Wiegmann, Arend Friedrich

Lebensdaten
1770 oder 1771 – 1853
Geburtsort
Hadersleben (Haderslev, Nordschleswig)
Sterbeort
Braunschweig
Beruf/Funktion
Apotheker ; Botaniker
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 121561224 | OGND | VIAF: 62407742
Namensvarianten

  • Wiegmann, Arend Joachim Friedrich
  • Wiegmann, Arend Friedrich
  • Wiegmann, Arend Joachim Friedrich
  • Wiegmann, Arend F.
  • Wiegmann, A. F.
  • Wiegmann, A.F.
  • Wiegmann, A. J. Fr.
  • Wiegmann, A.J. Fr.
  • Wiegmann, Arend J.
  • Wiegmann, A. J.
  • Wiegmann, A.J.

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Zitierweise

Wiegmann, Arend Friedrich, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd121561224.html [07.12.2025].

CC0

  • Wiegmann, Arend Joachim Friedrich

    | Apotheker, Botaniker, * 30.3.1770 Hadersleben (Haderslev, Nordschleswig), † 12.3.1853 Braunschweig. (evangelisch)

  • Genealogie

    V Conrad Friedrich (1733–1789), seit 1741 in d. Obhut d. schaumburg-lipp. Kammerrats Nobbe in Bückeburg, studierte 1752 Theol. in Halle/Saale, 1763 Rektor d. Lat.schule in H., 1777 Diakon in Kellinghusen in Holstein (s. Meusel;
    O. F. Arends, Gejstligheden i Slesvig og Holsten II, 1932), S d. Christian Ludwig (1695–1738), aus Ölper b. B., ev. Theol., Rektor d. lat. Bürgerschule in Königslutter;
    M Regina Elisabeth (um 1736–78), T d. Samuel Zeimer, Kaufm., Kürschner in Halle/Saale, 1779–82 Stief-M Elisabeth Juliana Catharina (1755–1782), T d. Thomas Todsen (1718–1788), Pastor in Wewelsfleth;
    seit 1783 Stief-M Ulrica Amalia (1757–1822), T d. Christian Detlev Rode (* 1718), Pastor in Erfde;
    Tante-v Antoinette Dorothea (1723–1803, 1] Georg Albrecht Cramm, um 1762, Brauherr in B., 2] Arend Jacob Wabst, 1799, Apotheker, erwarb 1771 d. Hof-Apotheke in B.);
    Halb-B Christian Ludwig (1782–1841), ev. Theol., 1819 Prediger in Elmshorn, 1831 Pastor in Töstrup (Schleswig) (s. NND 19), Halb-Schw Dorothea Maria (1786–1860, Carl August Samwer, 1790–1828, Advokat in Eckernförde, s. NDB 22*);
    Braunschweig 1796 Charlotte Wilhelmine Amalie (1773–1825), T d. Zacharias Friedrich Schmidt ( 1786), Hptm. in Blankenburg, u. d. Henriette Mayer ( 1800), aus Wolfenbüttel, 1 S Arend Friedrich August (1802–1841, Maximiliane Mélanie Kruse, 1804–48, T e. Porträtmalers in Berlin), Dr. phil., 1830 ao. Prof. f. Zool. in Berlin, Herpetol., 1833 Mitgl. d. Leopoldina (s. DBE), 5 T (1 früh †) u. a. Charlotte Luise Wilhelmine (1804–1835, Wilhelm Pockels, 1876, Stadtrat in Wolfenbüttel, 1833 Kreisdir. in Holzminden);
    N Karl Samwer (1819–1882), Jur., Prof. d. Rechte in Kiel, 1852 Bibl., 1858 Reg.rat, 1881 Geh. Staatsrat in Gotha, 1850 Dr. iur. h. c., (s. ADB 30);
    E Wilhelm Pockels (1832–1904), Jur., 1879–1904 OB v. B., Dr. iur. h. c., (s. Braunschweig. Biogr. Lex. I), Carl Arend Friedrich (1836–1901), Apotheker in Berlin u. Jüterbog, 1877 Privatgel. in Jena, Malakologe (s. O. F. v. Möllendorff, in: Journ. of Malacology 9, 1902, S. 24;
    Dt. Apotheker-Biogr. II);
    Gr-N Karl Samwer (1861–1946), Vers.untern., Gen.dir. d. Gothaer Lebensvers.bank, Geh. Reg.rat, Dr. rer. pol. h. c., Jena 1927 (s. NDB 22).

  • Biographie

    Über W.s Schulbesuch ist nichts bekannt. 1784–88 ging er bei seinem Onkel an der Hof-Apotheke in Braunschweig in die Lehre, um dann in Blankenburg (Harz), Ansbach, Straßburg, Blieskastel (Rheinpfalz), Solothurn, Bern, Thun und Schaffhausen als Apothekergehilfe zu konditionieren. 1794 kehrte er über Frankfurt/M. nach Braunschweig zurück und wurde nach dem Examen am Fstl. Ober-Sanitäts-Collegium 1795 zum „adjungierten Apotheker“ im Geschäft seines Onkels bestellt. 1799 erbte W. die Hof-Apotheke. Er verkaufte 1820 die Offizin und machte sich als „privatisierender Apotheker“, insbesondere mit botanischen Preisschriften, einen Namen. Zudem lehrte er „privatissime et grate“ am Collegium Carolinum Naturgeschichte. Eine finanzielle Notlage zwang ihn 1849 zum Verkauf seines Herbars mit über 19000 Belegen an Ludwig Reichenbach (1793–1879) und 1851 zur Versteigerung seiner großen Bibliothek und reichen Mineralien- und Petrefaktensammlung. Er verlor seinen ganzen Besitz und starb in Armut.

    W. beteiligte sich mit seinen Forschungen an den aktuellen naturhistorischen Debatten in der Blütezeit der romantischen Naturphilosophie. Seine ersten Untersuchungen galten der Natur und Entstehung der „Priestleyschen grünen Materie“, der an warmen Frühlingstagen in stehenden Gewässern auftauchenden Watte fädiger Jochalgen, und des „Blutregens“, der roten Dauerstadien kleiner Grünalgen in Regenpfützen. Er sah darin Ursubstrate des Lebendigen, die durch Sonnenlicht bzw. Gewitterentladungen aus anorganischen Substanzen entstünden und niedere Lebewesen hervorbrächten, und blieb damit der verbreiteten Vorstellung einer permanenten Urzeugung und zwischenartlichen Verwandlung verhaftet. Dagegen gelangte er bei seinen Experimenten zur Bastardbildung zu originären Ansichten über die Sexualität der Pflanzen und das Wesen der Bastarde. W. bestätigte in|zahlreichen Kreuzungsversuchen die Entstehung echter, fortpflanzungsfähiger Mischlinge mit Eigenschaften beider Eltern und unterschied – wie wir heute sagen würden – dominante, rezessive und intermediäre Erbgänge.

    Er erkannte die Aufspaltung von Merkmalen und hielt die Entstehung neuer Arten und Sorten durch Bastardierung für möglich. Seine von der preuß. Akademie der Wissenschaften gewürdigte Schrift „Über die Bastarderzeugung im Pflanzenreiche“ (1828) gilt als Markstein der frühen Vererbungsforschung.

    Besondere Beachtung fanden seine Versuche zur Ernährung der Pflanzen. W. untersuchte die Bedeutung der Niederschläge und Pflanzen für den Stoffaustausch zwischen Luft und Boden und widerlegte hartnäckige Behauptungen, daß die Wurzeln der Pflanzen allein der Stoffausscheidung dienten. 1842 lieferte er mit dem Administrator der Hof-Apotheke, Ludwig Polstorff, den in einer Preisfrage der Akademie der Wissenschaften in Göttingen geforderten experimentellen Beweis für die 1826 von Carl Sprengel (1787–1859) begründete Mineralstofftheorie der Pflanzenernährung. Mit der von ihnen eingeführten „Differenzmethode“ klärte 1854 Friedrich zu Salm-Horstmar (1799–1865) die Rolle einzelner Mineralstoffe für die Entwicklung der Pflanzen auf. W. sah im Mangel an Nährstoffen und im „widernatürlichen“, anfälligen Kulturzustand der Nutzpflanzen die Hauptursachen für Krankheiten und Mißbildungen und teilte damit eine Überzeugung Franz Ungers (1800–1870), der 1833 den Pilzbefall von Pflanzen auf abnorme innere Zustände zurückgeführt hatte. W. trug mit einem für die Praxis geschriebenen Handbuch (1839) zur Verbreitung dieser romantischen Konstitutions- und Humoralpathologie der Pflanzen bei, bis 1853 Anton de Bary (1831–88) die Pathogenität der Rost- und Brandpilze nachwies und die Phytopathologie in eine parasitologische Richtung lenkte. Doch wie heute bekannt ist, spielen bei Infektionen auch gewisse Prädispositionen der befallenen Pflanzen eine Rolle.

  • Auszeichnungen

    A Mitgl. d. Regensburger Botan. Ges. (1820), d. Leopoldina (1821), d. Ges. z. Beförderung d. gesamten Naturwiss. Marburg (1823) u. d. Senckenberg. Naturforsch. Ges. Frankfurt a. M. (1823);
    Ehrenmitgl. d. Apothekerver. im nördl. Teutschland (1821) u. d. Ver. z. Förderung d. Gartenbaues Braunschweig (1832);
    Dr. med. h. c. (Marburg 1832);
    braunschweig. Tit.-Prof. (1832).

  • Werke

    W u. a. Über Entstehung v. Entomostraceen u. Podurellen aus d. Priestleyschen grünen Materie, Verwandlung ders. in kryptogam. Gewächse, u. dieser wieder in d. oben gen. Thiere, in: Nova Acta Academiae Caesarae Leopoldino-Carolinae Germanicae Naturae Curiosorum 10, 1821, S. 717–22;
    Forts. d. Beobachtung, ebd. 11, 1823, S. 541–58;
    Über d. Vorkommen v. Salzen, Säuren, Erden, Metallen u. a. Substanzen in d. Atmosphäre u. in d. atmosphär. Niederschlägen, in: Archiv d. Apothekerver. 7, 1824, S. 199–208;
    Beobachtungen über d. Natur d. sog. Blutregens, in: Archiv f. d. gesammte Naturlehre 6, 1825, S. 375–82;
    Über d. Veränderungen, welche Arzneipflanzen durch Cultur, Stand-Ort u. Boden erleiden, in: Repert. f. d. Pharmacie 24, 1826, S. 1–55;
    Über d. Einsaugungs-Vermögen d. Wurzeln, 2 T., 1828–31;
    Die Krankheiten u. krankhaften Mißbildungen d. Gewächse, e. Hdb. f. Landwirthe, Gärtner, Gartenliebhaber u. Forstmänner, 1839, dän. 1839, niederl. 1842;
    Über d. anorgan. Bestandtheile d. Pflanzen, e. in Göttingen im J. 1842 gekrönte Preisschr., 1842, niederl. 1843 (mit L. Polstorff).

  • Literatur

    L A. C. P. Callisen, Medicin. Schriftst.-Lexicon d. jetzt lebenden Aerzte, Wundärzte, Geb.helfer, Apotheker u. Naturforscher aller gebildeten Völker, Bd. 21, 1835, S. 140–42 u. Bd. 33, 1845, S. 290 f.;
    Pierer’s Universal-Lex., ³1852, Bd. 17, S. 553;
    Bruno Heinrich Arend Wiegmann, Gesch. d. Fam. W. v. J. 1600 an, 1907;
    H. H. Whetzel, An Outline of the Hist. of Phytopathology, 1918, S. 36 f.;
    H. F. Roberts, Plant Hybridization before Mendel, 1929, S. 160–64;
    F. Honcamp, in: Hdb. d. Pflanzenernährung u. Düngerlehre, Bd. 1, 1931, S. 20–22;
    B. Wehnelt, Die Pflanzenpathol. d. dt. Romantik, 1943, passim (v. S. 81, d. W. zugeschriebene P zeigt seinen S);
    H. Stubbe, Kurze Gesch. d. Genetik bis z. Wiederentdeckung d. Vererbungsregeln Gregor Mendels, 1963, S. 88–91;
    J. H. Barnhart, Biogr. Notes upon Botanists, Bd. 3, 1965, S. 492;
    M. Möbius, Gesch. d. Botanik, ²1968, passim;
    V. Grummann, Biogr.-bibliogr. Hdb. d. Lichenol., 1974, S. 152 f.;
    E. Hickel, Apotheken, Arzneimittel u. Naturwiss. in Braunschweig 1677–1977, 1977, S. 54 f.;
    W. Ilg, Die Regensburger Botan. Ges., in: Hoppea 42, 1984, passim;
    F. A. Stafleu u. R. S. Cowan, Taxonomic Literature, ²1988, Bd. 7, S. 263–65;
    U. Schling-Brodersen, Entwicklung u. Institutionalisierung d. Agrikulturchemie im 19. Jh., Liebig u. d. landwirtsch. Versuchsstationen, 1989, passim;
    Pogg. II u. VII a;
    Dt. Apotheker-Biogr. II;
    Braunschweig. Biogr. Lex. I;
    Böhm, Biogr. Hdb. Pflanzenbau;
    Qu Archiv d. ev.luth. Kirchenkr. Rantzau-Münsterdorf.

  • Autor/in

    Ekkehard Höxtermann
  • Zitierweise

    Höxtermann, Ekkehard, "Wiegmann, Arend Joachim Friedrich" in: Neue Deutsche Biographie 28 (2024), S. 68-69 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd121561224.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA