Lebensdaten
1897 – 1955
Geburtsort
Oliva bei Danzig
Sterbeort
Düsseldorf
Beruf/Funktion
Kirchenpolitiker ; Jurist
Konfession
evangelisch
Namensvarianten
  • Werner, Friedrich

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Zitierweise

Werner, Friedrich, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/sfz140647.html [28.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Johannes (1864–1925), Mühlenbes., Erbe d. Dahlmannschen Mühle in O., S d. Gottfried;
    M Sophie (1873–1928, ev.), aus Nikorsch (Posen), T d. Julius Dahlmann ( 1900 / 28), Mühlenbes. in O., u. d. Malwine Mawitz;
    Om Johann Julius Franz (1875–1917, Mathilde Gottschalk), Kaufm. in O.;
    1) 1923 1949 Katharina Rütters, 2) 1949 Elisabeth Schuster, verw. Anwand (* 1910);
    3 S u. a. Johann Peter (* 1932).

  • Biographie

    W. besuchte 1904–15 die Vorschule und das Humanistische Gymnasium in Danzig. Im Nov. 1915 trat er als Fahnenjunker beim Inf.-Rgt. 128 ein, war mit diesem von Sept. 1916 bis Kriegsende an der Westfront eingesetzt (Ltn. 1917) und wurde mehrfach verwundet. Bis Okt. 1919 diente er im Freikorps Below| beim „Grenzschutz Ost“ an der Grenze zu Polen. Danach studierte W. Geschichte, Nationalökonomie, Finanzwissenschaft und Jura in Berlin, Marburg und Jena, wo er 1922 bei Franz Gutmann (1879–1967) mit der Arbeit „Das Finanzwesen der Freien Stadt Danzig“ (im Auszug gedr. 1922) zum Dr. rer. pol. promoviert wurde. 1923–27 absolvierte er in Berlin sein jur. Referendariat und war daneben 1925–27 als Syndikus bei der „Liga der Freien Wohlfahrtspflege“ tätig. Seit 1928 Landgerichtsanwalt in Berlin, gehörte W. dem Vorstand der Berliner Anwaltskammer an.

    1931 wurde W. Mitglied von NSDAP, SA und NS-Juristenbund, nachdem er schon zuvor als NS-Bezirksverordneter in Berlin-Charlottenburg fungiert hatte. 1932 trat er in die Glaubensbewegung „Deutsche Christen“ (GDC) in Berlin ein. Nach der NS-„Machtergreifung“ forderte W. im Sinne der GDC eine Umgestaltung der ev. Kirche nach dem Führerprinzip und die Säuberung von deren Ritus und Bekenntnis von angeblich jüd. Einflüssen, v. a. vom Gebrauch des Alten Testaments. Am 25. 6. 1933 wurde er von August Jäger (1887–1949), dem von Bernhard Rust (1883–1945) eingesetzten Staatskommissar für die ev. Kirche der Altpreuß. Union (ApU), zum kommissarischen Präsidenten des Ev. Oberkirchenrats (EOK) ernannt. Der Kirchensenat der Dt. Ev. Kirche (DEK) wählte W. am 27. 9. 1933 auf Vorschlag von Reichsbf. Ludwig Müller (1883–1945) zum o. Präsidenten des EOK, was W. umgehend zur „personellen Säuberung“ des EOK im Sinne der GDC nutzte. Zugleich fungierte W. Ende 1933 als juristisches Mitglied des Reichskirchenkabinetts der DEK. Anfang 1934 übte er in einer an staatliche Behörden gerichteten Denkschrift vernichtende Kritik an Müllers Amtsführung, der W. daraufhin die Ausübung seines Amts als EOK-Präsident untersagte und ihn am 2. 2. 1934 dieses Amts enthob. Obwohl W. erfolgreich gegen diese Entscheidung klagte, wurde er im April 1934 von Müller auch seines Amts als Leiter der Kirchenkanzlei der DEK enthoben. Erst das Scheitern der Gleichschaltungspolitik Müllers brachte W. im Nov. 1934 wieder in seine Ämter zurück.

    Nach dem Zerfall der GDC 1934 schloß sich W. den „Deutschen Christen“ (DC) an, die eine überkonfessionelle Nationalkirche forderten, und wurde 1938 Leiter einer Arbeitsgemeinschaft dt.christlicher Kirchenleitungen.

    Als Präsident des EOK zeichnete er im April 1939 eine Bekanntmachung, die die antisemitische „Godesberger Erklärung“ der Nationalkirchlichen Einigung unterstützte. Als Präsident des EOK war W. 1939 Mitbegründer des „Instituts zur Erforschung und Beseitigung des jüdischen Einflusses auf das deutsche kirchliche Leben“ und hielt am 6. 5.

    1939 die Eröffnungsrede. W. unterstützte die antisemitische Agenda des Instituts und ließ ihm wiederholt Geldmittel der ApU zukommen.

    Die von Reichskirchenminister Hanns Kerrl (1887–1941) im Okt. 1935 für DEK und ApU eingesetzten Kirchenausschüsse schmälerten W.s Kompetenzen. Nach deren Scheitern übertrug Kerrl durch zwei Durchführungsverordnungen zum Kirchengesetz der DEK W. 1937 als Leiter der Kirchenkanzlei die Bearbeitung der laufenden Geschäfte und die Leitung der DEK. Auf Anregung Kerrls berief W. im Aug. 1939 einen Geistlichen Vertrauensrat, der im Kriegsfall als Verwaltungs- und Beratungsgremium wirken sollte. 1941 wurde W. zur Wehrmacht eingezogen und zum OKW kommandiert, beharrte aber darauf, die Leitung der Kirchenkanzlei der DEK weiter innezuhaben, die Staatssekretär Hermann Muhs (1894–1962) geschäftsführend übernahm. 1945 geriet W. in Baden in dreimonatige franz. Gefangenschaft. Im Entnazifizierungsverfahren wurde er nach Berufung 1948 in die Kategorie V (entlastet) eingestuft.

    Seit 1945 ohne festen Beruf und in finanziellen Schwierigkeiten –1945–47 bezog W. als „Ostflüchtling“ freiwillige Zahlungen der Ev. Kirche im Rheinland – war W. erst seit 1951 wieder in Düsseldorf als Anwalt tätig.

    Mit W. kam ein Jurist, der – wie Martin Niemöller (1892–1984) monierte – „keinerlei Verhältnis zur Evangelischen Kirche und ihrer Botschaft“ hatte, in höchste Leitungsgremien der ev. Kirche und agierte 1937–39 gar als alleiniger Leiter von DEK und ApU. Als Nationalsozialist versuchte W., eine gleichgeschaltete Nationalkirche zu schaffen, verfolgte allerdings einen vorsichtigen Kurs „ohne jede eigene Linie“ (K. Meier) und überließ die politische Initiative dem Reichskirchenministerium.

  • Auszeichnungen

    |E. K. II u. I;
    Verwundetenabzeichen.

  • Werke

    |Die Rechtsgrundlage d. kommenden Reichskirche, in: Volk u. Kirche, Die amtl. Berr. d. ersten Reichstagung 1933 d. Glaubensbewegung „Dt. Christen“, 1933, S. 34 f.;
    Qu Ev. Zentralarchiv Berlin (Personalakten);
    Archiv d. Ev. Kirche im Rheinland (Fragebogen z. Entnazifizierung).

  • Literatur

    |K. Meier, Der ev. Kirchenkampf, 3 Bde., 1976–84;
    K.-H. Melzer, Der Geistl. Vertrauensrat, Geistl. Leitung f. d. Dt. Ev. Kirche im Zweiten Weltkrieg, 1991;
    H. Kreuzer, Das Reichskirchenmin. im Gefüge der nat.sozialist. Herrschaft, 2000;
    S. Heschel, The Aryan Jesus, Christian Theologians and the Bible in Nazi Germany, 2008;
    G. Grünzinger, F. W. |(1897–1955), Ein Jur. zw. kirchl. Rechtsanspruch u. nat.sozialist. Anmaßung, in: I. Garbe (Hg.), Kirche im Profanen, Stud. z. Verhältnis v. Profanität u. Kirche im 20. Jh., 2009, S. 73–94;
    B. Ziemann, Martin Niemöller u. d. Wartestandsaffäre 1939 / 40, Ein Kap. aus d. Gesch. d. Kampfes gegen d. Bekennende Kirche, in: Schweizer. Zs. f. Rel.- u. Kulturgesch. 111, 2017, S. 317–38;
    BBKL 13 (W, L);
    Personenlex. Protestantismus;
    Personenlex. Drittes Reich.

  • Porträts

    |Photogr., Anfang d. 1930er J. (Ullstein Bild, Berlin).

  • Autor/in

    Benjamin Ziemann
  • Zitierweise

    Ziemann, Benjamin, "Werner, Friedrich" in: Neue Deutsche Biographie 27 (2020), S. 824-826 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/sfz140647.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA