Lebensdaten
1743 – 1817
Geburtsort
Wernigerode
Sterbeort
Berlin
Beruf/Funktion
Chemiker ; Apotheker ; Professor der Chemie an der Universität Berlin
Konfession
reformiert?
Normdaten
GND: 118723367 | OGND | VIAF: 84799098
Namensvarianten
  • Klaproth, Martin Heinrich
  • Klapproth, M. H.
  • Klapproth, Martin H.
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Zitierweise

Klaproth, Martin Heinrich, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118723367.html [19.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Joh. Julius (1712–67), Schneidermeister in W., S d. Kutschers u. Pferdehändlers Joh. Georg in Zellerfeld u. d. Anna Elisabeth Oppermann aus W.;
    M Ursula Sophie (1716–85), T d. Schneidermeisters u. Waisenvaters Theodor Jul. Dehne in W.;
    Berlin 1780 Christiane Sophie (1748–1803), T d. Kaufm. Joachim Frdr. Lehmann (1710–76) u. d. Apothekers-T Anna Amalie Marggraf aus B.;
    Om d. Ehefrau Andreas Sigismund Marggraf ( 1782), Chemiker;
    1 S, 2 T Heinrich Julius (s. 1), Joh. Wilhelmine ( Bergrat Heinr. Carl Wilh. Abich, 1772–1844), Charlotte ( Moritz v. Bardeleben, 1777–1868, preuß. Gen. d. Inf., Gouverneur v. Koblenz, s. Priesdorff V, S. 213-15, P);
    E Hermann Abich ( 1886), Geologe (s. NDB I). Moritz v. Bardeleben (1814–90), preuß. WGR, Oberpräs. d. Rheinprovinz.

  • Biographie

    Als Sohn armer Eltern in dürftigen Verhältnissen aufgewachsen, besuchte K. als Kurrendejunge 1755-58 die Oberschule in Wernigerode, war 1759-64 Lehrling, bis 1766 Geselle der Rats-Apotheke in Quedlinburg, 1766-77 nacheinander Geselle der Hof-Apotheke in Hannover, der Mohren-Apotheke in Berlin, der Rats-Apotheke in Danzig, der|Apotheke zum weißen Schwan in Berlin und 1771-80 als Provisor Verwalter dieser (Roseschen) Apotheke. 1780 erwarb er die ehemals Marggrafsche Bären-Apotheke in Berlin, die er bis 1800 besaß. – Nachdem K. schon 1782 Assessor beim Obercollegium medicum und Privatdozent am Collegium medico-chirurgicum, 1784 Lehrer an der Bergakademie und 1787 Professor der Artillerie-Akademie geworden sowie 1788 zum Mitglied der Berliner Akademie der Wissenschaften gewählt worden war, erhielt er 1800 die Stellung des besoldeten ordentlichen Chemikers dieser Akademie und dazu 1810 auch das Amt des (ersten) ordentlichen Professors der Chemie an der Universität Berlin.

    Autodidakt, ohne jedes Hochschulstudium, gilt K. als der hervorragendste Chemiker seiner Zeit in Deutschland. Allen Hypothesen und spekulativen Überlegungen abgeneigt, betrachtete er das Experiment als einzige Grundlage chemischer Erkenntnisse. Er war einer der ersten im heutigen Sinne wissenschaftlich, methodisch-exakt, ohne willkürliche Korrekturen quantitativ arbeitenden Analytiker. Damit wurde er zum Begründer der genauen Gewichtsanalyse und hat durch seine Untersuchungen die Entwicklung der Mineralchemie wesentlich gefördert. – Seine ersten größeren wissenschaftlichen Arbeiten dienten 1776 der Charakterisierung des Kopals und seiner Identifizierung als Pflanzenharz, 1782 der aufklärenden Untersuchung der Bestuscheffschen Eisentinktur, eines gegen Bleichsucht vielgebrauchten Heil- und Geheimmittels. Im weiteren Verlauf seiner Arbeiten hat er etwa 300 Mineral-Analysen nach seiner neuen Methode durchgeführt und die meisten zur eigenen Kontrolle mehrmals wiederholt. Dabei fand er 7 neue Elemente. 1789 entdeckte und charakterisierte er das Zirkon und das (von ihm benannte) Uran, das er allerdings metallisch noch nicht ganz rein darstellen konnte. 1792 folgte die Auffindung, Beschreibung und Benennung des Titans. 1793 fand er (gleichzeitig mit Thomas Charles Hope, aber unabhängig von diesem) das Strontium, das er charakterisierte, und 1797 (gleichzeitig mit Vauquelin) das Chrom. 1798 bestätigte er das von Müller von Reichenstein nur vermutete Tellur und charakterisierte es. Dem von Vauquelin gefundenen und zuerst Glycinium benannten Element gab K. den ihm verbliebenen Namen Beryllium. 1803 entdeckte er, gleichzeitig mit Berzelius und Wilhelm Hisinger, aber unabhängig von ihnen, das Cer, das er zunächst Ochroit, später Cererium benannte. 1802 führte K. mit seinem Schüler Valentin Rose dem Jüngeren das Bariumnitrat zur Aufschließung von Silikaten in die Analyse ein. Er stellte 1797 fest, daß das „Alcali vegetabile“, das heutige Kaliumkarbonat, keineswegs nur pflanzlicher Herkunft sei, sondern auch im Mineralreiche vorkomme. 1799 fand, charakterisierte und benannte er die Honigsteinsäure.

    Den Lavoisierschen „antiphlogistischen“ Theorien schloß sich K. 1792, erst verhältnismäßig spät, an, nachdem er eine experimentelle Nachprüfung in der Akademie der Wissenschaften durchgesetzt hatte. Dann aber bekannte er sich vorbehaltlos zur neuen Lehre und ebnete ihr durch seine Autorität den Weg in Deutschland. Die meisten seiner wissenschaftlichen Entdeckungen hat er im Laboratorium seiner Berliner Apotheke zum Bären, die er mit großer Gewissenhaftigkeit selbst leitete, ausgeführt. Auch das Uran hat er dort entdeckt. Auf pharmazeutischem Gebiet hat er durch sorgfältige Untersuchungen das Geheimmittelwesen seiner Zeit bekämpft, hat entscheidend an der Apothekengesetzgebung, vor allem an der Revidierten Apotheker-Ordnung von 1801, mitgewirkt und war (unter Mitarbeit von Hermbstaedt, Rose und Formey) der Schöpfer der ersten nach wissenschaftlichen Grundsätzen gestalteten preußischen Pharmakopöe von 1799.

    Die Ergebnisse von K.s Untersuchungen wurden in deutschen und ausländischen Zeitschriften veröffentlicht. Überarbeitet hat er sie in 6 Bänden „Beiträge zur chemischen Kenntnis der Mineralkörper“, 1795-1815 gesammelt herausgegeben. Von Wichtigkeit sind auch sein (unter Mitarbeit von Friedrich Wolff) in 5 Bänden 1815-19 erschienenes „Chemisches Wörterbuch“ und die von ihm überarbeitete 3. Auflage des Grenschen Werkes „Systematisches Handbuch der gesamten Chemie“ (3 Bände, 1806 f.). K. war Mitherausgeber verschiedener chemischer Zeitschriften. Von mehreren seiner Bücher erschienen Ausgaben in englischer und französischer Sprache.|

  • Auszeichnungen

    Mitgl. v. üb. 30 wiss. Ges., u. a. d. Inst. de France in Paris;
    Obermedizinalrat;
    Dr. phil. [h. c.] (Erlangen 1806).

  • Literatur

    ADB 16;
    E. G. Fischer, in: Abhh. d. Ak. d. Wiss. in Berlin 1818/19, 1820;
    A. Harnack, Gesch. d. Kgl. Preuß. Ak d. Wiss. zu Berlin III, 1900 (W);
    O. Zekert, M. H. K., 1922 (W);
    G. Bugge, Das Buch d. gr. Chemiker, 1929, I, S. 334 ff. (P);
    G. E. Dann, K. als Mitgl. d. Ak. d. Wiss., in: Pharmazeut. Ztg. 82, 1937;
    ders., K.s Wandlung z. Antiphlogistiker, in: Wiss. Zs. d. Karl-Marx-Univ. Leipzig 5, 1955/56, H. 1/2;
    ders., Die Entdeckung d. Urans, in: Veröff. d. Internat. Ges. f. Gesch. d. Pharmazie e. V., NF, Bd. 8, 1956;
    ders., M. H. K. (1743-1817), 1958 (W, L, P);
    Pogg. I.

  • Porträts

    Ölgem., n. 1811 (München, Dt. Mus.), Abb. b. Dann, 1958, s. L.

  • Autor/in

    Georg Edmund Dann
  • Zitierweise

    Dann, Georg Edmund, "Klaproth, Martin Heinrich" in: Neue Deutsche Biographie 11 (1977), S. 707-709 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118723367.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Klaproth: Martin Heinrich K., berühmter Chemiker, geb. am 1. Dec. 1743 in Wernigerode, zu Berlin am 1. Jan. 1817. Seinen ersten Unterricht erhielt er in der Stadtschule zu Wernigerode und trat mit 16 Jahren in eine Apotheke in Quedlinburg, in der er 7 Jahre verblieb. Vom J. 1766—68 war er Gehülfe in einer Apotheke in Hannover, wo zuerst sein Sinn für wissenschaftliches Studium geweckt wurde. Die J. 1768—71 verbrachte er in gleicher Eigenschaft in Berlin und Danzig und kam dann wieder nach Berlin zurück als Provisor der Apotheke von Valentin Rose, mit dem er sich innig befreundete, so daß dieser, als er noch im selben Jahre starb, ihm die Erziehung seiner beiden Söhne und die Apotheke überließ. Hier richtete sich nun K. ein zweckmäßiges Laboratorium ein und gab sich selbständigen wissenschaftlichen Untersuchungen hin und zwar mit solchem Erfolge, daß er 1782 zum Mitglied des Sanitätscollegiums, 1787 zum Mitglied der Akademie der Künste und 1788 zum Mitglied der Akademie der Wissenschaften ernannt wurde. Schon vorher hatte er Vorlesungen an der Artillerieschule gehalten und bald darauf wurde er zum Professor der Chemie daselbst ernannt. Bei der Gründung der Berliner Universität erhielt er den ordentlichen Lehrstuhl für Chemie. Die französische Akademie ehrte ihn besonders durch Ernennung zum auswärtigen Mitgliede. Klaproth's Hauptverdienste bestehen sowol in seinen exacten und zum Theil originellen Untersuchungen auf dem Gebiete der analytischen Chemie, als auch darin, daß er der erste deutsche Chemiker war, der Lavoisier's antiphlogistisches System objectiven und gründlichen Prüfungen unterzog und dann demselben beitrat und auch seine akademischen Collegen zum Verlassen der damals noch in Deutschland herrschenden Stahl’schen Lehre bewog. Es gehörten in jener Zeit nicht nur ein klarer Verstand, gründliche Kenntnisse und gute Beobachtung dazu, sich von dem tief eingewurzelten Glauben an das Phlogiston loszureißen, man mußte auch die Redlichkeit und den Muth der Ueberzeugung Klaproth's besitzen, um in jener Zeit eine Lehre in Deutschland einzuführen, die als moderne französische Chemie von den einstigen Gegnern Lavoisier's jetzt pomphaft verkündigt wurde. K. war aber nicht nur ein Anhänger der Lavoisier’schen Richtung, bei welcher die Wage „das Ausschlaggebende“ ist, weshalb man mit Recht die neue Aera das Zeitalter der quantitativen Untersuchungen nennt, er war auch ein Förderer dieser Schule und zwar ein Förderer im eminentesten Sinne des Wortes. Er war, in Deutschland jedenfalls, und neben Proust überhaupt, der bedeutendste Analytiker vor Berzelius. Wir verdanken ihm die gewissenhafte Angabe der direct durch die Analyse gewonnenen Resultate, wodurch er dem den Fortschritt der Wissenschaft hemmenden Unfug, nach willkürlichen Vorstellungen corrigirte Resultate vorzulegen, hoffentlich für immer ein Ende machte. Wir verdanken ihm weiter gewisse Vorsichtsmaßregeln vor Ausführung der Wägung; eine Verbesserung in dem Aufschließen der Silicate, die vorzügliche, noch jetzt vielfach benutzte Methode zur Trennung des Eisens vom Mangan mittelst bernsteinsaurem Natron, und gleichzeitig mit Meyer die Erkenntniß, daß das kaltbrüchige Eisen diese so gefürchtete Eigenschaft durch die Anwesenheit des Phosphors erhalte. Er konnte weiter den Nachweis führen, daß die so verschiedenartig krystallisirenden Mineralien Kalkspath und Aragonit genau dieselbe Zusammensetzung besitzen (das zweite Beispiel für die damals noch unbekannte Dimorphie), er zeigte die Aehnlichkeit der Zusammensetzung der Meteorsteine untereinander und bestimmte zuerst die richtige Zusammensetzung des Ultramarins. Seine Genauigkeit im Analysiren führte ihn auch zu den großen Entdeckungen,|die ihm einen in der Wissenschaft bleibenden Namen gesichert haben: im Jahre 1789 entdeckte er die Zirkonerde und das Uran, welches letztere er allerdings nicht im metallischen Zustande darstellen lehrte. Im J. 1795 fand er das Titan und das Cer, letzteres gleichzeitig mit Berzelius, 1799 die Honigsteinsäure. Daß Strontianerde von der Baryterde verschieden ist, erkennt er im J. 1793 kaum später als Hope. Er bestätigt ferner die Entdeckung der Beryllerde und die des Chroms, welche kurz vorher durch Vauquelin gemacht worden war, und die des von Müller von Reichenstein vermutheten Tellurs. Von größeren Schriften erwähnen wir hier: „Beiträge zur chemischen Kenntniß der Mineralkörper“ (6 Bde., Berlin 1795—1815), das mit Wolff herausgegebene „Chemische Wörterbuch“ (5 Bde., 1807—10) und die Uebersetzung des Handbuchs der Chemie von Gren.

    • Literatur

      Vgl. Poggendorff, Handwörterbuch, I, 1266. Kopp, Gesch. d. Chemie, I, 343—49, IV, 8 etc.

  • Autor/in

    Ladenburg.
  • Zitierweise

    Ladenburg, Albert, "Klaproth, Martin Heinrich" in: Allgemeine Deutsche Biographie 16 (1882), S. 60-61 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118723367.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA