Dates of Life
1885 – 1971
Place of birth
Budapest
Place of death
Budapest
Occupation
Philosoph ; Literaturtheoretiker
Religious Denomination
keine Angabe
Authority Data
GND: 11857518X | OGND | VIAF: 46764285
Alternate Names
  • Lukács, György
  • Blum (Parteideckname)
  • Keller (Parteideckname)
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Places

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Citation

Lukács, Georg, Index entry in: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd11857518X.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogy

    V Jószef Löwinger, seit 1890 L., ungar. Adel 1891 als L. de Szeged (1853–1928), ungar. Hofrat, Dir. d. ungar. Allg. Kreditanstalt in B.;
    M Adele Wertheimer;
    1) Heidelberg 1914 ( 1918) Jelena Andrejewna Grabenko (* 1889), russ. Malerin u. Architektin, 2) Gertrud Jánossy geb. Bortstieber (1882–1963), Übersetzerin, Nat.ökonomin;
    2 Stief-S aus 2).

  • Biographical Presentation

    Schon vor dem Abitur 1902 veröffentlichte L. Theaterrezensionen. 1902 besuchte er Henrik Ibsen in Oslo und begann in Budapest Jurisprudenz und Nationalökonomie zu studieren (Promotion in Kolozvar 1906). 1904 gründete er die progressive Budapester „Thalia-Bühne“, an der er als Regisseur und Dramaturg mitarbeitete. Seit 1906 war L. ständiger Mitarbeiter der soziolog. Zeitschrift „Huszadik Század“ („20. Jahrhundert“). 1907 lernte er Georg Simmel in Berlin kennen, dessen Person ihn sehr beeindruckte und dessen ästhetisch-philosophischer Impressionismus bei L. bis in die späte Ästhetik nachwirkt. Seit 1908 arbeitete er an der Zeitschrift „Nyugat“ (Der Westen) mit, in der seine ersten großen Essays erschienen. Für die zweibändige „Entwicklungsgeschichte des modernen Dramas“ erhielt er 1908 den Preis der Kisfaludy-Gesellschaft. 1908/09 studierte L. Philosophie an der Universität Berlin. 1909 promovierte er an der Univ. Budapest. 1910 fand eine erste Begegnung mit Ernst Bloch statt; im selben Jahr übersiedelte er nach Berlin. 1911 lebte er überwiegend in Florenz und begann einen Briefwechsel mit Paul Ernst, der zu einer intensiven Freundschaft mit dem neoklassizistischen Dramatiker führte, bis dieser sich deutsch-nationalistischem Denken zuwandte. Seit 1912 hielt er sich in Heidelberg auf und war dort 1913-18 Mitglied des Sonntagskreises (L. Fülep, A. Lesznai, B. Fogarasi, K. Mannheim, A. Hauser, T. Gergerly, J. Révai, F. Antal, Ch. d. Tolnay), aus dem 1917 die „Freie Schule für Geisteswissenschaften“ erwuchs, eine Gegen-Universität, die sich gegen den damals herrschenden Positivismus und Materialismus, aber auch den relativistischen Impressionismus richtete und von den Mitgliedern des Sonntagskreises getragen wurde. In Heidelberg studierte L. bei H. Rickert und W. Windelband, lernte Emil Lask, Stefan George, Friedrich Gundolf kennen und verkehrte mit Bloch im Max-Weber-Kreis. 1914/15 beschäftigte er sich intensiv mit Hegel, dem Marxismus und dem Anarcho-Syndikalismus. 1915 absolvierte L., kriegsuntauglich geschrieben, einen kurzen Dienst bei der Briefzensur in Budapest, wohin er 1917 endgültig zurückkehrte. 1918 stellte er einen Habilitationsantrag in Heidelberg, der als für einen ungar. Staatsangehörigen unzulässig zurückgewiesen wurde. Im Dez. 1918 trat er der Kommunistischen Partei Ungarns bei, wurde Redakteur der „Internationale“ und 1919 Mitglied des Zentralkomitees, dann Volkskommissar für Unterrichtswesen der Räterepublik sowie politischer Kommissar. Nach dem Sturz der Räteregierung leistete er zwischen 1919 und 1929 illegale Parteiarbeit in Budapest und Wien, war Delegierter der kommunistischen Partei Ungarns auf dem II. und III. Weltkongreß der Kommunistischen Internationale in Moskau (1920, 1921) sowie Mitarbeiter an den Zeitschriften „Kommunismus“, „Vörös Ujság“ und „Rote Fahne“. 1923 veröffentlichte L. die Schrift „Geschichte und Klassenbewußtsein“, die ein Zentralwerk des kritischen westlichen Marxismus wurde und ihm heftige Kritik als „Linksabweicher“ (Bucharin, Sinowjew, Deborin) eintrug. 1928 erschienen seine „Thesen über die politische und wirtschaftliche Lage in Ungarn und über die Aufgaben der kommunistischen Partei Ungarns“. Die Kritik der Partei und der Kommunistischen Internationale veranlaßte L. zu Selbstkritik und zum Rückzug von der Parteiarbeit.

    Nach seiner Ausweisung aus Österreich 1930 emigrierte L. nach Moskau, wo er am Marx-Engels-Lenin-Institut mitarbeitete und Freundschaft mit M. Lifschitz schloß. 1931/33 hielt er sich in Berlin auf, war dort Mitglied des Bundes proletarisch-revolutionärer|Schriftsteller (BPRS) und des Schutzverbandes deutscher Schriftsteller (SDS) und arbeitete an den Zeitschriften „Die Linkskurve“ und „Internationale Literatur“ mit. 1933 emigrierte er erneut in die UdSSR. In Moskau war L. seit 1934 Mitglied der Akademie der Wissenschaften der UdSSR und Mitarbeiter an den Zeitschriften „Internationale Literatur“ und „Literaturny j kritik“, seit 1936 an der „Literar. Rundschau“, 1937/38 an der „Deutschen Zentral-Zeitung“; 1938-41 war er als Chefredakteur der ungarischen Emigrantenzeitschrift „Uj Hang“ (Neue Stimme) tätig. 1941 wurde er mit dem sowjetischen Schriftstellerverband nach Taschkent evakuiert. Im Dez. 1944 kehrte L. nach Budapest zurück, wurde dort o. Professor für Ästhetik und Kulturphilosophie, diskutierte 1946 bei den „Rencontres internationales de Genève“ mit K. Jaspers über den „Europäischen Geist“ und stellte dessen existentiellem Selbstbewußtsein die Vision einer Weltdemokratie gegenüber. Er war 1949-56 Mitglied des ungar. Parlaments und des Präsidiums der Ungar. Akademie der Wissenschaften. 1956 wurde L. Minister für Volksbildung in der Regierung I. Nagy, nach deren Scheitern er nach Rumänien deportiert wurde. Nach der Rückkehr im April 1957 arbeitete L. zurückgezogen bis zu seinem Tod an seiner „Ästhetik“ und „Ontologie“.

    L.s Werk umfaßt vier Arbeitsgebiete, die gleichzeitig Lebensperioden entsprechen. In der ersten Periode (1902–18) verfaßte L. vorwiegend Essays. Er war zu dieser Zeit die Zentralfigur der jungen radikalen bürgerlichen Intelligenz in Budapest, die sich an der nordischen Dramatik, der deutschen idealistischen Philosophie und romantischen Dichtung sowie an franz. Aufklärung und Gesellschaftsform orientierte. Wenn L. sich schon damals als Sozialist bezeichnet und den Terminus „Soziologie“ verwendet, handelt es sich um Oppositionsgesten gegen die ideologisch-politischen Zustände in der österr.-ungar. Monarchie, deren moralischem Niedergang ein neues Wertbewußtsein im Sinne gesellschaftlicher Verantwortung entgegengestellt werden sollte. Die Hauptschriften dieser Zeit, „Die Seele und die Formen“ (ungar. 1910, dt. 1911), „Entwicklungsgeschichte des modernen Dramas“ (ungar. 1911, dt. 1981), „Heidelberger Ästhetik“ (1916/18) und „Die Theorie des Romans“ (1914/15), zeigen L. als empfindsamen Philosophen in „einer Stimmung der permanenten Verzweiflung über den Weltzustand“. Schon in den Essays über Novalis, Kassner, George und Kierkegaard wird eine antiromantische Linie deutlich, insofern L. hier die Vernunft als phantasieauslösendes Mittel der Gestaltung der Erlebniswirklichkeit versteht. Die „Entwicklungsgeschichte“ ist als Darstellung des Dramas vom 18. bis zum 20. Jh. wissenschaftlich noch heute beachtenswert. Die „Ästhetik“ versucht eine systematische Antwort auf die Frage nach der Begründung von Kunst zu geben, scheitert aber methodologisch am festgehaltenen Subjekt-Objekt-Gegensatz, den L. später dialektisch-materialistisch zur Totalität zu versöhnen versucht. Geprägt von Simmels und Diltheys Antipositivismus und beeinflußt von Lask, Rickert und Weber, beschränkt sich L. in diesem Werk, das Fragment geblieben ist, auf eine idealistische Position. „Die Theorie des Romans“ stammt ganz aus der Schule der Geisteswissenschaften und sucht „eine im Wesen der ästhetischen Kategorien, im Wesen der literarischen Form begründete, historisch fundierte allgemeine Dialektik des Genres, die eine innigere Verknüpfung von Kategorie und Geschichte anstrebt, als … bei Hegel“. Das Buch, das Max Weber faszinierte und bei Thomas Mann Zustimmung fand, ist zugleich mit Ernst Blochs „Geist der Utopie“ entstanden und bis heute ein Höhepunkt spekulativer Literaturtheorie geblieben.

    In der zweiten Periode (1918–33) widmete sich L. vor allem der praktischen Politik bzw. der kommunistischen Parteiarbeit. Die Schriften dieser Zeit (Politische Aufsätze 1918–29, dt. 1975-79) verdeutlichen L.s pragmatische Wende. Es geht ihm um moralische Probleme der neuen Ordnung sowie den Aufbau und dann die illegale Erhaltung der Partei, zugleich aber um die Einbeziehung der bürgerlichen Kultur und ihrer Errungenschaften in das kommunistisch-marxistische Weltbild. Dabei war für L. Kultur der Zweck und Politik immer nur Mittel. L.s tagespolitische Aufsätze dieser Zeit stehen in engem Zusammenhang mit seinen literaturkritischen und literaturtheoretischen Schriften. Stand in der vormarxistischen Periode die Form im Mittelpunkt, so entwickelt L. hier das Konzept eines am Fortschritt der Menschheit orientierten, inhaltsbezogenen Realismus. Deutlich getrennt von dieser Produktion, ragt der Aufsatzband „Geschichte und Klassenbewußtsein“ (1923) aus dem Gesamtwerk von L. hervor; dies Werk ist der Ausgangspunkt einer Erneuerung des Marxismus, an Bedeutung und Wirkung vergleichbar Heideggers „Sein und Zeit“ (1927). L.s zentrale Kategorien sind „Totalität“ und „Verdinglichung“. Totalität umfaßt Sein und Bewußtsein, Gegenwart und Geschichte, Theorie und Praxis; nach L. kann es keine reine Tatsache geben, sie ist jeweils ein Moment von Totalität, die sich ihrerseits dynamisch entwickelt. In der Totalität ist jeweils als real antizipiert, was im Bewußtsein nur als Möglichkeit auftaucht. Totalität ist nicht Realität, sondern beschreibt und entwirft, was der Fall sein kann und soll. Durch die Geschichte schafft sich der Mensch nach dem Bild, das er von sich als Gattungswesen entworfen hat. Mit dem Interesse der Gattung fällt das des Proletariats als Klasse unter der Voraussetzung zusammen, daß das Proletariat als Risikogemeinschaft die überwiegende Mehrheit der gegenwärtigen Menschheit ausmacht und deshalb historisch berufen ist, durch seine Arbeit den revolutionären Prozeß zu ermöglichen, den totalisierenden Befreiungsakt der Weltgeschichte.

    Die dritte Periode (1933–56), umfaßt die Entstehungszeit seiner Schriften zum „großen Realismus“, in denen sich L. der gesellschaftlichen Bedeutung der Literatur zuwandte. Die Studien über den Expressionismus (v. 1934), Balzac (v. 1936), den historischen Roman (v. 1936/37), Heine (v. 1937), Keller (v. 1939), Raabe (v. 1940), Stendhal (v. 1945), die deutsche Literatur im Zeitalter des Imperialismus, Fortschritt und Reaktion in der deutschen Literatur (v. 1945), Goethe und seine Zeit (v. 1947) machen deutlich, daß Literatur nur in Rücksicht auf den Kontext politischökonomischer Bedingungen gestaltet wie verstanden werden kann und daß die Beschränkung auf literarische Technik und Form den Sinn ignoriert, der der Kunst historisch zukommt. Nach L. ordnet sich Literatur einer allgemeinen Bewegung ein, die der Aufklärung und der bürgerlichen Revolution als Befreiung von Tradition und Autokratie verpflichtet ist. L.s Maßstäbe sind Stendhal, Balzac, Tolstoi, Gorki, Fontane und Th. Mann und über allen Goethe. In ihren Werken findet L. – unabhängig von der jeweiligen Weltanschauung – die Widerspiegelung der dialektischen Dynamik des gesellschaftlichen Lebens. Widerspiegelung bedeutet in diesem Zusammenhang keine mechanische Wiedergabe; vielmehr die Reproduktion der intensiven Totalität menschlichen Lebens. Von dieser humanistischen Position aus sind die Fehlurteile L.s gegenüber dem literarischen Avantgardismus von Musil, Brecht, Beckett und Joyce zu begreifen. Er selber hat der Rettung des Erbes der Aufklärung in der Literatur als eines unverzichtbaren Bestandteils jeder Kultur den Vorzug vor formalen Experimenten, Neoromantizismus und l'art pour l'art jeglicher Art eingeräumt. Gegenüber einer manipulativen Funktionallisierung von Literatur hat L. einer Literatur des Widerstands die Treue gehalten, deren Realismus die faktischen gesellschaftlichen Widersprüche verständlich macht und die gerade in der literarischen Aufhebung gesellschaftlicher Antagonismen auf die Beschaffenheit von Freiheit und Glück für alle vorausweist.

    In der vierten Periode suchte L. die Summe seiner politischen und historischen, wissenschaftlichen und menschlichen Erfahrungen zu geben. Ausgehend von Arbeiten über Nietzsche und die faschistische Ästhetik sowie Karl Marx und F. Th. Vischer (v. 1934), das Problem der objektiven künstlerischen Form (v. 1935), die Ästhetik Tschernyschewskis (v. 1952) und die Kategorie der Besonderheit (v. 1956) und gestützt auf eine gründliche Neubewertung Hegels, arbeitete L. über 6 Jahre lang an einer Ästhetik (erschienen 1963), in der alle Tendenzen seines Lebenswerks zusammengefaßt und zugleich die idealistischen Ansätze der frühen ästhetischen Schriften überwunden werden sollten. Wenngleich L. von einer Gleichberechtigung des Objektiven und Subjektiven ausgeht und betont, daß es dasselbe Sein ist, das sich objektiv wie subjektiv darstellt, räumt er zunehmend der subjektiven Seite Priorität ein. Die objektivistische Widerspiegelungstheorie Lenins wird überschritten, das objektive Vor-Bild geht in den Prozeß ein, in welchem das im Künstler repräsentierte kollektive Bewußtsein Eigenleistungen zur Konstitution der Wirklichkeit erbringt. Kunst wird zum Produkt aus Historizität und Wahrheit, Widerspiegelung wird zur Mimesis. Kunst wird verstanden als höchste Lebenstätigkeit des Menschen überhaupt, als Ziel menschlicher Befreiung, die nicht erst mittelbar Katharsis erzeugt, sondern selbst schon ist. Kunst gilt als Vor- und Mitarbeit an der Konstitution von Wahrheit. Künstlerische Mimesis, die im Gegensatz zur wissenschaftlichen sich anthropomorphisierend zeigt, hat das Besondere zum Gegenstand, das Allgemeine zum Rahmen und ist auf welthafte Vermittlung aus, richtet sich also darauf, im einzelnen Schicksal historisch verbindlich den Gesamtprozeß der Menschwerdung konkret zu verdeutlichen. L. rechtfertigt in seiner Ästhetik die künstlerische Produktion geschichtlich und philosophisch-systematisch. Innerhalb der marxistischen Diskussion geht er über den Schematismus von Basis und Überbau hinaus, deren Dialektik Kunst nach L. utopisch aufheben kann. Die Kritik hat|angesichts dieses umfangreichen Werks fälschlicherweise einen Rückzug aus der Geschichtsphilosophie in die Ästhetik behauptet, der die Dialektik als Voraussetzung für die Bewegungen zwischen Künstler und Wirklichkeit, Besonderem und Allgemeinem stillstelle.

    L.s Spätwerk „Die Ontologie des Gesellschaftlichen Seins“ (dt. 1984/86) versucht eine umfassende Erneuerung des Marxismus. Als Vorstufen sind die Kritik des Irrationalismus in der Geistesgeschichte in dem Werk „Der junge Hegel“ (1948) und „Die Zerstörung der Vernunft“ (1954) anzusehen. L. begreift die zeitgenössische Seinsphilosophie (N. Hartmann) als konsequentes Begleitphänomen fortschreitender Verdinglichung, von der auch marxistische Theorie bei der Dominanz kapitalistischer Produktionsweisen nicht freigeblieben ist. Demgegenüber gilt es, eine Gesellschaftsontologie zu entwickeln und die Grundstrukturen gesellschaftlicher Totalität, also gerade den dynamischen Prozeß der Vermenschlichung, faßbar zu machen. Weder das konkrete Einzelne, noch das abstrakte Seiende ist ontologisch konstitutiv; vielmehr kann das Denken des Seins nur auf der Basis des historischen Prozesses gesellschaftlicher Beziehungen stattfinden. Erst auf der Seinsstufe des Menschen wird es möglich, die in der Natur durchgehend waltende Kausalität für teleologische Setzungen zu benutzen. Teleologische Setzungen sind erfahrungsgeleitete, aber phantasiebezogene Zielbestimmungen abstrakter Möglichkeiten, die unter Benutzung der natürlichen Kräfte (Kausalität, Naturgesetze) wirklich erreicht werden können. Der Mensch ist nach L. nicht gegenüber der Kausalität und den Naturgesetzen, wohl aber in bezug auf Alternativen teleologischer Setzungen frei. Wert und Sollen, die sich in der dem Menschen gegenüber neutralen Natur nicht finden, entwickeln sich nach L. aus Erfolgen innerhalb der Verwirklichung von teleologischen Setzungen. Für L. resultiert insgesamt ein immer zielorientierterer, daher immer menschlicherer, von den Naturzwängen entfernterer Prozeß, eben der von Geschichte. Hier siedelt L. auch die Entstehung von Kunst an: überschüssige Handlungen, die im Verfolg teleologischer Setzungen nicht funktional sind, führen zu symbolischen Akten. Teleologie richtet sich nicht auf Kunst, ist aber deren unverzichtbare Voraussetzung. Die Rezeption dieses Werkes, das sich in Hauptkapiteln dem Positivismus, N. Hartmann, Hegel und Marx zuwendet, um dann in systematischen Abschnitten Arbeit, Reproduktion, Ideologie und Entfremdung abzuhandeln, beginnt erst (vgl. N. Tertullian)|

  • Awards

    Kossuth-Preis (1955), Goethe-Preis d. Stadt Frankfurt (1970).

  • Works

    Werke hrsg. v. F. Benseler seit 1962, 2: Frühschrr. II, Gesch. u. Klassenbewußtsein, 1968;
    4: Probleme d. Realismus I, Essays üb. Realismus, 1970, 5: Probleme d. Realismus II, Der russ. Realismus in d. Weltliteratur, 1964, 6: Probleme d. Realismus III, Der hist. Roman, 1965, 7: Dt. Lit. in zwei Jhh., 1964, 8: Der junge Hegel - Über d. Beziehungen v. Dialektik u. Ökonomie, ³1967, 9: Die Zerstörung d. Vernunft, 1962, 10: Probleme d. Ästhetik, 1969, 11: Ästhetik, T. 1 - Die Eigenart d. Ästhetischen, 1. Halbbd., 1963, 12: Ästhetik, T. I - Die Eigenart d. Ästhetischen, 2. Halbbd., 1963, 13: Zur Ontologie d. gesellschaftl. Seins, 1. Halbband, 1984 (in Zus.arb. mit d. Lukács-Archiv, Budapest), 14: Zur Ontologie d. gesellschaftl. Seins, 2. Halbbd., 1986, 15: Entwicklungsgesch. d. modernen Dramas, 1981, 16: Frühe Schrr. z. Ästhetik I, Heidelberger Philos. d. Kunst (1912–14), 1974 (mit G. Márkus), 17: Frühe Schriften z. Ästhetik II, Heidelberger Ästhetik (1916-28), 1974 (mit dems.). -
    Pol. Aufsätze 1918–29, hrsg. v. F. Benseler u. J. Kammler, 5 Bde., 1975-79;
    Moskauer Schrr., Zur Lit.theorie u. Lit.pol. 1934–40, hrsg. v. F. Benseler, 1981. - Briefe u. Zeugnisse:
    Briefwechsel 1902–17, hrsg. v. E. Karádi u. E. Fekete, 1982;
    Ernst Bloch u. G. L., Dokumente z. 100. Geb.tag, 1984. -
    Gelebtes Denken - Eine Autobiogr. im Dialog, 1981;
    Veröff. d. Lukács-Archivs (Budapest) aus dem Nachlaß v. L., hrsg. v. L. Sziklai, 1979 ff.

  • Literature

    Bibliogrr.: J. Hartmann, in: Festschr. z. 80. Geb.-tag, 1965;
    Magyar filozófiai szemle, Sondernr. L., 1-2, 1985;
    Weimarer Btrr., H. 4, 1985. - Festschrr.:
    G. L. z. 70. Geb.tag, 1955;
    Festschr. z. 80. Geb.-tag v. G. L., hrsg. v. F. Benseler, 1965;
    G. L. z. 13. April 1970, hrsg. v. F. Benseler, Giese, Jirak u. a., 1970;
    G. L., Text u. Kritik, H. 39/40, hrsg. v. F. Benseler, 1973;
    Praxis-Sonderh. Mai - Aug. 1973. -
    A. Deborin, L. u. s. Kritik d. Marxismus, in: Arbeiterlit., H. 10, 1924;
    J. Devérite (L. Kofler), Der Fall L., 1952;
    Th. W. Adorno, Erpreßte Versöhnung (1958), in: Ges. Schrr. XI, 1974;
    H. Koch (Hrsg.), G. L. u. d. Revisionismus, 1960;
    L. Goldmann, L'Estétique du jeune L., in: Médiations, 1961;
    ders., G. L., Die Theorie d. Romans, in: ders., Dialekt. Unterss., 1966;
    ders., L. et Heidegger, 1973;
    H. Althaus, G. L. od. Bürgerlichkeit als Vorschule e. marxist. Ästhetik, 1962;
    P. Ludz, Marxismus u. Lit., in: G. L., Schrr. z. Lit.soziol., 1963;
    Th. Pinkus (Hrsg.), Gespräche mit G. L., 1967;
    D. Kettler, Marxismus u. Kultur, 1967;
    H. Arvon, G. L. ou le front populaire en littérature, 1968;
    L. Baxandall, Marxism and Aesthetics, 1968;
    E. Bloch, Aktualität u. Utopie, Zu „Gesch. u. Klassenbewußtsein“, in: Werke X, 1969;
    G. Gunnarson, G. L., 1969;
    E. Bahr, G. L., 1970;
    G. H. R. Parkinson, G. L., 1970;
    G. Lichtheim, G. L., 1971;
    W. Michel, Marxist. Ästhetik - ästhet. Marxismus, 2 Bde., 1971;
    I. Mészáros (Hrsg.), Aspekte v. Gesch. u. Klassenbewußtsein, 1972;
    F. J. Raddatz, G. L. in Selbstzeugnissen u. Bilddokumenten. 1972;
    T. Hanák, L. war anders, 1973;
    J. Matzner (Hrsg.), Lehrstück L., 1974;
    J. Kammler, Pol. Theorie v. G. L., Theorie u. hist. Praxisbezug bis 1929, 1974;
    Autorenkollektiv, G. L., Verdinglichung u. Klassenbewußtsein, 1975;
    W. Mittenzwei (Hrsg.), Dialog u. Kontroverse mit G. L., 1975;
    Féher-Heller-Markus-Vajda, Notes on L.s Ontology, in: Telos, 1976;
    I. Hermann, Die Gedankenwelt v. G. L., 1976;
    M. Löwy, Pour une Sociologie des Intellectuels revolutionnaires, L'Evolution politique de L. 1909-29, 1976;
    S. Toivainen, Nuovi L., 1977;
    A. Heller (Hrsg.), Die Seele u. d. Leben, Studien z. frühen L., 1977;
    dies., (Hrsg.), L. Reappraised, 1983;
    U. Apitzsch, Gesellschaftstheorie u. Ästhetik b. G. L. bis 1933, 1977;
    H.-J. Schmitt (Hrsg.), Der Streit mit G. L., 1978;
    G. Ahrweiler (Hrsg.), Betr.: L., Dialektik zw. Idealismus u. Proletariat, 1978;
    E. Matassi, Il giovane L., 1979;
    N. Tertullian, On the later L., in: Telos 1979;
    ders., Die Ontol. v. G. L., in: Merkur, 1985;
    A. Arato, The young L. and the Origins of Western Marxism, 1979;
    A. Feenberg, L., Marx and the Sources of Critical Theory, 1981;
    F. Benseler (Hrsg.), Revolutionäres Denken - G. L., 1984;
    ders., Materialismus u. Innovation, in: Neue Gesellschaft, Frankfurter Hh. 1985;
    G. Pasternack, G. L. -
    späte Ästhetik u. Lit.theorie, 1985;
    E. Karádi u. E. Vezér, G. L., Karl Mannheim u. d. Sonntagskreis, 1985;
    K. Beiersdörfer, Max Weber u. G. L., Über d. Beziehungen v. verstehender Soziol. u. westl. Marxismus, 1986.

  • Portraits

    in: G. L., Sein Leben in Bildern, Selbstzeugnisse u. Dokumente, hrsg. v. E. Fekete u. E. Karádi, 1981;
    Bronzefigur v. I. Varga, 1986 (Budapest, Szent István Park).

  • Author

    Frank Benseler
  • Citation

    Benseler, Frank, "Lukács, Georg" in: Neue Deutsche Biographie 15 (1987), S. 509-513 [online version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd11857518X.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA