Lebensdaten
1865 – 1929
Geburtsort
Rothbach (Unteres Elsaß)
Sterbeort
Eisenach
Beruf/Funktion
Schriftsteller ; Journalist
Konfession
lutherisch
Normdaten
GND: 11877994X | OGND | VIAF: 19691165
Namensvarianten
  • Lienhard, Fritz
  • Lienhard, Friedrich
  • Lienhard, Fritz
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Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Lienhard, Friedrich, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd11877994X.html [19.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Friedrich ( 1909), Lehrer, S e. Schmieds in Menchhofen b. Ingweiler, aus Bauern- u. Schmiedefam.Schmiedefamilie; M Elisabeth Gutbub ( 1877) aus Rothbach;
    1915 Marie (* 1868), T d. Werkmeisters Philipp Zentz u. d. Christine Wehrung; Schwager Joh. Georg Zentz (1875- n. 1945), Gymnasialprof. in Straßburg.

  • Biographie

    Die streng lutherische Erziehung und die Beschäftigung mit Pascal, Matthias Claudius, Matthison, Hölty, Klopstock und Geibel bestimmten die frühe Jugend L.s. Nach dem Besuch des Gymnasiums von Buchsweiler begann er 1885 in Straßburg das Studium der Philosophie und Theologie und führte es 1887/89 in Berlin fort, wo er Kontakte zu Ernst v. Wildenbruch und Karl Bleibtreu knüpfte. Auf Empfehlung Bleibtreus und in Parallele zu dessen Schrift „Die Revolution der Literatur“ veröffentlichte die Monatsschrift „Die Gesellschaft“ 1888 sein erstes literarisches Programm „Die Reformation der Literatur“, das in seiner kämpferischen Kritik eines lebensfernen bürgerlichen Ästhetizismus dem Naturalismus nahestand. Allerdings wandte sich L. gegen die Überschätzung des naturwissenschaftlichen Denkens. Die Erneuerung der Literatur solle nicht durch den Bruch mit aller Tradition erfolgen, sondern im Rückgriff auf Griechentum, Christentum und deutsche Klassik. Die Tragödie „Weltrevolution“ (1889) will weniger den sozialen Konflikt zwischen Unternehmer und Arbeiter als geistige und seelische Kämpfe darstellen.

    Im Winter 1888/89 kehrte L. nach Straßburg zurück, brach aber im März 1889 sein Theologiestudium endgültig ab. 1890-92 war er Hauslehrer in Großlichterfelde b. Berlin. Nach einem Aufenthalt in Oberbayern und einer Reise über das Elsaß nach Paris übernahm er 1893 die Redaktion der nationalen Zeitschrift „Das Zwanzigste Jahrhundert“. Bekannt wurden seine kulturkritischen Auffassungen durch die Mitarbeit im Feuilleton der „Deutschen Zeitung“ seit 1896.

    Unter dem Einfluß von Ernst Wachler und von Langbehns „Rembrandt als Erzieher“ vollzog L. mit den „Liedern eines Elsässers“ (1895) und dem Zeit- und Wanderbuch „Wasgaufahrten“ (1895) die endgültige Abwendung vom Naturalismus. Die ethische Verurteilung der modernen Industriekultur führte zu einem geistigen und literarischen Programm, das sich an Natur und einfachem Menschentum orientiert. Im Anschluß an Reisen nach Norwegen, Schottland und zur Ostsee und unter dem Einfluß von Burns, Ruskin, Carlyle und Emerson formulierte L. im Essayband „Neue Ideale“ (1901) seine neue Lebens- und Kunstauffassung: Materialismus, Internationalismus, Sozialismus und Pazifismus, aber auch einseitig militärischer und ökonomischer Nationalismus hätten zu einer Kulturkrise geführt, die nur durch einen erneuerten Glauben an die Harmonie der Schöpfung bewältigt werden könne. In der wichtigsten Streitschrift dieses Bandes, „Geschäftliche Vorteile Berlins“, kritisierte L. die fortschreitende Kommerzialisierung des Literaturbetriebes, die Konzentration des Verlags-, Bühnen- und Pressewesens auf Berlin und die damit wirksame kulturelle Monopolstellung der Hauptstadt, die den naturalistischen und ästhetizistischen Strömungen zum Erfolg verholfen habe.

    Unter dem Schlagwort „Los von Berlin“ fordert L., daß nicht mehr die Großstadt, sondern Dorf und Landschaft als Inbegriff integrer und gesunder Verhältnisse dargestellt werden sollten. Damit wurde L. einer der Programmatiker der Heimatkunstbewegung. Zusammen mit Adolf Bartels gründete er 1900 die Zeitschrift „Heimat“, deren Leitung er aber bereits nach wenigen Monaten wieder abgab, um sich von der nun entstehenden Mode partikularistischer landschaftlicher Sonderkunst abzusetzen durch eine programmatische Verallgemeinerung des Heimatbegriffs. In Konsequenz seines Programms zog sich L. 1903 aus Berlin in den Thüringer Wald zurück. Von hier aus wirkte er im gleichen Jahr an der Gründung der ersten Freilichtbühne, des Harzer Bergtheaters von Ernst Wachler mit, das eine Reihe seiner Dramen aufführte; er knüpfte Kontakt zu Johannes Müllers „Freistätte persönlichen Lebens“ in Schloß Mainberg und unterstützte Karl Muth bei der Gründung der Zeitschrift „Hochland“. „Höhenkunst“ wurde nun eine neue Formel für seinen Rückzug aus der verurteilten materialistischen Massengesellschaft. Fern von ihr sollte sich im „Hochland des Geistes“ eine „Auslese der Menschheit“ um Erneuerung von Idealen bemühen und dem Volk dienen als Führer und Vermittler von klassischen und modernen Vorbildern wie Homer, Shakespeare, Friedrich der Große, Kant, Herder, Schiller, Goethe, Jean Paul, Hölderlin, Emerson, Gobineau, Whitman (Wege nach Weimar, 6 Bde., 1905–08).

    L.s Dramen handeln von altdeutschen und griech. Sagen sowie Legenden. Abseits von zeitgenössischen Themen und Problemen sollten sie Festspiele „für den Sonntag“ sein. Mit Ausnahme von „Der Fremde“ – dem Mittelstück seiner Trilogie „Eulenspiegel“ (1896 u. 1900) – und der Komödie „Münchhausen“ (1900) fanden sie nur wenig Echo. Populär geworden sind neben den programmatischen Schriften nur die Romane. „Oberlin“ (1910) gibt eine Weltanschauungsgeschichte in Auseinandersetzung mit der Franz. Revolution. Besonders deutlich wird L.s Programm im Gegenwartsroman „Der Spielmann“ (1913), in dem der autobiographische Züge tragende Held sich von der technikgläubigen und kapitalistischen Gesellschaft absondert, um auf einer symbolischen Bildungsreise über Lourdes, die Gralsburg, die Wartburg und Weimar die höhere Wahrheit einer harmonischen Innenwelt zu finden. In „Westmark“ (1919) verarbeitet L. das Erlebnis des Kriegsendes aus der Sicht des Elsaß, das als „urdeutsches Land“ Bestandteil des kulturellen Deutschlands bleiben müsse.

    Seit 1917 in Weimar ansässig, war L. 1920-28 Herausgeber des „Türmer“, für den er bereits 1904/05 gearbeitet hatte. In einer Reihe von philosophischen Essays (Der Meister der Menschheit, 3 Bde., 1919–21) forderte er nach Zerbrechen des „unbeseelten Reiches“ einen neuen Menschen, der Deutschland zu einem idealistischen und religiösen „Seelenreich“ umwandeln müsse. – Während L. besonders seit seinem 50. Geburtstag von vielen Seiten als nationaler Schriftsteller gefeiert wurde, kritisierte u. a. bereits 1913 Ernst Stadler die Überfrachtung seiner Werke mit Weltanschauung, den predigthaft rhetorischen und hymnischen Stil und seinen unversöhnlichen Kampf gegen alle Strömungen moderner Literatur. Heute wird L. vor allem im Zusammenhang mit der Heimatkunstbewegung und der Ideologie der konservativen Revolution genannt.|

  • Auszeichnungen

    Dr. phil h. c. (Straßburg 1915), D. theol. (Münster 1925);
    Prof.;
    Ehrenbürger v. Weimar u. d. Univ. Jena (1925).

  • Werke

    Weitere W u. a. Gesammelte Werke in 3 Reihen, 15 Bde., 1924-26 (P);
    Meisters Vermächtnis, 1927 (Roman). - W-Verz.:
    G. v. Wilpert u. A. Gühring, Erstausgg. dt. Dichtung, 1967.

  • Literatur

    K. Enders, L. als Lyriker, in: Das literar. Echo 8, 1905-06, Sp. 1572-76;
    K. Engelhardt, L.s äslhet. Schrr., ebd. 10, 1907-08, H. 4, Sp. 252-54;
    ders., F. L. als Lyriker, in: Westermanns Mhh. 52, 1908, H. 10;
    Adelheid v. Schorn, Das nachklass. Weimar, 2 Bde., 1911 f.;
    E. Stadler, F. L. (1913), in: ders., Dichtungen II, 1954, S. 61-78;
    W. E. Gierke, F. L. u. wir, 1915 (Festschr.);
    L.-Sondernummern d. Zss. „Lese“ u. „Bühne u. Welt“, 1915;
    P. Bülow, Das Kunstwerk R. Wagners in d. Auffassung L.s, 1920;
    ders., F. L., d. Mensch u. d. Werk, 1923 (P);
    K. Dürre (Hrsg.), L.-Festspiele im Harzer Bergtheater, 1925 (Festspielh.);
    E. Barthel, Elsäss. Geistesschicksale, 1928, S., 81-142;
    K. König, F. L.s Weg v. Grenzland z. Hochland, 1929;
    C. Hallier, F. L. u. Chrstn. Schmitt, Zur 100. Wiederkehr ihrer Geb.tage, in: Stud. d.|Erwin v. Steinbach-Stiftung 1, 1965, S. 67-104;
    R. Sauerzapf, F. L. u. s. Kampf gegen negative Strömungen in d. Lit. seiner Zeit, in: Arbeitskreis f. dt. Dichtung, 1971, S. 32-44;
    A. Hauff, E. Koester, J. Schutte, Zur Genese apologet. u. reaktionärer Lit.strömungen in Dtld. um 1900, in: G. Mattenklott, K. R. Scherpe (Hrsg.), Positionen d. literar. Intelligenz zw. bürgerl. Reaktion u. Imperialismus, 1973, S. 210-305;
    Brümmer;
    W. Frels, L.-Bibliogr., in: Die schöne Lit. 26, 1925, S. 436-42;
    DBJ XI (u. Tl., L).

  • Porträts

    Rötelzeichnung v. C. A. Mülhardt, Umschlagbild v. F. L., Ges. Werke I, 1924;
    Phot. in: Soergel.

  • Autor/in

    Adalbert Wichert
  • Zitierweise

    Wichert, Adalbert, "Lienhard, Friedrich" in: Neue Deutsche Biographie 14 (1985), S. 530-532 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd11877994X.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA