Lebensdaten
1864 – 1926
Geburtsort
Zürich
Sterbeort
München
Beruf/Funktion
Anthropologe
Konfession
konfessionslos
Normdaten
GND: 118945092 | OGND | VIAF: 57414035
Namensvarianten
  • Martin, Rudolf
  • Martin, Rudolph

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Zitierweise

Martin, Rudolf, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118945092.html [18.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Kaspar (1836–1910), Ing., Maschinenfabr. in Offenburg (Baden), S d. Konrad (1801–92), Kunstschreiner, Sparkassenverwalter u. Bgm. in Beuren b. Salem, u. d. Katharina Uhl;
    M Auguste (1826–1915), T d. Franz Strobel (1797–1847), Spitalverwalter u. Notar, u. d. Elisabetha Rieg;
    1) Freiburg 1890 (⚮) Anna (1865–1940), T d. Franz Hein, aus Cochem/Mosel, Kaufm. in Buenos Aires, u. d. Helene van Eicken, 2) München 1917 Stefanie (1877–1940), Dr. phil., Anthropologin, T d. Kaufm. Guido Oppenheim u. d. Julie Rice;
    3 S, u. a. aus 1) Kurt (s. 2).

  • Biographie

    M. verbrachte Kindheit und Jugend in Offenburg (Baden), bestand dort 1884 das Abitur und begann an der Univ. Freiburg ein Jurastudium. Schon nach 2 Semestern wechselte er an die Univ. Leipzig über, um dort Philosophie zu studieren. Während des Jurastudiums hatte M. Vorlesungen des Zoologen und Neodarwinisten A. Weismann gehört, die ihn schließlich veranlaßten, nach Freiburg zurückzukehren. Die Möglichkeiten, wissenschaftliche Theorien über den Ursprung der Menschheit mit philosophischen Ideen zu verbinden, wie Weismann sie seinen Studenten aufzeigte, müssen M. so beeindruckt haben, daß er sich der Anthropologie zuwandte. Er hörte aber auch Anatomievorlesungen bei R. Wiedersheim und beteiligte sich an den begleitenden anatomischen Sektionen. M. promovierte 1887 bei dem Philosophen A. Riehl mit der Arbeit „Kants philosophische Anschauungen in den Jahren 1762-66“ und besuchte dann bis 1890 mehrere anthropologische Sammlungen in Europa. Bei den Brüdern De Mortillet an der Ecôle d'Anthropologie in Paris war er zweimal Volontär. Nach der Rückkehr nach Zürich wurde M. Assistent von A. Forel. 1892 habilitierte er sich in der Philosophischen Fakultät der Univ. Zürich mit der Schrift: „Zur physischen Anthropologie der Feuerländer“. 1897 stellte ihm der Ordinarius für Anatomie G. Ruge zwei Räume in seinem Institut zur Verfügung, aus denen sich später das Anthropologische Institut entwickeln sollte. 1899 wurde M. zum ao. Professor und 1905 zum o. Professor für Anthropologie und zum Direktor der Ethnographischen Sammlung und des Anthropologischen Institutes der Universität ernannt. Vorher unternahm er 1897 eine große Forschungsexpedition nach Malaysia, auf der er detaillierte anthropologische Daten verschiedener Stämme aufnahm. Er veröffentlichte seine Ergebnisse 1905 in der Monographie „Die Inlandsstämme der Malayischen Halbinsel“. Zur Auswertung dieses Materials erdachte er neue, exaktere Methoden; die von ihm entwickelten Instrumente ermöglichten präzise anthropometrische Messungen der physiologischen und anatomischen Charakteristika dieser Menschen. Weiterhin lieferte er fundamentale Beobachtungen zur Geschichte der Malayen, ihren sozialen Beziehungen, ihren Wohnstätten u.ä.

    Seine angegriffene Gesundheit und die Möglichkeit, ohne Lehrverpflichtung forschen zu können, bewogen M., 1911 seine Professur niederzulegen und als Privatgelehrter nach Versailles zu gehen. Hier setzte er seine|Arbeiten an einem Handbuch der Anthropologie fort. Bei Ausbruch des 1. Weltkriegs mußte M. Frankreich verlassen. Sein gesamtes wissenschaftliches Material und sein Vermögen wurden beschlagnahmt. 1917 wurde er als Nachfolger Joh. Rankes auf den Lehrstuhl für Anthropologie an der Univ. München berufen. In dieser Stellung verblieb er bis zu seinem Tode. M.s „Lehrbuch der Anthropologie in systematischer Darstellung mit besonderer Berücksichtigung der anthropologischen Methoden für Studierende, Ärzte und Forschungsreisende“ (1914) wurde ein Standardwerk, dessen Ziel es war, die Anthropologie seiner Zeit, vor allem die Anthropometrie – das Hauptarbeitsgebiet M.s –, vollständig zu erfassen. Es wurde seit 1956 von K. Saller überarbeitet und ist inzwischen in mehreren Auflagen erschienen. M. definierte darin Anthropologie als die „Naturwissenschaft von den Hominiden in zeitlicher und räumlicher Hinsicht“ und forderte eine klare Abgrenzung von der Anatomie und der Physiologie.

    In seinen späten Jahren befaßte sich M. mit der Anthropologie der Europäer. Besonders in den Jahren der Hungersnot in Deutschland unternahm er Untersuchungen zum Einfluß von Hunger auf die Entwicklung von Schulkindern, deren Resultate 1923 in einem Ernährungsprogramm verwertet wurden. Ein Jahr vor seinem Tod gründete M. die Zeitschrift „Anthropologischer Anzeiger“.|

  • Auszeichnungen

    GR;
    Ehren- bzw. Korr. Mitgl. vieler wiss. Gesellschaften in Deutschland, Frankreich, Italien, den Niederlanden. Österreich, der Schweiz, Spanien, Rußland u. den USA.

  • Literatur

    K. Saller, in: Münchener Med. Wschr. 72, 1925, S. 59-72;
    S. Mollier. in: Jb. d. Bayer. Ak. d. Wiss. 1925, S. 26 f.;
    L. de Hoyos Sainz, in: Memorias de la Sociedad española de Antropologia 4.1925, S. 235-50;
    Anthropolog. Anz. 3, 1926, S. 15-17 (W-Verz.);
    E. Fischer, in: Anatom. Anz. 60, 1926, S. 443-48;
    K. Henning, Personalbibliogrr. d. Professoren u. Dozenten d. Anthropolog. Inst. an d. Naturwiss. Fak. d. Univ. München 1865-1970, Diss. Erlangen-Nürnberg 1972;
    H. Schadewaldt, in: DSB IX.

  • Porträts

    Phot. in: Geist u. Gestalt, Biogr. Btrr. z. Gesch. d. Bayer. Ak. d. Wiss., III, 1959.

  • Autor/in

    Katrin Sweeny
  • Zitierweise

    Sweeny, Katrin, "Martin, Rudolf" in: Neue Deutsche Biographie 16 (1990), S. 280-281 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118945092.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA