Zille, Heinrich

Dates of Life
1858 – 1929
Place of birth
Radeburg bei Dresden
Place of death
Berlin
Occupation
Graphiker ; Maler ; Photograph
Religious Denomination
evangelisch
Alternate Names

  • Zille, Rudolf Heinrich
  • Zill, Rudolf Heinrich( bis um 1878)
  • Pfeiffer, W.( Pseudonym)
  • Zille, Heinrich
  • Zille, Rudolf Heinrich
  • Zill, Rudolf Heinrich( bis um 1878)
  • zill, rudolf heinrich
  • Pfeiffer, W.( Pseudonym)
  • pfeiffer, w.

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Citation

Zille, Heinrich, Index entry in: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/sfz143035.html [06.12.2025].

CC0

  • Zille (bis um 1878 Zill), Rudolf Heinrich (Pseudonym W. Pfeifer)

    | Graphiker, Maler, Photograph, * 10.1.1858 Radeburg bei Dresden, † 9.8.1929 Berlin, ⚰ Stahnsdorf bei Berlin. (bis 1916 evangelisch)

  • Genealogy

    V Johann Traugott Zill (eigtl. Z.) (1824–1909), Uhrmacher, Goldschmied, Feinschlosser, 1869 Mechaniker b. d. Fa. Siemens &
    Halske in B., S d. Johann Gottlob Z. ( 1845), Zimmerer, Bürger u. Hausbes. in Colditz;
    M Ernestine Louise ( 1908), Putzmacherin in D., T d. Traugott Friedrich Heinitz, Bergmann, Uhrmacher in Neu-Coschütz b. Potschappel (Erzgebirge), u. d. Rosine Friederike N. N., Bes. e. Stoffladens;
    Fürstenwalde (Brandenburg) 1883 Hulda Frieske (1865–1919), T e. Nadlermeisters u. Lehrers in Fürstenwalde;
    2 S Hans (1888–1934), Walter (1891–1959), Zeichner u. Graphiker, nach d. 1. Weltkrieg techn. Zeichner b. d. AEG, später in d. Werbeabtlg., zog 1919 in Z.s Wohnung (s. Vollmer), 1 T Margarete (Grete) (1884–1977, Georg Köhler, aus Demmin, Kunstdrechslermeister), Stenotypistin, Sekr., eröffnete 1950 mit d. Schriftst. u. Hg. v. Z.s Werken Gerhard Flügge in Demmin e. Gedenkstätte f. Z., Vfn. e. Biogr. v. Z., Ehrenbürgerin v. Demmin, übergab d. Märk. Mus. in B. Teile v. Z.s Nachlaß.

  • Biography

    Z. wuchs in prekären finanziellen Verhältnissen auf. 1861 zog die Familie nach Dresden, wo sie mehrfach den Wohnsitz wechselte und der Vater in Schuldhaft geriet. Die Mutter ging zu ihren Eltern nach Potschappel (heute Freital); hier besuchte Z. ab 1865 die Dorfschule. 1867 zogen beide nach Berlin, wohin der Vater bereits übersiedelt war. Es folgte eine Zeit großer Not, bis 1869 dank der Anstellung des Vaters und einer Erbschaft der Mutter ein Grundstück in Rummelsburg (heute Berlin-Lichtenberg) gekauft und ein kleines Wohnhaus erbaut werden konnte.

    Nach Beendigung der Volksschule 1872 erlernte Z. auf Anraten seines Zeichenlehrers den Beruf eines Lithographen in der Werkstatt von Fritz Hecht (erw. 1872–75). Daneben besuchte er Abendkurse an der Kunstschule der Akademie der Künste bei Carl Domschke (1812–1881) (Anatomie) und Theodor Hosemann (1807–1875), der ihn zeitweise persönlich betreute. 1876/77 nahm Z. als „geduldeter Hospitationsschüler“ am Abend-Aktzeichnen an der Kunstakademie teil. Mehrfach wechselte er die Werkstätten, ehe er 1877 bei der „Photographischen Gesellschaft“ im Zentrum Berlins eine – nur vom Militärdienst 1880–82 unterbrochene–30jährige Mitarbeit begann.

    In verantwortlicher Position war er hier an der Herstellung von Reproduktionen v. a. historischer Kunstwerke aus europ. Museen beteiligt. Insbesondere auf dem Gebiet der Photogravüre (auch Heliogravüre) und der photographischen Reproduktion erlangte er eine große Fertigkeit.

    Als die prosperierende „Photographische Gesellschaft“ 1892 größere Werkstätten und Ateliers in Charlottenburg bezog, fand Z. dort eine Wohnung, in der er bis zu seinem Tod lebte und arbeitete. Von hier aus unternahm er seine photographischen und zeichnerischen Exkursionen in das alltägliche Leben der wachsenden Großstadt Berlin. In hunderten Skizzen hielt er seine Beobachtungen fest, studierte Bewegungsabläufe, Kleidungsweisen, Gesten und Physiognomien von Passanten und Bewohnern. Zugleich photographierte er Figurenkonstellationen, stadträumliche Gegebenheiten wie Gassen, Plätze und Hinterhöfe, Ladenschilder und vieles andere als visuelle Erinnerung für seine Zeichnungen und schuf frühe Beispiele der „Street Photography“. 1900–07 nahm er nach eigener Auskunft auch das regelmäßige abendliche Aktzeichnen wieder auf, u. a. in den Studienateliers von Arthur Lewin-Funcke (1866–1937).

    Durch die Tätigkeit in seiner Firma fand Z. Zugang zu Berliner Künstlerkreisen. Er lernte Max Liebermann (1847–1935) kennen, später die Bildhauer August Gaul (1869–1921) und August Kraus (1868–1934), mit denen er enge Freundschaft schloß. Auch Ernst Barlach (1870–1938), Käthe Kollwitz (1867–1945), Fritz Klimsch (1870–1960) und Otto Nagel (1894–1967) gehörten zu seinem Freundeskreis. Z. wurde Mitglied im „Kegelclub der Reinhold-Begas-Schüler“ und erhielt durch Liebermann eine Einladung zur Teilnahme an der Ausstellung „Zeichnende Künste“ der Berliner Secession (1901).

    In diesen Jahren entstanden figurenreiche, dicht gebaute und detailliert ausgeführte, oft farbige Zeichnungen, die, beeinflußt von William Hogarth und Théophile-Alexandre Steinlen, eigenständige Genreszenen aus dem Leben der sog. Halbwelt der verarmten Künstler, Animierdamen, Dirnen, Schlafburschen, Trinker und Bewohner düsterer Hinterhofwohnungen zeigen. Als „Feierabendkünstler“ ging Z. mit großem Ernst und sozialem Anspruch zu Werke, was ihm die Bewunderung seiner akademisch gebildeten Bildhauerfreunde einbrachte. 1899 wurde Z. von Kraus in der Gestalt des Ritters Wedigo von Plotho in einer Büste verewigt, die Teil einer Figurengruppe auf der Berliner Siegesallee war. 1903 wurde Z. Mitglied der Berliner Secession und beteiligte sich mehrfach an deren Ausstellungen. Er arbeitete auch für den Münchner „Simplicissimus“, ab 1904 für das|Wiener Blatt „Der Liebe Augustin“ und die „Berliner Illustrirte“ sowie ab 1905 für die Berliner Zeitschriften „Ulk“ und „Lustige Blätter“ und für die Münchner „Jugend“. Dadurch bald weithin bekannt, wurde Z. unter den „Modernen“ (Erich Mühsam) zu einer Instanz. 1910, auf dem Höhepunkt seiner Arbeit für die Illustrierten, gewannen Z. und Fritz Koch-Gotha (1877–1956) den mit je 3000 Mark ausgelobten „Menzel-Preis“ des Ullstein-Verlags. 1907 wurde Z. aus seinem Betrieb entlassen.

    Er arbeitete nun als freier Illustrator und mußte sich vielfach den Wünschen der Redaktionen beugen. 1908 veröffentlichte er sein erstes Buch „Kinder der Straße“, das – kontrovers diskutiert – ein großer Erfolg wurde. Bis 1914 festigte Z. seine Stellung im Markt der satirisch-narrativen Illustration durch neue „Zille-Bücher“ und Bilderhefte.

    Stets interessiert an der Theaterszene, entwarf er zudem Plakate, Kostüme und Bilder für Bühne und Kabarett, hatte 1912 einen kleinen Auftritt im „Metropol“ und unterhielt Freundschaften u. a. mit Kurt Tucholsky (1890–1935) und insbesondere mit Claire Waldoff (1884–1957).

    Während des 1. Weltkriegs zeichnete Z. für den „Ulk“ mehr als 200 Blätter der Serie „Korl und Vadding“, die die Kriegserlebnisse zweier älterer meckl. Soldaten illustrieren und den Krieg eher aus touristischer Perspektive zeigen; erst kurz vor seinem Tod erschienen Z.s kriegsverachtende Blätter der Reihe „Kriegsmarmelade“. 1916 veröffentlichte „Der Bildermann“, das neue Zeitschriften-Projekt Paul Cassirers (1871–1926), die deutlich als pazifistisch kenntliche Lithographie „Das Eiserne Kreuz“.

    Auch nach 1918 publizierte Z. unermüdlich, doch nahm „sein Milljöh“ mehr und mehr historische Züge an. Er selbst wurde allmählich zu einer öffentlichen Figur des zeitgenössischen Medien-, Unterhaltungs- und Kulturbetriebs und sein zeichnerisches Werk musealisiert. Nach dem Tod seiner Frau 1919 arbeitete Z. an erzählerischen originalgraphischen Buchveröffentlichungen wie „Zwanglose Geschichten“ (1919) und „Hurengespräche“ (unter Ps. 1921 ersch. im Verlag Fritz Gurlitt, mit verändertem Erscheinungsjahr 1913 auch privat ersch., ⁷2009). 1924 wurde Z. zum Professor ernannt und Mitglied der Preuß. Akademie der Künste. Im folgenden Jahr wurde der Film „Die Verworfenen“ (Der fünfte Stand) uraufgeführt, nach einem Drehbuch über die Erlebnisse und Arbeiten seiner frühen Jahre (Regie: Gerhard Lamprecht, 1897–1974). Die ihm zum 70. Geburtstag gewidmete dreimonatige Ausstellung im Berliner Märk. Museum „Zilles Werdegang“ 1928 wurde mit ca. 1500 Besuchern täglich ein überwältigender Erfolg. Die Uraufführung des Zille-Films „Mutter Krausens Fahrt ins Glück“ (Regie: Phil Jutzi, 1896–1946) im Dez. 1929 erlebte er nicht mehr.

  • Awards

    A Mitgl. d. Dt. Künstlerbunds (1906?);
    Mitgründer u. Vorstandsmitgl. d. Freien Secession (1913);
    – Denkmal v. H. Drake am Kölln. Park (am Märk. Mus.), Berlin-Mitte;
    – zahlr. Gedenktafeln, u. a. in Radeburg, Markt 11 (am Haus, wo das Geb.haus stand), mit e. Porträtrelief v. A. Kraus (dieses auch am Grabstein in Stahnsdorf) u. an d. Wohnhäusern Geusenstraße 16, Berlin-Rummelsburg, u. Sophie-Charlotte-Str. 88, Berlin-Charlottenburg;
    zahlr. Straßen- u. Schulnamen;
    mehrere Briefmarken 1958–2008;
    Asteroid (15724) Zille (2000).

  • Works

    W d. wichtigsten öff. Werkbestände in d. Stiftung Stadtmus. Berlin, im Kupf.kab. d. Nat.gal. Berlin, im Städt. Mus. Mülheim/Ruhr u. im Kupf.kab. d. Staatl. Kunstslgg. Dresden;
    – H. Z., Das graph. Werk, hg. v. D. Rosenbach, bearb. v. R. Altner u. M. Flügge, 1984;
    Photogrr.: Berlin. Gal., Berlin;
    – E. Kaufhold, H. Z., Photograph d. Moderne, 1995 (W-Verz.);
    Schrr.: Mein Lebenslauf, aufgezeichnet f. d. Ak. d. Künste in Berlin, in: Kunst u. Künstler, 1925, S. 68–72 (P), erneut in: H. Z., Vater d. Straße, e. Jub.bd., ausgew. u. hg. v. G. Flügge, 1958, S. 192–96 (zahlr. Ill.);
    Bibliogr.: W. G. Oschilewski, H. Z. Bibliogr., Veröff. v. ihm u. über ihn, 1979;
    Nachlaß: Teile d. Nachlasses in Privatbes., Berlin;
    Photograph. Nachlaß in d. Berlin. Gal., Berlin.

  • Literature

    L W. Ranke, H. Z., Photogrr. Berlin 1890–1910, 1975;
    ders. (Hg.), Vom Milljöh ins Milieu, H. Z.s Aufstieg in d. Berliner Ges., 1979;
    L. Fischer, H. Z., In Selbstzeugnissen u. Bilddokumenten, 1979 (P);
    W. Schumann (Hg.), Z. sein Milljöh, 1952, Nachdrr. 1973 u. 1987;
    M. Flügge, H. Z., Zeichner d. Großstadt, Ausst.kat. Wilhelm-Busch-Mus. Hannover 1997 (W, L, P);
    ders. (Hg.), Das alte Berlin, Photogrr. 1890–1910, 2004;
    ders., H. Z., Zeichnungen, Photogrr. u. Druckgraphiken 1890–1914, 2008;
    ders. u. M. Winzen (Hg.), H. Z. u. sein Berlin, Typen mit Tiefgang, 2013;
    P. M. Karstens, Verboten u. verfälscht, H. Z. im NS, 2012;
    N. Bröhan, H. Z., Eine Biogr., 2014;
    – ThB;
    Dict. of Art.

  • Portraits

    P Bronzebüste v. A. Kraus, 1928 (Nat.gal., Staatl. Mus. zu Berlin);
    – zahlr. Photogrr. (Privatbes.;
    Stiftung Stadtmus., Berlin).

  • Author

    Matthias Flügge
  • Citation

    Flügge, Matthias, "Zille (bis um 1878 Zill), Rudolf Heinrich (Pseudonym W. Pfeifer)" in: Neue Deutsche Biographie 28 (2024), S. 694-695 [online version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/sfz143035.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA