Lebensdaten
1906 – 1969
Geburtsort
Stettin
Sterbeort
Hannover
Beruf/Funktion
Richter
Konfession
evangelisch
Namensvarianten
  • Werner, Fritz Ernst
  • Werner, Fritz
  • Werner, Fritz Ernst

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Zitierweise

Werner, Fritz, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/sfz140651.html [28.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Ernst (1869–1925), aus Woldenburg, Bankkaufm. in St.;
    M Meta Ziesemer (1877–1936), aus St.;
    Stettin 1934 Erna (* 1909), T d. Maximilian Kuhn, Bahnbeamter;
    3 S, 1 T.

  • Biographie

    Nach dem Abitur 1924 in Stettin absolvierte W. eine dreijährige kaufmännische Lehre und übernahm 1926 die Geschäftsführung des pommerschen Landesverbandes des Vereins für das Deutschtum im Ausland. Seit 1927 studierte er Rechtswissenschaften in Berlin, Kiel, Frankfurt/M. und Greifswald (1. jur. Staatsprüfung 1932). Während die von Erich Molitor (1886–1963) betreute Dissertation „Tarifvertrag und Tarifordnung“ (1934) eher die zeittypischen Konzessionen an das Regime machte, wurde W. erst 1937 Mitglied der NSDAP. 1932–36 war er Assistent für öffentliches Recht an der Univ. Greifswald. Es folgte eine steile Justizlaufbahn, zunächst als Gerichtsassessor im OLG-Bezirk Stettin in Greifswald, dann 1939 als Amtsgerichtsrat in Kassel. Nach Kriegsteilnahme seit 1939 und sowjet. Gefangenschaft bis 1947 kehrte W. nach Kassel zurück und war seit 1949 hier als Landgerichtsrat wieder im Justizdienst. Anschließend setzte W. seine Richterlaufbahn in der Verwaltungsgerichtsbarkeit fort: Seit 1950 amtierte er als Richter, seit 1952 als Senatspräsident und seit 1955 als Vizepräsident des für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein zuständigen Oberverwaltungsgerichts Lüneburg. 1958 wurde er nach Ludwig Frege (1884–1964) und Hans Egidi (1890–1970) dritter Präsident des 1953 eingerichteten, seinerzeit in Berlin lozierten Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG). Daneben war W. seit 1956 Honorarprofessor für Staats- und Verwaltungsrecht an der Univ. Göttingen, seit 1959 an der FU Berlin und hier seit 1964 – ungewöhnlicherweise, weil unhabilitiert und neben einem Hauptamt als Präsident eines obersten Bundesgerichts – hauptamtlicher o. Professor für Staatsrecht und Politik, was sich auch auf seine für einen Berufsrichter ungewöhnlich breite, oft auf Vorträgen beruhende Publikationstätigkeit auswirkte.

    W.s Bedeutung als Verwaltungsrechtler läßt sich nicht allein auf sein Schrifttum zurückführen. Berühmt und nachhaltig einflußreich wurde seine Formulierung vom „Verwaltungsrecht als konkretisiertem Verfassungsrecht“ – eine klare Abwendung von der noch von Otto Mayer (1846–1924) vertretenen Konzeption der Unabhängigkeit des Verwaltungsrechts von den sich regelmäßig wandelnden Verfassungsordnungen. W. brachte damit eine für das heutige Verwaltungsrecht fundamentale Entwicklung auf den Begriff. Der in den 1960er Jahren intensiv diskutierten und 1976 zum Verwaltungsverfahrensgesetz führenden Frage einer Kodifikation des Allgemeinen Verwaltungsrechts stand er in seinem Gutachten für den Dt. Juristentag 1960 skeptisch gegenüber; die Fortentwicklung des Allgemeinen Verwaltungsrechts sei zunächst dem Revisionsgericht in der Verwaltungsgerichtsbarkeit, also dem BVerwG vorbehalten.

    Ein weiterer Publikationsschwerpunkt W.s lag auf Fragen des Richteramtes, der richterlichen Unabhängigkeit und der Probleme eines „Richterstaates“, den er als Gefahr für die Rechtsstaatlichkeit einordnete; die Idee einer Selbstverwaltung der Justiz bezeichnete er als Utopie.

    W.s konkrete Bedeutung für die Rechtsprechung ist aufgrund des Beratungsgeheimnisses in einem Kollegialgericht nicht aufzuzeigen. Der von W. geleitete 1. Senat des BVerwG entwickelte und deutete etwa das verfassungsrechtlich verbürgte rechtliche Gehör im Gerichtsverfahren als „Rechtsgespräch“ (BVerwGE 8, 350); auch die über die Figur des Anspruchs auf polizeiliches Einschreiten aufgrund einer „Ermessensschrumpfung auf Null“ entwickelte Sichtweise der Polizei im demokratischen Verfassungsstaat stammt aus dem 1. Senat (BVerwGE 11, 95). Beide hier paradigmatisch herausgestellten Urteile exemplifizieren die spezifisch dt. Einbindung des Verwaltungsrechts in die neue verfassungsrechtliche Ordnung.

    W. wird allgemein als prägende Gestalt für das BVerwG und für die nach 1945 aufgebaute Verwaltungsgerichtsbarkeit der Bundesrepublik insgesamt charakterisiert.

  • Werke

    |Die jüngere Rechtsprechung d. Reichsger. z. Zulässigkeit d. Rechtswegs, in: Verw.archiv 43, 1938, S. 47–69;
    Lorenz v. Stein als Politiker, ebd. 47, 1942, S. 49–60;
    Über Aufgaben u. Bedeutung d. BVerwG, in: Dt. Verw.bl. 68, 1953, S. 393–95;
    Zur Kritik an d. Verw.ger.barkeit, ebd. 72, 1957, S. 221–|27;
    Empfiehlt es sich, d. allg. T. d. Verw.rechts zu kodifizieren?, Gutachten f. d. 43. Dt. Jur.tag, 1960;
    Das Problem d. Richterstaates, 1960;
    Recht u. Toleranz, 1963;
    F. W., Recht u. Ger. in unserer Zeit, Reden, Vortrr., Aufss. 1948–1969, hg. v. K. A. Bettermann u. C. H. Ule, 1971 (W, L);
    Mithg.: Dt. Verw.bl., 1951–69.

  • Literatur

    |H.-J. Becker, F. W., Präs. d. BVerwG v. 1958 bis 1969, in: Jb. d. öff. Rechts N. F. 36, 1987, S. 105–20;
    Stettiner Lb. (W, L, P);
    Qu BA Berlin (NSDAP-Mitgll.-Kartei);
    Hess. HStA Wiesbaden, Abt. 520 (Entnazifizierungsakten).

  • Autor/in

    Christian Waldhoff
  • Zitierweise

    Waldhoff, Christian, "Werner, Fritz" in: Neue Deutsche Biographie 27 (2020), S. 826-827 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/sfz140651.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA