932–1996, Abbildung in: Hermann Schreiber, Henri Nannen. Drei Leben, 1999, Bildteil nach S. 224.

    Fotografien, Bildarchiv der Bayerischen Staatsbibliothek München, Stern-Fotoarchiv. (weiterführende Informationen)

  • Autor/in

    Markus Behmer (Bamberg)

  • Zitierweise

    Behmer, Markus, „Nannen, Henri“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.07.2023, URL: https://www.deutsche-biographie.de/11858636X.html#dbocontent

    CC-BY-NC-SA