Küstermeier, Rudolf
Küstermeier, Rudolf Konrad Heinrich
Deckname: Helmut Schul(t)z
1903 – 1977
Journalist, Widerstandskämpfer
- Lebensdaten
- 1903 – 1977
- Geburtsort
- Bielefeld
- Sterbeort
- Tel Aviv
- Beruf/Funktion
- Journalist ; Widerstandskämpfer ; Chefredakteur ; Widerstandskämpfer
- Konfession
- konfessionslos
- Normdaten
- GND: 1125541016 | OGND | VIAF: 39913797
- Namensvarianten
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- Küstermeier, Rudolf Konrad Heinrich
- Schultz, Helmut /Deckname
- Schulz, Helmut /Deckname
- Küstermeier, Rudolf
- Küstermeier, Rudolf Konrad Heinrich
- Schultz, Helmut /Deckname
- Schulz, Helmut /Deckname
- Küstermeier, Rudolf
- Küstermeier, Rudolph
- Küstermeier, Rudolf Conrad Heinrich
- küsthermeier, rudolf konrad heinrich
- Küstermeier, Rudolph
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- Adolf Eichmann (1906–1962)
- Axel Eggebrecht (1899–1991)
- Claus Dieter Nagel (1923–2008)
- Curt Bley (1910–1961)
- Derrick Sington (1910–1969)
- Erich Lüth (1902–1989)
- Erwein O. Spielmann (geb. 1920)
- Franz Hering (1902–l990)
- Hans Zehrer (1899–1966)
- Heinz Schewe (1921–2009)
- Konrad Adenauers (1876–1967)
- Theodor Heuss (1884–1963)
- Willy Brandt (1913–1992)
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Der sozialdemokratische Journalist Rudolf Küstermeier engagierte sich vor und nach 1933 gegen die Nationalsozialisten. Als Mitgebegründer der Widerstandsgruppe „Der rote Stoßtrupp“ wurde er Ende 1933 verhaftet und 1934 zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt. Im April 1945 aus dem Konzentrationslager Bergen-Belsen befreit, war er von 1946 bis 1950 Chefredakteur der britischen Modellzeitung „Die Welt“. Er trug als Mitinitiator der Aktion „Friede mit Israel“ 1951 zur deutsch-israelischen Aussöhnung bei und wurde 1957 erster deutscher Auslandskorrespondent in Israel.
Lebensdaten
Geboren am 9. Februar 1903 in Bielefeld Gestorben am 4. Dezember 1977 in Tel Aviv Grabstätte in Hamburg Konfession konfessionslos -
Lebenslauf
9. Februar 1903 - Bielefeld -
Genealogie
Vater Ernst Küstermeier Mutter Marie Küstermeier, geb. Frevert 1. Heirat 1929 Ehefrau Elisabeth Johanna Küstermeier, geb. Schaaf 8.10.1906–1.7.1988 aus Freiburg im Breisgau; katholisch; Widerstandskämpferin; 1947 in 2. Ehe verh. mit Fritz Eberhard, geb. Hellmuth Rauschenplat (1896–1982), sozialdemokratischer Journalist, Widerstandskämpfer Scheidung 1938 2. Heirat 1946 Ehefrau Fanny Küstermeier, geb. Walowic geb. 4.3.1916 aus Kovno (heute Kaunas, Litauen); jüdisch; bis April 1945 im Konzentrationslager Bergen-Belsen inhaftiert Kinder eine Tochter Diese Grafik wurde automatisch erzeugt und bietet nur einen Ausschnitt der Angaben zur Genealogie.Küstermeier, Rudolf (1903 – 1977)
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Vater
Ernst Küstermeier
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Mutter
Marie Küstermeier
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1.·Heirat
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Ehefrau
Elisabeth Küstermeier
8.10.1906–1.7.1988
aus Freiburg im Breisgau; katholisch; Widerstandskämpferin; 1947 in 2.·Ehe verh. mit Fritz Eberhard, geb. Hellmuth Rauschenplat (1896–1982), sozialdemokratischer Journalist, Widerstandskämpfer
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2. Heirat
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Ehefrau
Elisabeth Küstermeier
8.10.1906–1.7.1988
aus Freiburg im Breisgau; katholisch; Widerstandskämpferin; 1947 in 2.·Ehe verh. mit Fritz Eberhard, geb. Hellmuth Rauschenplat (1896–1982), sozialdemokratischer Journalist, Widerstandskämpfer
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Biografie
Küstermeier besuchte die Volks- und Mittelschule in Bielefeld, absolvierte eine Ausbildung zum Lehrer in Gütersloh und studierte von 1923 bis 1928 Geschichte, Philosophie, Soziologie, Zeitungswissenschaft und Nationalökonomie in Münster, Freiburg im Breisgau und Berlin. Seit 1923 Mitglied der SPD, schloss er sich der Sozialistischen Studentenschaft und dem Deutschen Pazifistischen Studentenbund an, als dessen Bundesvorsitzender er für den April 1926 nachgewiesen ist. Küstermeier organisierte Jugendkongresse und internationale Austauschprogramme und war seit 1925 freier Mitarbeiter (links-)liberaler Blätter wie der „Frankfurter Zeitung“, der „Neuen Badischen Landeszeitung“ und des „Stuttgarter Neuen Tageblatts“.
Als Dozent an der Deutschen Hochschule für Politik in Berlin, erhielt Küstermeier 1932 ein Stipendium der Deutschen Gemeinschaft zur Erhaltung und Förderung der Forschung und publizierte kurz nach der nationalsozialistischen Machtübernahme 1933 mit „Die Mittelschichten und ihr politischer Weg“ seine erste Monografie. In dieser noch im selben Jahr verbotenen Studie beschwor er die Notwendigkeit, „Proletariat und Bürgertum, Unter- und Mittelschicht“ zum „gemeinsamen Kampf für den Sozialismus“ zu gewinnen, kritisierte den Nationalsozialismus für seine „beispiellose Verhetzung“ der Mittelschichten im Sinne des Antimarxismus, warf aber auch seiner eigenen Partei eine „für die Massen oft widerspruchsvolle und unverständliche Politik“ vor.
Im Juli 1932 übersiedelte Küstermeier nach Berlin, wo er u. a. mit seinen Vertrauten Curt Bley (1910–1961) und Franz Hering (1902–l990) als Reaktion auf den „Preußenschlag“ einen Diskussionszirkel zum Umgang mit dem Nationalsozialismus gründete. aus dem sich die Widerstandsgruppe „Der Rote Stoßtrupp“ formierte. Grund dafür war die Enttäuschung der jungen Sozialdemokraten über die offizielle Parteipolitik von SPD und KPD, die sich mit dem Gang in das Prager Exil in ihren Augen diskreditiert hatten. Die Gruppe nannte sich „Roter Stab“, später „Der Rote Stoßtrupp“ und wuchs rasch. Am 9. April 1933 erschien die erste Ausgabe der gleichnamigen illegalen Zeitung, die von Küstermeier mitherausgegeben wurde und bis Ende 1933 in einer Auflage von zuletzt 1500 Exemplaren fast wöchentlich erschien, in Deutschland verteilt und in das europäische Ausland verschickt wurde.
Die Führungsriege des „Roten Stoßtrupps“ wurde am 29. November 1933 enttarnt und verhaftet. Am 27. August 1934 durch den Berliner Volksgerichtshof wegen Vorbereitung zum Hochverrat zu zehn Jahren Haft verurteilt, war Küstermeier bis Februar 1944 in den Zuchthäusern Luckau (Brandenburg), Brandenburg-Görden und Sonnenburg (Brandenburg) inhaftiert. Zwei Wochen nach seiner Haftentlassung wurde er erneut verhaftet und in das Zwangsarbeitslager Großbeeren bei Berlin gebracht, ehe seine erste Ehefrau Elisabeth ca. Anfang 1944 eine Verlegung in das Krankenlager Mahlow bei Berlin erwirkte. Seit Juni 1944 verbrachte Küstermeier sechs Monate wegen Haftunfähigkeit in Freiheit, wurde im Dezember 1944 in dem Konzentrationslager Sachsenhausen inhaftiert und später in das Konzentrationslager Bergen-Belsen verlegt, wo er als Schreiber im Krankenblock eingesetzt war.
Bei der Befreiung des Lagers durch britische Truppen machte Küstermeier Bekanntschaft mit dem Offizier Derrick Sington (1910–1969), einem Mitglied des Intelligence Corps, der ihn in Kontakt mit der Vorbereitungsgruppe der geplanten Modellzeitung für die britische Besatzungszone „Die Welt“ brachte. Nachdem der als Chefredakteur vorgesehene Hans Zehrer (1899–1966) kurz vor dem Erscheinen der ersten Ausgabe entlassen worden war, übernahm Küstermeier am 1. April 1946 die Leitung des Blatts. Zu der Redaktion, die zu 40 % aus Redakteuren bestand, die im NS-Staat journalistisch tätig gewesen waren, zählten u. a. Claus Dieter Nagel (1923–2008), Heinz Schewe (1921–2009) und Erwein O. Spielmann (geb. 1920), der, ebenfalls Opfer des NS-Regimes, Küstermeiers engster Vertrauter wurde.
Als Chefredakteur der „Welt“ trat Küstermeier für eine selbstbewusste deutsche Politik ein, die die Verantwortung für die Vergangenheit übernehmen müsse, warb für Vertrauen in die britische Besatzungsmacht und würdigte die Arbeit des Internationalen Militärgerichtshofs im Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher. Als mit dem Ende der Lizenzpflicht 1949 eine zunehmende Ökonomisierung des Zeitungsmarkts einsetzte und die Auflage der „Welt“ zu sinken begann, forderte Küstermeier in einem Memorandum eine unverändert politische Qualitätszeitung, die zuverlässiger als alle Konkurrenzblätter informieren und die „Sache“ stets über den „Effekt“ stellen müsse. Zum 31. März 1950 musste er auf Druck der Verlagsleitung, die sich stärker an ökonomischen als an den idealistischen Zielen ihres Chefredakteurs orientierte, seinen Abschied nehmen, blieb der Zeitung aber durch einen Sitz im Beirat des Verlags der „Welt“ sowie als Berater verbunden.
In der Überzeugung, die Regierung Konrad Adenauers (1876–1967) unternehme zu wenig für eine Aussöhnung der Bundesrepublik mit Israel, initiierte Küstermeier 1951 mit dem Journalisten Erich Lüth (1902–1989) die Aktion „Friede mit Israel“. Ziel der Initiative, der sich u. a. Willy Brandt (1913–1992), Theodor Heuss (1884–1963) und Axel Eggebrecht (1899–1991) anschlossen, war es, durch eine Medienkampagne Handlungsdruck auf die Regierung auszuüben. Im Februar 1957 wurde Küstermeister als erster deutscher Journalist dauerhaft in Israel akkreditiert und arbeitete bis 1968 aus Tel Aviv für die Deutsche Presseagentur, den Deutschlandfunk, den Norddeutschen Rundfunk und den Westdeutschen Rundfunk. Während seiner Arbeit, für die er 1963 bedeutende Auszeichnungen erhielt, berichtete er u. a. 1961 über den Prozess gegen Adolf Eichmann (1906–1962) in Jerusalem.
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Auszeichnungen
1963 Carl-von-Ossietzky-Medaille der Internationalen Liga für Menschenrechte 1963 Theodor-Wolff-Preis des Bundesverbands Deutscher Zeitungsverleger 1963 Verdienstkreuz 1. Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland seit 1979 Rudolf-Küstermeier-Preis der Israelisch-Deutschen Gesellschaft, Tel Aviv -
Quellen
Nachlass:
Bundesarchiv, Berlin-Lichterfelde, DY55/1753.
Weitere Archivmaterialien:
Universitätsarchiv Freiburg im Breisgau, B 0070 / 202 Disziplinarakten 1913–1968. (Strafsache gegen Küstermeier wegen Aufhetzung, Beleidigung u. a.)
Bundesarchiv, Berlin-Lichterfelde, NS 38/2739. (Denkschrift über den Deutschen Pazifistischen Studentenbund vom Bundesvorsitzenden Rudolf Küstermeier)
Staatsarchiv Hamburg, 731-8_A 760 Küstermeier, Rudolf. (Zeitungsausschnittsammlung)
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Werke
Die Proletarisierung des Mittelstands und die Verwirklichung des Sozialismus, in: Die Arbeit. Zeitschrift für Gewerkschaftspolitik und Wirtschaftskunde 8 (1931), S. 761–774. (Onlineressource)
Auf den Weg zur Autarkie, in: Neue Blätter für den Sozialismus 4 (1933), S. 171–179.
Die Mittelschichten und ihr politischer Weg, 1933.
Widerstand, in: Geist und Tat. Monatsschrift für Recht, Freiheit und Kultur 3 (1948), S. 204–207.
Wie wir in Belsen lebten. Ein Rückblick von Rudolf Küstermeier, in: Derrick Sington, Die Tore öffnen sich. Authentischer Bericht über das englische Hilfswerk von Bergen-Belsen, 1948, S. 87–124.
Amerika zwischen Krieg und Frieden. Reiseeindrücke, 1951.
Der Rote Stoßtrupp, 1972, 31981.
Die politischen Realitäten des Jahres 1951, in: Erich Lüth (Hg.), Die Friedensbitte an Israel. Eine Hamburger Initiative, 1976, S. 97–101.
Friede mit Israel, in: ebd., S. 115–118, Nachdr. aus: Die Welt v. 1.9.1951.
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Literatur
Die ersten Jahre. Erinnerungen aus den Anfängen eines Zeitungshauses. Beiträge zur Geschichte des Verlagshauses Die Welt, hg. v. d. Abteilung Information im Verlagshaus Die Welt, 1962.
Christian Sonntag, Medienkarrieren. Biografische Studien über Hamburger Nachkriegsjournalisten 1946–1949, 2006, bes. S. 191–198.
Dennis Egginger-Gonzalez, Der Rote Stoßtrupp. Eine frühe linkssozialistische Widerstandsgruppe gegen den Nationalsozialismus, 2018.
Lars-Broder Keil, „Mit diesen braunen Bonzen furchtbar abrechnen“, in: Welt online v. 27.4.2018. (Onlineressource)
Sven Felix Kellerhoff, Kopf des Tages. Rudolf Küstermeier. „WELT soll die Brücke schlagen zu anderen Völkern“, in: Welt online v. 2.4.2021. (Onlineressource)
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Onlineressourcen
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Porträts
Fotografien, Unternehmensarchiv Axel Springer, Berlin.
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Autor/in
→Christian Sonntag (Bad Bentheim)
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Zitierweise
Sonntag, Christian, „Küstermeier, Rudolf“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.10.2024, URL: https://www.deutsche-biographie.de/1125541016.html#dbocontent