Lebensdaten
1857 – 1940
Geburtsort
Rennersdorf (Oberlausitz)
Sterbeort
Frankfurt/Main
Beruf/Funktion
evangelischer Theologe ; Politiker
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118597612 | OGND | VIAF: 54279047
Namensvarianten
  • Rade, Martin
  • Martin, Paul
  • Rade
  • mehr

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Zitierweise

Rade, Martin, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118597612.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Moritz Leberecht (1815–92), Pfarrer in Berthelsdorf b. Herrnhut, S d. Lehrers Johann Gottfried (1781–1855);
    M Karoline Thekla (1824–98), T d. Landwirts Christoph Gottlob Glöckner (1794–1881);
    Callnberg (Sachsen) 1889 Dora (1868–1945), T d. Oberpfarrers Friedrich Hugo Naumann (1826–90) u. d. Agathe Marie Ahlfeld (1836–1908);
    1 S, 2 T, u. a. Gottfried (1891–1987), Pfarrer in Steinbach, Hallenberg u. Chur, Helene (1895–1985, Peter Barth, 1888–1940, Pfarrer, B d. Karl Barth, 1886–1968, Prof. f. systemat. Theol. in Basel, s. BBKL, L); Schwager Friedrich Naumann (1860–1919), Pol. (s. NDB 18).

  • Biographie

    Nach seiner Schulzeit in Berthelsdorf und dem Abitur in Zittau 1875 studierte R. Theologie in Leipzig, wo er entscheidende Impulse durch Adolf Harnack (1851–1930) und dessen Auseinandersetzung mit der Lehre Albrecht Ritschls (1822–89) empfing. In Ablehnung einer spekulativen Grundlegung der Theologie entstand R.s historisch-kritische Sicht auf das Christentum, dessen ethische Substanz er nachdrücklich betonte. Religion und Ethik, christl. Glaube und sittliches Handeln waren für R. eng miteinander verbunden. Die Wissenschaftlichkeit der historischen Methode in der Exegese und eine nüchterne Praxisbezogenheit in der Ethik prägten sein theol. Selbstverständnis. 1878 legte R. das erste, 1880 das zweite theol. Examen ab. In seiner Zeit als Hauslehrer in Leipzig wurde er 1881 bei Harnack mit der kirchenhistorischen Arbeit „Damasus von Rom, Bischof von Rom, Ein Beitrag zur Geschichte der Anfänge des röm. Primats“ (gedr. 1882) zum Lic. theol. promoviert. Nach Militärdienst in Berlin trat R. 1882 eine Pfarrstelle in Schönbach (Oberlausitz) an, bis er 1892 an die Frankfurter Paulskirchengemeinde wechselte.

    Mit den Weggefährten aus seiner Leipziger Zeit, Wilhelm Bornemann (1858–1946), Friedrich Loofs (1858–1928) und Paul Drews (1858–1912), gründete R. 1886 die Wochenschrift „Die Christliche Welt“, mit der bis heute R.s Name verbunden ist. Ihr Ziel bestand darin, dem seit der 2. Hälfte des 19. Jh. anhaltenden Entchristlichungs- und Entkirchlichungsprozeß bes. der gebildeten Schichten entgegenzuwirken. Das Blatt entwickelte sich unter R.s Herausgeberschaft bis 1931 zu einem Hauptorgan des „Kulturprotestantismus“, in dem aktuelle Fragen in Theologie, Kultur und Politik kontrovers erörtert wurden. 1941 mußte sein Nachfolger Hermann Mulert (1879–1950) das Erscheinen der „Christlichen Welt“ aus politischen Gründen einstellen.

    Auf die Schönbacher Zeit geht die Freundschaft mit Friedrich Naumann zurück, dessen Schwager und politischer Parteigänger R. wurde; beide gehörten 1890 zum Gründungskomitee des Ev.-Sozialen-Kongresses. In Marburg, wo er sich 1899 für Systematische Theologie habilitierte und seit 1900 lehrte (1904 Extraordinarius, 1921 Ordinarius), gestaltete er gemeinsam mit dem Völkerrechtler Walther Schücking (1875–1935) die Lokal- und Landespolitik der Linksliberalen. R. war seit 1904 Mitglied der „Freisinnigen Vereinigung“, seit 1910 der „Fortschrittlichen Volkspartei“ und nach 1918 der DDP, deren Abgeordneter er in der Preuß. Nationalversammlung 1919-21 war. Während der Weimarer Jahre zählte R. zu den profiliertesten Streitern um Aufbau und Erhalt der Republik. Bis zu seinem Tod trat er wiederholt mit kritischen Beiträgen zum Kirchenkampf in der „Christlichen Welt“ hervor.

  • Werke

    Weitere W Doktor Martin Luthers Leben, Thaten u. Meinungen, 3 Bde., 1894;
    Rel. u. Moral, Streitsätze f. Theologen, 1898;
    Die Rel. im modernen Geistesleben, 1898;
    Mehr Idealismus in d. Pol., 1911;
    Unsere Pflicht z. Pol., 1913;
    Dieser Krieg u. d. Christentum, 1915;
    Glaubenslehre, 3 Bde., 1924-27;
    Karl Barth – M. R., Ein Briefwechsel, hg. u. eingel. v. Ch. Schwöbel, 1981;
    Ausgew. Schrr., hg. u. eingel. v. dems., 3 Bde., 1988;
    An d. Freunde, Vertrauliche d. i. nicht f. d. Öff.keit bestimmte Mitt. (1903–1934), Nachdr. mit e. Einl. v. dems., 1993;
    Der Briefwechsel zw. Adolf v. Harnack u. M. R., Theol. auf d. öff. Markt, hg. u. kommentiert v. J. Jantsch, 1996 (P). – Mithg.: Zs. f. Theol. u. Kirche 17-27, 1907-17. |

  • Nachlass

    Nachlaß: Univ.bibl. Marburg.

  • Literatur

    J. Rathje, Die Welt d. Freien Protestantismus, Ein Btr. z. dt.-ev. Geistesgesch., dargest. an Leben u. Werk v. M. R., 1952 (P);
    Ch. Schwöbel, M. R., Das Verhältnis v. Gesch., Rel. u. Moral als Grundproblem seiner Theol., 1980;
    A. Ch. Nagel, M. R., Theol. u. Pol. d. Soz. Liberalismus, Eine pol. Biogr., 1996 (P);
    H. Ruddies, Lib. Kulturluthertum, M. R. (1857-1940), in: F. W. Graf (Hg.), Profile d. neuzeitl. Protestantismus, II/2, 1993, S. 398-422;
    G. Hübinger, Kulturprotestantismus u. Pol. im wilhelmin. Dtld., 1994;
    Nassau. Biogr.;
    Frankfurter Biogr.;
    Kosch, Biogr. Staatshdb.;
    Kosch, Lit.-Lex.³;
    BBKL (W-Verz.).

  • Autor/in

    Anne Christine Nagel
  • Zitierweise

    Nagel, Anne Christine, "Rade, Martin" in: Neue Deutsche Biographie 21 (2003), S. 86 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118597612.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA