Lebensdaten
1878 – 1915
Geburtsort
Sankt Ingbert (Saarland)
Sterbeort
Fromelles bei Lille
Beruf/Funktion
Maler ; Grafiker ; Zeichner ; Illustrator
Konfession
katholisch
Namensvarianten
  • Weisgerber, Albert

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Zitierweise

Weisgerber, Albert, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/sfz140093.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Peter (1835–95), aus St. I., Gastwirt u. Bäcker ebd., S d. Peter (1805–53), aus St. I., Metzger ebd., u. d. Maria Anna Schuster (1806–69), aus St. I.;
    M Elisabetha (1844–1903), aus Dudweiler b. Saarbrücken, T d. Matthias Pohl (1802–59), Kohlenmesser, u. d. Anna Katharina Frank (1804–68), beide aus Schwalbach;
    3 B (1 früh †) Peter Josef (* 1875), Maler in St. I., Friedrich Wilhelm (1876–1951), in St. I., 3 Schw (1 früh †) Charlotte Katharina (1869–1956, Peter Joseph Schwarz, * 1860, Geschäftsmann in St. I.), Anna (* 1872, Philipp Manville, * 1867, Lokomotivführer in Dudweiler);
    München 1907 Margareta (Margarete) (1878–1968, 2] Ernst [Heinrich] Collin[-Schönfeld], 1882–1954, aus Berlin, Archivar v. J. Dreyfus & Co. in Frankfurt/ M., Sprachlehrer in d. Türkei u. in London, Schriftst., Nachlaß im LBI), aus Prag, Malerin, Graphikerin (s. ThB), T d. Wilhelm Pohl (1838–1910?), aus Prag, Bankier ebd., u. d. Pauline Nachod (1850–1913?);
    Schwager Otto Pohl (1872–1941), sozialist. Publ., Dipl. (s. NDB 20);
    kinderlos.

  • Biographie

    Nach einer Lehre an der Kreisbaugewerbeschule in Kaiserslautern 1891–94 und anschließender Ausbildung an der Kunstgewerbeschule in München 1894–97 studierte W. bis 1901 an der dortigen Akademie der Bildenden Künste zunächst bei Gabriel Hackl (1843–1926), ab 1898 bei Franz v. Stuck (1863–1928), in dessen Klasse sich zahlreiche Künstler der späteren Münchner Avantgarde begegneten. Im Herbst 1902 begann W. den für Studenten üblichen Militärdienst als Einjährig-Freiwilliger, den er, den Gepflogenheiten entsprechend, mit dem Unteroffizierstitel beendete. Seit 1902 fertigte W. Illustrationen und satirische Zeichnungen für die Zeitschrift „Jugend“. Bis zum Ende dieser Tätigkeit 1913 gestaltete er etwa 500 Arbeiten.

    Intensiv nahm er am geselligen Leben der Münchner Moderne teil, porträtierte ihre Protagonisten und Unterstützer und stand dabei in engem Austausch u. a. mit dem anarchistischen Publizisten Erich Mühsam (1878–1934), dem Schriftsteller Ludwig Scharf (1864–1939) und dem Künstler Max Unold (1885–1964).

    Zwischen Okt. 1905 und Herbst 1907 hielt sich W. mehrmals für längere Zeit in Paris auf, wo er u. a. mit Künstlern wie Jules Pascin, Rudolf Levy und Hans Purrmann (1880–1966) im „Café du Dôme“ verkehrte, und machte die Bekanntschaft von Henri Matisse.

    Die erste Begegnung mit der zeitgenössischen franz. Kunstszene irritierte W. zwar deutlich, bewegte ihn aber zunächst nur zu thematischen und ersten koloristischen Veränderungen. Waren vor den Parisaufenthalten eher ländliche Themen sowie Porträts in dunkleren Tönen entstanden, zeigten seine Werke jetzt zunehmend hellere Farbtöne mit städtischen Sujets, wie Café-, Theater- und Zirkusszenen sowie Exotismen, wie Haremseinblicke. 1907–14 war W. als Zeichenlehrer an der Damenakademie des Münchner Künstlerinnenvereins tätig; er heiratete 1907 die Malerin Margarete Pohl, die fest in jüd. Intellektuellenkreise eingebunden war. Sein sich beschleunigender Reifungsprozeß ging einher mit einer intensivierten Beschäftigung mit der Kunst Hans v. Marées’ (1837–87), die er zwar seit 1904 kannte, deren nachhaltiger Einfluß aber erst nach einer großen Ausstellung Marées’ in der Münchner „Sezession“ 1908 / 09 einsetzte. Das darin deutlich werdende Interesse W.s an einer klassischen Umsetzung des Menschenbildes ist verbunden mit einer Auseinandersetzung mit der klassischen ital. Kunst selbst, die er 1909 (Florenz), 1911 (Rom, Pompeji, Neapel) und 1912 (Florenz, Rom, Pompeji) vor Ort studierte. 1909–13 zeichnet sich in W.s Selbstporträts eine Krise ab, die aus einer Problematisierung seines Künstlertums resultierte und die er in einer großen Zahl von Darstellungen des Hl. Sebastian stellvertretend durcharbeitete. Bei dem Versuch, die körperliche mit sinnbildlich verstandener Nacktheit zu einem Selbstbild zu vereinigen, gelangen W. Selbstporträts, in denen das künstlerische Scheitern Teil der Selbstdarstellung wird – eine Neuerung in der Geschichte männlicher Selbstbildnisse, die auf den Urheber selbst verweisen und den Künstler nicht nur in einer Rolle zeigen. Vergleichbares ist nur selten zu finden, wie bei den Vertretern der österr. Moderne Egon Schiele (1890–1918) oder Richard Gerstl (1883–1908). Andere Hauptwerke W.s in diesen Jahren zeigen Darstellungen alttestamentarischer Figuren, wie Absalom oder den Propheten Jeremias (dieser nur in Werken von 1912) sowie mythologische Szenen mit Amazonen. Gemeinsam mit Alexej v. Jawlensky (1865–1941), Adolf Erbslöh (1881–1947), Paul Klee (1879–1940), Alexander Kanoldt (1881–1939) u. a. gründete W. 1913 die Künstlervereinigung „Neue Münchner Secession“, deren erster Präsident er wurde. Im Aug. 1914 zum Militär einberufen, fiel er wenige Monate später.

    W.s Hauptwerke integrieren impressionistische Elemente in einen expressionistischen Duktus und lassen schließlich auch Anteile der späteren Neuen Sachlichkeit erahnen. Innerhalb der Geschichte des modernen Künstlerselbstverständnisses vertrat W. mit seinem Ziel einer Synthese von Marées, Paul Cézanne und religiösen Vorstellungen eine außergewöhnliche Position. Die stilistische Vielfältigkeit des Werkes und der frühe Tod des Künstlers waren einer breiteren Rezeption abträglich. Eine weiterreichende wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Leben und Werk begann erst Anfang der 1960er Jahre.

  • Auszeichnungen

    |1. Präs. d. Künstlervereinigung Neue Münchner Secession (1913);
    Mitgl. d. Werkbunds (1913) u. d. Freien Secession Berlin (1914);
    – A.-W.-Preis f. Bildende Kunst d. Stadt St. Ingbert (seit 1958);
    A.-W.-Stiftung, St. Ingbert (1992);
    – A.-W.-Mus. St. Ingbert (in Planung).

  • Werke

    |u. a. Öl/ Lwd.: Bildnis d. Dichters Scharf, 1905 (Bayer. Staatsgem.slgg., Neue Pinakothek, München);
    Dame mit Windhund, 1905 (A.-W.-Stiftung, St. Ingbert);
    Jugendbildnis Theodor Heuss, 1905 (Fam.archiv Heuss, Basel);
    Bildnis Jules Pascin, 1906 (Von-der-Heydt-Mus., Wuppertal);
    Jahrmarkt in St. Ingbert, 1906 (A.-W.-Stiftung, St. Ingbert);
    Studie z. Somalifrau, 1907 (Saarlandmus., Saarbrücken);
    Am Baum hängender Sebastian, 1909 / 10 (Kunstmus. Moritzburg, Halle/ Saale);
    Hl. Sebastian, 1910 (Bayer. Staatsgem.slgg., Neue Pinakothek, München);
    Im Münchner Hofgarten, 1911 (Städt. Gal. im Lenbachhaus, München);
    Klagender Jeremias vor d. Ruinen, 1912 (A.-W.-Stiftung, St. Ingbert);
    Sebastian mit den schwarzen Bogenschützen, 1913 (ebd.);
    Rast d. Amazonen, 1913 (Staatsgal. Stuttgart);
    Vorstadthäuser mit Menschen u. Schafherde, 1914 (A.-W.-Stiftung, St. Ingbert);
    Liegende in e. Berglandschaft, 1914 (Bayer. Staatsgem.slgg., Neue Pinakothek, München);
    David u. Goliath, 1914 (Saarlandmus., Saarbrücken);
    Absalom, 1914 (Hamburger Kunsthalle);
    – mehr als 100 Porträts, u. a. seiner Frau, u. ca. 25 Darstellungen d. Hl. Sebastian, alle Öl/ Lwd.;
    – größere Nachlaßbestände in d. A.-W.-Stiftung, St. Ingbert, u. im Saarlandmus., Saarbrücken.

  • Literatur

    | W. Hausenstein, A. W., Ein Gedenkb., hg. v. d. Münchener Neuen Sezession, München, 1918;
    A. W. 1878–1915, Handzeichnungen u. Aquarelle, Slg. Franz-Josef Kohl-Weigand (St. Ingbert), Ausst.-|kat. Mainz 1961;
    A. W., Gem., Zeichnungen, Graphik, Ausst.kat. Heidelberg 1962;
    S. Ishikawa-Franke, A. W., Leben u. Werk, Gem., Diss. Saarbrücken 1973, 1978 (W-Verz., L, P);
    W. Weber, A. W. (1878–1915) z. 70. Todestag, Selbstbildnisse, Fam., Freunde, Ausst.kat. St. Ingbert 1985 (P);
    A. W., hg. v. M. M. Grewenig, Ausst.kat. Speyer 1995;
    „Ich male wie ein Wilder“, A. W. in Briefen u. Dok., hg. v. G. Sauder, 2006 (P);
    B. Apke, Blicke wie Pfeile, A. W., Selbstporträts u. Sebastiansdarstellungen, Diss. Frankfurt/M. 2004, 2007 (L, P);
    A. W. (1878–1915), Wege d. Lebensfreude, Wege d. Lebensklage, Ausst.kat. Schweinfurt 2008;
    A. W. (1878–1915), Retrospektive, Ausst.kat. Saarbrücken 2015 (P);
    D. Kunkel, Die Arbeiterdarstellungen v. A. W. (1878–1915), Otto Weil (1884–1929) u. Fritz Zolnhofer (1896–1965) im weitreichenden Fokus d. „IndustrieMenschenBilder“ an d. Saar, Diss. Saarbrücken 2015, 2017;
    ThB;
    Vollmer;
    L. Dittmann, in: Saarländ. Lb. 1, 1982, S. 153–81 (L, P);
    Lex. d. Kunst, neu bearb. hg. v. H. Olbrich u. a., 1994, Bd. 7, S. 754 f.;
    Dict. of Art.

  • Porträts

    |Selbstbildnis mit gemaltem liegendem Akt, 1907 (Gal. Neue Meister, Staatl. Kunstslgg., Dresden);
    Selbstbildnis mit Pinsel u. Palette, 1908 (Niedersächs. Landesmus., Hannover);
    Selbstbildnis am Attersee, 1911 (A.-W.-Stiftung, St. Ingbert);
    Selbstbildnis mit nacktem Oberkörper, 1911 (Pfalzgal., Kaiserslautern);
    Selbstbildnis im Bademantel, 1912 (Saarlandmus., Saarbrücken).

  • Autor/in

    Bernd Apke
  • Zitierweise

    Apke, Bernd, "Weisgerber, Albert" in: Neue Deutsche Biographie 27 (2020), S. 671-673 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/sfz140093.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA