Lebensdaten
1884 – 1957
Geburtsort
Gelsenkirchen
Sterbeort
Bad Reichenhall
Beruf/Funktion
Sängerin ; Schauspielerin ; Kabarettistin
Konfession
lutherisch
Normdaten
GND: 118771019 | OGND | VIAF: 39588804
Namensvarianten
  • Wortmann, Clara (eigentlich)
  • Waldoff, Claire
  • Wortmann, Clara (eigentlich)
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Zitierweise

Waldoff, Claire, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118771019.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Wilhelm Wortmann (* 1846, luth., später konfessionslos), aus Herzkamp (Ruhrgebiet), Bergarb., Kaufm. u. Gastwirt in G., 1896 in Haft, ab 1897 in Oberhausen, S d. F. W. u. d. Frid. Baecker;
    M Clementine (* 1852, kath.), aus Marl (Ruhrgebiet), T d. Johann Hiltrop u. d. Wilhemine Overdiek;
    15 Geschw u. a. B Wilhelm (1871–94), Fritz (* 1873), Otto (* 1874), Emil (* 1877), Carl (* 1886), Hugo (* 1889), Giordano Bruno (* 1892), Ewald (* 1893), Schw (1 früh †) Emma (* 1880), Emilie (* 1883);
    um 1917 / 18 Olly (Olga) (1886–1963), T d. Hermann Frhr. v. Roeder (* 1856), aus St., Kommandeur e. kurmärk. Dragonerrgt., Flügeladjutant d. Kg. v. Württ. (s. Wi. 1909), u. d. Margret (Mary Agnes) Barrett (* 1860), Schausp.;
    Gvv d. Lebensgefährtin August Frhr. v. Roeder, württ. Oberstlt., Gvm d. Lebensgefährtin Lawrence Barrett (1838–91), Dramatiker, Schausp.

  • Biographie

    Als Gastwirtstochter im Bergarbeitermilieu Gelsenkirchens aufgewachsen, besuchte W. die städtische paritätische höhere Mädchenschule in Oberhausen. Ihr Ziel war es zunächst, Ärztin zu werden, nach dem Besuch von Gymnasialkursen in Hannover (ab 1899) zog es sie jedoch zur Bühne. Ohne darstellerische Ausbildung spielte sie ab 1905 kleinere Rollen in Bad Pyrmont (zuerst in Adolph L’Arronges „Hasemanns Töchter“) und Kattowitz und nahm den Künstlernamen Claire Waldoff an. Ende 1906 ging sie nach Berlin, wo sie ab Febr. 1907 an der Sezessions-Bühne „Figaro“ von Olga Wohlbrück (1867–1933) in Einaktern von Paul Scheerbart (1863–1915) auftrat. Größerer Erfolg stellte sich 1908 / 09 für sie als Sängerin im Kabarett „Roland von Berlin“ ein. W.s ungewöhnlicher Gesangsstil und ihr Auftreten als „Vollendung des Berliner Gamins“ (so Kurt Tucholsky 1913) hoben sie von den Darstellungskonventionen anderer Diseusen ab. Bald auch gesucht als Schauspielerin für Operetten und Volksstücke, verkörperte sie hier meist die weibliche Rolle innerhalb des komischen, volksnahen Paares, so z. B. im Kriegsstück „Woran wir denken“ (Metropoltheater, 1914) an der Seite des Komikers Guido Thielscher (1859–1941) oder mit Karl Gessner in „Immer feste druff“ (Theater am Nollendorfplatz, 1914). Ihr wohl größter Erfolg in der Kriegszeit war ihre Darstellung der Köchin Auguste in der Operette „Drei alte Schachteln“ (Theater am Nollendorfplatz, 1917). Zu ihren bevorzugten Komponisten zählten zunächst Walter Kollo (1878 1940) und Jean Gilbert (1879–1942). In den 1920er Jahren erweiterte sie diesen Kreis um Tonkünstler wie z. B. Eduard Künneke (1885 1953), Robert Stolz (1880–1975), Friedrich Hollaender (1896–1976) oder auch Rudolf Nelson (1878–1960). Auch einige ausländische Songs mit dt. Texten hatte W. im Programm, die zumeist über Theater-Produktionen Eingang in ihr Repertoire fanden, so von Maurice Yvain, Frank Silver oder Irving Caesar.

    In den großen Ausstattungsrevuen der 1920er Jahre bildete W. als Einzeldarstellerin den volkstümlichen, regionalen Gegenpol zu den mondänen, aufwendig ausgestatteten Massenauftritten der Girls; auch in den zwei größten Varietés Berlins, der „Scala“ und dem „Wintergarten“, war sie im Rahmen von Varietéprogrammen zu sehen. Ausschlaggebend für eine breite Rezeption W.s war ihre Präsenz auf dem aufstrebenden Grammophonplatten-Markt, die bereits zu Beginn ihrer Karriere die Bühnenauftritte flankierte und bis in die 1930er Jahre ungebrochen war. Als Solo-Künstlerin unternahm sie Gastspielreisen v. a. im dt. Sprachgebiet, aber auch nach London (1913) und Paris (1942). Aufgrund der starken Verankerung ihrer Bühnenperson innerhalb regionaler Identitäts- und Sprachkonzepte (Berliner Jargon, „Zille-Figur“) war ihr Wirkungskreis im Ausland jedoch beschränkt.

    Dem neuen Medium des Tonfilms wandte sich W. nicht zu. Unter der NS-Herrschaft waren ihre Auftritte umstritten: Teils wurde sie als Vertreterin einer „dekadenten“ Kunstrichtung diffamiert, teils als bodenständige, volkstümliche Künstlerin gelobt. Ein 1933 erlassenes Auftrittsverbot wurde nach kurzer Zeit wieder aufgehoben; 1936 trat W. in die Reichstheaterkammer ein. 1939 verlegte sie ihren Wohnsitz gemeinsam mit ihrer Lebenspartnerin Olly v. Roeder nach Bayerisch-Gmain und reduzierte ihre Bühnentätigkeit; bis 1943 sind jedoch noch Auftritte nachgewiesen.

    Nach Kriegsende gelang W. der Anschluß an vorherige Erfolge nicht mehr; bis zu ihrem Herztod 1957 blieb sie auf finanzielle Unterstützung angewiesen. Noch zu Lebzeiten widmeten ihr Radiosender an runden Geburtstagen eigene Sendungen, doch erst seit den 1980er Jahren geriet W.s Werk über Neueditionen auf Tonträgern wieder stärker ins Bewußtsein. 1986 entstand in der DDR der Film „Claire Berolina“ (Regie: Klaus Gendries, * 1930), der sich an die Lebensgeschichte W.s anlehnt, ohne streng biographisch zu sein. Heute wird W. mit Chanson- und Theater-Abenden gewürdigt sowie in ihrem Kampf für Gleichberechtigung.

  • Auszeichnungen

    |C.-W.-Straßen in Bayer.-Gmain, Berlin, Gelsenkirchen u. Stuttgart;
    „Stern“ auf d. Walk of Fame d. Kabaretts in Mainz (2004).

  • Werke

    |bekannteste Lieder (mit Grammophonplatten-Einspielung) Hermann heeßt er, 1913 (Musik u. Text: Ludwig Mendelssohn);
    Wenn d. Bräutigam mit d. Braut, 1911 (M: Walter Kollo, T: F. W. Hardt);
    Der Soldate, 1914 (Marsch-Duett aus d. Operette „Immer feste druff“, mit Karl Gessner, M: Walter Kollo);
    Raus mit den Männern aus dem Reichstag, 1926 (aus der Revue „Von Mund zu Mund“ v. Friedrich Hollaender);
    Hannelore, 1928 (M: Horst Platen, T.: Willy Hagen);
    Warum soll er nicht mit ihr, 1929 (M u. T: Walter Mendelssohn);
    Nach meine Beene is ja janz Berlin verrückt, 1929 (M: Walter Kollo, T: Hardt);
    Wegen Emil seine unanständige Lust, 1929 (M: Paul Strasser, T: Jul. Arendt);
    Das Lied vom Vater Zille, 1930 (= Sein Milljöh) (M: Willi Kollo, T: Willi Kollo u. Hans Pflanzer);
    Wegen dir … , 1930 (M u. T: Erich Einegg);
    W-Verz. in: Tondokumente d. Kleinkunst u. ihre Interpreten 1898–1945, hg. v. B. Leimbach, 1991 (P);
    M. Weihermüller, Discogr. d. dt. Kleinkunst, Bd. 1, 1991, S. 263–84;
    Autobiogr.: Weeste noch …!, Aus meinen Erinnerungen, 1953, Nachdr. 2013 (P), Neuausg. hg. v. V. Kühn u. d. T. Weeste noch …!, Erinnerungen u. Dokumente, 1997;
    Teilnachlaß: Stadtmus. Berlin (persönl. Dokumente, Briefe, Programme u. Plakate, Notenmaterial).

  • Literatur

    |H. Greul, Bretter, die d. Zeit bedeuten, 1967, ³1971;
    PEM (Paul Erich Marcus), Heimweh nach d. Kurfürstendamm, 1986;
    H. Bemmann, C. W. u. ihr Liedrepertoire, in: Ich will aber gerade vom Leben singen …, Über populäre Musik v. ausgehenden 19. Jh. bis z. Ende d. Weimarer Republik, hg. v. S. Schutte, 1987, S. 316–42 (P);
    dies., Wer schmeißt denn da mit Lehm? Das Leben d. C. W., 1994 (P);
    Ch. Reinig, in: Chanteusen, Stimmen d. Großstadt, hg. v. S. Renken, 1997, S. 59–65 (P);
    M. Koreen, C. W., Die Kgn. d. Humors, 2014 (P);
    Lex. 1000 Frauen (P);
    Kosch, Theater-Lex.;
    Wedel, Autobiogrr. Frauen;
    Metzler Kabarett Lex.;
    Munzinger;
    C. Stahrenberg, in: MUGI (W, ausführl. Diskogr.).

  • Porträts

    |Strichätzung nach e. Rohrfederzeichnung, v. O. Kokoschka, Bl. 15 d. Mappe „Menschenköpfe“, Verlag „Der Sturm“, 1916;
    Gem. v. A. v. Zitzewitz, 1925 (Privatbes.);
    Plakat „Linden Cabarets/ Claire Waldoff“, Berlin, 1914, Entwurf v. J. Steiner (Dt. Hist. Mus. Berlin);
    Gedenktafel, Regensburger Str. 33, Berlin-Schöneberg;
    Bronzebüste v. P. Bronisch, 1952 (Köln, Mus. Ludwig);
    Bronzebüste v. R. Jacob, 1986 / 87, vor d. Friedrichstadtpalast, Berlin-Mitte.

  • Autor/in

    Carolin Stahrenberg
  • Zitierweise

    Stahrenberg, Carolin, "Waldoff, Claire" in: Neue Deutsche Biographie 27 (2020), S. 314-315 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118771019.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA